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Viel zu lange haben wir wenig über Musik zur Untermalung bei Rollenspielabenden berichtet. Dem Aufwind des Marvel Cinematic Universe folgend, wollen wir uns monatlich mit Scores der entsprechenden Filme auseinandersetzen.

Den Beginn macht der Score zu Iron Man. Unter der Regie von Regie Jon Favreau und mit von Robert Downey Jr. in begnadeter Weise ausgefüllten Hauptrolle, avancierte der Film in 2008 zu einem absoluten Kassenschlager.

Die Geschichte um den skrupellosen Waffenhändler, Milliardär und Playboy Tony Stark, der sein wahres Schicksal findet und zum stählernen Rächer wird, war furios und spannend. Die rockige musikalische Untermalung gab ihr Übriges, den Film zu einem echten Vergnügen zu machen.

Erscheinungsbild Cover/Verpackung

IronMan_I_Score

Da die MP3 Version besprochen wurde, entfällt eine Bewertung der Verpackung. Die MP3 sind mit einer variablen Bitrate kodiert und sorgen auch bei guten Ohren für angenehmen Hörgenuss. Lediglich sehr tiefe Bässe, davon gibt es wenige, scheinen etwas untersteuert zu sein. Der normale Hörer ohne Highend-Anlage wird davon aber wenig mitbekommen.


Die harten Fakten:

  • Komponist: Ramin Djawadi
  • Erscheinungsjahr: 2008
  • Format: CD/MP3
  • Spieldauer: 54:02
  • ASIN: B0018B7S3W
  • Preis: 16,99 EUR (CD), 9,89 EUR (MP3)
  • Bezugsquelle: Amazon (Klick)

 

Tracks

Einzeln gehe ich nun auf die Tracks ein und versuche einzuschätzen, in welchen Szenen sie benutzt werden können.

01 – Driving with the Top down

Der Track gibt uns ein gutes Gefühl, was uns erwarten wird. Rasante, coole aktionistische Elemente vermengen sich mit nicht aufdringlichen elektronischen Klängen. Streicher und Bläser unterlegen die euphorische Grundstimmung. Die verzerrten Gitarren geben ein Element der Coolness in diesen gelungenen Mix. Dadurch, dass Pausen in den Tempi herrschen, wird die treibende Rhythmik etwas entzerrt. Ich kann mir das Stück gut als Einführung eines Charakters oder NSCs vorstellen, aber auch zum Auftakt einer Kampagne, bei der eine euphorische Grundstimmung erzeugt werden soll.

02 – Iron Man (2008 Version)

Swingige Klänge reißen uns in eine lässige Atmosphäre, vielleicht zu einer Poolparty oder auch dem Empfang der oberen Zehntausend in einem noblen Hotel. Die ideale Untermalung für einen Dandy auf Raubzug.

03 –Merchant of Death

Dieser Track beginnt, dem Titel folgend, mit einer deutlich düstereren Note, der sich bald aggressive Metalklänge beimengen. Durch die bedrohliche Grundstimmung kann ich mir dieses Stück gut vorstellen, wenn es darum geht, einen Antagonisten auftreten zu lassen.

04 – Trinkets to kill a Prince

Die bedrohliche Stimmung wird aufrechterhalten, es gesellen sich aber Elemente hinzu, die auf eine drängende Zeitkomponente hinweisen. Das sanfte Streicherstakkato im Hintergrund kann eine aufbauende Wirkung auf die Spannung haben. Der Track baut sich langsam auf, gewinnt an Eindringlichkeit und auch Lautstärke. Ich setze dieses Stück sehr gerne ein, wenn die SC etwas planen oder aushecken.

05 – Mark I

Ohne den Film zu kennen, würde ich von einer deutlich martialischeren Szene ausgehen. Hier überraschen die leisen Klänge einer Sitar, die langsam und lockend an das Ohr vordringen. Damit ist es jedoch nach wenigen Sekunden vorbei. Schon branden Bläser und Percussion an uns heran, bis das Stück deutlich an Geschwindigkeit gewinnt. Ich könnte es mir gut in einem High Fantasy Setting vorstellen, als Untermalung zu einer Szene, bei der etwas Großes, Helfendes beschworen wird. Ein Golem vielleicht, den sich dann unter wütendem Brüllen den Feinden entgegen wirft.

