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Seit 1988 veranstaltet der Arbeitskreis Fantasy (AKF) der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel eine Rollenspielcon. Ein paar Jahre war es um die Convention still geworden, seit 2014 ist allerdings wieder Bewegung in die Veranstaltung gekommen. Bislang eher auf Rollenspieler und Tabletopper ausgerichtet, gab es am 04. und 05.07.2015 diesmal eine Neuerung: Es fand gleichzeitig das XXL KiAI statt, die Anime- und Manga-Veranstaltung des Animexx-Fantreffens Kiel. Die KiAI prägte das Bild der Convention nachhaltig. Schätzungen zufolge sollen über 1.000 Teilnehmer auf der Unicon gewesen sein.

Ankunft und hohe Temperaturen

Als ich Samstag gegen Mittag auf dem Unigelände eintraf, war es wettertechnisch bereits ziemlich heiß und die hohen Temperaturen sollten mich auch für den Rest der Unicon begleiten. Was mir gleich auffiel, waren die jüngeren Leute zwischen 15 und 20 Jahren – ich bin Anfang 40 – in der kurzen Schlange, die sich miteinander unterhielten oder sich auch einfach beim Anstehen umzogen. Um eines der Mädels errichteten ihre Freunde und ich mit unseren Körpern eine Sichtbarriere und nach kurzer Zeit hatte sie sich dann der meisten Klamotten entledigt …

Nachdem ich den für zwei Tage recht günstigen Eintrittspreis von 4 EUR bezahlt hatte, machte ich mich auf, den Veranstaltungsort zu erkunden. Ich kam an den folgenden Stationen vorbei:

Schwarzes Brett und Rollenspielrunden

Am Schwarzen Brett waren neben dem Conprogramm und Informationen auch die angemeldeten Rollenspielrunden gelistet. Über beide Tage verteilt zählte ich etwa 15 angebotene Runden, von denen mich, bis auf Star Wars: Am Rande des Imperiums, allerdings keine so richtig interessierte. Spielmöglichkeiten gab es beispielsweise für Ratten!, Vampire, Midgard, Warhammer 40K, Fate Core, Hollow Earth Expedition und DSA.

Händler, Zeichnerinnen und Autoren

Mit schnellen Strichen wird die Skizze lebendig
Mit schnellen Strichen wird die Skizze lebendig

Auf meinem Weg durch das Unigebäude strich ich dann durch die Gänge, in denen Händler ihre Stände aufgebaut hatten. Ich hatte den Eindruck, dass das Tabletop-Genre sehr stark vertreten war. Leider fand ich den angekündigten Stand eines lokalen Rollenspielladens nicht, was mich etwas enttäuschte. Durch die anwesenden Anime-Fans hatten sich auch einige entsprechende Händler, Zeichnerinnen und Schmuckdesigner eingefunden, um ihre Produkte zu präsentieren. Ich blieb bei einer der Manga-Zeichnerinnen kurz stehen, um ihr dabei zuzuschauen, wie sie eine Bleistiftskizze routiniert mit Konturen versah. Faszinierend.

Die phantastisch-schreibende Zunft wurde durch die Kieler Fantasy- und Phantastik-Autoren Sandra Florean und Norman Doderer vertreten, die aus ihren Werken vorlasen.

Brett- und Kartenspiele

Nach dem Händlerbereich entdeckte ich dann die Karten- und Brettspieler, die ihre Tische im Vorraum von vier Hörsälen aufgebaut hatten. Da mich die Themen nicht sehr interessierten, hielt ich mich nicht lange dort auf und erkundete die sprichwörtlichen Tiefen der universitären Wissensbetankung.

Die Event-Area

Die Hörsäle waren der Bereich, in dem ich mich während der Con am meisten aufhielt, was ich vorher nicht gedacht hätte. Denn eigentlich bin ich nicht der riesen Anime- oder Manga-Fan. Ja, ich hatte früher auch mal Pokémon, Captain Future, Heidi oder Digimon geschaut, aber dafür war ich ja eigentlich nicht zur Unicon gefahren. Letztlich war es allerdings ziemlich cool.

Hörsaal 1: Applewar Pictures

Hier hatten sich die No-Budget-Hobby-Regisseure Chan und Tense eingerichtet, um ihre Sketche, Parodien auf Videospiele und Lego-Animationsfilme vorzuführen. Immer, wenn ich dort beim Eingang vorbeiging, standen dort Leute in einer Schlange. Schien also sehr beliebt zu sein.

Hörsaal 2: Karaoke

Wer seinen Lieblingsong nachsingen wollte, fand hier Gelegenheit dazu. Fans suchten sich aus cirka 8.000 Liedern etwas aus und trällerten drauflos. Meist handelte es sich um Stücke aus Anime-Serien, von denen ich noch nie gehört hatte, aber zumindest Shakiras „Whenever Wherever“ konnte ich von den Rängen aus mitsummen.

Hörsaal 3: Quizveranstaltungen, Anime-Vorführungen, Cosplay-Wettbewerb

In diesen Hörsaal kam ich immer wieder zurück. Es gab dort verschiedene Fragespiele wie „5 gegen 5: Was haben Nicht-Animexxler geantwortet?“ oder das „Nerd Quiz“. Der Höhepunkt war für mich die Beschreibung von Gandalf aus Herr der Ringe, den jemand als „der Typ, der wie Dumbledore aussieht!“ bezeichnete. Das wohlwollende Lachen war entsprechend laut.

