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In Immenhausen bei Kassel trafen sich Anfang Juni wieder Würdenträger, Gelehrte und alle anderen an Mythodea Interessierten zum Konvent der Elemente auf dem Jenseits der Siegel. Hier maß man sich im Wettstreit der Elemente, eine neue Nyame wurde gekrönt und eine breite Plotfülle für alle Teilnehmer bereitgestellt.

Bekannter Ort, bekannter Standard

Wie schon in den letzten Jahren fand das Jenseits der Siegel 2018 auf dem Bundespfadfinderzentrum in Immenhausen bei Kassel statt. Das Gelände ist mit einem Waschhaus mit Gruppenduschen ausgestattet, zusätzlich wurden wieder Wasch- und WC-Container sowie eine ordentliche Menge Dixi-Klos aufgestellt. Lange Schlangen musste damit niemand hinnehmen, auch in den Stoßzeiten war die Auslastung passabel verteilt. Klopapier war fast immer überall vorhanden, allenfalls zu Randzeiten (aka mitten in der Nacht) war kein Klopapier aufzutreiben. Die Anlagen wurden auch durchweg ordentlich sauber gehalten, sodass man sie gerne benutzt hat. Live Adventure als Veranstalter wahrt damit den etablierten, hohen Standard.

Da die Veranstaltung im Vergleich zum Vorjahr weiter gewachsen ist, wurden die nördlichen Wiesen noch stärker verwendet als zuletzt, sodass sich das Östliche Siegel und die Freyenmark dort mit ausreichend Platz niederlassen konnten. Insgesamt wurden alle Lager dadurch entzerrt, sodass man wieder mehr Platz hatte, sich etwas auszubreiten. Das Pfadfindergelände selbst war dieses Jahr auch als einzige verfügbare Spielfläche umso wichtiger – wegen Sturmschäden wurde vom Betreten des Waldes stark abgeraten. Nicht unerhebliche Teile des Waldes waren wegen der Sturmschäden schon abgeholzt worden, was den Wald nun auch nicht schöner gemacht hat.

Die auf dem Spielgelände vorhandenen Dekorationen und Aufbauten waren schön gestaltet und passend eingesetzt, die bekannte Händlerzeile war ansprechend und ausreichend vielfältig besetzt, sodass man sich mit allerlei Schönem und Leckerem versorgen konnte. Die Preise beim Essen waren durchaus gesalzen. Da die Veranstaltung aber für Selbstversorger ausgeschrieben ist, hatte man durchaus die Entscheidung, ob einem Käsespätzle oder Honigfleisch die 5 EUR wert sind.

Ohne Wetter keine Con

Von der Orga nicht zu beeinflussen, für den Congenuss aber ausschlaggebend, ist natürlich die Wetterlage. Am Frühanreise- und Aufbau-Dienstag hatte es abends sehr stark geregnet, sodass Mittwoch trotz ausbleibendem weiteren Regen eine immense Luftfeuchtigkeit vorhanden war – kombiniert mit den wieder sehr hohen Temperaturen war es eine schwüle Hitzewand. Diese zog sich auch noch über weite Teile in den Donnerstag hinein, an dem es ein paar Regenschauer gab, die die Luftfeuchtigkeit eher wieder ansteigen ließen. Freitag kühlte es endlich etwas ab, Samstag war es bedeckt, Sonntag riss die Wolkendecke am späteren Vormittag endlich auf, was für den Abbau alles in allem recht angenehm war. Frieren musste über die Tage niemand, es blieb auch in der Nacht durchweg bei zweistelligen Temperaturen.

Durch das feuchtwarme Wetter gesellte sich leider eine andere Plage hinzu: Mücken und Bremsen in unangenehmer Masse. Mich selbst hat es daher mit über 60 (!) Mückenstichen erwischt, andere waren kaum glücklicher. Merke: nächstes Jahr mehr Autan.

Plotfülle wie Starkregen

Wie im Vorjahr war auch diesmal eine schier unendliche Masse an Plot vorbereitet. Einerseits wurde dabei viel an Handlungsstränge von Chroniken von Mythodea (andere Nebencon im Setting, fand dieses Jahr Ende April bis Anfang Mai in Bexbach statt) angeknüpft. Zudem wurde der seit vergangenem Jahr vakante Nyamen-Posten im Osten neu besetzt, sowie ein Plot um den Wettstreit der Elemente explizit für das Jenseits der Siegel umgesetzt. Zuletzt waren auch einige schon ältere Plotstränge wie Timoriels Würfel und die Bindung der Xiane wieder auf dem Programm und konnten abgeschlossen werden.

