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Vor fast einem Jahr ist die 8te Edition von Warhammer 40k erschienen. Hat Games Workshop geschafft, die dunkle Zukunft weiterzuentwickeln, oder hätte man sich den Wechsel besser sparen sollen? Ein Blick auf Regeln, Modelle, Hintergründe und Communityarbeit.

Als sich im Frühjahr des letzten Jahres die 8te Edition von Warhammer 40k andeutete, waren die Hoffnungen der Fans zunächst riesengroß. Mit der Kampagne rund um den Fall von Cadia hatte man die Messlatte recht hoch gelegt, zeichneten sich doch große Veränderungen im in den letzten Jahren statischen Hintergrund ab. Die Rückkehr eines Primarchen, ein tatsächlicher Erfolg für den ewig scheiternden Chaoskriegsherren Ezekiel Abaddon, ein Zerwürfnis innerhalb der Eldar. Dementsprechend hoch waren die Erwartungen und Wünsche für die nächste Edition, auch das extrem aufgedunsene Regelwerk der 7ten Edition zu überarbeiten. Was folgte, machte nicht alle Fans glücklich, wurde aber von weiten Teilen der Community recht positiv aufgenommen. Dieser Artikel soll daher die unterschiedlichen Teilaspekte der Edition beleuchten und versuchen, einen Blick in die Zukunft zu wagen.

Ist simpel immer mehr? – Die Regeln

Bei einigen der Editionswechseln in der Vergangenheit versuchte Games Workshop (GW), an nicht zu vielen Stellrädern gleichzeitig zu drehen. Ein Umstand, der nicht zuletzt der Community geschuldet war, die sich mit Änderungen im System manchmal schwertat. Der Umstieg von der 7ten auf die 8te Edition brachte hingegen deutliche Veränderungen, die erst einmal akzeptiert werden mussten. Neben der Überarbeitung der Psiphase kamen die Befehlspunkte als große Neuerung mit dazu, die ein zusätzliches taktisches Element schufen. Hinzu kam, dass Fahrzeuge ihre Panzerungswerte und damit auch ihre Ausrichtungsregeln verloren und so wie Monster in vorhergegangenen Editionen behandelt werden. Egal aus welcher Richtung man nun ein Fahrzeug beschießt, es unterliegt immer den gleichen Regeln.

Die Regeln sind deutlich einfacher und zugänglicher geworden.

Somit sorgten die Änderungen dafür, dass die Spielabläufe deutlich schneller wurden. Ausrichtungsdiskussionen darüber, ob einzelne Modelle nun im Feuerbereich eines Fahrzeuges liegen würden, entfielen genauso, wie die zeitraubende Ausrichtung eines Fahrzeuges mit Winkelmessern, um auch ja zu verhindern, dass der Feind irgendwie die Seiten- oder gar Heckpanzerung beschießen könnte. Eine ganze Reihe komplexerer Einzelregeln schaffte ebenfalls nicht den Sprung von der 7ten in die 8te Edition, was zu einer weiteren Entschlackung des Systems führte.

Gleichzeitig blieben so aber einige taktische Optionen auf der Strecke. Veteranen der 7ten oder auch früherer Editionen missfielen die Simplifizierungen, fielen so doch taktische Entscheidungen weg, die gerade den Reiz des Spiels ausmachen würden. Der Vergleich mit dem zu diesem Zeitpunkt unpopulären, da noch unausgereiften Age of Sigmar wurde laut. Dieses vereinfachte die alten Warhammer Fantasy-Regeln, kam zu Beginn sogar ganz ohne Punktkosten aus.

Unabhängig von den einzelnen Meinungen wurden die Regeländerungen in der Community insgesamt gut angenommen. Nach dem tatsächlichen Erscheinen der neuen Edition wurden die Kritiken am grundsätzlichen System deutlich leiser, zeigte sich doch, dass diese erst einmal keine groben Probleme aufwies. Trotz allem ist eine gewisse Spaltung durch die Umstellung erfolgt, ist doch Horus Heresy, das von Forgeworld veröffentlichte System zu Kämpfen im 30. Jahrtausend, bei seinen modifizierten 7te-Edition-Regeln geblieben. Wo sich zuvor mehr Leute auch einmal an ein Spiel in diesem Hintergrund wagten, ging dies im Nachfolgenden deutlich zurück, und mehr und mehr Spieler entschieden sich für den Umstieg auf die neue Edition.
Wenn man die Verkaufszahlen betrachtet, schaffte es aber das neue System, trotz der genannten Problematik deutlich einsteigerfreundlicher zu sein.

