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Der ewige Kampf Gut gegen Böse. Auf beinahe jeder Con muss finsteren Machenschaften Einhalt geboten werden, häufig steht dabei viel auf dem Spiel. Am Ende jedoch sind die mutigen Helden siegreich, alles ist irgendwie in Butter. Gibt es zu viele Happy Ends?

Die Überschrift dieses Artikels ist bewusst als Frage formuliert. Im Folgenden soll weniger angeprangert als nachgeforscht werden, kein Ist-Zustand beklagt, sondern einer Entwicklung nachgespürt werden, die für manche mehr, manche weniger spürbar sein kann.

LARP ist so vielfältig wie die Charaktere, die die Cons bevölkern, doch es gibt durchaus immer wiederkehrende Motive in den Plots, die umso mehr auffallen, je öfter man über sie stolpert. Häufig geht es um den Kampf Gut gegen Böse. Gut, das ist meistens die Spieler, der zusammengewürfelte Haufen der Helden, mal mehr mal weniger heldenhaft. Böse, das ist der mysteriöse Gegenspieler und seine Schergen, die NSCs. Am Ende gewinnen die Guten. Vielleicht nicht den Krieg, aber zumindest die Schlacht. So kennt man es schon von klein auf aus den Märchen und später aus diversen Fantasy- und Actiongeschichten. Dahinter steckt eine wichtige Wertevermittlung und auch ein Wunsch, etwas ausrichten zu können in einer Welt, in der vieles außerhalb unserer Kontrolle zu liegen scheint. Muss es aber immer ein Happy End sein? Weshalb gibt es weniger wahrgenommene Variation am Ende der Con und was wären mögliche Alternativen?

Mögliche Ursachen

1. Fest(gefahren)e Strukturen

Nehmen wir einmal eine ‚klassische‘ Wochenend-Con. Der Freitag ist Anreise- und Aufbautag, im Zweifelsfall ist irgendwo ein langer Stau, sodass die geplante In-Time-Anreise sowieso nicht mehr im Hellen stattfindet, viel Zeit für Plot bleibt also nicht. Allenfalls werden das Grundproblem und die Natur der bösen NSCs vorgestellt, gegen die man kämpfen wird. Dafür ist der Samstag der Haupt-Plottag. IT weiß man natürlich nicht, dass die Situation sich innerhalb dieses Tages lösen wird, aber im Kopf der Spieler ist das Wissen darum dennoch verankert.

Den Tag über wird fleißig nach Lösungen gesucht, immer wieder unterbrochen von NSC Angriffen. Am Abend des Samstages folgt der große Showdown, auch bekannt als Endschlacht. Die Lösung des Plots muss vor dem Gegner beschützt bzw. gegen ihn eingesetzt werden, am Ende steht der Sieg. Der Sieg wird gefeiert, manche Gruppen tröpfeln schon ins OT, während andere noch fleißig dabei sind, IT einen schönen Abend zu verbringen. Manche Cons haben einen Tag mehr zum Plotten zur Verfügung, Großcons haben viele Subplots mehr, aber ihre ganz eigene wiederkehrende Struktur.

Das bedeutet nicht, dass diese Struktur schlecht ist, wenn man diese Struktur allerdings über das Jahr verteilt fünf- bis sechsmal am eigenen Leib erlebt und nicht ’nur‘ als Konsument von Büchern und Filmen, mag man sich manches Mal durchaus ein wenig wie vom Murmeltier gegrüßt vorkommen.

2. Erwartungshaltung der Spieler?

Eine bewährte, feste Struktur immer wieder zu erleben resultiert in einem gewissen Gewöhnungseffekt. So mag mancher Spieler sich wohlfühlen in der Gewissheit, dass ein, zwei Dinge ‚gesetzt‘ sind, auf jeden Fall auftauchen werden, und wenn es dann beispielsweise keine große Endschlacht gibt, sondern eine andere Art der Auflösung, ist er in seiner Erwartung enttäuscht. Anstatt sich über eine Variation zu freuen, fühlt sich der ein oder andere um ’seine‘ Endschlacht betrogen. Natürlich bedeutet eine Enttäuschung der Spieler und eine daraus vielleicht resultierende schlechtere Bewertung der Con nicht, dass deshalb Spielleitungen von vorneherein auf Variation verzichten, aber man kann es sich mit solchen einfachen Strukturen sehr einfach machen, keine Erwartungen zu enttäuschen.

