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Paris stellt den Grund für eine Fehde zwischen den Familien der McKenzies und der von Cleves, zwei alten Elfenfamilien. Es wurde geweissagt, dass Scott McKenzie und Gwendolyn von Cleve diese Fehde beenden, indem sie die Familien vereinen. Und welche Wahl haben sie, als sich dem Schicksal zu beugen?

Scott McKenzie wäre zufrieden damit gewesen, sein Antiquariat weiterzuführen und Bernadette weiter auszubilden. Aber er musste ja unbedingt in diese Familienfehde hineingezogen werden, die seit mehreren hundert Jahren andauert. Das Schlimmste daran? Er begegnet Gwendolyn wieder, einer Tochter der von Cleves, die ihn gemeinsam mit ihrem Bruder während der Schulzeit gemobbt hat. Doch das Schicksal führt die beiden immer wieder zusammen und dann heiraten Scott und Gwen überstürzt, um die Fehde zu beenden. Sehr zum Leidwesen der von Cleves.

Story

Was klingt, als könnte man damit allein ein ganzes Buch füllen, ist tatsächlich nur der Anfang von Paris Underground. Nach Abschaffung der Antidiskriminierungsgesetze im Jahr 1968 ist es auch Scott als Halbelf erlaubt, den Sitzungen zur Einigung der Familien beizuwohnen. Dass er dabei Gwendolyn begegnet, war abzusehen. Dass er sie heiratet, war sicher nicht geplant. Dennoch nähern sie sich langsam an und finden Gemeinsamkeiten, um diese Ehe nicht nur auf dem Papier führen zu können. Allerdings sind dafür auch Gespräche über Vergangenes nötig.

Dazu kommt ein magisches Gemälde, das Gwendolyn restaurieren soll, und das seinem Besitzer Glück bringen soll. Aus irgendeinem Grund reagiert es auf Scott und ändert sein Erscheinungsbild. Damit streut es Hinweise auf den Aufenthaltsort von Scotts Herzen, das dieser sich herausnehmen ließ, um nichts mehr fühlen zu müssen.

Die Story ist sehr geradlinig und lässt sich problemlos verfolgen. Das liegt mit daran, dass der Cast eher überschaubar ist und es kaum Nebenplots gibt. Der Familienzwist, das Bild und das verlorene Herz sind die Hauptpunkte und es gibt nur wenig Weiteres, das sich darum herum abspielt, oder Konflikte, die sich über mehr als ein Kapitel ziehen. Die Hauptfiguren Scott und Gwen geraten immer wieder aneinander, wenn sie ihre gemeinsame Vergangenheit aufarbeiten, aber diese Streitereien sind nach kurzer Zeit wieder gelöst. Auch dass Gwen zu Beginn des Romans Bernadette mit dem Bösen Blick bedacht und iel daraufhin für einige Tage in tiefe Verzweiflung stürzt, ist mit einer Entschuldigung von Gwen vergeben und vergessen. Was immer geschieht, scheint in Paris Underground keinerlei oder nur wenige Konsequenzen zu haben.

Das mag auch mit an den Hauptfiguren liegen. Scott und Gwen weisen zwar mehr als nur eine Eigenschaft auf, aber sie wirken dennoch sehr zweidimensional und ähnlich flach wie der Plot. Fairerweise muss erwähnt werden, dass für Gwen durchaus Chancen für eine Entwicklung bestehen. Die reiche Zicke, die sich nur für sich selbst interessiert und ihre Handlungen nicht hinterfragt ist lediglich die äußere Schicht; darunter kommt eine Frau zum Vorschein, die durchaus zu Emotionalität im Stande ist. Kurioserweise macht Scott ebenfalls den Eindruck, Emotionen zu empfinden. Die Folge der Herausnahme seines Herzens sollte eigentlich sein, dass er dies nicht mehr tut. Das war schließlich der Grund, warum er es überhaupt getan hat. Dabei empfindet er Sorge um Bernadette, als iel vom Bösen Blick getroffen wird. Er empfindet noch immer Furcht und Wut gegenüber Gwens Bruder, der ihn zu Schulzeiten schikanierte. Hier ist mir nicht ganz klar, wie die Regeln aussehen.

Schreibstil

Der Stil ist der Geschichte angemessen und weder übermäßig kompliziert noch zu einfach gehalten. Erzählt wird mal aus Scotts, mal aus Gwens Sicht, jedoch immer in der dritten Person.