Powerarmors im Sonderangebot? – Neue Armeen und Einheiten

Vorneweg sei gesagt: Es ist wahrscheinlich egal, was man an neuen Modellen für ein Tabletop-Spiel veröffentlicht, es wird sich immer jemand finden, der mit der Auswahl unzufrieden ist.
Groß war, vor allem zu Beginn der neuen Edition, der Aufschrei, als eine ganze Reihe neuer Space-Marine-Modelle angekündigt wurde, die sogenannten Primaris. Trotz der ausgezeichneten Gussqualität der neuen Modelle hielt sich die Begeisterung scheinbar zunächst in Grenzen, war doch die Hintergrunderklärung einer neuen Art von Space Marines, die plötzlich viel besser als ihre alten Genbrüder seien, etwas hanebüchen. Tatsächlich hat GW hiermit jedoch, losgelöst vom Hintergrund, einen entscheidenden Schritt in Richtung Upscaling ihrer Miniaturen getan. Vor allem, wenn man alte Space-Marine-Modelle neben die neuen Primaris stellt, fällt der Unterschied aufs Deutlichste auf. Bis zu diesem Zeitpunkt war diese Vergrößerung eher von Set zu Set erfolgt: So waren beispielsweise die Death Watch Space Marines etwas größer als ihre normalen Vettern. Die Sorge bleibt jedoch, dass über kurz oder lang die alten Space-Marine-Modelle komplett aus dem Angebot verschwinden werden. GW hat dies bisher nicht bestätigt, auffällig ist jedoch, dass alle neu erschienenen Space-Marine-Modelle Primaris sind.
Neben den Marines sind natürlich noch andere Modelle wie die Death Guard, auch ohne Power Armor, neue Nurgle-Dämonen und, gerade frisch, neue Imperial Knights erschienen. Trotzdem machen die Space Marines immer noch einen großen Teil der Neuerscheinungen aus, was jedoch nicht verwunderlich ist. Seit Jahren schon verkaufen sich Space Marines unter den 40k-Armeen mit am besten, sind sie doch ikonisch, bilden einen soliden Einstieg und sind relativ leicht zu bemalen.

Die Preispolitik GWs ist dabei der bisherigen Ausrichtung treu geblieben. Warhammer-Miniaturen zu sammeln ist definitiv kein günstiges Hobby, auch wenn es immer wieder Großboxen gibt, um wenigstens etwas zu sparen. Forgebane und die gerade neu aufgelegte Knight Renegade-Box sind nur zwei Beispiele für Vergünstigungen gegenüber den Einzelpreisen. Einige Preise, beispielsweise von einzelnen Charaktermodellen, lassen einen jedoch schlucken und den Kauf zweimal überlegen.
Allen neuen Modellen sind eine unglaubliche Detailgetreue und eine hohe Passgenauigkeit gemein. Vorbei sind die Zeiten, in denen man nur mit viel Mühe Fahrzeuge zusammenbekam oder Teile schlecht passten. Losgelöst vom hohen Preis sieht man bei allen Neuerscheinungen, welche Qualität man fürs Geld bekommt.
Das Erscheinungstempo ist im Allgemeinen extrem hoch: Innerhalb eines Jahres sind nahezu alle Armeecodizes erschienen. Wenn es in diesem Tempo weitergeht, dürften bis spätestens Ende des Jahres alle relevanten Armeen ihre Codizes erhalten haben.

Detailgrad und Größe der Miniaturen haben im Vergleich zu früher deutlich zugenommen.

Willkommen im 41. Jahrtausend – Der fortgesetzte Hintergrund

So fulminant wie die 7te Edition zu Ende ging, begann auch die 8te Edition. Ein Riss in den Warpraum zieht sich durchs Imperium, hat ganze Welten verschluckt und komplette Systeme vom Astronomican, dem Licht des Imperators, und der Zivilisation abgeschnitten. Der ein oder andere fühlte sich unter diesen Umständen an den End Times-Hintergrund erinnert, der den Übergang von Warhammer Fantasy Battles zu Age of Sigmar einleitete: Das Imperium der Menschen scheinbar mit dem Rücken zur Wand, mit mehr Feinden als es je hatte und de facto dem Untergang geweiht.

