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Erweiterungen für kooperative Brettspiele sind immer eine gute Sache. Mit Verräterkommando und Eskalation sind recht aktuell zwei verschiedene Erweiterungen für Blackstone Fortress erschienen. Wir haben uns beide Erweiterungen angeschaut und beraten mit welcher sich ein neuer Weg in die finsteren Gänge lohnt.

Egal wie schrecklich die Gefahren auch sind, irgendwann finden sie ein Ende. Das rostige Schott ist geschlossen, die beeindruckendste Kiste ist geöffnet, der letzte Feind im Plasmafeuer zerflossen. Kooperative Brettspiele, die eine progressive Charakterentwicklung enthalten, kommen so irgendwann an ihr Ende. Auch Spieler von Warhammer Quest: Blackstone Fortress muss sich nach extensiven Runden mit genau dieser Problematik auseinandersetzen.

Zwar gab es mit der Erweiterung rund um den entsetzlichen Ambull schon recht bald neues Futter, aber wirkliche Langzeitmotivation wurde damit nicht geliefert. Mit Blackstone Fortress: Verräterkommando und Blackstone Fortress: Eskalation sind inzwischen zwei weitere Ergänzungen erschienen, die wir hier vorstellen möchten. Neben dem Inhalt der Boxen soll es dabei vor allem um die Frage einer möglichen Langzeitmotivation gehen, wenn man ansonsten in der im All schwebenden Festung gefühlt schon alles gesehen hat.

Auch die Besten können fallen – Verräterkommando

Das Imperium der Menschheit ist gekennzeichnet von einer gottgleichen Verehrung des Imperators, der trotz seines Daseins an der Schwelle des Todes Dreh- und Angelpunkt der imperialen Kirche ist. Während Priester den Glauben in der Zivilgesellschaft hochhalten sind es imperiale Kommissare, die auf den unzähligen Schlachtfeldern die Moral der Soldaten im Kampf gegen das Chaos aufrechterhalten. Somit wäre kein Umstand schlimmer, als wenn einer diese verdienten Streiter zu den Mächten der dunklen Götter überlaufen würde. Verräterkommando beschäftigt sich mit genau so einem Seitenwechsel.

Im Hintergrundteil des Begleitheftes findet sich zu diesem ungewöhnlichen Umstand eine genauere Erklärung. Der entsprechende Kommissar ist mit seiner abhumanen Leibwache, einem monströsen Ogryn, nicht allein übergelaufen, sondern gehört zu den verräterischen Soldaten, die sich schon in der Grundbox fanden. Als Ganzes wird die Truppe dabei mit dem Fall von Cadia in Verbindung gebracht und die Geschichte des Überlaufens wenigstens kurz skizziert, ein netter Informationsschnipsel für alle Anhänger des langsam voranschreitenden Hintergrundes des Warhammer 40.000-Universums.

Auf der Suche nach der Ritualkammer: Die Erweiterung im Spiel

Ähnlich wie bei der Jagd nach dem Ambull, bieten sich zwei unterschiedliche Ansätze mit der Erweiterung umzugehen. Zunächst gibt es ein gesondertes Szenario, das bespielt werden kann. Hierbei versuchen die Erforscher eine Ritualkammer zu erreichen, um dem dunklen Treiben dort ein Ende zu setzen. Um diesen Ort ansteuern zu können müssen, ähnlich wie bei der Hauptmission, Objekte gesammelt werden, dieses Mal Datenblöcke.

 

Die neuen Verräter, die die Schwarzsteinfestung unsicher machen.

Diese können an den unterschiedlichsten Orten innerhalb der Festung, wie andere Beute auch, gefunden werden. Hat man fünf davon zusammen, kann man sich der Abschlussaufgabe stellen und versuchen in einem besonderen Szenario den Schrecken dort zu beenden. Neben dem Ruhm winkt auch dort wieder ein spezieller Ausrüstungsgegenstand, der bis zur Eroberung in einem Umschlag verwahrt wird.

Man kann die Karten, und damit die neuen Gegner, auch in die Hauptquest integrieren, um sich dort neuen Bedrohungen zu stellen. Für den Fall, dass man die Karten später wieder heraussortieren möchte, haben diese eine Kennzeichnung, damit man sie von denen anderer Erweiterungen oder auch denen des Hauptspiels unterscheiden kann.

Neben dieser Mission und den beiden neuen Bedrohungen gibt es auch ein neues Unterstützungsschiff, dass am Abgrund, der Ausgangsbasis der Abenteurer, angedockt hat.

Die Vects Auge ist ein Schiff der Drukhari, dessen Kapitänin gegen einen Obolus erlaubt das Schicksal zu manipulieren, was hier heißt, dass Würfel auf Sechsen gedreht werden dürfen. Interessant ist dabei die Schuldenmechanik, da man, statt seine Schulden zu bezahlen, auch Wunden in Kauf nehmen kann.