Auch hat sich der letzte Abend unter vielen Spielern bereits so eingebürgert, dass halb im IT, halb im OT gefeiert wird, Kontakte vertieft oder neu geknüpft werden, wozu über die letzten beiden Tage keine Zeit war. Nun ist es IT nicht wirklich nachvollziehbar, gemeinsam zu feiern, wenn man nicht gewonnen hat, sondern im Gegenteil etwas Schlimmes nicht verhindern konnte. Das drückt die Stimmung und lässt noch schneller ins OT fallen. Man ist ja als Spieler mehr oder weniger heldenhaft und möchte sich auch in seiner Heldenhaftigkeit bestätigt wissen.

3. Geringere Gefahrenatmosphäre

Was bereits von Henning im Artikel zu LARP im Vergleich früher und heute angesprochen wurde, ist folgender Effekt: LARP als immer beliebteres, stark besuchtes Phänomen, wurde in den letzten Jahren auch immer stärkeren Reglements unterworfen. Nächtliche Kämpfe müssen ausgeleuchtet werden, weshalb nächtliche Überfälle sehr selten geworden sind – die Vorsichtsmaßnahmen nehmen das Überraschungsmoment und vor Sonnenaufgang passiert meist seltener etwas Gefährliches.

Immer mehr Spieler stehen häufig auch immer weniger NSCs gegenüber, was zu einem spürbaren Ungleichgewicht führt. Scharmützel werden leichter gewonnen und außerhalb festgesetzter Angriffszeiten sind NSCs nur noch selten auf dem Gelände anzutreffen, was eine brandgefährliche Spähmission wie einen einfachen Waldspaziergang wirken lässt. Auf manchen Cons hat sich sogar ein regelrechtes ‚Mittagsloch‘ eingebürgert, in dem für mindestens zwei Stunden überhaupt nichts passiert.

Diese beiden Beispiele verdeutlichen, dass das Gefühl, sich von morgens bis abends in einer nervenaufreibenden Bedrohungssituation zu befinden, stark nachgelassen hat. Der glückliche Ausgang des Abenteuers steht immer noch am Ende, aber er fühlt sich durch die als weit geringer wahrgenommene Bedrohungslage wie ein beinah zu leicht erkauftes Happy End an.

4. Des Guten zu viel

Bei einem wachsenden Con-Angebot und vielen dreifach oder sogar vierfach belegten Wochenenden müssen die Veranstalter um die Spieler buhlen. Besonders diejenigen, die keine fortlaufende Geschichte innerhalb einer Kampagne erzählen und daher auf eine Stammspielerschaft bauen können, haben oft Schwierigkeiten, ihre Spielerplätze zu füllen. Sie überschlagen sich mit Bedrohungsszenarien, die den erhofften Nervenkitzel versprechen.

Je stärker die Bedrohungslage, desto komplizierter sollte jedoch ihre Lösung sein. Wenn sich auf einer einzigen Veranstaltung Survival-Elemente mit schwarzmagischen Umtrieben, einem immanenten Weltuntergangsszenario und mindestens einem Dämon mischen, wirkt ein kompletter Sieg über die gesamte Lage innerhalb von nur drei Tagen sehr gewollt.

Mögliche ‚Gefahren‘

Tiefe geht verloren

LARP lebt auch von seinen epischen Momenten. Natürlich ist es episch, in einer Schlacht den Schergen eines finsteren Magiers das Handwerk zu legen, aber abseits dieser Wege warten Spielsituationen, die von vielen Plots viel zu selten ausgelotet werden. Das gemeinsame Diskutieren über die Rechtmäßigkeit des eigenen Handelns, das Streiten um die Folgen eines Fehlers und nicht zuletzt die Trauer um Opfer der getroffenen Entscheidungen schaffen eine ungemein dichte Atmosphäre.

