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Wer uns auf Twitter folgt, kam am 24./25. Juni 2017 nicht drumherum zu wissen, dass die Teilzeithelden auf dem Literaturcamp waren. #LitCamp17 war auf Platz zwei der deutschen Twittertrends des Wochenendes, und da unsere Romanredakteurin Marie für uns auf dem Literaturcamp war, haben wir uns natürlich eifrig daran beteiligt.

Das Literaturcamp fand in Heidelberg im Dezernat 16 statt, einem Kulturzentrum im Gebäude einer ehemaligen Feuerwache. Die frühere Gebäudefunktion ist noch gut erkennbar, der größte der genutzten Räume war die ehemalige Fahrzeughalle. Alleine der Ort trug ungemein zum besonderen Gefühl des Camps bei, eine Mischung aus Familientreffen, Konferenz und großer Party zu sein.

Was ist das und was macht man da?

Nun mag man sich fragen, was ein Literaturcamp eigentlich ist, und was das mit Twitter zu tun hat. Das LitCamp, wie die meisten Anwesenden schnell nur noch sagten, war ein Barcamp zu allem, was mit Büchern und Literatur zu tun hat. Twitter diente dabei als Tool, um alle Menschen, die nicht am Literaturcamp oder der aktuell besuchten Session teilnehmen konnten, auf dem Laufenden zu halten und allgemein die Aufmerksamkeit für die Veranstaltung zu erhöhen.

Raumleitsystem

Denn leider gab es viel zu viele spannende Sessions, die mal Workshop, mal Vorstellung, mal Diskussionsrunde waren. Sie deckten eine ebenso große Themenbandbreite ab wie die Literaturcamper: Buchblogger, Autoren, Lektoren, Übersetzer, Buchhändler und Menschen ohne jeden beruflichen Bezug, aber mit großer Liebe zu Büchern. Einige ausgewählte Themen waren der kreative Prozess, gute Twitternutzung, SEO (Suchmaschinenoptimierung) für Buchblogs und Autoren, Covergestaltung, Vor- und Nachteile des Selfpublishings oder die Rolle von Verlagen, aber auch Steuern und Businesspläne für Autoren und die aktuelle Lage von Literaturschaffenden in der Türkei wurden nicht ausgespart.

Leider fehlte mir als Einzelperson die Möglichkeit, alle Sessions zu besuchen, da immer mehrere zur selben Zeit stattfanden. Das Maximum lag somit bei sieben Sessions pro Person. Mit diesem Problem war ich nicht die Einzige, und nicht ohne Grund kam immer wieder der Wunsch nach einem Zeitumkehrer zur Sprache.

Leider waren auch nicht alle Sessions so tiefgehend, wie man es sich gewünscht haben könnte. Das mag teilweise an der Kürze der Zeit gelegen haben (eine Session dauerte 45 Minuten) oder am völlig unterschiedlichen Ausgangsniveau der Teilnehmenden, sodass immer wieder Grundlagen ausgeführt oder Begriffe erläutert werden mussten. Auch fehlte manchmal etwas das konkrete Ergebnis einer Session. In anderen Fällen blieb am Ende die Hoffnung, dass sich alle Beteiligten die gemeinsam besprochenen Dinge zu Herzen nehmen und danach handeln würden. Besonders hoffe ich persönlich dies bei allen Teilnehmern der Session zur finanziellen Lage von Autoren bei Janet Clark von den Mörderischen Schwestern und gehe hier auch gleich mit (hoffentlich) gutem Beispiel voran:

Liebe Menschen, die ihr bei den Teilzeithelden lest: Klaut bitte keine Bücher! Auch nicht im Internet! Wenn ihr wollt, dass Autoren von ihren Büchern leben können, kauft sie (digital oder gedruckt). Auch mit Flatrates tut ihr euren Lieblingsautoren keinen Gefallen, da sie Geld pro gelesener Seite bekommen. Und wer liest schon ein Buch fünfhundert Mal?