Insgesamt ist die Erweiterung ordentlich, durch die an sich nur geringfügigen Veränderungen fühlt sich die ganze Erweiterung aber so an, als hätte man das alles schon einmal gemacht.

Die neuen Modelle sind zwar gute Ergänzung der Auswahl an Feinden, bringen aber keine neuen Mechaniken mit sich. Hier ist die Chance vertan worden, den neuen Feinden auch neue Einwirkungsmöglichkeiten auf die Spieler zu geben.

An den dunkelsten Orten: Eskalation

Während Verräterkommando sich im Umfang kaum von der Ambull-Erweiterung unterscheidet, schlägt Eskalation einen gänzlich anderen Weg ein.

Für einen höheren Preis bekommt man hier nicht nur einen Trupp Chaoskultisten mit ihrem Anführer, dem mit einem Flammenwerfer bewaffneten Firebrand, sondern zum ersten Mal auch vier neue Erforscher.

Diese spielen sich wie schon die Charaktere der Grundbox sehr unterschiedlich. Die Primaris Psionikerin Aradia Madellan hält sich beispielsweise eher im Hintergrund und nutzt ihre Psikräfte, um Feinde niederzustrecken. Gotfret de Montbard hingegen ist ein Crusader und vernichtet Feinde im Nahkampf mit seinem Schwert, während er selbst schwer gepanzert ist. Er ist der erste reine Nahkampfcharakter unter den Abenteurern.

Die Freihändlerin Nexam Shai Murad ist recht fragil, erledigt Feinde jedoch mit einer Vielzahl von Pistolenschüssen. Daedalosus zu guter Letzt ist Technoarchäologe und ein klassischer Unterstützer. Die Charaktere bieten dabei eine angenehme Abwechslung ohne bisherige Charaktere obsolet zu machen.

Eine Sonderrolle nimmt der Servitor X-101 ein. Dieser ist nicht direkt ein spielbarer Charakter, sondern kann bei der Reise in die Blackstone Fortress gefunden werden. Danach folgt er der Gruppe als Begleiter und wird dann immer von dem jeweiligen Anführer in der Runde gesteuert.

Seine Kampffähigkeiten sind dabei nicht zu unterschätzten, hat er doch eine Grav-Waffe in seiner Rückenbefestigung. Diese ist vor allem beim mehrfachen Einsatz gegen das gleiche Ziel wirkungsvoll. Interessant ist bei der Verwendung, dass das Regelheft explizit ausführt, dass man nur einen Begleiter auf eine Mission mitnehmen darf. Da der Servitor bisher der einzige Begleiter ist kann damit gerechnet werden, dass noch mehr Modelle mit dieser Funktion folgen werden.

Und weiter geht´s auf Seite 12 – Das Abenteuer in Eskalation.

Während Verräterkommando gut bekannte Pfade weiter beschreitet, geht Eskalation mit seinem Abenteuer einen völlig anderen Weg. Das Abenteuer richtet sich dabei klar an erfahrene Forschergruppen, die bei der Plünderung der Festung schon den ein oder anderen Ausrüstungsgegenstand erhalten haben. Der Feind ist in dieser Quest niemand anders als Obsidius Mallax selbst, der schon am Ende des Hauptabenteuers lauerte. Dieser hat sich nach der letzten Niederlage tiefer in die Festung zurückgezogen und plant nun den Untergang aller seiner Feinde. Um ihn aufzuhalten, müssen sich die Helden dabei durch unterschiedliche Bedrohungen schlagen, um ihn überhaupt zu erreichen. Hierbei kommt das Begleitheft der Box zum Einsatz.

Dieses funktioniert grundsätzlich wie ein Einzelspielerabenteuer, wie man sie aus diversen Rollenspielen kennt. Wenn man einen Raum abgeschlossen hat, entscheidet unter anderem welchen Gang man von da aus nimmt wo das Abenteuer weiter geht. So wird man sich Stück für Stück zum Thronsaal vorarbeiten. Dabei nutzt man eine Karte auf der Rückseite des Begleitheftes, um den Fortschritt einzutragen. Zwar weiß man grundsätzlich, wo sich der Thronraum befindet, aber eine Bewegung in einer geraden Richtung ist dabei nicht immer möglich. Theoretisch kann man, wie sonst auch, nach jedem Gefecht zurückkehren, dies zwingt einen jedoch einen Bedrohungsmarker an der Ausgangsbasis zu platzieren. Jeder dieser Marker erschwert das weitere Vorgehen merklich und sollte jemals ein fünfter Marker angelegt werden müssen, ist der gesamte Auftrag gescheitert.

Mit steigendem Bedrohungslevel werden die Reisen immer gefährlicher.
Mit steigendem Bedrohungslevel werden die Reisen immer gefährlicher.

