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Wenn man sich einem neuen Themengebiet zuwendet, besteht oftmals eine gewisse Einstiegshürde. Man weiß nicht, wo man anfangen soll; man hat keine Ahnung, was für Richtlinien bestehen oder was gemacht werden darf; was schon gemacht wurde und was nicht. Hier ist man schnell dankbar für eine eingängige Einführung in das jeweilige Themengebiet.

Für das Hobby Larp fehlte bislang eine solche gebündelte Einführung. Doch die Autorin Ina Dahm hat sich nun dessen angenommen und ein Buch geschrieben mit ihren ganz persönlichen Ratschlägen für Neulinge im Live-Rollenspiel. Larp – Einstieg in ein phantastisches Hobby heißt dieses Buch, das ich mir einmal genauer angeschaut habe. Es ist keine leichte Aufgabe, die die Autorin sich ausgesucht hat, doch gehen wir der Reihe nach und schauen, wie gut sie diese bewältigt hat.

Erscheinungsbild

Zuerst bin ich schon ein wenig enttäuscht. Zwar ist das Buch im DIN-A4-Format gehalten und mit hochwertigem Druck versehen, doch hätte ich mir für knapp 20 EUR doch eher eine Hardcover-Ausgabe gewünscht. Zauberfeder-Verlags-typisch ist das Buch allerdings broschiert, was das Erscheinungsbild zwar etwas schmälert, aber nicht sehr ins Gewicht fällt. 

LARP — Einstieg in ein phantastisches Hobby_CoverDas Cover ist hochwertig gestaltet und groß prangt mir das Wort LARP entgegen, was direkt klar macht, worum es in diesem Buch geht. „Klare Ansage“, denke ich mir und hoffe, dass sich das fortführt. Als Anfänger würde ich solche nämlich suchen. Das Cover ziert weiterhin ein Bild von drei Leuten in schicker mittelalterlicher Gewandung vor einer Ruine und setzt somit eine passende Grundstimmung für das kommende Leseereignis.

Generell sind die Bilder durchaus gut und passend zu den einzelnen Kapiteln ausgewählt, als Fotographen werden verschiedene Szene-Größen aufgelistet. Man kriegt einen guten Eindruck von dem, was möglich ist, ohne direkt abgeschreckt zu werden von zu krassen Gewandungen und Ideen.

Das Layout ist Zauberfeder-typisch ansprechend gehalten, alle Seiten sind braun und mit Struktur hinterlegt, um den Effekt eines gealterten Buches zu erhalten. Die Texte sind meist zweispaltig und haben eine angenehme Schriftgröße. Als hilfreich empfinde ich vor allem die farbigen Seitenmarkierungen, welche den kompletten rechten Seitenrand einer Doppelseite einnehmen. Sie beinhalten außerdem noch einmal den Kapitelnamen, so dass man beim schnellen durchblättern eine zusätzliche Navigationshilfe hat.

Bei 72 Seiten vielleicht noch nicht existenziell, aber dennoch hilfreich. Vom Erscheinungsbild her macht das Buch schon mal einen ziemlich soliden Eindruck, angenehm für Hand und Auge ohne zu übertrieben zu sein.

 Die harten Fakten:

  • Verlag: Zauberfeder-Verlag
  • Autor(en): Ina Dahm
  • Erscheinungsjahr: 2013
  • Sprache: Deutsch
  • Format: broschiert
  • Seitenanzahl: 72
  • ISBN: 978-3-938922-38-5
  • Preis: 19,90 €
  • Bezugsquelle: Amazon (Klick)

Inhalt

Im Inhalt zeigt das Buch, was es kann. Vom theoretischen Vorgeplänkel darüber, was Larp eigentlich ist und welche (groben) Arten, Genres und (Spiel-)Formen es gibt, geht die Autorin nach und nach zu praktischeren Dingen über, wie der Schaffung eines eigenen Charakters und der Gewandung inkl. Schneideranleitung für eine eigene Tunika.

Die einzelnen Abschnitte sind sprachlich auch für absolute Larp-Anfänger zu verstehen, und lassen dennoch genügend Raum, um die Vielfalt dieses Hobbys zu begreifen. Sehr angenehm fällt auf, dass die Autorin zuerst mit den theoretischen Grundlagen angefangen hat, da diese benötigt werden, um später mehr Spaß am Spiel selbst und für andere zu haben. Viel zu wenig machen sich Larper im Allgemeinen und neue Larper im Speziellen, Gedanken darüber, warum sie Dinge tun. Hier bietet das Buch einige gute Denkansätze, die vor allem für Anfänger hilfreich sein können, ohne ihnen eine Meinung vorzuschreiben.

So weitgefasst die Autorin die theoretischen Grundlagen des Larps aufzeigt, so seltsam scheint, dass manche Themen scheinbar nicht mit dem Fokus auf Larp-Anfänger betrachtet wurden. Viel eher spiegeln sie an manchen Stellen die doch ziemlich einseitigen Ansichten der Autorin wider.

Viel zu selten wird auf die Vielfalt an Regelwerken und die damit verbundenen Spieltheorien hingewiesen. Vielmehr könnte ein unbedarfter Anfänger nach dem Lesen dank der Formulierungen davon ausgehen, dass das beschrieben Vorgehen überall Usus ist und dementsprechend handeln.

