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Carol Danvers ist schon lange Teil des Marvel-Universums. Anfangs als Nebenfigur, später als Heldin. Auch ihre Familiengeschichte war immer wieder Thema. Wie auch häusliche Gewalt und feministische Emanzipation. Im neusten Captain-Marvel-Comic kommt nun ein ganz altes Familiengeheimnis zum Vorschein, das ihr Leben in ein neues Licht rückt.

 Pünktlich zum Kinostart ihres ersten Leinwand-Abenteuers bekommt Captain Marvel ein Update ihrer Familiengeschichte präsentiert. Als Autorin konnte Margaret Stohl gewonnen werden, die für ihre Roman-Reihe Caster Chronicles (Sixteen Moons) oder ihre Beiträge in der Videospiel-Branche (Dune 2000, Command & Conquer: Tiberian Sun) bekannt ist. Dabei wird tief in die Hintergrundgeschichte eingegriffen und möglicherweise an Gegebenheiten des Films angepasst. Da aber die Enthüllung auch einen großen Teil der Spannung des Comics ausmacht, präsentieren wir euch hier eine spoilerfreie Rezension.

Handlung

Während eines Kampfes gegen Tanalth und Moonstone kommen in Carol bittere Kindheitserinnerungen hoch. Ihr Vater hat früher oft ihre Brüder geschlagen, und so muss sie von ihren Team-Kollegen davon abgehalten werden, die Schurken brutal niederzustrecken. Tony Stark überredet sie, einmal Urlaub zu machen. Und so trifft sie in einem kleinen Ferienhaus in Maine ihre Mutter und ihren letzten lebenden Bruder wieder. Doch dadurch ergeben sich einige tragische Ereignisse, die mit einer alten Schatulle im Schrank ihres Vaters ihren Anfang nehmen.

Der Grundaufbau der Geschichte verspricht eine tiefe Auseinandersetzung mit dem Seelenleben der Protagonistin. Solche Handlungen stechen gerade aus dem üblichen Superhelden-Einerlei heraus. Das funktioniert am Anfang ziemlich gut, kann aber nicht bis ganz zum Schluss überzeugen. Gerade die Auflösung aufgewühlter Mysterien wirkt dann doch etwas platt. Es handelt sich hier auch um einen Retcon, was sicher einige Leser stören wird. Dass es sich hierbei immer noch um einen Superhelden-Comic und keine anspruchsvolle Graphic Novel handelt, wird hier offenkundig. Bis dahin schafft es der Band aber unterschiedliche Zielgruppen zu fesseln.

Charaktere

Die Hauptfigur ist Carol Danvers. Sie ist eine Superheldin, die noch immer nicht alle Schatten ihrer Vergangenheit überwunden hat. Ihr Drang, die Wahrheit herauszubekommen und das Richtige zu tun, steht im inneren Konflikt, damit ihre Familie nicht noch weiter zu verletzen oder zu entzweien. Gleichzeitig ist dies ein treffendes Portrait einer Person mit Burnout.

Andere Figuren, wie ihr Bruder Joe oder der Typ vom Diner, der sich schon für sie interessierte als sie beide noch Kinder waren, sind gute Nebenfiguren, die aber hauptsächlich der Handlung dienen und selbst wenig eigene Charakterisierung bekommen. Einzig ihre Mutter schafft es, für den Leser interessant zu werden. Warum hat sie damals die Entscheidungen getroffen, die Carol erst nach und nach zum Vorschein bringt?

Zeichenstil

Der Stil findet sich irgendwo in der Mitte zwischen symbolisch und realistisch wieder und kann sowohl in Actionsequenzen als auch in ruhigen Szenen überzeugen. Die Zeichnungen sind nichts Besonderes, fallen aber auch niemals negativ auf. Positiv hervorzuheben ist, dass sich ausreichend Raum genommen wird, um die Handlung zu entfalten. Das passt gut zum Setting eines verlorenen Fischerdorfs. Ansonsten treffen die Bilder den Zeitgeist und sind vergleichbar mit anderen Marvel-Comics.

Erscheinungsbild

Die Produktionsqualität ist hochwertig und der Umfang des Buches ist ideal, um ihn am Stück zu lesen. Der Preis ist nicht als günstig zu betrachten, entspricht aber dem vergleichbarer Werke. Als Bonus sind wie üblich die Cover der US-Hefte abgedruckt. 

Dazu gibt es ein paar hochwertige Produktionsnotizen von Autorin und Zeichner sowie eine gute redaktionelle Einleitung.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Panini Comics
  • Autoren: Margaret Stohl
  • Zeichner: Carlos Pacheco, Marguerite Sauvage
  • Erscheinungsjahr: 2018
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Softcover
  • Seitenanzahl: 148
  • Preis: 16,99 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon, Panini-Comics

 

Fazit

Dieser Comic ist eine etwas stillere Annäherung an einen spannenden Superhelden-Charakter. Allein das Setting ist gut dafür geeignet das Seelenleben der Figur erkennbar zu machen. Damit ist der Band auch gut für Leser geeignet, die noch keine Berührung mit Captain Marvel hatten. Leider macht das platte Ende viel des gelungenen Aufbaus wieder zunichte. Es wirkt ein wenig so, als ob die Autorin eine Mischung aus einer Graphic Novel wie Ein Sommer am See und einem typischen Superhelden-Comic versucht hat und auf halbem Weg dann doch selbst ins Wasser gesprungen ist. Zu empfehlen ist das Buch dennoch, wenn man sich für die emotionalere Seite von Carol Danvers interessiert oder gerne alten Familiengeheimnissen auf die Spur kommen will.

 

Artikelbilder: © Panini Comics, Bearbeitung: Melanie Maria Mazur

 

1 Kommentar

  1. Hätte ich auch in etwa so kommentiert, auch wenn meine Kritik daran härter ausgefallen wäre. 1) Retcon; WARUM? Es gab keinen Grund für einen Retcon, die Historie von Carol Danvers war komplex und verworren genug, da musste man nicht noch eine tragische Kindheit dran pappen. Ja, der Psyche-Magnitron Event war haarsträubend, aber auch einmalig. Ohne zu spolern kann ich nur sagen: Die neue Herkunft ist lame, sorry. 2) die Zeichnungen. Erträglich, aber leider nicht mit einem Dexter Soy ( https://i.pinimg.com/originals/fd/98/0a/fd980a20b34acd2b645a7e80218540c9.jpg ) zu vergleichen 3) Writer: Was habe ich Kelly Sue DeConnick gefeiert, die eine frische, sehr witzige, intelligente und selbstbewusste Frau aus Carol gemacht hatte mit sehr interessanten Stories. Bleibt nur zu hoffen, dass das neue Team etwas an Fahrt gewinnt und es aktuell nur Anlaufschwierigkeiten sind.

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