06 – Fireman

Oh ja, das ist brechende Actionmusik! Harte Gitarrenriffs, kreischende Streichereinlagen, Percussions mit einem treibenden, aber leicht versetzten Rhythmus. Bevorzugt gern von mir eingesetzt in Steampunk-Actionszenen, taugt das Stück aber genauso gut für jede aktionistische Szene in modernen und postmodernen Welten.

07 – Vacations‘s over

Nach den hektischen und bedrohlichen Klängen der vorherigen Stücke wird es nun deutlich sanfter. Aber auch hier fehlt eine gewisse Power in den melancholischen Klängen nicht. Ein Kampf wurde gewonnen, aber ein Freund liegt am Boden? Es ist Zeit, Dinge anzupacken, nach vorn zu sehen, aber nicht die eigenen Wurzeln zu vergessen? Dann ist dieses Stück sehr anzuraten.

08 – Golden Egg

Leicht disharmonische Klangbögen erfüllen den Raum, das Tempo ist sehr gemäßigt. Angespanntes Warten erfüllt den Raum. Etwas Bedrohliches ist allen Anwesenden bewusst. Diese Bedrohung kommt in der zweiten Hälfte des Stücks (möglicherweise auch nur als Gedanken) immer eindringlicher auf die Versammelten zu. Das Stück passt gut in viele Horror-Settings, eben durch diesen sicheren Eindruck, dass etwas Schreckliches da ist.

09 – Damn Kid

Nun wird es wieder richtig chillig – eine Fahrt im Cabrio? Ein Flirtabend an der Hotelbar? Im schicken Bikini am Strand liegen und gut aussehenden Kerlen beim Volleyball zuschauen? Hier sind wir dafür richtig.

10 – Mark II

Durch die geschwungenen und nicht zu hektischen Rhythmen, aber auch der führenden E-Gitarre, passt das Stück gut in meiner Vorstellung zu Szenen, in denen Vorbereitungen getroffen werden. Die Sichtung des Zielortes? Die Prüfung einer Technologie? Das Konstruieren einer Maschine? Solches und ähnliches wird hier gut bedient.

11- Extra Dry, Extra Olives

Dem Titel nach hätte ich einen weiteren Ausflug in die Welt des Swing und Easy Listening erwartet. Easy – ja, das trifft es. Leider ist das Stück das einzige, welches mich auf dem Score enttäuscht. Viel mehr als ruhiges Vorsichhergedudel ist es nicht und eine Szene, zu der das Stück passen mag, will mir nicht einfallen.

12 – Iron Man

Das Stück soll offenbar mehr die Entscheidung verdeutlichen, ab nun der Eiserne zu sein. Es ist in Summe als ruhig zu betrachten, setzt aber anfangs gekonnt auf dissonante Elemente, die Zweifel und Frust verdeutlichen können. Leider haben wir hier einen krassen Wechsel mitten im Track, der offenbar auf die Szene komponiert wurde. Am Ende legt plötzlich fast das gesamte Orchester los. Das Stück ist toll, aber leider nicht durchgängig in einer Atmosphäre, daher leider nur selten verwendbar.

13 – Gulmira

Die ikonische Szene, in der Iron Man die Terroristen attackiert, hat sicher einem starken patriotischen Touch für die Amerikaner. Nichtsdestotrotz erweckt das Stück durch die innewohnende Wuchtigkeit geradezu das Verlangen, es in einer Szene zu benutzen, in der etwas wirklich Großes bekämpft wird. Ich könnte mir auch vorstellen, dass die Anwendung in einem Katastrophenszenario funktioniert, mit beispielsweise zusammenbrechenden Hochhäusern. Ruhigere Momente zur Mitte können benutzt werden, um ein Ausharren oder gegenseitiges Umkreisen zu untermalen.

14 – Are those Bulletholes?

Der Track hat vor allem das Oberthema „Besinnlichkeit“. Ruhige Streicher und sanfte Melodien, die einer gewissen Tragik nicht entbehren, begleiten einen Moment der Stille. Die Helden sind verwundet und auf der Flucht, müssen eine Nacht voller Ruhe haben? Jemand gerät in Zweifel? Dann ist das Eure Untermalung.

15 – Section 16

Leise, unheimliche Klangkompositionen erfüllen den Raum. Kurze Momente aufbrandender Spannung gesellen sich hinzu. Section 16 kann sicher mit einem modernen Gewölbe verglichen werden. So kommt es auch, dass ich dieses Stück gerne nutze, um verlassene Labore, lange unberührte Dungeons und Ähnliches zu untermalen.