Daneben waren das Jahrmarkttreiben und die kleineren Stadt-Plots aktiv wie eh und je, die mysteriöse Mordserie an Würdenträgern der Stadt Holzbrück setzte sich fort, in den Freudenhäusern wurden kaputte Gefäße vermisst und der Stadtrat stritt sich darüber, wie man die Steuern, die für Rituale eigentlich zu entrichten wären, tatsächlich mal eintreiben könnte.

Wettstreit der Elemente

Während Timoriels Würfel und die Xiane weitgehend Plotangebote für Spieler waren, die diese Handlungen schon länger bespielten, war gerade der Wettstreit der Elemente darauf angelegt, Spielern mit starker Bindung zum Hintergrund von Mythodea neues Spiel zu bieten und auch neuen Spielern den Eintritt in das Spiel mit der mythodeanischen Religion zu ermöglichen. Da ich als Trägerin einer Freundschaft der Elemente (besondere Regelwerks-Fähigkeit, die besondere Verbindung zu einem der IT-Elemente darstellt) direkte SL-Anweisung bekam, den Startpunkt für diesen Plot mit auszuspielen, blieb ich letztlich auch überwiegend in diesem Plot hängen.

Gleich am ersten Abend, nachdem sich die Kandidatinnen für die Nyamenprüfungen melden konnten, begann auf Drängen und durch Intervention aller Elemente ein Wettstreit zwischen den Elementen Terra, Aeris, Aqua und Ignis. Das fünfte Element Magica stellte sich und sein Elementarvolk, die Edalphi, als Schiedsrichter auf, was aber ob einer anderen, schon länger laufenden Kontroverse nicht unumstritten war. Der Aspekt der Herrschaft, dessen Quihen Assil(quasi-göttliches Wesen) an sich traditionell zu den Roten Jademeistern und dem Pantheon Ignis gehörte, wurde schon länger von Magica beansprucht. Dieser schwelende Konflikt wurde durch die Anführerin der Kal’Hatranischen Rebellen angeheizt, da sie einen Elementar der Herrschaft beschworen und in Ketten gelegt hatte, um diesen zu zwingen, wieder Teil von Ignis zu werden.

Doch Magica versuchte weiter, die Herrschaft an sich zu binden und von Ignis zu entfernen. Dieser Konflikt überschattete für viele den kompletten Wettstreit – angefacht von Schiedsrichtern, die Regeln in Salamitaktik enthüllten und sich das eine oder andere Mal mit suboptimaler Wortwahl nicht beliebter machten. Es kam insbesondere nicht gut an, dass die als Belohnung für die einzelnen Teil-Wettstreite gegebenen Schuppen abschnittsweise als „Tribut“ wieder von den Edalphi eingefordert wurden.

Der Wettstreit selbst begann am Donnerstagmorgen mit der Verkündung der ersten Aufgabe, bei der jedes der vier Elemente zur Mittagsstunde mit gesammelten Streitern in einem großen Buhurt streiten sollte – die erste Wertung gab es dabei für die meisten anwesenden Personen einer Fraktion (es gewann Terra), die andere Wertung war ursprünglich für den letzten noch stehenden Kämpfer gedacht. Nachdem sich aber die Fraktionen Terra und Aeris relativ festgekämpft hatten und ein weiteres Umfallen diverser Krieger immer unwahrscheinlicher wurde, wurde der Buhurt abgebrochen und Aeris und Terra zu gleichwertigen Siegern erklärt.

Nea im Wettstreit der Elemente

In den weiteren Aufgaben gab es Wissensprüfungen, eine Prüfung zur Heilung, eine Schnitzeljagd über das gesamte Gelände und letztlich eine sehr umstrittene Prüfung unter dem Thema „Rache“. Bereits die Schnitzeljagd war etwas problematisch, da ein Hinweis im Wald versteckt war, was ob der Warnung, den Wald möglichst nicht zu betreten, zu einigen etwas frustrierten Teilnehmern führte. Nach der Schnitzeljagd schied Ignis aus dem Wettstreit aus, bei der Rache-Prüfung standen sich nun also drei eher wenig für Rachsucht bekannte Fraktionen gegenüber. Da auf dem JdS die NSC-Fraktionen wie immer konzeptionell nicht anwesend waren, mussten „passende“ Opfer für einen Racheakt in der restlichen Spielerschaft gefunden werden. In Reaktion auf die Vorkommnisse der letzten Jahre in der Hohld (Schauplatz des Chroniken von Mythodea) nahmen die Naldar (Volk Aeris) Rache an Ulrich von Hochkammer, indem sie ihm mit vier Klingen von Cerenna Urr’katum, also persönliche Lebenszeit, nahmen.

