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Der Companion wurde bereits als Stretch Goal während der Deadlands Noir Kickstarterkampagne angekündigt und wurde nur wenige Monate nach dem Grundregelwerk veröffentlicht. Der 200 Seiten starke Band lockt mit vier neuen Städten, in denen die Ermittler dem Schrecken der Abrechner die Stirn bieten können.

Das Besondere dieses Bandes ist, dass jede Stadt von einem anderen Autor geschrieben wurde. Dies gibt dem Buch einen ganz eigenen Charme, verändert der Stil natürlich auch, wie die präsentierte Stadt auf den Leser wirkt. Die Unterschiede äußern sich zum Teil in einer unterschiedlichen Einteilung der Kapitel oder dem Aufbau der gesamten Plot-Point-Kampagne, sind aber nahe genug beieinander um sich als stimmiges Ganzes zu präsentieren.

Erscheinungsbild

Das Layout des Companions, der uns als PDF-Datei vorliegt, orientiert sich am Deadlands Noir Grundregelwerk. Eine optische Zusammengehörigkeit – oder neudeutsch: das Corporate Design – ist unverkennbar. Die Gestaltung des 207 Seiten starken Bandes wird immer noch durch ein helles Grau dominiert, das durch den dezenten Einsatz von Farben aufgelockert wird.

Neben den jede größere Überschrift unterstreichende Blutflecke wird das Layout durch professionelle Schwarz-Weiß-Illustrationen unterbrochen. Bei diesen Abbildungen fällt besonders ins Auge, dass immer bestimmte Elemente, jedoch nie die eigentlichen Akteure farbig dargestellt werden. Da wäre zum Beispiel der in schwarz-weiß gehaltene Penner, der vor einem großen Gebäude mit rot erleuchteten Fenstern steht. Oder die wilde Verfolgungsjagd, in der nur das Blaulicht der Polizeiautos einen Farbakzent setzt. Das buchstäbliche farblose Umfeld fängt den Geist des Settings wunderbar ein.

Wie auch im Grundregelwerk gibt es bei der Leserlichkeit nichts zu meckern: Starke Kontraste, lesbare Schriftarten und die klare Trennung von Inhalten strukturieren den Text augenfreundlich. Bei den Seitenleisten hat man allerdings das Gefühl, dass hier etwas experimentiert wurde: Das Layout dieser Informationen ist leider nicht einheitlich, nicht mal in den einzelnen Abschnitten des Bandes. Die aus dem Grundregelwerk bekannten Filmstreifen sind zwar immer noch vorherrschend, aber es werden auch unterschiedliche papierartige Hintergründe eingesetzt. Das ist nicht wirklich störend, fällt aber definitiv ins Auge.

Insgesamt liefert Pinnacle Entertainment wieder ein hervorragendes Werk ab: Tippfehler fielen keine auf und die gesamte Aufmachung wirkt professionell und aus einem Guss. Die Grafiken unterstützen den Text, ohne ihn unnötig zu überlagern. Als kleines Bonbon wurde die Datei in Layern aufgebaut. Möchte ich meine Datei also ohne den Tinte fressenden Hintergrund auszudrucken, ist das kein Problem – im Bedarfsfall können sogar sämtliche Grafiken ausgeblendet werden. So muss ein aktueller Rollenspielband aussehen!

Die harten Fakten:

  • Format: PDF
  • Verlag: Pinnacle Entertainment Group
  • Autoren: Ken Hite, Matthew Cutter, Simon Lucas, Shane Hensley
  • Erscheinungsjahr: 2013
  • Sprache: englisch
  • Preis: 19.99 USD
  • Bezugsquelle DriveThruRPG (Klick)

Inhalt

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Anders als in vielen anderen Settingerweiterungen werden im Deadlands Noir Companion nicht nur neue Regeln und Schauplätze beschrieben. Das Besondere an diesem Band ist, dass jede vorgestellte Stadt auch gleichzeitig in einer anderen zeitlichen Periode spielt.

Das im Grundregelwerk vorgestellte New Orleans wurde dabei leider nicht bedacht: Viele der vorgestellten Charaktere und Monster sind ortsgebunden und nur selten kann ein Bösewicht ohne weiteres nach New Orleans verpflanzt werden. So bleiben für Charaktere in New Orleans lediglich die zwei „neuen“ mystischen Hintergründe des Gesegneten und des Sykers. Diese sind zwar aus den Geschwistersettings entnommen, aber immerhin an das Setting angepasst worden.

Der Aufbau des Bandes ist durchaus schlüssig: Neben den einleitenden Worten, den neuen Settingregeln und einer kurzen Lektion in Sachen geschichtlicher Entwicklung in den USA bzw. CSA von 1913 bis 1956 werden auf jeweils vierzig bis fünfzig Seiten die Städte Chicago (1927), Shan Fan (1939), City of Lost Angels (1946) und die City of Gloom (1950) vorgestellt.

Jeder Abschnitt beginnt mit einer groben Beschreibung der aktuellen Situation der Stadt sowie eines kurzen geschichtlichen Einblicks. In diesen Kapiteln wird der Leser an die wichtigsten Macher und laufenden Entwicklungen herangeführt. Anschließend folgt jeweils eine Karte der Stadt und eine grobe Beschreibung der Stadtviertel und wichtiger Orte. Selbstverständlich wird hier auch auf die kommenden Savage Tales verwiesen, sofern diese sich im jeweiligen Gebiet befinden.