Railroading

Railroading ist heute den meisten Rollenspieler ein Begriff als Bezeichnung für einen Plot, der wie auf Schienen in eine Richtung geführt wird, ohne dass die Spieler das Gefühl haben, etwas an der Verlaufsbahn ändern zu können. Das Bestreben einer SL, um jeden Preis auf das gewünschte Happy End hinzusteuern, kann in Railroading resultieren, da andere Ansätze der Spieler schlichtweg ignoriert werden oder überdeutlich gemacht wird, dass der vorgeschlagene Weg der Spieler nicht funktionieren wird. Dadurch wird die Kreativität der Spieler dem Irrtum geopfert, dass der Plot nur dann ein guter Plot ist, wenn er in einem Sieg resultiert.

Mögliche Alternativen

Was könnte, so denn Bedarf an einer Änderung der Situation besteht, getan werden, um den Folgen von einer zu starken Häufung der Happy Ends entgegenzuwirken? Beide Seiten, sowohl Spieler als auch Spielleitung haben verschiedene Möglichkeiten, Motive zu variieren und neue Elemente einzubringen, die mehrere Ausgangsmöglichkeiten der Lage kreieren oder Erschwernisse für den Sieg einbauen.

Keine Angst vor Fehlern

Gesetz dem Fall man spielt keinen Charakter, der einem der Chaosgötter anhängt oder einen finsteren Gesellen kann man wohl davon ausgehen, dass eine als positiv dargestellte Wendung des Plots („Das Gute siegt“) im Interesse des Spielers liegt, der sich auf einer solchen ‚klassischen‘ Con tummelt. Wissentlich das Gute zu hintertreiben ist jedoch etwas anderes als durch entweder gut gemeinte Aktionen, die vollkommen schief laufen, oder durch konsequentes Durchziehen einer hinderlichen Charaktereigenschaft ein Desaster heraufzubeschwören.

Viele mögen schon einmal an einem inneren Scheideweg gestanden haben, wo Spieler-Klugheit mit Charakter-Impulsivität kämpfte, und man sich am Ende doch für den klugen Weg entschied, damit der Plot nicht vollständig gesprengt wird. Es erfordert einiges an Mut, willentlich den Buh-Mann für etwas geben, allerdings kann diese Entscheidung wiederum für wirklich tiefgreifendes Spiel abseits der Heldenprofilierung bieten.

Fehler honorieren

Wenn Spieler auf den Plot treffen, läuft er meistens nach zehn Minuten sowieso in eine völlig andere Richtung, als die Spielleitung es vorhatte. So wie man plant und denkt, so kommt es bekanntlich nie. Das ist meist nicht weiter tragisch, weil viele Wege zu einem Ziel führen können. Wenn Spieler allerdings durch falsche Entscheidungen eklatante Fehler begehen, die den glücklichen Ausgang des Szenarios ernsthaft gefährden, was dann?

Häufig wird dann mit irgendeinem Kniff dafür gesorgt, dass trotz allem der Sieg noch in greifbarer Nähe bleibt. Allerdings sollte nicht vergessen werden, dass auch Niederlagen einen epischen Moment generieren können. Verlust schweißt oft stärker zusammen, als es ein Sieg je könnte. Die Tragik eines erkannten und eingestandenen Fehlers kann unter Umständen für weitaus mehr Gänsehaut sorgen als der x-te Sieg über den lokalen Bösewicht.

