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Viele Hobbyist*innen haben etliche Projekte begonnen und diese irgendwann zur Seite gelegt: Im Tabletop sind es häufig unbemalte Figuren. Die Gründe für den wachsenden „Haufen der Schande“ sind vielfältig und mit jedem Blick darauf sinkt die Motivation, ihn anzugehen, drastisch. Einige Möglichkeiten zu seiner Reduzierung schauen wir uns an.

Vor Jahren bin ich in den Games Workshop-Laden gegangen, in welchem ich damals das Hobby Tabletop angefangen hatte. Dort traf ich auch einen alteingesessenen Spieler. Als ich seine Armee betrachtete, fiel mir auf, dass viele seiner Figuren entweder unbemalt waren oder nur die ersten zwei Grundfarben bekommen hatten. Der Stand hatte sich über die letzten Jahre nicht verändert. Es waren sogar noch mehr graue Figuren hinzugekommen.

Dies war ein Anlass, meine eigenen Figuren zu sichten und den eigenen gefürchteten „Haufen der Schande“ anzugehen, diesen zu organisieren und ihn am Ende zu reduzieren. Ich möchte gleich vorweggreifen, dass die hier genannten Möglichkeiten bei der einen Person funktionieren können und bei der anderen Person eben nicht. Es gibt nicht den einen richtigen Lösungsansatz. Jeder Mensch geht hier anders vor und das ist gut so. Einige der hier aufgeführten Möglichkeiten können sich sogar widersprechen.

Wie kommt eine große Anzahl unbearbeiteter Figuren zustande?

Das Hobby Tabletop fängt zumeist mit nicht zusammengebauten und unbemalten Figuren an. Manche kaufen die Figuren um des Kaufens Willen, aber wie schaut es beim Rest aus? Games Workshop bringt seit Jahren immer wieder Boxen heraus, die einen entsprechenden Preisrabatt mit sich bringen und oftmals limitiert sind. Dazu kommt, dass manche Boxen Figuren beinhalten, welche man später nicht einzeln erwerben kann.

Unordnung kann zur Demotivation führen.

Daher ist der Kauf einer solchen Streitmachtarmee-Box oder eines kleineren Spielsystems berechtigt und das eigene Zukunfts-Ich wird es einem danken – nicht nur für die die Geldersparnis. Auch kauft man sich die eine oder andere Figur einfach, weil sei einem selbst so gut gefällt. Dabei muss man die dazugehörige Armee noch nicht einmal spielen. Hier kann es natürlich auch dazu kommen, dass man dadurch ein komplettes Armeeprojekt anfängt.

Selbstdisziplin ist ein schwerer, harter Weg

Benötige ich also Ewigkeiten, um die Masse zu reduzieren? Eine Möglichkeit ist es, eine Regel für sich selbst aufzustellen. Die bekannteste Lösung wäre die „Eine-Stunde-am-Tag“-Regel. Man setzt sich also jeden Tag der Woche hin und malt eine Stunde lang, schaut, wie weit man kommt, und legt dann die Pinsel weg.

Dies muss man nicht eisern verfolgen. Es ist vielleicht auch für manche Hobbyist*innen einfach nicht realisierbar, wenn man nicht nur das eine Hobby hat oder sich noch andere Dinge vornimmt. Auch kann es vorkommen, dass gerade eine Farbe angemischt wurde und man daher den Zeitrahmen unabsichtlich überzieht. Vielleicht hat man auch gerade einen Arbeitsschritt abgeschlossen und der nächste würde den Zeitrahmen erheblich sprengen. Daher könnte man diese Regel abschwächen und versuchen, einige Tage in der Woche oder auch nur einmal in der Woche zu malen. Dies ist ein Weg zur stetigen Verringerung der unbemalten Projekte.

Eine andere Möglichkeit wäre es, sich erst neue Modelle zu kaufen, wenn man die zuletzt gekauften vollständig bemalt hat. Dies ist zugegebenermaßen eine sehr einschränkende Methode und auch eher etwas für den Typ Mensch, welcher den eigenen „Haufen der Schande“ sehr klein hält oder einen solchen gar nicht erst entstehen lässt. Diese Regel ist jedoch schnell unpraktisch, wenn zum Beispiel eine der limitierten Boxen auf den Markt gebracht wird.

Sich häufende, angefangene Projekte.

Vielleicht hilft es einem selbst und der dazugehörigen Spielgemeinschaft, wenn man nur Modelle verwendet, die mindestens zu 90 Prozent fertig bemalt sind. Das kommt aber ganz auf die eigene Einstellung an und kann auch den gegenteiligen Effekt haben: Man greift für kommende Spieleabende nur noch auf die alten Modelle zurück, weil man einfach nicht vorankommt und man gänzlich die Motivation verliert. Dies kann dann auch schnell auf die Mitspieler*innen übergreifen. Also ist dieser Ansatz mit Vorsicht zu genießen.

Was kann man aber tun, wenn der Berg der unfertigen Figuren unüberwindbar scheint? Hier könnte man eine drastischere Vorgehensweise wählen. Stell dir die Frage, ob du die Figuren immer noch so sehr magst, wie an dem Tag, als du sie gekauft hast. Falls du diese Frage verneinst, frag dich weiter, ob du in näherer Zukunft wirklich planst, das Modell zu bemalen. Falls du diese Frage auch mit „nein“ beantworten würdest, könntest du überlegen, die entsprechenden Figuren zu verkaufen. Man bekommt selten den ursprünglichen Kaufpreis zurück. Dennoch kann dies helfen, da es Demotivation hervorrufen kann, die unfertigen Modelle zu sehen.

