Zum fünfzehnten Mal öffnete die Hamburger Tactica ihre Pforten. Deutschlands größte Convention zum Thema Tabletop und Miniaturenspiele steht für zwei Tage Spaß in einem familiären Umfeld. Darum lockte sie mit einem bunten Programm erneut eine große Menge Besucher in die Metropole an der Elbe.
Die alljährliche Tactica im Bürgerhaus Wilhelmsburg ist für viele Tabletopper ein Pflichttermin. Die Veranstalter schafften es bislang immer wieder, mit einer guten Mischung aus ausstellenden Spieleclubs, Herstellern und Händlern für ein spannendes Hobbywochenende zu sorgen. Es verwundert darum nicht, dass sich schon eine Stunde vor Beginn der Veranstaltung eine lange Schlange vor der Tür gebildet hatte.
Erfahrene Tactica-Gänger wissen, dass die besten Schnäppchen auf dem Flohmarkt und Vorabveröffentlichungen der diversen Händler schnell vergriffen sind. Wer aber nur zum Spielen und Bewundern der Platten die Convention besuchen wollte, war gut beraten, den etwas ruhigeren Sonntag zu wählen. Mit hohen Erwartungen waren wir angereist, und wir wurden wieder einmal nicht enttäuscht.
Inhaltsverzeichnis
Hersteller und Händler
Die Liste der anwesenden Händler und Hersteller war lang. So traf man auf viele alte Bekannte, aber auch Aussteller, welche erstmalig auf der Tactica vertreten waren.
NeverRealm Industry hatten ihr System Summoners dabei und boten Demospiele an. Wir haben es ausprobiert und waren begeistert von den schnell zu erlernenden Regeln und der Möglichkeit, mit wenigen Modellen viele taktische Möglichkeiten zu haben.
Die Regeln, welche schon seit längerem im Beta-Status verfügbar sind, sollen im März in den Druck gehen. Wer sich bereits jetzt mit den schön modellierten Miniaturen eindecken wollte, konnte dies natürlich auch tun. Diverse Startersets und Einzelminiaturen waren erhältlich.
Einen kleinen Ausblick auf das nächste Projekt des Herstellers konnte man auch erhaschen. Death Match konnte in Form eines kleinen Dioramas in Augenschein genommen werden. Geplant ist eine Veröffentlichung zur SPIEL in Essen.
Neulinge auf dem Markt waren Gravity Bay mit ihrem Skirmisher Rapture. Auf zwei Demoplatten und in einem Diorama stellte die junge Firma das System mit bisher drei Fraktionen vor. Messeexklusiv konnten außerdem die ersten drei Miniaturen erworben werden. Die Finanzierung das Systems soll Ende des Jahres über eine Kickstarter-Kampagne erfolgen. Eine Besonderheit ist hier das Material der Miniaturen, die aus einem flexiblem Resin bestehen, was das Brechen von Teilen verhindern soll. Uns wurde außerdem versichert, dass alle Materialien bereits fertig seien und es nur darum ginge, die Produktion zu finanzieren.
Auch dieses Spiel konnten wir selbst testen, sind sehr gespannt auf den Kickstarter und wie es mit diesem Projekt in Zukunft weitergeht.
Wargamer Games Studio aus Polen waren bislang für ihr historisches System By Fire and Sword bekannt. Mit ihrem über eine Kickstarter-Kampagne finanzierten Brettspiel-Tabletop-Hybriden Anno Domini 1666 gehen sie aber neue Wege. In einer fiktiven Version des 17. Jahrhunderts mit mystischen Anteilen erfüllen die Spieler in den Gassen Wiens verdeckte Operationen für ihre adligen Herren. So fochten wir mit französischen Musketieren um die geheimen Dokumente einer polnischen Delegation.
Die Grundbox und die Erweiterungen sind sowohl mit Miniaturen aus Brettspielplastik als auch mit Miniaturen aus Metall erhältlich.
Die Auslieferung des Kickstarters für Europa ist gerade erfolgt und auf der Messe konnten bereits Boxen erworben werden. Bis das Spiel regulär in den Regalen steht, wird es aber vermutlich noch einen Monat dauern.
Freebooter Miniatures haben auf der Tactica eine lange Tradition. Mit ihrem Fantasy-Piraten-Skirmisher Freebooter’s Fate haben sie sich eine treue Fangemeinde erarbeitet. Im Gepäck hatten sie die neue Fraktion der Schatten. Es handelte sich allerdings um ein Pre-Release. Wer die Tactica nicht besuchen konnte, muss sich noch bis Oktober gedulden oder darauf hoffen, die Minis auf einer anderen Messe zu ergattern.
Ebenfalls ab Oktober erhältlich sind zwei neue Goblin-Modelle. Diese gibt es gerade auch exklusiv als Add-On im Ziteria-Kickstarter.
MECHWORLD haben sich für das modulare Weltraumspiel Full Thrust etwas Besonderes einfallen lassen. Das Baukastenprinzip, mit welchem Spieler ihre eigenen Schiffe entwerfen können, haben sie sehr bildlich vorgeführt. Für ihre Demos verwendeten sie selbst gebaute Schiffe aus LEGO®, welche auch vor Ort noch individualisiert werden konnten.
Der Themenraum
Das Thema der Tactica lautete „Belagerung“, und somit gab es im Themenraum jede Menge Spieltische rund um Festungen und deren Erstürmung. Auch wenn die Tactica traditionell einen eher historischen Fokus hat, kamen auch Freunde von phantastischem hier auf ihre Kosten.