16 – Iron Monger

Die Versuchung liegt nahe, das Stück für einen Endkampf zu nutzen. Ich gestehe, dass es mir dafür zu wenig Drive hat. Es hat seine bedrohliche Grundnote, es hat seine Geschwindigkeit, es hat die rhythmischen Percussions, die dafür nötig sind. Trotzdem nutze ich es nicht dafür. Wo es bei mir bislang brilliert hat, waren Verfolgungsjagden über unsicheres Terrain. Es hat zu viele Wechsel der Tempi, zu viele kurze Pausen, um wirklich als echtes Actionstück herzuhalten. Lasse ich meine Gedanken weiter schweifen, will mir nicht viel anderes einfallen, wo es anzuwenden wäre.

17 – Arc Reaktor

Das Grundthema des vorherigen Stückes wird hier weiter aufgegriffen. Nun bleibt anfangs das Tempo bestehen und wird durch furiose, heroisch anmutende, Einlagen der Streicher angereichert. Der heldenhafte Endkampf findet sich hier deutlich wieder – auch hier wieder Tempiwechsel zur Mitte, jedoch erträglich knapp, um im Erzählfluss unterzutauchen. Mir ist die Szene noch gut im Kopf, mit ihren kurzen Pausen durch Gespräche, durch Verstecken hinter Deckung. Dazu passt sie gut. Aber so eine strukturierte Szene mit Mikroschnitten findet sich leider nicht im realen Leben des Tischrollenspiels.

Nicht betrachtet sind die beiden letzten Stücke Institutionalized von Suicidal Tendencies und das originale Iron Man Theme aus den 60ern.

Emotionalität

Viele der Stücke erreichen mich gut emotional, sind aber nicht konsequent bis ins Letzte ausstaffiert. Vielleicht wollte der Komponist das auch nicht. Vielleicht hatte er im Sinn, eine unaufdringliche, aber dennoch spürbare Untermalung zu erzeugen. Ich habe einige wenige Stücke des Scores im eigenen Evergreen-Repertoire, vor allem die Stücke 3,4,10 und 17.

Verwendbarkeit

Der Score hat das durchgehende Thema der Bedrohung technologischer Überlegenheit, mal auf eigener Seite, mal auf des Gegners Seite. Extrapoliere ich diese erste offensichtliche Interpretation, komme ich auf eine gelungene Komposition mit mehreren stilistischen Elemente, die stark beim Aufbau von Spannungselementen punktet. Geschwindigkeit kommt nicht zu knapp in so manchen Tracks, daher spricht nichts gegen eine Verwendung für gemäßigte Actionszenen. Erfrischend sind die wenigen Stücke, die eher an einen Agentenfilm erinnern.

Störend wirken sich die Tempiwechseln in manchen Stücken aus. Sie dürfen daher nicht als Führungsmelodie genutzt werden.

Preis-/Leistungsverhältnis

Ich habe wenig an dem Preis auszusetzen, gehöre aber zu denen, die ihre MP3s in der Cloud lagern und keine verstaubenden CD-Hüllen mehr zuhause haben wollen. Interessant ist an der Stelle zu wissen, dass Amazon mittlerweile den sogenannten AutoRip anbietet. Kauft man eine CD bei Amazon, erhält man die MP3 kostenlos dazu.

Bonus/Downloadcontent

Uns ist kein kostenloser Content bekannt.

Fazit

Der Score zum ersten Iron Man Film hat mich als Untermalung zum Film sehr begeistert. Viele Tracks sind auf die genaue Sekunde der Szene komponiert und wirken daher gut. Am Spieltisch jedoch wirken sich sowohl die stellenweise kurze Spieldauer als auch die Tempiwechsel störend aus.

Unangefochtenes Highlight des Scores ist der Opener „Driving with the Top down“. Kein anderes Stück erreicht diese Klasse. Für den Einsatz am Spieltisch braucht es aber keine Brecher wie diesen. Hier werden Stücke von einheitlicher Atmosphäre und Tempo benötigt. Einige bringen dieses mit, andere glänzen durch wunderbare Stimmungswechsel, die aber eingeplant werden wollen.

Vier Tracks gehören zu meinem stetigen Repertoire zur Untermalung, andere setze ich eher selten ein. Im Großen und Ganzen ist das Album ein Schmaus für die Ohren.

Ich spreche daher eine Empfehlung mit Vorbehalt aus.

Daumen3maennlich

Artikelbild: Paramount Pictures 

 

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