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Das ist der zweite Teil eines Interviews mit den Con-Organisatoren. Hier geht es zu Teil 1 des Resistopia-Interviews zum Nachlesen.

Altes Gelände, neue Sichtweise

Teilzeithelden: Ihr macht das Resistopia wieder auf dem Mahlwinkel-Gelände, wo auch schon viele eurer anderen Veranstaltungen stattfanden. Ist das Gelände für Leute, die schon auf mehreren eurer Cons waren, nicht langsam verbraucht?

Paul: Die Spieler werden das Gelände ein bisschen anders kennenlernen. Zum einen ist das Gelände an sich deutlich größer als der Teil, den wir normalerweise bespielen. Wir selbst haben ungefähr 600.000 m² Pachtfläche, dürfen aber auch das Gelände unserer Mitveranstalter nutzen. Wir sprechen da von insgesamt etwa 1.200.000 m². Das ist dann teilweise natürlich richtig weit weg. Da wird es beispielsweise immer mal wieder Missionen in neue Gebiete geben, wie wir das beim F.A.T.E. auch nach und nach gemacht haben.

Dazu kommt, dass wir das eigentliche Spielgelände ein wenig verlagern. Wir legen die Spielerbasis in ein Gebäude, das sonst bisher kaum bespielt worden ist. Da wird eine komplette Basis reingebaut, das gesamte Zivilspiel wird sich praktisch dort abspielen. Dann gibt es eine Art Tunnelsystem, das durch verschiedene Gebäude und Bunker auf das eigentliche Spielfeld führen wird. Das Spielfeld wird daher ganz anders wahrgenommen werden. Die Spieler sind nicht, wie sonst, auf dem Gelände und dann passieren Dinge um sie herum, sondern sie sind in der Basis und verlassen diese für Missionen, die sie zu erledigen haben.

Geralt: Das Gelände ist auch einfach unglaublich vielfältig. Jedes Mal, wenn man dort ist, findet man etwas Neues. Ich selbst war schon unglaublich oft dort, und finde immer noch neue Ecken die ich noch nie gesehen habe.

Paul: Es wirkt vor allem anders. Wenn du lang genug auf dem F.A.T.E. warst, erkennt man halt irgendwann die Gebäude der Fraktionen, aber das sieht jetzt ganz anders aus in dem Moment, weil du nicht mehr das gesamte frei begehbare Spielgelände hast, sondern eine klare Trennung nach „Draußen“ und „Drinnen“. Ansonsten soll sich da jeder selbst ein Bild von machen. Wir sind gespannt. Für viele hat das Ganze ja auch was von „nach Hause kommen“. Wieder zurück in den Dreck, juhu!

Die große Frage nach dem „Warum?“ und „Wie?“

Teilzeithelden: Solche Aussprüche höre ich öfter von meinen Freunden und Bekannten, die jedes Jahr auf die F.A.T.E. fahren. Wieso wolltet ihr überhaupt eine neue Großveranstaltung machen? Mit der Zombie Apocalypse und der F.A.T.E. seid ihr Orga-technisch doch eigentlich gut bedient, was einfach auch ein enormer Aufwand ist, wie ich aus eigener Erfahrung weiß.

Paul: Dafür gab es mehrere Gründe. Wir hatten eigentlich schon immer eine dritte Veranstaltung gemacht. Da hatten wir zeitweilig das Tortuga, das Schattenlauf, dass wir vorhin schon angesprochen hatten oder das Ex-Solaris. Wir hatten schon immer ein weiteres Produkt im Porftolio. Beim Kriegshammer haben wir zumindest mitgemischt, auch wenn wir nicht selbst Hauptveranstalter waren.

