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Für den goldenen Thron! Mit dem Codex Adeptus Custodes bekommt die Fraktion erstmals einen eigenen Codex für 40k. Lohnt sich die Investition oder hat man das alles irgendwie schon mal gesehen? Eine Review mit Ausblick. Lohnt es sich Custodes zu sammeln und wenn ja, auch alleine als Streitmacht?

Codex Adeptus Custodes© Games Workshop
Codex Adeptus Custodes© Games Workshop

Nach einer relativ kurzen Ankündigungsphase haben die Adeptus Custodes einen eigenen Codex erhalten, als zweite „neue“ Armee in dieser Edition von 40k nach der Death Guard. Dies ist auch das erste Mal, dass die Custodes in 40k einen eigenen Codex erhalten. Im 30k-Universum, dass mit der Horus Heresy primär von Forgeworld abgedeckt wird, gibt es schon länger eine eigene Custodes-Armeeliste mit eigenen Truppenvariationen, Cybots, Gravpanzern und einem überschweren Flieger. Entsprechend hoffnungsvoll wurde die Veröffentlichung des 40k-Codex herbeigesehnt, wenn auch die Kritik an noch einer Imperiumsstreitmacht, während noch nicht alle Xenos-Codizes veröffentlicht sind, relativ hohe Wellen schlug.

Diese Review soll sich daher mit den Custodes auseinandersetzen, ihrem neuen Codex und ob sich lohnt die Leibwache des Imperators zu sammeln.

Adeptus Wer? – Der Hintergrund

Die Adeptus Custodes sind keine Unbekannten im Warhammer-Universum. Schon in vorherigen Hintergrundwerken wurden die Wachen des Imperators immer wieder erwähnt und im Zuge der Horus Heresy-Romane wurde ihr Auftreten immer weiter ausgeschmückt. Die Adeptus Custodes sind niemand anderes als die direkten Wachen des Imperators der Menschheit. 10.000 Mann des innersten Zirkels, die rund um die Uhr den goldenen Thron und den imperialen Palast bewachen. Während Space Marines in einer gewissen Form von “Massenzüchtung” aus den Beständen von Planeten herangezogen werden, ist die Erschaffung eines Custodes viel individueller, da diese von Kindheitsbeinen an umgeformt werden. Jeder ist somit individuell erschaffen und übertrifft selbst die Fähigkeit eines Space Marines bei Weitem.

Ein Umstand, der sich sowohl im Hintergrund als auch in den Werten beim eigentlichen Tabletop widerspiegelt. Bezüglich des Hintergrunds ist der erste Blick auf den Codex etwas ernüchternd. Mit nur 80 Seiten Stärke ist es der kürzeste der bisher erschienen neuen Codizes. Der Hintergrund zur Entstehung der Custodes und der Zeit des Großen Bruderkrieges bringt hierbei für den Leser kaum Neuigkeiten, die Ausblicke auf die weitere Timeline sind dafür ausgezeichnet gelungen. Hier finden sich eine ganze Reihe interessanter Einsätze von Custodes abseits von Terra, die oft auch eine Andeutung von zukünftigen Ereignissen enthalten oder sich als Szenario für das eigene Tabletop-Spiel eignen. Beispielsweise bleibt mit Absicht ungeklärt, was für ein Space Marine-Schiff die Custodes verfolgt, die Cypher suchen, oder was die Wachen des goldenen Throns auf den Überresten von Cadia wollen.

Gemein haben viele der Geschichten, dass sie gleichzeitig zwar die schiere Überlegenheit der Custodes aufzeigen, aber in angenehmer Form beschreiben, dass diese nicht unbesiegbar sind. Neben der Timeline und den bisherigen Ereignissen findet sich zum ersten Mal die Beschreibung von unterschiedlichen Custodes-Gruppierungen, die unterschiedlichen Aufgaben nachgehen und sich auch in Farbvarianten unterscheiden. So ist es dem Spieler möglich, sich nach eigenem Spielstil eine Variante auszusuchen, um nicht zuletzt auch das durchstechende Gold mit Farbnuancen aufzubrechen. Ob man die Varianten dann auch benutzt, um danach seine Armeeaufstellung zu beeinflussen, ist natürlich wie immer jedem selbst überlassen.  

Nicht schon wieder eine Armee in Servoarmor? – Truppen und Armeevarianten

Auf den ersten Blick mögen die Custodes wie noch eine Servorüstungarmee erscheinen, sind sie doch auf den flüchtigen Blick Space Marines recht ähnlich. Tatsächlich übertreffen sie diese jedoch deutlich, sowohl in den Werten, als auch in der Größe de Modelle. Man könnte nun ebenfalls die hohe Anzahl von verschiedenen Truppen erwarten, wie sie die meisten Space Marine-Orden aufweisen.