Dies dürfte wiederum an manchen Stellen zu einem extremen Gegenwind führen. Besonders aufgefallen ist mir dies beim Alchemie-Kapitel. Man merkt hier vor allem recht stark, dass die Autorin sich im Silbermond-Larp-Umfeld bewegt, denn die von ihr zitierten Möglichkeiten der Alchemie-Darstellung sind fast nur dort zu finden, woanders stoßen sie ziemlich oft auf Ablehnung.

Dies hat vor allem damit zu tun, dass verschiedene Effekte dort durch verschiedene Geschmäcker dargestellt werden. Nach ihrer Formulierung ist es demnach vollkommen normal, jemandem Salz/Zucker/Gewürze/etc. in sein Essen/Getränk zu geben, um diesen als Anzeiger für Gifte, Heiltränke zu nutzen. Leider vernachlässigt die Autorin hier, darauf hinzuweisen, dass auf Veranstaltungen nach anderen Regelwerken dies durchaus nicht gern gesehen ist und man sich vorher z.B. bei der Spielleitung darüber informieren sollte, wie man solche (und andere) Dinge darstellen sollte.

Allerdings fällt dem erfahrenen Larper auch an ein paar anderen Stellen auf, dass die grundlegenden Ideen, die Frau Dahm ihren Lesern darbieten will, partout nicht falsch sind, allerdings für Anfänger ungünstig formuliert sind. Im Kapitel über die Weiterentwicklung des Charakters rät sie zum Beispiel zu verschiedenen Spezialisierungen (Irokesenschnitt, Runen im Gesicht/Auf der Waffe, ungewöhnliche Waffenform, Glöckchen….) und nach dem Lesen des Abschnittes kam mir sofort ein Bild von einer Gruppe bunter, irokesentragender Charaktere mit Runen im Gesicht und jeder Menge Glöckchen an der Gewandung in den Sinn, die alle sehr komische Waffen tragen.

Das mag übertrieben sein, allerdings vermittelt das Buch nirgends den Eindruck, dass dieses Bild von irgendwem ungewollt wäre. Es fehlt hier eindeutig daran, den unerfahrenen Lesern einen geeigneten Rahmen zu geben, was passend ist und was nicht. Ergo sind quasi die klaren Ansagen, die ich mir erhoffte, manchmal zu spezifisch und persönlich eingefärbt und manchmal zu wenig vorhanden.

Von diesen Stellen jedoch abgesehen, ist das Buch durchaus lesenswert. Jedes wichtige Thema wird grundlegend erklärt und bietet für absolute Anfänger viele interessante Informationen. Solange man die Aussagen dieses Buches nicht als absolut hinstellt, sondern sich danach weitergehend informiert, ist man mit diesem Buch gut beraten.

Aber das ist ja auch gar nicht der Anspruch, den das Buch an sich stellt. Es soll eine grundlegende Einführung zu dem Thema geben; Anfänger an das Thema heranführen, und nicht allumfassend informieren. Passenderweise gibt es im Buch auch Hinweise zu weiteren Stellen im Internet, bei denen man sich umfassender informieren kann. Dem eigenen Anspruch wird das Buch also auf jeden Fall gerecht, lässt man solche Stellen wie das Alchemie-Kapitel weg.

Preis-/Leistungsverhältnis

Für gut 20 Euro bekommt man mit diesem Buch eine Sammlung an grundlegenden Informationen für Liverollenspiel-Interessierte. 72 Seiten scheinen nicht sehr viel, jedoch beinhalten sie die Informationen in notwendiger Tiefe, um sich ein eigenes Bild machen zu können. Das Buch selbst richtet sich an absolute Liverollenspiel-Neulinge, und auch nur diesen sollte das Buch das Geld wert sein.

Für alle anderen bietet das Buch viel zu wenig Mehrwert, um als Kaufgrund zu gelten. Die Informationen sind meist bekannt, sollte man sich ein wenig mit der Materie beschäftigt haben und auch wenn die Illustrierung an sich sehr gelungen ist, bildet sie keinen alleinigen Grund, dieses Buch zu kaufen. Dafür sollte man sich lieber auf einen der einschlägigen Larp-Bildbände konzentrieren.

Fazit

„Larp – Einstieg in ein phantastisches Hobby“ ist ein liebevoll gestaltetes Buch für alle Liverollenspiel-Interessierten ohne jedwede Vorbildung auf diesem Gebiet.

Großformatig (DIN-A4) und einem sehr guten Layout beinhaltet es (prägnant zusammengefasste) theoretische Grundlagen sowie eine Einführung in alle relevanten Gebiete wie: Charakterbau, Ausrüstung, Con-Auswahl oder Verhalten auf Cons.

An einigen Stellen tritt die Einstellung der Autorin zu stark zu Tage, was bei unbedarften Lesern zu einigen Fehlinformationen führen kann. Eine weiterführende Information ist daher Pflicht. Für Einsteiger daher ein ziemlich guter Einstieg in die Welt des Live-Rollenspiels, für alle Anderen allerdings ohne wirklichen Mehrwert.

Daumen4Maennlich

Artikelbild: Zauberfeder Verlag 

 

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