Dieser Racheakt wurde als ignisgefälligster gesehen, aber gleichzeitig als sehr nah an der Überschreitung der Regel, dass im Rahmen des Wettstreits niemand getötet werden soll. Ulrich überlebte den Angriff zwar, doch seine Lebenserwartung wurde auf gerade einmal ein weiteres halbes Jahr geschätzt. Auch der Racheakt der Sephora’Assil (Volk Aquas) war dazu geeignet, sehr weitreichende Kreise zu ziehen, da sie Listen mit Namen von Kindern der Freiheit weitergegeben hatten – einer Gruppierung, die sich für die Freiheit aller Elementarvölker vom Dienerbefehl einsetzt.

Aufmarsch zum Buhurt

Diese doch recht krasse Eskalation des Spiels, die einen Spieler, der als Träger eines Xian auch weitreichendere Plot-Aufgaben hatte, fast um den Charakter gebracht hatte, ließ viele Spieler noch mehr mit dem gesamten Wettstreits-Konzept hadern. Als am Samstag dann die letzte Prüfung, die aus vier Teilaufgaben bestand, mit einem Unentschieden endete, war die Akzeptanz jedes Wettstreit-Ergebnisses so ziemlich am Tiefpunkt. Nach Auseinandersetzungen zwischen den Naldar und Edalphi über den Einsatz der Schuppen (Zählmarken im Wettbewerb), den Sephora’Assil und den Naldar über den Besitz einiger Schuppen und letztlich allen noch teilnehmenden Elementen und den Edalphi über die Wertung insgesamt, entschieden sich die Elementarvölker geschlossen, den Wettstreit ohne Benennung eines einzelnen Siegers zu beenden. Zu einer Endauswertung und der „Belohnung“ des siegreichen Elements kam es dann nicht mehr.

Das mag nicht unbedingt im Sinne der SL gewesen sein, war aber gerade ob der nach der Racheprüfung noch immer in alle Richtungen verletzten Gemüter eine von den Spielern fast einstimmig als positiv bewertete Reaktion. Hartes Konfliktspiel innerhalb der Spielerschaft ist in Mythodea immer noch nicht übermäßig beliebt, so zumindest mein Eindruck aus den letzten Jahren, in denen derartige Spielkonzepte von der SL immer wieder angestoßen wurden.

Vorbereitungen des Sommerfeldzuges

Aber nicht nur Wettstreit und Nyamenprüfungen standen auf dem Programm.

Im Rahmen des Konvents fanden diverse politische Treffen statt, die insbesondere der Vorbereitung für den Sommerfeldzug (Conquest of Mythodea) dienten. Der Kriegsrat tagte und beschloss, dass ein Stoßtrupp in die Spiegelwelt geschickt werden soll, um dort noch eingeschlossene Seelen zu retten und andere negative Nebeneffekte einer Zerstörung der Spiegelwelt zu verhindern oder zumindest einzudämmen. Über den Verlauf des Konvents wurden dann Mitglieder der Expeditionen zusammengestellt, einerseits für den Stoßtrupp, der zur Weltenschmiede vorrücken sollte, andererseits für den Trupp, der tatsächlich in die Spiegelwelt vordringen soll.

Um zunächst die Stoßtrupps, im Sommer aber auch die Truppen selbst durch den Tunnel Terras auf die Insel der Weltenschmiede schicken zu können, musste dieser ebenfalls wieder instand gesetzt werden. Zusammengeschrumpft auf seine „natürliche“ Minimalgröße, die nur den Durchgang für eine Person ermöglicht, musste mit Hilfe der Malaka’re eine Lösung erarbeitet werden, die möglichst dauerhaft den Tunnel offenhält. Für den Großteil des Tunnels wurden insofern Handwerker und Baumaterialien gesucht, nur für den Teil, der die Weltenschmiede-Insel selbst betraf, musste eine andere Lösung herhalten, da hier die Kräfte aus der Weltenschmiede das eigentliche Problem darstellen. Letztlich wurde eine ähnliche Lösung wie im Vorjahr gewählt, sodass mittels Kraftbrot (statt Kraftsuppe) die ausreichende Energie zum erneuten Erweitern des Tunnels bereitgestellt werden konnte.