Der Blick in die Armeeaufstellung ist dann recht ernüchternd, bietet er doch eine überschaubare Auswahl an Truppentypen. Mit vier HQ-Auswahlen ist hier die Liste noch recht ordentlich, gibt es doch ein benanntes Charaktermodell mit Captain-General Trajan Valoris und drei Shield-Captain Varianten. Mit der Custodian Guard gibt es jedoch nur eine einzige Variante von Standardtruppen im Codex, was vor allem größere Detachments wie Battalions schnell etwas eintönig werden lassen kann. Im Elite Slot findet sich neben den Custodian Wardens zwei Bannerträgervarianten, Alarus Terminators und der schon bekannte Contemptor Cybot. Im Fast Attack Slot sind die neuen heimlichen Helden des Codex, die Vertus Praetors, Custodes auf Jetbikes, zu finden. Mit neuen großartigen Modellen und einem für Hobbyverhältnisse wirklich bezahlbaren Preis waren diese an vielen Orten schon direkt nach der Veröffentlichung ausverkauft. Leider ist dies wiederum auch die einzige Auswahl in diesem Slot.

Im Heavy Support Slot sieht es ähnlich mager aus, findet sich hier nur die Custodes-Variante des Land Raiders.  < Die geringe Auswahl an Truppenvariationen ist leider auch auf den zweiten Blick nicht wirklich zufriedenstellend. Man kann zwar anmerken, dass dies natürlich den Einstieg erleichtert, aber viele Tabletop-Spieler mögen eine gewisse Varianz in ihren Armeeauswahlen, die die Custodes im Augenblick zumindest nicht bieten können. Unverständlich erscheint, dass die Sisters of Silence, der Orden von Elite-Hexenjägerinnen, keinen Weg in den Codex gefunden hat. Hier scheint man diese potentiell aufzusparen, um sie dann später einem anderen Codex hinzuzufügen. Ob dies in einem möglichen Codex Imperial Agents erfolgen soll oder vielleicht sogar im höchst antizipierten Codex Adeptus Sororitas steht noch in den Sternen. Hier schmerzt die Abwesenheit der Sisters jedoch deutlich, hätte sie doch mehr Variation geboten.

In gewisser Weise gibt es so aber auch noch Licht am Horizont. GW hat angedeutet, dass in absehbarer Zeit Regeln für einen Teil der Adeptus Custodes-Modelle von Forgeworld für 40k folgen sollen. Was dabei genau Regeln bekommen soll, ist noch nicht bekannt gemacht worden, doch die Produktpalette bietet dort eigene beeindruckende Cybotvarianten, Panzer und sogar einen überschweren Transportflieger, das Orion Assault Dropship. Da es immer wieder Gerüchte um eine neue Warhammer 40k-Kampagne im Sommer gibt, werden wir dann vielleicht Glück haben und neue Inhalte bekommen, die ihren Weg von 30k zu 40k finden.

Die größten Helden der Menschheit? – Die Werte

Um es direkt vorneweg zu sagen: Custodes sind wahre Monster auf dem Schlachtfeld und zwar in allen Variationen. Durch die neue Fähigkeit Aegis des Imperators haben alle Custodes nicht nur einen 5++ Rettungswurf, der sich in Schlachtordnung auch noch auf 4++ verbessert, sondern auch einen 6+ Feel No Pain-Wurf gegen Psikräfte. Da durch das Fehlen der Sisters of Silence keine direkte Verteidigung gegen Psioniker möglich ist bietet dies wenigstens ein wenig Schutz vor Smite und anderen Fähigkeiten. Mit 2+ Rüstungswürfen, 4++ Rettungswürfen, 5 Widerstand und 3 Lebenspunkten ist ein normaler Custodes schon stark genug es mit diversen Charaktermodellen aufzunehmen. Eben genau das, was man von den Helden des Imperators erwarten würde. Diese Werte finden sich in nochmals verbesserter Form bei den Terminatoren oder den Charaktermodellen. Captain-General Trajan Valoris als Spitze des Ganzen ist ein wahres Monstrum mit 3++ Rettungswurf, Stärke 10 und 5 Attacken, der keinen Feind fürchten muss. Die Jetbikes bieten eine angenehme Mischung aus Panzerjägerfähigkeiten oder Infanteriebekämpfung, je nach Bewaffnungswahl. So oder so sind sie unglaublich schnell und zäh.

