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Nach anfänglicher Skepsis ist Wrath & Glory inzwischen als Warhammer 40.000-Rollenspiel etabliert. Als großen Unterschied zu seinem Vorgänger Dark Heresy versprach Wrath & Glory die maximale Flexibilität in der Charaktergestaltung. Nach diverseren Erweiterungen bekommen nun die Aeldar als erste Spezies ihren Quellenband. Zeit, die Shurikenpistole zu laden!

Lange war es zunächst still um Wrath & Glory. Nachdem Cubicle 7 die Lizenz komplett übernommen hatte, erschien zwar ein überarbeitetes Grundregelwerk, aber Erweiterungen waren nicht abzusehen. Viele Fans glaubten das System schon tot, da erschienen plötzlich die ersten Erweiterungen und neue Abenteuer, der Abgesang war deutlich verfrüht. In vergleichbar kurzer Zeit erschienen sechs Quellenbände, die die Spielwelt erweiterten, neue Hintergründe boten und auch weitere Charaktertypen einführten.

Ausnahmslos widmeten sich diese aber dem Imperium und einzig mit einer Erweiterung zu Gegnern wurden auch Xenos, also Nicht-Menschen, ein bisschen stärker beleuchtet. Aber versprach Wrath & Glory nicht von Beginn an, dass auch Xenos als spielbare Spezies und sogar Abenteuergruppen möglich sein sollen? Fünf Jahre nach Erscheinen des Grundregelwerkes löst Cubicle 7 dieses Versprechen nun ein. Mit dem Quellenband Aeldari: Inheritance of Embers dürfen sich nun Fans des spitzohrigen Weltraumeroberns freuen.

Triggerwarnungen

Gewalt, Tod, Leid, Folter, Heimatlosigkeit

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Inhalt

Die Aeldar, früher auch Eldar genannt, zählen wohl zu den ältesten Antagonist*innen, des Imperiums der Menschheit. Neben den Necrons und den vielleicht noch existierenden Slann, sind die Aeldar sogar die älteste noch existierenden Spezies des bekannten Universums. Obwohl der Höhepunkt dieses Volkes nun schon rund eine Millionen Jahre her ist, sind sie noch immer auch eines der technologisch fortschrittlichsten Völker. Doch genau dieser Fortschritt wurde ihnen irgendwann zum Verhängnis und es folgte ein tiefer Fall, in dem mit Slaanesh nicht nur ein Chaosgott erschaffen wurde, sondern auch alle Heimatwelten zerstört oder vom Chaos erobert wurden. Die Aeldar heute sind ein zerrissenes Volk. Die bedeutendsten Fraktionen finden sich im Quellenband wieder.

Der Geschichte der Aeldar und ihrer Anwesenheit im Gilead-System, der Hauptspielort von Wrath & Glory, widmen sich drei Seiten. Das mag kurz erscheinen, reicht aber für einen ersten Eindruck und das Spiel als Aeldar vollkommen aus. Weitere zehn Seiten führen die einzelnen Fraktionen ein und geben Spielenden schon einiges an die Hand, um einschätzen zu können, was man wie spielen könnte. Dies wird dann auf rund 50 Seiten vertieft und das Leben in einer der jeweiligen Fraktionen anschaulich und nachvollziehbar beschrieben.

Die Fraktionen

Hilfreiche Tipps, um Xenos zu spielen.

Die größte Fraktion, die Weltenschiff-Aeldar, reist auf selbst für Warhammer-Verhältniss absurd großen Weltenschiffen durch die Galaxie. Dabei versucht sie, zu retten, was zu retten ist und widmet sich stark dem Kampf gegen das Chaos. Doch vor allem schützen sie die sogenannten Seelensteine. Kristallstrukturen, in denen die Seelen gefallener Aeldar vor dem Gott Slaanesh, den sie einst durch ihre Dekadenz schufen, bewahrt werden.