Wem das gesamte Scheitern des Conplots zu starker Tobak ist, der kann Fehler auch dadurch honorieren, dass Wermutstropfen eingeschleust werden, die den Sieg dämpfen. Ja, der Feind wurde besiegt, aber das war nur durch das Opfer des NSC Nr. 3 möglich, dessen Tod die Spieler nun verkraften müssen. Oder die Spieler müssen das kleinere Übel von Zweien auswählen, um den Sieg noch erringen zu können, da die einfache Möglichkeit nun versperrt ist – wer sich ein getrübtes Happy End zum Ziel setzt, dessen Fantasie sind wiederum weite Grenzen gesetzt.

Mehr Zweifel sähen

Das wirklich ‚gewöhnliche‘ an einem Happy End ist wohl, wenn man es von Weitem kommen sieht, wenn kaum je einmal Zweifel aufkommen möchte, dass am Ende alles gut ausgeht. Den inneren Spieler auszuschalten, der sich an die oben beschriebene Struktur von Beginn bis zur Endschlacht erinnert, ist schwer genug. Wenn nun aber auch der Charakter selbst oft genug erlebt hat, dass ‚das Böse‘ in der Regel innerhalb von drei Tagen eine empfindliche Niederlage einstecken wird, wächst mit jeder Con die Gewissheit, dass es schon irgendwie gut gehen wird.

Kleinigkeiten an der richtigen Stelle platziert reichen indes schon aus, um zumindest kurzfristig die Moral zu drücken und das Ganze nicht wie einen einfachen Durchmarsch aussehen zu lassen. Wenn das vonseiten der SL nicht gegeben ist, kann auch ein Spieler absichtlich einmal den Advocatus Diaboli oder Schwarzseher geben, der diejenigen, die allzu zuversichtlich auftreten, an die vielen Dinge erinnert, die tatsächlich schief gehen könnten.

Fazit

Auflagen, Erwartungshaltungen, Gewöhnungseffekte und andere Faktoren können leicht dazu beitragen, dass eine Häufung ‚zu einfach‘ erkaufter Siege in LARP-Cons beobachtet wird. Ob das nun störend auffällt, sei einmal dahingestellt, aber im Endeffekt ist eine größtmögliche Varianz der zu Verfügung stehenden Plot-Versatzstücke für Spieler und Spielleitung gleichermaßen wünschenswert.

Schließlich macht es auch Freude, einmal keinen strahlenden Helden zu spielen, der dem Bösen sowieso keine Chance lässt und der als Katalysator für die Ordnung wirkt, wo immer er auftaucht. Auch tragische Helden, die mit ihren eigenen Unzulänglichkeiten und ihrer Ohnmacht in ausweglosen Situationen konfrontiert werden, haben ihren Reiz.

Artikelbild: ©Wyvern e.K./Nabil Hanano

21 Kommentare

  1. Mittlerweile finde ich: Ja, manchmal muss man auch einfach mal die Welt retten können. ;-)

    Soll heißen: Welt retten spielt auf vielen Cons die ich besuche weniger eine Rolle. Deswegen ist es für mich auch mal erfrischend, wenn man vielleicht so alle 2 Jahre mal irgendwo „Held“ sein kann, bei etwa 10 Cons im Jahr.

    • Ich sehe das genau so wie Alex. Die Welt retten muss ich nicht so häufig, was aber wahrscheinlich sehr an den ausgewählten Cons und den dahinter stehenden Orgas liegt, die ich besuche. Das war zwar in letzter Zeit nicht so häufig, aber es gibt sie durchaus, die Cons ohne Weltretterplot und Endschlacht, die einfach durch viele gleichwertige Plotstränge leben, durch das eingehen der Orgas auf Charaktergeschichten bei rechtzeitigem Einsenden, persönlichen Plots, guten NSC und einfach auch viel Spannung durch Characterplay im DKWDDK. Da ist es schon erfrischend dann doch mal zwischendurch auf Cons zu fahren, wo man mal wieder die Welt retten darf. ;)

  2. Ich würde sagen, ein glückliches Ende *an und für sich* ist nicht das Problem. Wohl aber die ausgelutschte Formel, die zu diesem Ende hinführt: Dunkle Macht X bedroht das Land. Helden suchen [Macguffin einfügen], die einzige Möglichkeit, X zu besiegen. Endschlacht, Macguffin, Gefahr gebannt.