Es ist interessant, wie reale Ereignisse mit der Welt in Paris Underground verknüpft werden. Ein Beispiel ist hier der Zweite Weltkrieg, in dem ein Bataillon Elfen, unter ihnen Gwen, an der Front kämpfte. Anja Stephan nutzt Paris Underground auch, um reale Probleme anzusprechen. Gerade Diskriminierung und Rassismus werden an Scotts Beispiel stark thematisiert. Allerdings schießt die Autorin hier auch teilweise über das Ziel hinaus. Scott verurteilt Fremdgehen als das absolut Schlimmste, was man tun kann, ohne auch nur zu versuchen, es differenziert zu betrachten. Auch dass die fehlende Bildung der Putzfrau mit fehlenden Chancen und Unterstützung begründet wird und sie im Anschluss – wieder einmal – keine weitere Rolle spielt, hat für mich einen faden Beigeschmack und fühlte sich nach Moralkeule an.

Zu Beginn des Romans sind Content Notes gelistet, die auf problematische Themen hinweisen, sowie eine kurze Erklärung, weshalb iel als nonbinäres Pronomen für Bernadette gewählt wurde. Gerade für Leser*innen, denen bislang noch nicht viele Neopronomen begegnet sind, dürfte diese Erklärung hilfreich sein.

Bei Paris Underground handelt es sich um eine Überarbeitung des 2018 erschienenen Romans A Fairy Tale. Im Zuge der Überarbeitung wurde der Roman in drei Teile geteilt, die nun nacheinander veröffentlicht werden. Das hat zur Folge, dass das Ende vom neuen ersten Teil sehr abrupt ist. Das scheint ebenfalls der Grund dafür zu sein, warum der Titel für mich keinen Sinn ergibt. Vom Pariser Untergrund sieht man nämlich im ersten Band herzlich wenig. Da auch die Beziehung zwischen Elfen und Menschen bis auf Scotts Abstammung nicht groß thematisiert wird und Elfen durchaus angesehen in Paris leben, kann Underground auch nicht darauf zurückzuführen sein, dass die Elfen eine von der Menschheit getrennte Gesellschaft führen.

Die Autorin

Wie oben erwähnt, hat Anja Stephan abgesehen von Paris Underground bereits A Fairy Tale veröffentlicht. Zusätzlich zur Urban Fantasy ist sie mit der Krimireihe, um Herrn Fuchs und Frau Elster auch im Steampunk anzutreffen. Mehr zu ihren Veröffentlichungen findet ihr auf ihrer Website.

Erscheinungsbild

Das von Art Skript Phantastik Design gestaltete Cover zeigt die Pariser Silhouette vor einem blauen Hintergrund, der dahingehend passt, dass Gwen Scotts fehlendes Herz mit Blau assoziiert. Allerdings wirkt es ein wenig lieblos gestaltet und erinnert mehr an Romantasy denn an Urban Fantasy. Das ist insbesondere deshalb schade, weil die Autorin auf ihrer Website darauf hinweist, dass man bei ihr eher keine Romantasy finden wird.

Deutlich interessanter sind die Illustrationen, die hin und wieder zwischen den Kapiteln platziert sind und Szenen des jeweiligen vorangegangenen Kapitels zeigen. Diese sind in unterschiedlichen Stilen gehalten und stammen von unterschiedlichen Künstler*innen.

Die harten Fakten:

  • Verlag: BookRix
  • Autor*in: Anja Stephan
  • Erscheinungsdatum: Juni 2021
  • Sprache: Deutsch
  • Format: E-Book
  • Seitenanzahl: 292 Seiten
  • ISBN: 978-3-7487-8546-0
  • Preis: 3,99 EUR (E-Book)
  • Bezugsquelle Fachhandel, Amazon, idealo

 

Bonus/Downloadcontent

Auf der Website der Autorin findet sich eine Spotify-Playlist passend zu Paris Underground.

Fazit

Das Setting klingt erst einmal vielversprechend und ich finde es sehr erfrischend, einmal Urban Fantasy zu lesen, die nicht in Nordamerika oder Großbritannien spielt. Allerdings schaffen die Figuren es leider nicht, mein Interesse zu halten. Die Probleme, die durch den Plot aufgeworfen werden – seien es Prophezeiungen oder Zwischenmenschliches – werde für meinen Geschmack zu schnell aufgelöst. Es wird keinerlei Spannung generiert.

Das bedeutet nicht, dass ich während des Lesens keinen Spaß hatte. Ich bin großer Fan von Bernadette und ich finde auch das Rätsel um das magische Bild nicht uninteressant. Aber die Familienfehde, die groß aufgezogen wird, hat nach dem Drittel kaum noch Relevanz und die Regeln das „emotionslose“ Herz betreffend sind so unklar, dass dieser Handlungsstrang mich einfach nicht zu fesseln vermag.

Der erste Band von Paris Underground lässt sich flüssig weg lesen und ich war stellenweise unterhalten. Allerdings werde ich die kommenden Bände nicht zu meiner Liste hinzufügen.

  • Paris als Setting
  • Elfen als Protagonist*innen
 

  • Flache Charaktere
  • Abruptes Ende

 

Artikelbilder: © BookRix
Layout und Satz: Melanie Maria Mazur
Lektorat: Sabrina Plote
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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