Wer sich hier nun dynamische Entwicklungen des Hintergrundes erhoffte, erlebte leider, bisher zumindest, eine deutliche Enttäuschung. Der Schwung, den die Entwicklung des der Hintergrunds scheinbar zu Anfang aufnahm, ist im Augenblick nicht zu spüren. Eine große Kampagne hat noch nicht stattgefunden, und auch die einzelnen Codizes bieten hier nur unzufriedenstellende Erweiterungen. Immer wieder werden einzelne Aspekte und Ereignisse angedeutet; wer sich tiefer im Hintergrund auskennt, findet alte Freunde und Feinde wieder. Ob diese Gegebenheiten aber später wieder aufgegriffen werden, ist eher fraglich. Hoffnung macht hier wieder der Fantasybruder Age of Sigmar, der mit Malign Portents eine exzellente Kampagne bekommen hat, die, obwohl offiziell abgeschlossen, jede Woche von GW noch mit Geschichten gefüllt wird.
Wer jenseits der Armeebücher schaut, bekommt in gewohnter Weise unzählige Romane in wechselnder Qualität für das 40k-Universum geboten, in denen natürlich auch der Hintergrund fortgeführt wird. Diese können deutlich mehr in die Tiefe gehen, als dies einem Armeebuch mit einem völlig anderen Fokus möglich ist, gleichzeitig hätte man aber hier mehr Veränderungen erwartet können. 

Die Veränderungen im Hintergrund versprachen spannend zu werden, hielten dieses Versprechen aber bislang nicht.

Jeder Zoll zählt – Turnierszene und Regelupdates

Tabletop-Spiele sind von jeher auch Turnierspiele, und die Qualität einer Edition wird hierbei auch immer an der Turnierfähigkeit des Systems gemessen. Grundsätzlich ist die 8te Edition dabei gut angenommen worden, und die meisten namhaften Turniere werden ohne größere Probleme abgehalten. Jedoch zeigte sich hier schon schnell, dass trotz aller Balancingbestrebungen einzelne Kombinationen schnell zu stark werden können. Durch die Gefechtsoptionen und die Möglichkeit, gemischte Kontingente zu spielen, sind die möglichen Kombinationen, die in Proberunden auf Balancingprobleme untersucht werden müssen, um ein Vielfaches angewachsen. Immer wieder sah man daher auf einzelnen Turnieren gewisse Kombinationen dominieren. GW reagierte auf die Problematiken innerhalb weniger Monate, veränderte Regeln oder Punktkosten, entweder in kostenlosen FAQs oder zu Weihnachten in einer gebundenen Ausgabe, dem sogenannten In Nomine Imperatoris, das auch in Zukunft auf jährlicher Basis erscheinen soll.

Dieser Vorgang ist in einer gewissen Form ein zweischneidiges Schwert. Einerseits bleibt die Turnierszene so relativ dynamisch, unangemessen starke Kombinationen verlieren schnell an Reiz. Gleichzeitig macht dies die Nutzbarkeit des eigenen gekauften Codexes fraglich. Selbst wenn man bereit ist, geänderte Punktkosten mit Bleistift ins eigene Buch zu schreiben, spätestens bei neuen Waffenoptionen oder geänderten Fähigkeiten wird das Eintragen unangenehm. Dass hierzu auch keine upgedateten Codizes gedruckt werden, die die Änderungen schon enthalten, ist gleichzeitig ärgerlich und verständlich. Ärgerlich, da man, auch wenn man später erst seinen Codex kauft, auf Errata, FAQs und In Nomine Imperatoris angewiesen ist, verständlich, da man sich schnell einen schlechten Ruf erarbeiten kann, wenn man Kunden damit nahebringt, dass sie sich das gleiche Buch nochmal kaufen müssten. Unter diesen Voraussetzungen mag der augenblickliche Umgang möglicherweise der beste sein, auch wenn dieser die Anzahl zu nutzender Bücher schnell in die Höhe treiben kann. Eine Problematik, mit der sich auch die 7te Edition herumschlagen musste.

Im Augenblick kommt man noch mit drei Büchern zum Spielen aus, in Zukunft könnten es mehr werden.

