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Es gibt nicht mehr viele große Conventions in Deutschland. Neben der NordCon und der FeenCon sticht dabei vor allem auch die altehrwürdige DreieichCon hervor. Auch dieses Jahr fand sie wieder im November statt, Ort des Geschehens war das Bürgerhaus in Dreieich-Sprendlingen. Über 1250 Gäste fanden dieses Jahr ihren Weg in die geräumige Örtlichkeit. 

Auch 2017 glänzte die Convention wieder mit etlichen Specials, darunter ein Fantreffen von Mass Effect: Andromeda mit den Synchronsprechern Joscha Fischer-Antze und Sara Kelly-Husain, moderiert von Georg Hach von Toneworx GmbH.

 Am DreieichCon-Samstag trafen Fans im Rahmen eines Mass-Effect-Fantreffens mit den deutschen Sprechern zweier Mass-Effect-Charaktere zusammen. Sara Kelly-Husain, die Peebee ihre Stimme leiht, und Joscha Fischer-Antze, der Nakmor Drack verkörpert, waren auf Einladung des DreieichCon vor Ort. Nicht nur, um über ihre Erfahrung bei der Gestaltung ihrer Figuren zu sprechen, sondern hauptsächlich auch, um mit den Fans in Kontakt zu treten, die für gewöhnlich nur das Ergebnis ihrer Arbeit sehen, da Sprecher für gewöhnlich mit den Fans der Spiele, die sie vertonen, nur wenig in Kontakt kommen. Wenn sie dann wie am DreieichCon-Samstag auf Tali-, Liara- und James-Vega-Cosplayer treffen, dann ist das für sie auch etwas Besonderes.

Für Sara und Joscha war es eine sehr spannende und positive Erfahrung in einer überaus familiären und freundschaftlichen Atmosphäre. Die DreieichCon ist eine der seltenen Gelegenheiten, Spielende und Spielschaffende auf diese Art näher zusammenzubringen und zum direkten Austausch anzuregen.

Vielen Dank an alle, die bei der Veranstaltung vor Ort waren und Sara, Joscha und mich so herzlich empfangen haben – und an Christian, Thorsten, und alle DreieichCon-Organisatoren und Helfer!


Redakteur Johannes Weyrauch testete eifrig neue und alte Spiele in den vielfältigen Spielrunden. Maxi Hennemann, eine der anwesenden Spielleiterinnen, nahm die lange Tradition der Convention zum Anlass, ein Gedicht auf die Dreieich zu schreiben. Tatsächlich war das Angebot an Spielrunden beachtenswert.

In Dreieich war, wie jedes Jahr
die Convention – is doch klar!
So strömten Spieler, Schar um Schar,
manch‘ verkleidet als ihr Char,
in die altvertrauten Hallen,
sich die besten Plätze krallen.
Table Top, COSIM, Brettspiele,
Pen and Paper, und noch viele
Künstler, Workshops, Lesungen
brauchten gute Planungen.
Und so lief es wie erwartet,
von der Orga gut gestartet.
Rollenspiel für Groß und Klein,
bis in die Nacht bei Kerzenschein –
ääh, nein! Natürlich nur bei Lampenlicht und die Kleinen selbstverständlich nicht.
So war die Con dahin gegangen,
hatte sie nicht g’rad erst angefangen?
Zweiunddreißig Stunden war sie offen,
Es bleibt, aufs nächste Jahr zu hoffen …

Immer mehr Aufmerksamkeit für und auf die Szene bekommt auch die Dragon Legion, ein europaweit agierender Verein für Rollenspiel. Ras Pechuel, der Vorsitzende, beschreibt seine Erfahrungen wie folgt.

Für mich war die diesjährige Convention besonders, da ich vier junge Schüler dabei hatte und sehen wollte, wie attraktiv die DreieichCon für junge Leute ist. Nachdem wir mit der Dragon Legion sehr erfolgreich internationale Netzwerke aufgebaut haben, sind wir momentan dabei, uns verstärkt um den Nachwuchs zu kümmern und in Kooperation mit Lehrern und Schulen jungen Menschen Rollenspiel näher zu bringen.