Kandidatinnen für die Nyamenprüfungen

Weiterer Plot

Die Bindung des letzten Xian, des Xian Aquas, an eine Trägerin konnte endlich vollzogen werden, sodass in einem Ritual mit allen Xianen (besondere Szepter der Elemente) deren bisher verborgenes Wissen abgerufen werden konnte.

Timoriels Würfel hingegen verschliss in seinen grausamen Prüfungen einen Kandidaten nach dem anderen, bis Timoriels Projektion stellvertretend für ihn selbst der Prozess gemacht wurde – und der Würfel letztlich explodierte, wie es befürchtet worden war, obwohl alle gestellten Aufgaben erledigt worden waren.

Mejana Thaea, die älteste der Ouai, warf sich auf den explodierenden Würfel, weil sie das darin enthaltene Wissen für so gefährlich hielt, dass es nicht in die Öffentlichkeit entlassen werden dürfe. In der Folge war sie nicht mehr ansprechbar, es schien, als müsse sie das immense Wissen verarbeiten.

Über alle Tage des Konvents liefen auch die Prüfungen zur Auswahl einer neuen Nyame für das östliche Siegel, was ob all der anderen Vorgänge aber nur von Spielern des Ostreiches intensiver verfolgt wurde. Zuletzt waren noch zwei Kandidatinnen im Rennen, von denen letztlich Sophia von Seewacht als neue Nyame gekrönt wurde, was bei den Siedlern des Ostreichs zu lautem Beifall und Jubel führte – offenbar eine Wahl, mit der die Spieler sehr einverstanden sind.

Während sich am letzten Abend die meisten Gruppen zum Feiern aufmachten, ließ sich Ulrich von Hochkammer von den Ouai in Stasis versetzen, um seine verbliebene Lebenszeit im Sommer auf dem Feldzug nutzen zu können – und Freunden eventuell die Möglichkeit zu verschaffen, noch eine Heilung für das von den Klingen Cerennas gestohlene Urr’Katum zu finden.

Die freien Städte Mythodeas nutzten das Jenseits der Siegel, um generell Präsenz zu zeigen und ihre lokalen Plots ebenfalls weiter zu spielen – von der blockierten Traumebene in Porto Leonis bis hin zu den Verwicklungen rund um Münzquell.

Sephora’Assil

Markt und Stadt

In der Stadt war man während dem gesamten Konvent weiter auf der Suche nach einem mysteriösen Mörder, der Federn bei seinen Opfern hinterlässt und sich bevorzugt Würdenträger aus Holzbrück vorknöpft. Ob der echte Täter inzwischen gefunden werden konnte, bleibt offen – meines Wissens nach nicht.

Die diversen Gruppen von Stadt und Jahrmarkt hatten diverse kleine Plots im Angebot, die teilweise eher unabsichtlich als Teil von größeren Plots angesehen wurden – so wurde aus einem zerbrochenen Gefäß, dessen Teile gefunden werden sollten, ein ausgewachsener Skandal rund um vermuteten Tirolit-Schmuggel.

Um den Handel insgesamt anzustoßen, gab es dieses Mal eine vom Südlichen Siegel als Ausrichter des Konvents angestoßene Handelsmesse, auf der jeder, der wollte, die Handelswaren seines Heimatgebiets präsentieren konnte.

Fazit

Das Jenseits der Siegel hat ein wenig von seiner früheren Beschaulichkeit verloren, denn die Plotfülle sorgt inzwischen für recht umfassende Dauerbeschäftigung. Dennoch bleibt weiterhin eine entspannte Grundstimmung erhalten, gerade auch weil man nicht mit Feindesangriffen rechnen muss. Es bleibt genug Zeit, um Neuspielern einen Einstieg in den dichten Hintergrund von Mythodea zu ermöglichen oder das eigene Charakterspiel voranzutreiben.

Weiterhin bleibt das Jenseits der Siegel damit die Empfehlung für jene, die tiefer in den Hintergrund von Mythodea eintauchen wollen, aber gegebenenfalls auch die Erfahrung gemacht haben, dass im Rummel des Conquest of Mythodea kaum jemand die Zeit findet, einem die Hintergründe ordentlich zu erklären. Im Rahmen des Wettstreits waren dieses Mal auch wieder kleine Plots für Kämpfer enthalten, letztlich bleibt man aber zumindest dem nicht-militärischen Grundkonzept treu.

Das Jenseits der Siegel war die Reise definitiv wieder wert! Mehr IT-Infos findet ihr auch im Freien Boten.

Fotografien: mit freundlicher Genehmigung von © Live Adventure

 

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