Alles für den Kunden? – Die Communityarbeit

In der Vergangenheit war GW nicht immer für ausgezeichnete Communityarbeit bekannt, sondern hatte sich einen recht unangenehmen Ruf erarbeitet. Man kümmerte sich eher stiefmütterlich um den Kontakt in großen Onlinecommunitys und war gleichzeitig vor allem dafür bekannt, Non-Profit-Filmprojekte von Fans gerne mal abzumahnen, da sich diese sich geistigen Eigentums bedienen würden, das ihnen nicht gehöre. Im zweiten Bereich ist es inzwischen recht still geworden, die Communityarbeit ist gleichzeitig Lichtjahre von vorherigen Verhältnissen entfernt. Neben einem sehr aktiven Community-Team, das mit viel Witz, Ironie und teilweise engelsgleicher Geduld die Anfragen auf Facebook beantwortet, schafft es das Team inzwischen, dass an jedem Tag der Woche ein anderer Inhalt online gestellt wird. So werden beispielsweise die Modelle, die ab dem kommenden Samstag bestellbar sind, schon am Sonntag vorher angekündigt und die Woche über fast täglich angeteasert. Das erhöht einerseits den Wiederkehrwert auf die Warhammer-Seiten, gleichzeitig kauft man gefühlt weniger „die Katze im Sack“ als früher.

Am beeindruckendsten ist jedoch die große Selbstironie, mit der sich GW inzwischen sich selber behandelt. In nett produzierten, kurzen Filmen werden Memes der Community, wie das beliebte „reset the clock“, wenn wieder einmal zum hundertsten Mal der gleiche Inhalt gefordert wird, persifliert. Nicht nur wäre dies noch vor Jahren undenkbar gewesen, auch können sich viele andere Firmen heutzutage von diesem Verhalten noch eine ganze Scheibe abschneiden.
Die Community-Arbeit ist somit vom früheren hässlichen Entlein zu einem klaren Standbein geworden, das nicht nur die Spieler informiert, sondern auf deren Anfragen und Verhalten auch reagiert.

Wohin geht die Reise? – Der Versuch einer Zukunftsprognose

Prognosen für Tabletop-Spiele sind immer schwierig, trotzdem soll hier der Versuch unternommen werden. Wenig überraschend dürfte sein, dass in den nächsten Monaten wohl die fehlenden Codizes nachgereicht werden. Die große Frage ist, was danach folgen wird. Wahrscheinlich ist hier, dass über kurz oder lang noch ein weiteres Volk erscheinen wird, das sich potenziell sogar jetzt schon in einzelnen Informationsschnipseln finden könnte. Mehr als einmal ist in den letzten Monaten beispielsweise der Ordo Chronos als Teil der Inquisition genannt worden, der sich vor allem mit Zeitmanipulation auseinandersetzt. Auch über die Rückkehr weiterer Primarchen auf loyaler Seite wird spekuliert, wobei Lion El´Johnson oder Leman Russ als die heißesten Favoriten gelten. Falls Chaos Space Marines ein Update erhalten, dürfte auch hier das Upscaling im Stil der Primaris einsetzen, auch wenn die Modelle wahrscheinlich anders heißen werden.

Ob sich der Hintergrund ernsthaft weiterentwickelt, steht ebenfalls noch in den Sternen. Eine Kampagne wird wahrscheinlich bald zu finden sein, Gerüchte sprechen sogar von einem Wiederaufleben der Geschichte um die imperiale Welt Armageddon. Trotzdem haben die Kampagnen der Vergangenheit kaum Auswirkungen gehabt, war danach doch irgendwie alles wie vorher. Dies ist zwar verständlich, möchte man doch keine Spieler vergraulen, wer aber auf eine tatsächliche Zeitlinie hofft, wird hierbei wohl enttäuscht.
Resümierend hat Games Workshop mit der 8ten Edition ein rundes Werk geschaffen. Die schnellere Mechanik hat mehr Casual Gamer angezogen, die hohen Preise finden sich in der ausgezeichneten Figurenqualität wieder und die hohe Veröffentlichungsgeschwindigkeit lässt den ein oder anderen ängstlich auf den eigenen Kontostand schauen. Man kann sich somit auf ein weiteres Jahr in der Edition durchaus freuen, das wahrscheinlich noch die ein oder andere Überraschung bereithalten wird.

Artikelbilder: © Games Workshop, Fotografie: © Markus Kastell, Bearbeitung: Melanie Maria Mazur

 

3 Kommentare

  1. Schöner Artikel, auch wenn man sich als nicht Warhammer-Tapletop, aber Tapletopspieler und Warhammer-Fan auf dem Laufenden halten möchte.

    Allerdings hat das Lektorat nicht funktioniert. Ungewohnt für einen Teilzeithelden – Artikel haben sich ein paar viele Fehler eingeschlichen, die für mich sogar das Lesen erschweren.

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