Es ist bei unseren Cons einfach wichtig, dass wir gemeinsam auf einen Nenner kommen, daher war das länger in der Schwebe. Die Frage war halt, was fasziniert uns alle genug, um uns über mehrere Jahre daran zu fesseln. Die alten Veranstaltungsreihen entwickeln sich ja auch. Die Zombie Apocalypse hat letztes Jahr noch eine enorme Veränderung durchgemacht, doch der kreative Geist will halt gefüttert werden. Da ist es manchmal einfach wichtig, neue Aufgaben vor der Nase zu haben. Das Team wird größer und wir haben auch die Möglichkeiten, neue Dinge zu tun und das Gelände ist nun einmal da. Und solange das Gelände, der Wille und die Möglichkeiten da sind, warum denn dann nicht?

Geralt: Man hat auch immer wieder Ideen und Innovationen, die man aber nicht auf den anderen Veranstaltungen unterbringen kann. Dann fällt einem was ein, dass man gerne umsetzen würde, aber nicht kann, und dann schafft man sich eben eine neue Leinwand, um die Kreativität auszuleben. Das war auch mit einer der Gründe für das Resistopia.

Paul: Jeder im Team hat ja auch so sein eigenes „Baby“. Da bilden sich quasi Teams im großen Team. Jeder hilft natürlich bei allen Veranstaltungen, aber man hat halt so seine Vorzüge und was die Hauptverantwortlichkeiten angeht, teilt sich das ganz gut auf.

Resistopia FB Gruppengrafik

„Money makes the world go round“

Teilzeithelden: Abseits von persönlichen Steckenpferden und den Möglichkeiten, hatte die Überlegung zu einer dritten Großcon auch finanzielle Gründe?

Paul: Klar! Immer! Wäre komisch, wenn nicht. Es ist natürlich so, dass keine der Veranstaltungen Geld im klassischen Sinne abwirft. Das glaubt uns zwar nie jemand, egal wie oft wir das beteuern, aber das ist nun mal so. Wir machen das da alle ehrenamtlich und aus Spaß am Hobby. Und es ist ja auch so, dass gerade Dinge, die man logistisch angeht, für eine Veranstaltung viel Geld verschlucken. Seien es neue Funken, Fundus oder die Aufbereitung und Aufwertung des Geländes. Das kommt dann natürlich wieder allen Veranstaltungen zugute. Wenn du eine neue Wasserleitung oder Stromleitung legst, dann ist die danach einfach schon da und nicht nur für eine Veranstaltung. Und natürlich überlegen wir da ganz simpel: Wenn wir die Möglichkeiten haben und die Pacht für das Gelände bezahlen wir ja eh, wieso sollten wir es dann nicht nutzen? Im Endeffekt befruchtet sich das ja dann alles gegenseitig. Diese Gedankengänge komplett von der Hand zu weisen, wäre nicht ehrlich.

Teilzeithelden: Du sprachst von Möglichkeiten und Aufteilungen im Team. Habt ihr also keine Angst, dass die geistigen Kapazitäten so sehr gebunden werden, dass sich eine dritte Veranstaltung in der Größe negativ auf die anderen auswirkt?

Paul: Natürlich muss beispielsweise das Kreativteam mehr arbeiten. Doch beim F.A.T.E sind wir mittlerweile auf einem Level, dass das, was da an Kreativarbeit geleistet werden muss, dank dem neuen System weitaus geringer wird. Da wird viel Energie frei, da auch viel Hintergrund und Plot bereits von den Spielergruppen mitgebracht werden. Bei der Zombie Apocalypse haben wir vor einem Jahr den großen „Revamp“ gemacht: Da haben wir die groben Dinge nochmal neu ausgerichtet, etwas mehr Spiel reingebracht etc., da ändert sich jetzt auch nicht mehr riesig viel. Da sind also auch eine Menge Ressourcen freigeworden.