Der eigentliche Schatz der Kapitel sind die Savage Tales und die Plot-Point-Kampagnen, die individuell für jede Stadt zusammengestellt wurden. Die Palette deckt hier einen Großteil klassischer Noir-Geschichten wie z.B. Entführung, Raub oder Mord in unterschiedlichen Inkarnationen ab. Genauso wie die in diesem Kapitel enthaltenen Plot-Point Kampagnen wurden die Savage Tales bestens auf den Ort der Handlung zugeschrieben.

Die Kampagnen sind teilweise etwas geradlinig geworden. Hier und da wird sehr stark auf Railroading gesetzt um die Story voranzutreiben. Im Großen und Ganzen ist aber jede Kampagne eine spannende Ergänzung und hält für die Spieler die eine oder andere hässliche Überraschung bereit. Der thematische Einschlag ist hier noch deutlicher als in den kurzen Savage Tales: Während man in Chicago zum Beispiel einem Gangster-Plot nachjagt, hat man es in der City of Gloom mit einer stark steampunk-lastigen Geschichte zu tun. Durch diese starke Aufteilung in unterschiedliche Genres bietet dieser Band eine unheimliche Vielfalt an Tonalität und Geschichte, ohne dabei zu viel zu wollen.

Ein Wermutstropfen ist natürlich, dass die Charaktere wahrscheinlich nicht sämtliche Geschichten begonnen bei New Orleans über die neuen Städte erleben werden, sondern dass jede Kampagne für eine frische Gruppe von Ermittlern ausgelegt ist. Auf diese Weise schafft es der Companion aber auch, die Spieler immer wieder mit neuen Nuancen und Ideen im Noir-Setting zu begeistern.

Die Exotik hält sich dabei aber noch in Grenzen. Es werden zwar stets neue Elemente eingeführt, das komplette Setting fühlt sich aber immer noch nach Noir an, ohne aufgesetzt zu wirken. Dies setzt sich auch in den Monsterbeschreibungen fort, die jedes Kapitel beenden. Ein globales Bestiarium mit Schrecken, die sich praktisch in jeder Stadt finden lassen, hätte das Buch noch zusätzlich bereichert, fehlt allerdings komplett.

Fazit

Der Deadlands Noir Companion erweitert Deadlands Noir um zahlreiche neue Schauplätze. Jede Stadt erhielt in ungefähr soviel Raum, wie New Orleans im Grundregelwerk zur Verfügung stand. Besitzer des Companions können sich frei eine der ausgearbeiteten Städte nehmen und erhalten ausreichend Informationen um sich direkt in die Geschichte stürzen zu können.

Die Qualität der Savage Tales befindet sich auf hohem Niveau, einen kompletten Totalausfall gibt praktisch nicht. Die eine oder andere Geschichte hätte aber noch etwas weniger geradlinig ausfallen können. Mit den Plot-Point Kampagnen kann der Companion aber auf jeden Fall wieder punkten. Die auf den Handlungsort zugeschnittene Story hat das Potential ein unheimlich dichtes Szenario zu zeichnen, das Spieler wie auch Spielleiter in ihrer einzigartigen Stadt gefangen hält. Das ist auf der anderen Seite aber auch ein kleiner Nachteil, da Monster und Geschichten kaum in einer anderer Stadt als Schauplatz unterzubringen bzw. zu leiten sind.

Der Companion bietet eine Menge neuer Informationen und spannender Geschichten. Diese sind gleichmäßig auf die neu vorgestellten Städte verteilt, so dass der tatsächliche Nutzen für eine einzelne Kampagne eher gering ist. Gruppen, die New Orleans bespielen schauen praktisch vollständig in die Röhre, in jeder anderen Stadt angesiedelte Kampagnen können immerhin ein Viertel der im Companion angebotenen Informationen direkt nutzen.

Die Zeitreise von Chicago bis hin zur City of Gloom ist eine nette Abwechslung zu anderen Begleitbänden, jedoch ist der tatsächliche Nutzen eher gering. Natürlich wird sich das Setting durch die historischen Ereignisse verändern, dies ist im Spiel aber leider nicht zu spüren. Es erfolgt zum Beispiel keine Anpassung der Ausrüstung oder Technologie, was in einem Zeitraum von über vierzig Jahren realistisch wäre.

Ein generelles Problem des Companions ist außerdem, dass nur wenige Themen bis in die Tiefe behandelt werden. Die meisten Savage Tales bestehen aus maximal einer halben Seite, in der der komplette Plot erklärt wird. Weiterführende Details wie Charakter- oder Ortsbeschreibungen sind entweder nur sehr rudimentär oder gar nicht vorhanden. Die Verantwortung für diese Details liegen vollständig beim Spielleiter, der aus diesem Grund auch – wie in den Deadlands Settings allgemein üblich – über einige Erfahrung verfügen sollte.

Mit diesem Werk hat Pinnacle Entertainment eine solide Erweiterung zu Deadlands Noir zustande gebracht. Die beschriebenen Städte und ihre Bewohner sind glaubhaft und in düsterem Noir-Stil gezeichnet. Der Inhalt sowie die Gestaltung des Buches wissen zu überzeugen. Der Preis ist aber für ein unterstützendes Produkt sehr hoch und trübt die Freude an diesem Buch merklich. Nichtsdestotrotz kann für Fans der Reihe mit genug Spielleitererfahrung eine Kaufempfehlung ausgesprochen werden.

Daumen4Maennlich

 Artikelbilder: Pinnacle Entertainment Group

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