Mir fiel sehr positiv auf, wie gut die Schüler aufgenommen und einbezogen wurden. In Dreieich ist es gelungen, die Community der Rollenspieler auf angenehme Art zusammenzubringen, und ich hatte viele interessante Gespräche und konnte erfahren, was sich alles an den unterschiedlichsten Orten in Deutschland tut. Die vier Schüler haben sich auch direkt wohl gefühlt und haben sich mit Künstlern unterhalten, Bilder gekauft und Rollenspiele ausprobiert, wie zum Beispiel Aborea, was ihnen viel Spaß gemacht hat. Das Angebot auf der Convention war jedenfalls attraktiv genug, um neue Rollenspieler zu faszinieren.

Anscheinend war es nur nicht so leicht, einen Platz in den ausgehängten Spielrunden zu bekommen, weil diese immer überfüllt waren.

Wir hatten auch am Dragon-Legion-Stand jede Menge Spaß. Zum einen haben wir Demo-Runden in Nesciamus und unserem neuen Spiel Army of Dice gegeben, zum anderen hatten wir viele interessante Besucher, denen wir mehr über die Dragon Legion erzählen konnten. Army of Dice ist gut angekommen, und die Schüler haben es die halbe Nacht lang gespielt und sich eine Schlacht nach der anderen geliefert. Entsprechend müde waren sie am nächsten Tag.

Ich habe es besonders genossen, in einem Spielleiter-Workshop einen Einblick in unsere Rollenspiel-Trainings geben zu können und am Samstagabend in einer Podiumsdiskussion mit anderen Gästen darüber zu reden, wie man den Nachwuchs in der deutschen Rollenspielszene erreicht. Im Rahmen dieser Diskussion haben sich die Organisatoren besonders bemüht, die Akteure zu vernetzen, und ich muss den Organisatoren überhaupt ein großes Kompliment machen, dass alles so gut gelaufen ist und auf der ganzen Convention stetig eine herzliche Atmosphäre geherrscht hat.

Auf der Rückfahrt nach Köln haben mich die Schüler direkt gefragt, ob sie auch zur nächsten Convention mitfahren dürfen. Das zeigt in meinen Augen sehr gut, wie gelungen die DreieichCon dieses Jahr war.

Andreas Schnell, Verleger vom A.Fritz Verlag, sieht ebenfalls die Bedeutung des Nachwuchses stetig wachsen, verweist in seinem langen Rückblick aber ebenso auf interessante Podiumsdiskussionen.

Vom 18. bis zum 19. November fand wieder einmal die DreieichCon statt.

Bereits zum 27. Mal! Und ja, ich bin auch ein klein wenig stolz darauf, auf einem Großteil dieser 27 Cons dabei gewesen zu sein. Das erlaubt auch, Vergleiche zu ziehen: Wie hat sich die Con entwickelt? Was ist mit der Szene passiert? Welche Strömungen haben Einfluss genommen?

Allen Unkenrufe zum Trotz, dass das Rollenspiel ein aussterbendes Hobby ist, finde ich die DreieichCon ein echtes Leuchtfeuer der Szene. Die Macher sind mit viel Enthusiasmus dabei und opfern Unmengen Ihrer Zeit, um den Con zu dem zu machen, was er ist. Und so findet sich auch jedes Jahr etwas Neues, sei es die Einbindung der Cosplay-Community oder den immer wieder wechselnden Workshops und Podiumsdiskussionen. Und das scheint anzukommen, denn auch dieses Jahr bildete sich wieder eine lange Schlange von Menschen, die dem Spektakel beiwohnen wollen.