Abgebaut werden können diese Marker nur dadurch, dass man spezielle Chaosschreine findet und reinigt. Das entsprechende Szenario ist dabei so schwer, dass man dann das Gefühl hat wirklich etwas erreicht zu haben.

Und, soviel soll verraten sein, auch wenn man den Thronraum des Chaoslords gereinigt hat, wartet noch eine böse Überraschung auf einen im entsprechenden Umschlag.

Eskalation zeichnet dabei insgesamt eine tolle Spannungskurve. Das Spiel ist schwierig, aber schaffbar. Hat man mit erfahrenen Gruppenmitgliedern doch sonst das Gefühl, dass das Ganze zur Schießbude verkommt, haben es einige der neuen Szenarien in sich.

Einen Chaosschrein reinigen während von allen Seiten ununterbrochen Chaosnachschub auf einen einprasselt verschafft ein durchaus intensives Spielerlebnis. Das Ganze bleibt dabei jedoch immer fair, kein Szenarioteil wirkt nicht schaffbar.

Ein Blick in die Tiefen – Der Inhalt der Boxen

Grundsätzlich lässt sich der Inhalt beider Erweiterungen durchaus sehen. Die Qualität ist

gewohnt hoch, das Material aus Pappe sauber bedruckt. Der Guss der Modelle ist wieder ausgezeichnet, auch kleinste Details sind erkennbar. Beispielhaft sei hierbei nur der langsam heraustretende Chaosstern genannt, der sich beim Verräterkommissar unter der Stirn abzeichnet.

Die Menge an Material fällt aber bei beiden Boxen recht unterschiedlich aus.

Das Material von Verräterkommando.
Das Material von Verräterkommando.

Bei Verräterkommando erhält man dabei:

  • 1 Traitor Commissar
  • 1 Chaos Ogryn
  • 16-seitiges Verräterkommando-Booklet
  • 1 Herz-der-Verderbnis-Bogen
  • 1 ein Karton-Markerbogen
  • 18 Entdeckungskarten
  • 12 Erforschungskarten
  • 2 Begegnungskarten
  • 2 Referenzkarten der Feinde
  • 5 Seelenpreiskarten
  • 1 Herz-der-Verderbnis-Umschlag

Die harten Fakten

  • Verlag: Games Workshop
  • Erscheinungsjahr: 2019
  • Sprache: Deutsch/Englisch
  • Spieleranzahl: 1-5
  • Preis: UVP 50 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon, Games Workshop Deutsch, Englisch

 

Auch wenn das Material in Ordnung ist, so ist der Preis doch recht happig für das, was man bekommt. 50 EUR für zwei Miniaturen und das Begleitmaterial ist eigentlich zu viel, vor allem weil man eben kein wirklich neues Spielerlebnis bekommt.

Bei Eskalation findet sich wiederum mehr Material, namentlich:

  • 24-seitiges Eskalationsbuch
  • 40-seitiges Erforschungsbuch
  • 8-seitiges Datenblätterbuch
  • 11 Spielfelder & Ortssegmente
  • 68 Karten
  • Marker
  • 4 Beutel zur Aufbewahrung der Ausrüstung der neuen Helden
  • 1 Mallex’-Thron-Umschlag
  • 4 Erforscher
  • 1 Begleiter
  • 7 Chaos Cultists
  • 1 Chaos Cultists Firebrand

Die harten Fakten

  • Verlag: Games Workshop
  • Erscheinungsjahr: 2019
  • Sprache: Deutsch/Englisch
  • Spieleranzahl: 1-5
  • Preis: UVP 85 EUR
  • Bezugsquelle: Games Workshop

 

Auch wenn der Preis hier höher ist, hat man doch durchaus mehr das Gefühl für das Geld auch etwas zu bekommen.

Am Scheideweg in der Festung – Das Fazit der Erweiterungen

Verräterkommando

Das Positive vorneweg: Eigentlich sind beide Erweiterungen gut gelungen. Sie fügen sich sauber in den bestehenden Hintergrund ein und bieten auf unterschiedliche Weise neue Spielerlebnisse.

Eskalation bietet hierbei im Vergleich jedoch so viel mehr fürs Geld, dass die Ausstattung von Verräterkommando unangemessen gering wirkt. Natürlich kann und wird man auch mit der Erweiterung rund um den gefallenen Kommissar Spaß haben.

Eskalation: Mit Tendenz nach Oben

So man sich aber für eine der beiden Erweiterungen entscheiden möchte, sollte der Griff hier klar zu Eskalation gehen; bekommt man hier doch ein spannendes Abenteuer, neue Erforscher und eine echte Herausforderung für erfahrene Gruppen. Eine klare Kaufempfehlung unsererseits für das größere der beiden Sets.

 

Artikelbild: © Games Workshop, Fotografien: Markus Kastell, Bearbeitet von Cora Otté
Diese Produkte wurden kostenlos zur Verfügung gestellt.

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