Die ganzen brachialen Werte und hervorragende Ausrüstung schlagen sich aber auch deutlich in den Punktkosten der einzelnen Modelle nieder. Ein einzelner „einfacher“ Custodes mit Wächterspeer kostet 52 Punkte, so viel also wie 4 taktische Space Marines oder fast 11 Hormagaunts. Man wird auf dem Feld daher ganz zwangsläufig in der Unterzahl sein, wenn man Custodes spielt. Damit man dabei nicht ins taktische Hintertreffen bei der Eroberung von Missionszielen gerät, erlaubt einem die Fähigkeit „Vereidigte Wächter“ mit allen Infanterie- und Jetbikemodellen Missionsziele zu halten, auch wenn Gegner in der Nähe sind, so lange diese nicht über eine ähnliche Regel verfügen. Diese Regelkonstruktion ist bei anderen Armeen nur Standardauswahlen vorbehalten und erlaubt den Custodes rasant schnellt mit teleportierenden Terminatoren oder vorpreschenden Jetbikes Missionsziele zu beanspruchen. Eine Option, die man nicht außer Acht lassen sollte.

Taktikgenies im Namen des Imperators? – Gefechtsoptionen, Relikte und Warlord Traits

Codex Adeptus Custodes© Games Workshop
Codex Adeptus Custodes© Games Workshop

In gewohnter Weise bietet der Codex eine breite Mischung an zusätzlichen Optionen für die eigene Armee in der Form von 27 Gefechtsoptionen, 13 Relikten und 6 Warlord Traits. Die überraschend hohe Anzahl von Gefechtsoptionen der Adeptus Custodes bringen viele bekannte Möglichkeiten aus anderen Codizes, die hier aber nochmals sinnvoll kombiniert und um einige Neue ergänzt werden. „Sie kommen aus goldenem Licht“ erlaubt bis zu zwei Einheiten auf das Feld zu teleportieren, darunter auch Jetbikes oder Cybots. Beides bietet gute Optionen, um massive Schlagkraft dahin zu bringen, wo sie gerade gebraucht wird. Eine weitere Option ermöglicht für 1 CP ein neues Charaktermodell zum Kriegsherrn zu ernennen, wenn der eigene Kriegsherr gerade eigentlich getötet wird. Interessant, falls man den Warlord Trait behalten will und gleichzeitig dem Gegner den Siegespunkt für das Erschlagen des Kriegsherrn verwehren möchte. Sturzflug ermöglicht für 3 CP mit Jetbikes einen Gegenangriff im gegnerischen Spielzug durchzuführen, wenn sich eine feindliche Einheit in Umkreis von 12 Zoll um eine Jetbikeeinheit befindet. Hiermit kann einem gegnerischen Angriff zuvorgekommen werden oder aber auch wertvollere eigene Einheiten, die angegriffen werden sollen, geschützt werden. Problematisch wird hier schnell aber die potentiell niedrige Anzahl von Command Points, über die man überhaupt verfügt, wenn man nur Custodes spielt und somit keine großen Detachments nutzen kann.

Die Relikte bieten eine gute Mischung aus verbesserten Rettungswürfen und außergewöhnlichen Waffen. Interessant sind auch die Bannervarianten, die dem Träger neue Fähigkeiten geben wie einmal pro Spiel einen Orbitalschlag anzufordern. Auch die Goldenen Fesseln, die gegnerischen Charaktermodellen in der Umgebung eine Attacke nehmen und dem Custodes-Spieler mehr Siegespunkte einbringen, wenn der Träger den gegnerischen Kriegsherrn im Nahkampf besiegt könnten interessant sein. Die Warlord Traits sind ebenfalls gefühlt etwas besser als vergleichbare andere Fähigkeiten in anderen Armeebüchern. „Strahlenkranz“ zwingt den Gegner -1 von allen Trefferwürfen auf das Modell abzuziehen, was das Modell deutlich widerstandsfähiger machen dürfte. Insgesamt ist die Auswahl in diesem Bereich für die Custodes mehr als ordentlich. Die Gefechtsoptionen sind sehr breit gestreut und bieten für viele Gelegenheiten Möglichkeiten, die Relikte sind zumindest tauglich mit einigen herausragenden, die Warlord Traits sind außergewöhnlich gut. Insgesamt eine sehr ordentliche Auswahl, die den Stil der Custodes als absolut elitäre Streitmacht gerecht wird.