Die zweite große Fraktion sind die Drukhari. Anstatt sich in einem Leben in Askese und Disziplin zu üben, frönen sie weiter einstiger Dekadenz. Um sich vor Slaanseh zu schützen, stellten die Drukhari fest, dass Leid und Schmerz die Aufmerksamkeit von Slaanesh auf sich ziehen. Wenn also jemand nur stark genug leidet, wendet Slaanesh seinen Blick vielleicht von den Drukahri für einen Wimpernschlag ab. Dementsprechend ist es eine grausame, von Schmerz und Leid geprägte Kultur, die Sklaven jagt, um sie dann zu quälen oder in großen Arenen ihrer verdorbenen Heimatwelt in brutalen Kämpfen leiden zu lassen.

Mit den Korsaren gibt es noch jene, die sich nicht der straffen Disziplin eines Weltenschiffes unterordnen wollten, aber deren Freiheitsdrang nicht zu grausamen Exzessen führte. Als Pirat*innen und Söldner*innen fristen sie nun ihr Dasein und erkunden die Galaxie auf eigene Faust.

Korsaren haben die enge Struktur eines Weltenschiffs hinter sich gelassen.

Die wohl geheimnisvollste Fraktion bilden die Harlekine. Diese Gruppe folgt dem vermutlich noch letzten lebenden Gott der Aeldar: Cegorach, dem lachenden Gott. Jedes Auftreten, jedes Handeln scheint einem festen Drehbuch zu folgen. Interaktionen mit ihnen gleichem eher einem Theaterstück. Ihre Aufgabe ist der Schutz uralten Wissens im Netz der tausend Tore, jenem mysteriöse Netzwerk aus Portalen, das den Aeldar das interstellare Reisen unter Umgehung des Warp ermöglicht. Diese Fraktion stellt wohl auch spielerisch die größte Herausforderung dar, denn alles ist ständige Performance.

Abgerundet wird der Reigen der Aeldari durch die Ynnari, die jüngste Gruppe innerhalb der Spezies. Diese versucht, einen neuen Todesgott zu erschaffen, der die ganze Spezies einmal vor Slaanesh schützen soll. Denn niemand fürchtet den Tod so, wie die Aeldar. Aufgrund der engen Verknüpfung von Slaanesh und dem Volk der Aeldar, reißt er im Tode jede Aeldar-Seele an sich. Wenn die Aeldar nun einen eigenen Todesgott schaffen, könnte der dies vielleicht verhindern.

Bis auf die Ynnari und Harlekine hat jede Fraktion noch spielbare Unterfraktionen, die eine immense Breite des Spiels bieten und Einfluss auf Hintergrund und Fähigkeiten nehmen.

Die Archetypen und mehr

Kern der Charaktererschaffung des Systems sind Archetypen. Hier räumt der Quellenband reichlich Platz ein. 13 Archetypen für Weltenschiff-Aeldar, zehn für Drukhari, vier für Harlekine und fünf für Korsaren, also 32 Archetypen sind eine ordentliche Auswahl, die kaum einen Wunsch offenlässt. Nah- oder Fernkämpfer*innen, Psioniker*innen, wahnsinnige Wissenschaftler*innen oder tödliche Schauspieler*innen: Alles, was man an Aeldari lieben könnte, wird abgebildet. Zwar kommen davon auch schon ein paar im Grundregelwerk vor, jedoch werden diese hier ausführlicher beschrieben. Wie beim Imperium, können auch hier nicht alle Archetypen in jeder Fraktion beziehungsweise Subfraktion gespielt werden, sodass eine Konsistenz zum bisherigen Hintergrund bestehen bleibt. Grade in so einem komplexen Hintergrund ist das erfreulich.

Um das Paket abzurunden, bekommen Spielende auch noch eine ganze Packung psionischer Fähigkeiten und Talente nur für Aeldar und ein Waffenarsenal, das kein Auge trocken lässt. Da fällt einem vor Freude glatt der Seelenstein in den Amasec.