Ich war dieses Jahr nicht zum Rollenspiel da, wobei irgendwie schon, denn zum ersten Mal war meine Tochter mit dabei und spielte ihre erste Cthulhu-Runde. Eine Premiere, die – so viel sei verraten – überaus erfolgreich verlaufen ist. Und so konnte auch ich meinen Beitrag zur Nachwuchsförderung im Rollenspiel leisten. Ein Thema, dem ich mich später abends auch in Form einer Podiumsdiskussion widmen durfte.

Ohnehin hat das Rollenspiel (oder das ganze Brimborium darum herum) für mich schon sehr lange viel mehr Facetten als die reine Freude am Spiel. Es geht darum, alte Bekannte zu treffen, neue Menschen kennenzulernen und in den Trubel einer Con einzutauchen. Und dafür eignet sich die DreieichCon vorzüglich, denn eines ist an diesen beiden Tagen sicher: Langweilig wird es nie!

Spannend wurde es dann auch direkt bei der ersten Podiumsdiskussion, die ich moderieren durfte. Der etwas langatmige Titel „Die Veränderungen der PC-Spiele in der Zukunft unter dem besonderen Gesichtspunkt der Auswirkungen im Bereich der Synchronstimmen“ konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass es um ein hochaktuelles Thema ging. Für mich war es dabei bemerkenswert, dass Joscha Fischer-Antze mit von der Partie war, bei dem ich, wenn ich die Augen geschlossen hatte, immer Dagobert Duck aus den Duck Tales vor mir hatte. Aber auch diesen Effekt außer Acht lassend, war es eine tolle Runde, die viel Aufschlussreiches zu bieten hatte!

Später ging es dann ein wenig kontroverser zur Sache, als ich meine zweite Podiumsdiskussion zur Primetime in Angriff genommen habe, die (wie zuvor erwähnt) die Nachwuchsförderung im Rollenspiel zum Thema hatte. Gemeinsam mit Markus Plötz von Ulisses, Patric Götz vom Uhrwerk Verlag, Ras Pechuel von der Dragon Legion und dem JuLiD Team habe ich um dieses Thema gerungen, und auch wenn wir nicht alle einer Meinung waren, so muss ich auch im Rückblick konstatieren, dass dies eine unglaublich fruchtbare Debatte war, die allen Beteiligten das eine oder andere abverlangt hatte.

Kurz und gut: Ich fand es super. Bis zum nächsten Jahr, du liebgewonnene DreieichCon!

Neben Spielern und Verlegern waren natürlich auch die Autoren der verschiedenen Rollenspielsysteme zugegen. Dominic Hladek, einer der bekannten Autoren des Fantasy-Rollenspiels DSA, beschreibt sein Erleben so. Er legt den Fokus vor allem auf Workshops, Testrunden und dem so wichtigen Netzwerken. Trauer liegt in den Worten aller, die André Wiesler noch vor Ort treffen durften. Wenige Tage später starb er unerwartet und plötzlich.

Ich war in den letzten Jahren immer auf der DreieichCon, diesmal hatte ich aber einen vollgepackten, spannenden Zeitplan:

Für die in Arbeit stehende DSA5-„Sternenträger“-Kampagne habe ich eine kleine Preview-Runde gehalten, die sich mit Themen und Personen der Kampagne beschäftigte. An einem hübsch ruhigen Tisch in der Bücherei haben vier Helden und ich gemeinsam einen düster-elfischen Traum gestaltet, aus dem heraus sie erfolgreich ein elfisches Lied, eine Botschaft retten konnten. Es war eine angenehme, schöne Runde und ich danke hiermit den kreativen Spielern.

Nicht weniger kreativ waren die Teilnehmer am Workshop zur Ausgestaltung eines hochelfischen Abenteuerschauplatzes, der ebenfalls durch die Thematik lose mit der Sternenträger-Kampagne verbunden war: Gemeinsam haben Niko Hoch, ich und vor allem die Workshop-Teilnehmer tolle Ideen dafür gesammelt, wie ein spannender und origineller Ort mit Hochelfenbezug aussehen könnte. Ich gehe davon aus, dass bald in der Reihe der mini-PDFs von Ulisses ein solcher Schauplatz basierend auf den Ideen der Teilnehmer ausgearbeitet werden wird. Vielen Dank hier deshalb nochmal an all die kreativen Köpfe, die dabei waren!