Viele der Veränderungen der Reihen kommen auch durch die Spieler selbst. Wir haben auch mittlerweile eine große Unterstützung durch unsere Community, die wir aktiv betreuen. Dadurch bieten sich uns enorme Möglichkeiten, Konzepte von Teilnehmern besser zu fördern und mit ihnen gemeinsam durchzuplanen. Das war früher nicht möglich, da wir ständig an unserer Leistungsgrenze waren. Inzwischen haben wir glücklicherweise mehr Ressourcen, um die kreative Energie der Teilnehmer positiv zu kanalisieren, anstatt sagen zu müssen: „Passt jetzt nicht!“. Und wir sind auch gewachsen. Mittlerweile sind wir 20 Leute in der Orga und bekommen jedes Jahr noch ein wenig Nachwuchs. Das macht sich schon bemerkbar.

Teilzeithelden: Das hört sich großartig an. Ich muss aber noch einmal auf das böse Thema Geld zurückkommen. Wieviel würde mich als kompletter Neuling der Einstieg ins Resistopia als Spieler kosten?

Paul: Angefangen haben wir bei 79 EUR für die Karte und sind jetzt bei 99 EUR und dann kommen im einfachsten Fall eine Softair-Federzugpistole oder –Schrotflinte für 20 EUR dazu und das war’s dann eigentlich. Das Resistopia spielt ja in der nahen Zukunft, so in sechs bis sieben Jahren. Das heißt, wir sprechen hier von sehr viel Zivilkleidung, funktionaler Kleidung und eventuell ein bis zwei militärischen Kleidungsteilen, die dann kombiniert werden. Das Ganze wird dann ein bisschen bearbeitet, um in den Used-Look zu kommen, allerdings nicht so krass, wie das Verranzen in der Endzeit und noch lang nicht so hart improvisiert.

Wir sind halt erst seit drei Jahren im Krieg mit den Aliens. Die Leute, die grad in der Community ihre Sachen posten, meinen bisher, sie hätten sich an Klamotte wirklich gar nichts gekauft für diese Con. Hier geht es wirklich darum zu sagen, was habe ich denn an alten Klamotten und Survival-Ausrüstung zu Hause. Die Optik ist ja auch so gewollt von uns. Oh, und etwa 10 EUR für eine Schutzbrille sollte man auch einrechnen, die ist nämlich Pflicht in den Kampfgebieten.

Teilzeithelden: Mit Karten, Markieren und Verpflegung bin ich dann aber auch schon im unteren Bereich bei 150 EUR bis 200 EUR. Das ist schon eine nicht zu unterschätzende Hausmarke.

Paul: Ja, schon. Ich vergleiche das immer mit einem Fantasy-LARP als kompletter Neuanfänger, da bin ich dann schon etwas teurer unterwegs. Da geht das auch meist über geliehene Sachen von Kumpeln, und das wird hier ähnlich funktionieren. Man kommt ja in der Regel auch über Leute ans LARP, die das Ganze schon eine Weile machen und einen eigenen kleinen Fundus haben.

Spielanreize – die Karotte statt dem Stock

Teilzeithelden: Gut, da hast du durchaus Recht. Als Letztes würde mich noch interessieren, wie ihr das mit den Ressourcen macht, sowohl IT als auch OT. Beim F.A.T.E. habt ihr mit dem Rad-EX und den Chids ja ein sehr restriktives Währungssystem.

Paul: Es gibt quasi Ingame- und Outgame-Erfahrungspunkte für den Charakter/Spieler bei uns sowie ein leichtes Ressourcensystem. Der Charakter kann sich im Spiel Fame-Points erarbeiten. Die kriegt er beispielsweise durch erledigte Aufträge und er wird durch sie bekannter in seiner Fraktion; er steigt im Rang auf oder erhält mehr Einfluss. Ansonsten gibt es Ressourcenpunkte, die quasi wie Währung sind, für die man sich im Shop Sachen kaufen kann oder in der Bar. Das sind kleine Mini-Anreize im Spiel. Es wird auch ein bisschen Papiergeld geben zum Pokern abends in der Basis oder so etwas.