Die Talente sind einigermaßen gleichmäßig auf die Hauptfraktionen verteilt oder sogar allen Charakteren mit dem Schlüsselwort Aeldar zugänglich. Für die Drukhari dreht sich, wenig überraschend, viel um Schmerzen. So können sie Schmerzen sowohl leichter widerstehen also auch Vorteile aus ihnen ziehen. Harlekine hingegen können zum Beispiel ihren eigenen Tanzstil prägen, um dadurch Vorteile zu erhalten, während Ynnari dem Tod ein Schnippchen schlagen können. Alles in allem sind die Talente spannend und ausgewogen.

Selbst gefürchtete Geister sind spielbar.

Psioniker*innen können zusätzlich zu einigen Disziplinen aus dem Grundregelwerk zwischen fünf weiteren für Aeldar exklusive Disziplinen wählen. Darunter sogar die Fähigkeit der Legendären Bonesinger, die das mystische Wraithbone erschaffen und formen können.

Bei den Waffen finden sich alle Aeldar-Klassiker, von Dunkellicht-Waffen über Shuriken-Katapulte zu Wraithcannons. Der Quellenband schöpft hier aus dem Vollen, was das Tabletop-System zu bieten hat. 49 Distanz- und 41 Nahkampfwaffen sind fast schon mehr Qual als Wahl, erlauben aber einen ganz persönlichen Stil.

Am Ende finden Spielleitende wie gewohnt ein paar Tipps, insbesondere welche Abenteuer sich für Aeldar anbieten oder wie man auch gemischte Gruppen spielt, denn eigentlich mag das Imperium Xenos nicht. Andererseits ist manchmal der Feind eines Feindes eben doch ein Freund.

Erscheinungsbild

Zum Zeitpunkt der Rezension lag nur eine digitale Fassung des Quellenbandes vor. Allerdings waren die Drucke der vergangenen Erweiterungen immer sehr hochwertig und man kann davon ausgehen, dass sich hier nichts ändert. Der Quellenband selbst weist einen logischen Aufbau vor, einzig ein vernünftiges Glossar fehlt, das macht eine Stichwortsuche schwerer. Wäre der Index dafür etwas ausführlicher, wäre das Problem gelöst, aber leider ist er mitunter verkürzt. Im PDF mag das noch gehen, in der Printfassung könnte das mit der Zeit etwas auf die Nerven gehen. Die Illustrationen sind von gewohnt hoher Qualität und machen Spaß anzuschauen.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Cubicle 7
  • Autor*in(nen): Pádraig Murphy et. al.
  • Illustrator*innen: Sam Manley, Jamie Noble, Orniris Terensi
  • Erscheinungsjahr: 2024
  • Sprache: Englisch
  • Format: PDF
  • Seitenanzahl: 160
  • ISBN: –
  • Preis: 19,99 EUR
  • Bezugsquelle: DriveThruRPG

 

Fazit

Lange mussten Fans warten, aber das Warten hat sich gelohnt. Der Quellenband Aeldari: Inheritance of Embers ist ein guter Einstand für Xenos-Erweiterungen und darf gerne Anspruch für weitere Xenos-Veröffentlichungen sein. Auch Spielende, die nicht zu tief im Hintergrund von Warhammer 40.000 stecken, bekommen einen guten Eindruck über die Aeldar, ihre Geschichte und Spieloptionen. Kleine Einschübe geben auch Tipps, wie man Aeldar spielt. Grade für nicht-menschliche Völker ist so etwas immer sehr hilfreich. Das Buch lohnt sich aber auch für jene, die einfach ihr Wissen über diese Spezies erweitern möchten und Freude an schönen Illustrationen haben. Preis-Leistung sind in einem sehr guten Verhältnis und Pádraig Murphy hat mit seinem Autor*innen-Team wirklich tolle Arbeit geleistet.

 

  • Sehr guter Überblick über Aeldar
  • Sehr viele Spieloptionen
  • Guter Überblick über die Spezies
 

  • Fehlendes Glossar

 

 

Artikelbilder: © Cubicle 7
Layout und Satz: Andreas Hübner
Lektorat: Denise Hollas

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