Besonders beeindruckend war die Platte des Hamburger Wargaming Clubs, auf der das Spiel A Song of Ice and Fire und eine Variante von SAGA: Ära der Magie parallel gespielt werden konnten. Vor der aufragenden Kulisse der großen Mauer versuchten Wildlinge, die Schwarze Festung einzunehmen, welche von der Nachtwache tapfer verteidigt wurde.
Doch auch jede Menge historischer Schlachten konnten hier nachgespielt werden. Beispielsweise die Belagerung des britischen Fort William Henry in Nordamerika durch die Franzosen 1759. Auch in diesem Tisch steckte viel Liebe zum Detail und man konnte kaum glauben, dass es sich hierbei tatsächlich um ein Spielfeld und nicht um ein Diorama handelte.
Eigentlich müsste an dieser Stelle jedes einzelne Projekt genannt werden, denn die Qualität der Spielplatten war wie gewohnt sehr hoch. Besonders gefiel, dass viele verschiedene Epochen, Regelsysteme und Maßstäbe vertreten waren und somit ein sehr breites Spektrum des Hobbys abgedeckt werden konnte.
Weitere Highlights
Abseits des diesjährigen Themas gab es aber auch noch viel mehr zu sehen. So hatte der Battle Bunker Horn zwei große Platten für Warhammer 40.000 aufgebaut. Darauf gab es neben jeder Menge Miniaturen auch aufwändig gestaltetes Gelände wie den explodierenden Panzer.
Für etwas Nostalgie sorgten Scooby Doo und seine Freunde, welche an einem Tisch in eines Ihrer Abenteuer geführt werden konnten – mit Zombies.
Als besonders skurril kann wohl das Spiel Aliens vs Glücksbärchies bezeichnet werden, in welchem die knuddeligen Plüschtiere gegen schleimige Monster antreten durften.
Stronghold Terrain stellten einen Tisch mit einer etwas anderen Partie SAGA: Ära der Magie zur Verfügung. Hier spielten diverse Metal-Ikonen eine tragende Rolle.
Wer mehr Jäger als Sammler ist, konnte sich an der Hatz auf Mammuts versuchen. Das Regelwerk Primeval diente hierfür als Grundgerüst. In einer steinzeitlichen Umgebung konnten urzeitliche Menschen nach Herzenslust mit Steinen schmeißen.
Die Workshops
Die Pigment Pirates aus Hamburg sind eine Gruppe, welche sich ganz dem Bemalen von Miniaturen verschrieben hat. Auch in diesem Jahr waren sie wieder mit einem eigenen Raum vertreten, in dem sie ihre Werke ausstellten und man ihnen bei der Arbeit über die Schulter sehen konnte. Auch ihre Workshops rund um verschiedene Maltechniken und Anwendungsmöglichkeiten waren gut besucht, so dass einigen Interessierten oft nur noch Stehplätze blieben. Dank Übertragung auf eine Leinwand entgingen aber auch den hinteren Reihen nicht die gut strukturierten Vorträge. Egal ob Anfänger oder Fortgeschrittene, hier konnte jeder noch etwas lernen. Angeboten wurden beispielsweise das schnelle Bemalen mit der Airbrush, das Malen lebendiger Gesichter oder auch die Verwendung von Ölwashes.
Zwar war dies kein Workshop im eigentlichen Sinne, aber die Brüder Alan und Michael Perry von Perry Miniatures waren wie üblich zu Gast und man konnte ihnen beim Modellieren ihrer Figuren zusehen. Mit den sympathischen Briten ins Gespräch zu kommen, war nicht schwer, und sie beantworteten gern Fragen rund um ihre Arbeit.
Abschließende Worte
Die Tactica hat wieder einmal gezeigt, warum sie sich auch nach 15 Jahren noch großer Beliebtheit erfreut. Trotz einer großen Zahl an Stammgästen traf man viele Menschen, welche die Convention zum ersten Mal besuchten. Mit der Auswahl der Aussteller bewies das Team der Tactica wieder einmal ein gutes Händchen, und die Qualität der Spielplatten sprach für sich. Es wurde fleißig gespielt, gemalt, eingekauft und mit anderen Spielern gefachsimpelt.
Laut Jörg Klüver vom Organisationsteam rechnete man auch in diesem Jahr mit einem neuen Besucherrekord. Besonders erfreulich ist, dass sich der Besucheransturm ein wenig auf beide Tage verteilt hat. Zwar war der Samstag nach wie vor sehr voll, doch war merkbar mehr Platz in den Gängen. Dafür war der Sonntag deutlich besser besucht als in den Vorjahren. Auch die Händler, mit welchen wir gesprochen haben, zeigten sich zufrieden mit der Veranstaltung.
Ein Wechsel in eine größere Location kommt für die Veranstalter aber nach wie vor nicht in Frage. Der sehr günstige Eintrittspreis von 10 EUR für ein Wochenendticket und 7 EUR beziehungsweise 5 EUR für ein Einzelticket am Samstag oder Sonntag könnte dann nämlich nicht gehalten werden. Zusätzlich ist das Bürgerhaus Wilhelmsburg durch seinen verwinkelten Aufbau und die Verteilung über mehrere Etagen deutlich heimeliger als eine große Messehalle. Somit dürfen wir uns wohl auch im kommenden Jahr wieder auf ein Familientreffen in gewohnter Umgebung freuen.
Fotografien: Norman Jäger © Teilzeithelden
Titelbild-Hintergrund: © http://www.hamburger-tactica.de/
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