    Ich bin zuversichtlich, dass selbst klassische Fantasy-Cons durchaus mehr bieten könnten als Schema F, wenn sich SL und Spieler wirklich darauf einlassen, die ausgetretenen Pfade zu verlassen. Warum nicht mal den bösen Nekromantenkönig durch einen Prince Charming ersetzen, deren Anspruch auf den Thron genauso legitim erscheint wie der des rechtmäßigen Königs? Oder auch ein ganz anderer Plot, bei dem mal nicht gleich das Schicksal des Königreichs (oder gar der Welt) auf dem Spiel steht, sondern andere Ziele verfolgt werden?

  3. Es kommt sehr darauf an. Und man kann es nicht pauschal sagen.

    „Play to lose“ ist ein super Konzept.

    Aufgrund einer soeben woanders geführten Diskussion folgende Differenzierung:

    Ich bin als Einzelspieler unterwegs. Es läuft der Modus Spieler bespaßen Spieler/NSC.

    Ich agiere als Gruppe mit viel OT Planung und Aufwand zur Gestaltung der Spielwelt. Dann muss man nicht immer gewinnen. Aber gänzlich ohne Erfolgserlebnisse, die die Gruppe würdig feiern kann (ebenso wie Niederlagen/Verluste) – geht Gruppendynamik verloren.

    Was mal wieder zum Thema Lifetimezyklus einer Larpgruppe führt. :D

  4. Ich sehe das so, es geht hier weder um „Happy End“ oder um „Play to lose“, sondern viel mehr um eine Bereitschaft sich auf einen unvorhergesehenen Storyverlauf, sofern es überhaupt ne Story gibt, einzulassen.
    Somit entsteht ein Mangel an Spielkonsiquenz, Selbsterfahrung und Grenzerfahrung. Alles Sachen und Erlebnisse, mit denen gute Larps auffahren können und sollten.
    Viele Spieler wollen „was für ihr Geld geboten haben“ und erwarten auch eben durch einen Teilnehmebeitrag ein Ergebnis mit dem sie zufrieden sind. Sprich einen bezahlten Sieg und Glückgefühl das ihnen auf Grund der Bezahlung zusteht.
    Bei „Play to lose“ ists genau so nur umgekehrt. :D

    Es wäre schon mancher Veranstaltung geholfen, wenn sich jeder Teilnehmer (Orga, SL, SC, MSC, GSC, NSC usw. …) sich mal wirklich Gedanken dazu macht, was kann ich aktiv beitragen um das Setting zu bereichern und dabei gehts nicht um Krempel (wie Kekse, Schnaps, Gebasteltes usw. …) verkaufen oder anzubieten sondern um aktiv zu schauen, was gibt dem Spiel Spieltechnisch einen Mehrwert. Eben falls steigt der Inhalt der Story nicht durch ein tolles Kostüm. Was bringt einem eine überangende Klamotte wenn der Inhalt Luft ist.
    Baut Charaktere mit inneren Konflikten und setzt euch Charakterziele.

    In dem Sinne, bringt euch ein, spielt einen Mix aus „Happy End“ und „Play to lose“ und nutzt die Möglichkeit, aus dem Hobby LARP eine Bereicherung zumachen. Bereitet ein chaotisches Miteinander und freut euch über unvorhergesehene Wendungen. Aber lasst euren realen Egotrip daheim.