1000 Punkte, 10 Modelle? – Einstieg und kompetitiver Ausblick

Codex Adeptus Custodes© Games Workshop
Codex Adeptus Custodes© Games Workshop

Die Custodes sind, wie schon ausgeführt, eine punktetechnisch sehr teure Armee. Dies führt auf den ersten Blick dazu, dass sie eigentlich recht einsteigerfreundlich sein müssten, ermöglichen sie doch recht schnell kleinere Scharmützel gegen andere Armeen. Es ist theoretisch möglich mit 10 Jetbikes (1 Shield-Captain auf Jetbike, 9 normale) und ein wenig Ausrüstung auf 1000 Punkte zu kommen. Wie sinnvoll das dann immer ist, kann natürlich hinterfragt werden. Was für den sinnvollen Einstieg fehlt ist aber irgendeine Form von Einsteigerbox. Es existiert, im Gegensatz zu vielen Armeen, keine Start Collecting!-Custodes-Box und die Custodes Großbox Talons Of The Emperor ist einerseits bei GW selbst ausverkauft und enthält auf der anderen Seite auch mit den Sisters of Silence und einem Rhino zwei Optionen, die in einer reinen Custodes-Armee keinen Platz finden. In wie weit eine reine Custodes-Armee kompetitiv ist, kann ebenfalls angezweifelt werden. Zu klein ist doch die Anzahl Modelle, die man aufs Feld bringt, um Missionsziele einzunehmen.

Zu groß die Chance, dass man durch große Trupps aus billigen Truppen vom eigentlichen Ziel abgehalten wird. Auch der Mangel an der wirklichen Abwehr von gegnerischen Psikräften schlägt hier negativ zu Buche, auch wenn eines der Relikte und ein Warlord Trait hier ein wenig Abhilfe schaffen können. Die Probleme einer reinen Custodes-Armee verschwinden aber recht zügig, sobald man sie mit anderen Imperiumstruppen kombiniert, am besten wahrscheinlich mit Astra Militarum. Hier kann ein einzelnes Patrol oder Outrider Detachment wahrscheinlich die volle Schlagkraft der Elite des Imperators entfalten, während die restliche Armee aus einfachen Menschen mit einer Masse aus Lasergewehren, Panzern und schweren Waffen den Gegner niederhält, potentiell noch unterstützt von einigen eigenen Psionikern.

Auch der Einsatz von 3 Shield Captains auf Jetbikes in einem Supreme Command Detachment wäre möglich, wenn auch ziemlich teuer. Die Vorstellung wie diese über das Schlachtfeld jagen, Ziele ausschalten und dabei auch noch Missionsziele einnehmen können, mag aber vielleicht die hohen Punktkosten rechtfertigen. Erwähnenswert sei noch eines der Banner, das explizit einen 5++ Rettungswurf für alle Imperiums Infanterieeinheiten in 9 Zoll bereithält, so lange sich die Einheit komplett in dem Radius hält. Und in 9 Zoll passen wirklich ein ganzer Haufen Infanteristen.

Eine gemischte Armee ist somit wahrscheinlich der sinnvollste Einsatz der Custodes, wo diese um ihre Schwächen herum manövrieren und gleichzeitig ihre Stärken voll ausnutzen können.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Games Workshop
  • Autor(en): diverse
  • Erscheinungsjahr: 2018
  • Sprache: Deutsch/Englisch
  • Format: Hardcover
  • Seitenanzahl: 80
  • ISBN: 978-1-78826-137-1
  • Preis: EUR 32,50
  • Bezugsquelle: Games Workshop

 

Resümee

Der Codex Adeptus Custodes bietet somit, trotz seiner relativen „Kürze“, ein gutes Werk mit interessanten Ausblicken auf die absolute Elite des Imperiums. Die geringe Truppenauswahl ist dabei jedoch ein Wermutstropfen, der sich potentiell zwar noch in der Zukunft ändern wird, aber doch einen etwas schalen Nachgeschmack hinterlässt, wenn der Codex trotzdem zum Vollpreis verkauft wird. Trotz dieser Einschränkung bleibt der Codex jedoch ein gut geschriebenes Werk, das Lust auf mehr in der Zukunft macht.

 

Artikelbilder: © Games Workshop, Bearbeitung: Verena Bach Dieses Produkt wurde privat finanziert.

 

4 Kommentare

  1. Man könnte nur pingelig sein, und sagen, es gibt doch von GW in der Vorankündigung zu dem Codex sogar so genannt, eine Start Collecting Box, die „nur“ 45€ kostet.
    Die Box Custodian Guard enthält alle Teile für 1 HQ, 1 Bannerträger und einen Standardtrupp mit 3 Mann.

    Zu der klassischen Start Collecting wird es sicherlich bei entsprechendem Erfolg der Armee nach einer gewissen Zeit kommen. Da eigentlich alle Modelle neu sind, möchte der börsennotierte Hersteller verständlicherweise erstmal die Boxen einzeln verkaufen.
    Ich bin mir sicher, dass es später eine Start Collecting geben wird. Aber, wie auch bei den Sigmar-Zwergen würde ich dafür ein Zeitfenster von ca. einem Jahr nach dem Release erwarten.

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