Organisatorisches

Aber jetzt zu erfreulicheren Themen: Die Organisation des Camps war trotz kleinerer Pannen sehr gut. Neben der guten Verpflegung fielen zwei Beispiele besonders positiv auf: Räume und Getränke.

Der Tassenparkplatz - Noch ist alles ruhig
Der Tassenparkplatz – Noch ist alles ruhig

Die Räume waren nach den Sponsoren benannt (hier noch einmal danke an diese) und mit verschiedenen Farben codiert. Vom Eingangsbereich aus führten Streifen, die mit farbigem Klebeband auf den Boden geklebt waren, zu den einzelnen Räumen. Wenn man also nicht wusste, wo der entsprechende Raum war, musste man einfach nur dem Streifen der entsprechenden Farbe folgen. An Türen und Wänden des Treppenhauses und der Durchgänge klebten immer wieder Zettel mit der Legende, falls man doch vergessen haben sollte, welche Farbe jetzt Raum „GLS Bank“ oder „tolino media“ hatte. Ein derartig simples und funktionales Orientierungssystem würde auch auf etlichen Cons hilfreich sein und viel verzweifeltes Raumsuchen ersparen.

Getränke gehörten ebenfalls gratis für alle Literaturcamper dazu. Wasser in verschiedenen Sprudelvarianten, Cola, Säfte, Kaffee, Tee und Limonaden war flaschen- beziehungsweise kannenweise verfügbar. Ebenfalls eine wunderbares Sache, von der sich auch ein paar Con-Orgas eine Scheibe abschneiden könnten, war nicht nur die verfügbare Bandbreite der Getränke, sondern auch die Organisation der Trinkgefäße, und hier besonders der Tassenparkplatz. Hier standen zu Beginn zahlreiche unbenutzte Tassen herum, die dann mit den bereitliegenden Eddings und Kreppband mit einem aufgeklebten Namen versehen werden konnten. Nach der Benutzung konnten Tassen dort auch wieder abgestellt werden, sodass man sich nie mit der Problematik beschäftigen musste, wo man seine Tasse gelassen hatte, oder ob die Contasse mitsamt der Kaffeespuren im Rucksack noch heile war oder sich in ein Häufchen Scherben verwandelt hatte. Allerdings sollte man einen möglichst individuellen Namen wählen, sonst bestand eine gewisse Verwechslungsgefahr.

Einhörner und andere Phantasten

Das Einhorn

Wer uns auf Twitter folgte, kam nicht umhin, das Einhorn zu bemerken. Das Einhorn aus dem Besitz von Cheforganisatorin Suse begrüßte alle Ankommenden an der Straße und blieb anschließend ein wichtiger Orientierungspunkt. Spontane Sessions und Verabredungen wurden „am Einhorn“ abgehalten, und davon abgesehen war es ein geduldiges Fotomodell, das gute Laune und Phantastik auf das Literaturcamp brachte.

Denn selbstverständlich gab es auch Phantastik auf dem Literaturcamp. Etliche der anwesenden Autoren widmeten sich dem Genre Fantasy, und zwei Sessions beschäftigen sich explizit mit dem Thema Weltenbau. In beiden Fällen wurde wenig überraschend auch auf Erfahrungen aus verschiedenen Rollenspielen zurückgegriffen. Aber auch in anderen Situationen blitzten entsprechende Bezüge auf, sei es in der Session über Coverdesign oder beim Abbau des Küchenzelts, wo eine erfahrene Larperin die Führung übernahm.

 

Fazit

Das Literaturcamp war eine spannende Sache, auch wenn in etlichen Sessions die Themen etwas oberflächlich behandelt wurden. Es war eine Möglichkeit des Austauschs, neue Menschen kennenzulernen und sich ein ganzes Wochenende dem Lieblingsthema Buch zu widmen. Es war alles zwischen ernst und lustig, aber vor allem niemals langweilig.

Für alle, die nicht dabei sein konnten, sind die live gestreamten Sessions jetzt auch auf Youtube zu finden. Übrigens, eine zum Weltenbau ist auch dabei.

Fotografien: Marie Mönkemeyer

 

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