Selbstorganisation und Zerlegung des Gesamtproblems

Der letzte Punkt bringt mich zu einem anderen wichtigen Ansatz: Organisiere dich. Bring deine unfertigen Mal- und Bastelprojekte in eine geordnete Reihenfolge. Was muss bis zum nächsten Spiel vorzeigbar sein? Welches Modell birgt die höchste Malfreude? Welches bietet das größte Modellier- oder Umbaupotenzial?

Mit etwas Ordnung findet man alles schneller.

Der nächste Schritt wäre es, die eingeteilten Figuren gegebenenfalls aus deinem Blickfeld zu bringen. Packe die unfertigen Projekte so weg, dass sie im Alltag nicht mehr auffallen, nach dem Prinzip „Aus den Augen, aus dem Sinn“. Danach kann man verschiedene Herangehensweisen wählen, zum Beispiel die Methode des „als Erstes da, als Erstes fertig“. Also simpel gesagt: Zuerst geht man die ältesten Modelle an und arbeitet sich langsam zu den neueren Figuren vor.

Eine andere Möglichkeit wäre es, die eigenen Figuren zu gruppieren. Zum Beispiel kann man zuerst die Linieninfanterie fertigstellen und dann die spezialisierten Einheiten. Dadurch entstehen sogenannte Malgruppen, auf die man sich konzentrieren kann. Also unterteilt man hier Zehner- oder Zwanzigertrupps in eine schaffbare Größe, wie zum Beispiel Fünfergruppen. Was mich bei dieser Methode nach den ersten zwei oder drei Durchläufen demotiviert hat, war die Eintönigkeit. Hier waren es Fünfergruppen von Space Marines, welche nur Bolter trugen. Ich habe mir dann angewöhnt, dass ich eine Spezialwaffe in die Gruppen hineinnehme, welche ich immer als Letztes in der Reihe bemale – sozusagen eine kleine Belohnung, welche nochmal die Motivation etwas voranbringen soll.

Motivation durch bereits Vollbrachtes

Projekte, welche nie zu Ende gebracht wurden.

Eine doch recht einfache Taktik, ist es, sich selbst klarzumachen, was man bereits erreicht hat. Man kann sich hier eine kleine Galerie aus verschiedenen, bereits fertig bemalten Figuren zu den eigenen Malprojekten stellen – falls es möglich ist, aus verschiedenen Armeen. Hierdurch zeigt man sich selbst auf, welche verschiedenen Projekte man bereits fertiggestellt hat, und gibt sich auch einen kleinen Ausblick darauf, wie das Endergebnis aussehen könnte. Manchmal reicht es auch, dass man ein bereits fertiges, besonderes Modell der derzeitig zu bemalenden Figuren hinstellt.

Es ist motivierend, wenn man viele kleine Erfolge hat, wie zum Beispiel einen schnellen, aber gutaussehenden Waffeneffekt. Ein simples Schema, Armeen zu bemalen, das durch die Masse an Figuren schnell an Tiefe gewinnt, kann auch befriedigend sein. Hierzu gibt es den einen oder anderen Artikel, der Tipps oder Tricks bietet.

Motivation kann aber auch anders aussehen. In der derzeitigen Corona-Situation ist es zwar nicht so einfach, kann aber auch helfen, wenn man kleine Malabende veranstaltet. Auf diesen bekommt man schnelles, direktes Feedback zum eigenen Malfortschritt und dazu, was man verbessern könnte. Ein netter Nebeneffekt ist es natürlich, dass man sich nicht nur selbst motiviert zu malen, sondern auch seinen Freundeskreis.

Für manche hat es vielleicht etwas Endgültiges, wenn man eine Figur zusammenklebt. Dadurch ist ein Arbeitsschritt abgeschlossen, welcher sehr viel Spaß bietet. Man könnte dem vorgreifen, wenn man nicht alles zusammenklebt, sondern kleinere Bau- oder Malgruppen bildet. Diese klebt man dann erst zusammen, wenn alle Teile bemalt sind. Der Vorteil dieser Arbeitsweise ist, dass man sehr einfach mit dem Pinsel an schwierige Stellen kommt. Es beugt auch der Gefahr vor, andere Stellen der Figur zu übermalen.

Fazit – Verbindung verschiedener Methoden

Wie eingangs bereits geschrieben, ist nicht jede Methode für alle geeignet. Daher sei auch betont, dass es vollkommen in Ordnung ist, einen „Haufen der Schande“ zu haben, zu behalten und ihn weiter auszubauen.

Man muss auch keinesfalls nur eine Methode anwenden und diese stur verfolgen. Ein Mix aus verschiedenen Methoden ist vielleicht dein Weg. Einige der Vorgehensweisen lassen sich sehr gut miteinander verbinden, wie die Einteilung der Einheiten in Fünfergruppen mit der kleinen Galerie der vollbrachten Projekte. Auch wäre die Verflechtung eines Malabends mit einem bald stattfindenden Spieleabend sinnvoll, auf dem man die neueste Einheit ins Gefecht führen möchte und diese keine graue Masse bilden soll.

 

Artikelbilder: © Robert Wolfes
Layout und Satz: Melanie Maria Mazur
Lektorat: Alexa Kasparek, Maximilian Düngen
Fotografien: © Robert Wolfes

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