    • Ich sehe Larp ebenfalls als hervorragende Gelegenheit SELBSTWIRKSAMKEIT zu erleben. Und diese wird durch Railroadinng völlig zerstört. Ich möchte als Spieler „vergessen“ dass ich eigentlich Esther bin, dass ich auf jeden Fall eine Heldin sein werde, und wenn ich unvorsichtig war, notfalls von einem SL beschützt werde und meine Fehler ausgebügelt werden. Ich fände es viel interessanter, wenn ich merken könnte: Achtung, wenn ich jetzt dies oder jenes tue, hat das Konsequenzen, die logisch und nachvollziehbar sind, egal ob sich eine Orga eine andere Entwicklung des Plots gewünscht hätte. Ich finde es schade, wenn sich LARPS immer mehr in Richtung Kostümschow entwickeln. Ein Kostüm ist Mittel zum Zweck. Es sollte immer noch das Spiel das verkörpern gewisser Rollen im Vordergrund stehen. Ansonsten könnte man doch auf jede x-beliebige Kostümparty gehen. Ich habe fast den Eindruck, dass manche vergessen haben, was der Ursprung dieser Art des Spiels ist, etwas, das wir als Kinder noch genau wussten. Dass es nicht darum geht zu gewinnen, weil man nun mal Charakter XY ist und deshalb automatisch zu den Siegern gehört, sondern sich auf Unerwartetes einzulassen und am eigenen Leib zu erfahren, was es bedeutet, eine andere Person zu sein.

      Und alles, was meiner Handlung zuwiderläuft, sie boykottiert oder gar ignoriert, um eines Endes willen, das nicht aus der Eigendynamik einer Gruppe oder der Eigendynamik des Spiels heraus entstanden ist, sondern nur theoretisch im Kopf eines Autors, reißt mich doch aus meiner Rolle und zerstört die Illusion und Selbstwirksamkeit. Da scheitere ich lieber als zu wissen, dass ich kugelsicher und unsterblich bin.

    • Ich kann nur den Kopf schütteln über Teile der hier getroffenen Diskussion und dem völlig falsch benutzen Begriff des „Railroadings“. Ein Begriff übrigens, der Rollenspiel im Allgemeinen und Larp im Besonderen zerstört.
      Storytelling und Rollenvorgabe ist nichts Negatives!!!!! (Zu Esther schiel). Das ermöglicht mir erst, eine Geschichte zu erleben und zu eine Figur zu sein, die ich sonst nicht bin. Sogenanntes „Sandboxing“ engt viel mehr ein. Oberflächlichen Spiel, immer gleiche Rollen, keine Interaction da jeder nur egoistisch sich selber spielt. Das funktioniert weder im Larp, noch in der Realität verdammt. Genau deshalb gibt es doch immer und immer wieder den gleichen Langeweile Plot, die gleichen Assassinen, die niemand anheuern will, den ewigen Sieg der Mehrheit. Den Göttern sei Dank gibt es da so etwas wie die „Convention of Thorns“ oder eben das Murder Mystery (erneut böse schiele), das mir einen Plot und feste Rollen mit vorgegeben Beziehungen (positiv wie negativ!) gibt, die es mir erst ermöglichen EINE ROLLE zu spielen. Das heißt Rollenspiel, nicht Railroading. Nur in den aller aller seltensten Fällen wird im Sandbooxing der Fremde Spieler angespielt oder integriert. Wieso auch.
      Natürlich sollte man „verlieren “ können, im Sinne von „die anderen (auch NPCS!) gewinnen. Aber again: das hat NICHTS aber auch gar nichts mit Railroading zu tun! Auch nicht mit Sandboxing!

  5. Nach meinen ersten 3, 4 Cons habe ich mich gefragt, ob es auch mal Happy Ends gibt im Larp … das ist allerdings schon 15 Jahre her ;)
    Ich mag ja gern Happy Ends mit Zweifel: War es das wirklich oder konnte der Oberboss (oder sein finsterer Scherge, der ihm das alles eingeflüstert hat) doch entkommen? Die Rebellion ist niedergeschlagen, das Königreich gerettet – aber hatten die Rebellen nicht doch irgendwo auch ein bisschen Recht? Siege, die bloß Teil-Siege sind, sind sowieso ganz wunderbar …
    Ansonsten: Mal gewinnen, mal verlieren (aber, wichtig, immer mit dem Gefühl „Wir hätten eine Chance gehabt“!) – Abwechslung ist alles! :D

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