Am Samstag Nachmittag fand der Cosplay-Wettbewerb statt, der mir sehr gefiel. Der Wettbewerb funktionierte so: Die 15 Teilnehmer hatten wenige Minuten Zeit, um sich nicht nur visuell darzustellen, sondern auch „schauspierlerisch“ zu betätigen, wenn sie wollten. Jemand spielte einen kleinen Sketch aus der Anime-Serie Naruto nach, eine Cyberelfin trug ein Gedicht über ihre erhoffte Nerdfreundin vor, andere rezitierten kurze Passagen ihrer dargestellten Charaktere. Die Mühe, die sich viele gemacht hatten, verdiente meinen ganzen Respekt, toll gemacht! Apropos Respekt, auch die jungen Tanzgruppen und die Sängerinnen leisteten eine klasse Arbeit und sorgten für viel Spaß.

Zwischen Veranstaltungen wurden im Saal übrigens Anime-Serien gezeigt, ein paar Folgen schaute ich mir an. Thematisch war das oftmals relativ „weit draußen“, was bedeutet, dass beispielsweise eine Mittelstufenklasse einer Schule darauf trainiert wurde, ihren Klassenlehrer umzubringen, weil er im darauf folgenden Jahr die Erde zerstören wollte. Das ist nicht so einfach, wenn der besagte Lehrer eher ein Alien ist und sich mit Mach-20-Geschwindigkeit bewegen kann …

Hörsaal 4: Artemis Spaceship Bridge Simulator

Das Highlight fand für mich in Hörsaal 4 statt, dort wurde die gesamte Con hindurch der Artemis Spaceship Bridge Simulator gespielt. Kurz gefasst, der Name deutet es an, übernehmen die Spieler verschiedene Stationen einer Schiffsbrücke wie Steuermann, Wissenschaftsoffizier, Chefingenieur, Kommunikationsoffizier, Bordschütze und Captain. Gespielt wurde an diversen Rechnern, auf deren Bildschirmen jeweils die Anzeigen der entsprechenden Station zu sehen waren, zusätzlich gab es den Hauptschirm, der über einen Beamer an die Wand geworfen wurde. Das Spiel ist relativ einfach zu lernen, interessant wird es im Zusammenspiel der verschiedenen Crewmitglieder, da viel kommuniziert werden muss.

Der Computeraufbau für die Artemis-Simulation
Der Computeraufbau für die Artemis-Simulation

Am Samstag schaute ich nur ein paar Minuten rein, am Sonntag hingegen hielt ich mich dort bald zwei Stunden auf, um verschiedene Crews als Beobachter auf ihre Missionen zu begleiten. Ich habe nach der Con die Tabletversion von Artemis erstanden und werde mir vielleicht auch die Windows-Version für den großen Bildschirm kaufen. Ob das Spiel über das Internet gemäß dem Spiel funktioniert, wird sich zeigen.

Wer mehr erfahren möchte, kann sich gern den Teilzeithelden-Artikel über Artemis anschauen.

Tabletop und Zombie-Apokalypse

Am anderen Ende des Gebäudes hatten die Battletech– und Warhammer40K-Leute ihr Gelände aufgebaut, um Einführungsrunden und ein Turnier abzuhalten. Wie mir die Unicon-Veranstalter mitteilten, war das W40K-Turnier komplett ausgebucht und somit auch sehr beliebt.

Im Keller soll es eine Zombieapokalypse gegeben haben, die man mit Nerf Guns bekämpfen konnte. Wem nicht nach schießen war, der durfte sich ohne Waffen auf die Jagd nach „Geehiirrrnnn“ machen. Ich habe den Eingang zum Keller, trotz Leitsystem, nicht bemerkt und ich glaube, das war auch gut so. Bei so was bin ich sehr schreckhaft. Immerhin tummelten sich zu Spitzenzeiten bis zu 40 Spieler da unten, sagte man mir.

Dort geht's zur Zombieapokalypse!
Dort geht’s zur Zombieapokalypse!

 

Verschiedene Workshops luden zum Mitmachen ein

Wer etwas lernen und sich physisch betätigen wollte, hatte in verschiedenen Workshops die Gelegenheit dazu: von Kochen wie in Manga und Anime über Musik im LARP, dem Bau einer Obertonflöte bis zur Erstellung von Perücken gab es einiges zu tun.

Fazit

Alles in allem hat mir die Unicon gefallen, ich werde nächstes Jahr gern wieder dort hinfahren. Es wurde viel geboten, wenngleich die Veranstaltung, meinem Empfinden nach, von den Anime-Besuchern doch etwas dominiert wurde. Ich finde die Entscheidung, das Anime-Fantreffen einzubeziehen, allerdings richtig, da die Szene nunmal zeitgemäß ist und man auch nicht vergessen darf, dass Kiel immer noch vergleichsweie provinziell ist – Landeshauptstadt hin oder her. Je mehr Leute mit entfernt ähnlichen Interessen hier jährlich vorbeikommen, umso besser! Mehr als 1.000 Teilnehmer, das ist eine respektable Zahl.

Vom Rollenspiel hatte ich dieses Jahr nichts. Das mag größtenteils an der Hitze gelegen haben und daran, dass mich die Systeme nicht interessierten. Mal sehen, wie es kommendes Jahr werden wird. Anstatt zu nörgeln, sollte ich dann vielleicht selbst eine Runde anbieten. Möglicherweise werde ich das.

Fotografien: Thorsten Panknin

 

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