Zwischen und nach diesen Terminen habe ich alte Bekannte getroffen und so manche Plauderei gehalten, zu der ich meist nur auf Conventions wie der DreieichCon komme. Ich war am Uhrwerk- und am Ulisses-Stand, für die ich ja schon so einiges geschrieben habe. Ich habe mir ein Bild von den engagierten Jungs von System Matters gemacht, der erstmals in Dreieich dabei war (ich hoffe, in Zukunft wieder, ihr seid prima!) und habe mit Stefan Küppers, Martin vom Eskapodcast, Thomas Michalski vom DORP-Cast, einigen DSA-Redakteuren sowie weiteren Bekannten geplauscht.

Die DreieichCon war für mich auch dieses Mal wieder ein bisschen wie „nach Hause kommen in meine (Rollenspiel)-Heimat“. Mein Höhepunkt des Abends nach einem anstrengenden, aber schönen Tag sollte die Teilnahme an einer Runde des Rollenspiels „Protektor“ sein, die ich über das Crowdfunding des Spiels von André Wiesler ergattert hatte und die er persönlich spielleitete. Wir hatten einen Abend lang großen Spaß. Mehrfach haben wir herzlich gelacht; über den hervorragend geschauspielerten, dämonenbesessen Papagei Polly, das Telefonat zwischen der Protektoren-Oma und ihrem Enkel aus der Motorrad-Gang, das „Flachwitzeduell“, das wir uns mit einem „Pokeclown“ lieferten, die liebevoll tuckigen Freunde eines wichtigen Zeugen („Boah, das glaub ich ja jetzt nicht!“), den 80erJahre-Rollenspiel-Dungeon und noch viel derlei mehr.

Ich wünschte, ich könnte diesen kleinen O-Ton von der Con damit einfach beenden und einfach schreiben, dass ich mich schon auf das nächste Mal freue. Leider geht das nicht. Als ich am Ende der Protektor-Runde André Wiesler die Hand schüttelte, ahnte ich nicht, dass es das letzte Mal sein würde und diese Runde eine der letzten, vielleicht die Letzte, seines Lebens war. André Wiesler ist, wie ihr womöglich gehört habt, wenige Tage später völlig unerwartet und tragisch im Alter von nur 43 Jahren verstorben. Die Nachricht seines Todes hat mich sehr traurig und fassungslos gemacht. Ich kannte ihn von der gemeinsamen Arbeit an mehreren Projekten wie der Uthuria-Kampagne „Grüne Hölle“ und zuletzt auch dem Protektor-Rollenspiel. Auf vielen Cons sind wir uns begegnet und haben immer ein paar nette Gespräche geführt. Ich habe ihn immer als vielseitige, unverwüstliche und feste Größe der Rollenspielszene gesehen, die uns mit eigenen Rollenspielen und vielen Abenteuern und Romanen für verschiedenste Systeme bereichert hat. Ich schreibe heute auch deshalb Rollenspielabenteuer, weil André Mitte der 2000er ein im Internet stehendes DSA-Abenteuer von mir entdeckt hatte und mir meine erste, sehr motivierende Print-Veröffentlichung in der Zeitschrift „Envoyer“ verschaffte. Gewissermaßen hat er mich also für diese Arbeit „entdeckt“, so wie er zweifellos viele andere mit seinen Werken für Rollenspiel begeistern konnte. Vor allem aber mochte ich diesen humorvollen, freundlichen und lieben „Brummbären“ mit so viel Kreativität persönlich wirklich gerne. Er hinterlässt Frau und Kind, denen ich nur ganz viel Kraft wünschen kann.

Dieser Artikel entstand in Zusammenarbeit Christian de Ahna, Organisationsleitung der DreicheichCon
Fotografien: Roger Murmann, www.fotomurmel.de

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