Resistopia-2015_Flyer-kleinUnd dann gibt es das Star-Token-System. Das funktioniert ein wenig wie Erfahrungspunkte, allerdings für den Spieler, nicht für den Charakter. Neu ist hierbei, dass man durch den Besuch der Veranstaltung eben nicht einen fixen Betrag bekommt. Die Tokens honorieren besonderes Engagement in den Bereichen Rollenspiel, Gewandung, Charakterdarstellung, Community oder im Sozialen. Orga-Mitglieder oder bestimmte festgelegte Rollen haben dann diese Star-Token, die sie an Leute verteilen können, von denen sie denken, dass sie es verdient haben. Wenn sie eine besonders coole Szene sehen oder wenn wir mitkriegen, dass da jemand in der Community richtig viel hilft oder sowas. Das kriegt der Spieler gar nicht mit, aber das ist für uns als Orga, um ein wenig filtern und besser entscheiden zu können, welche Spieler für bestimmte Aufgaben und Spezialrollen besonders geeignet wären.

Als Orga hat man oft bei der Rollenvergabe das Problem dass sich Leute bewerben, die man aber kein Stück kennt. Dann stellt sich immer die Frage, warum die sich bewerben und ob sie die Rolle wirklich darstellen können oder ob sie bloß mal im Mittelpunkt stehen wollen. Im Endeffekt nimmt man dann doch immer die üblichen Verdächtigen, die man schon kennt und einschätzen kann. Um das ein wenig aufzubrechen und auch das Augenmerk mal auf Leute zu lenken, die es wirklich verdienen, haben wir dieses System eingeführt. Wir als Orga sehen dann einfach irgendwann in unsere Spieler-Datenbank und merken: „Bei dem oder dem sollten wir uns vielleicht mal melden, das scheint echt ein cooler Typ zu sein“. Quasi ein Spielbelohnungssystem.

Teilzeithelden: Cool. Also wollt ihr Spieler durch Anreize dazu zu bringen, das Beste aus sich und für andere zu machen. Gefällt mir. Fördert sicherlich das Miteinander und auch das Rollenspiel.

Paul: Zur Rollenspielförderung haben wir übrigens auch noch das Fast-back-&-gain-System eingeführt. Besonders bei Softair-LARPs wird man schnell getroffen und ist daher schnell verwundet. Das führt dazu, dass man Verwundungen öfter mal nicht ausspielt. Oft ist auch einfach nicht gewollt, dass Verletzungen die Leute stundenlang aus dem Spiel nehmen.

Aufgrund des Hintergrundes haben wir eine Möglichkeit geschaffen, das Verletztenspiel zu beschleunigen. Du hast vor Ort die Medics im Feld, die die Leute für die Dauer des akuten Einsatzes relativ schnell wieder zusammenflicken können. Und selbst wenn man in die Basis muss, haben die dort erstmal nur eine Behandlungszeit von 10 bis 20 Minuten etwa und dann ist auch wieder gut. Der Charakter behält die Verletzung, aber sie wird ihn erstmal nicht zwingend behindern. Das wirkt quasi wie Schmerzmittel, nur besser. Die Leute sehen also dennoch zerschunden aus und haben Narben, den Kampf wird man also definitiv sehen, aber man kann sich recht ungehindert weiter bewegen. Wer das nicht will, hat die Möglichkeit, sich im Spiel gegen diese neuen Behandlungen auszusprechen, weil die mit Alien-Technologie zu tun haben. Das ist ein sehr passender IT-Grund und man kann sich dann das ganze Verletzungs- und Lazarettsspiel geben.

Teilzeithelden: Eine nette Variante, die ich so auch noch nicht erlebt habe. Dann bleibt mir nichts weiter übrig, als euch viel Erfolg und möglichst wenig OT-Verletzte zu wünschen. Vielen Dank für das Interview.

Paul: Wir haben zu danken.

Artikelbilder: Lost Ideas

 

 

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