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Vier alte Männer und eine den Spuren ihres Vaters folgende Frau sind die letzte Hoffnung der Menschheit gegen Wurmmonster aus einer fremden Dimension. Die Graphic Novel Der Orden kombiniert Elemente verschiedener Genres zu einer ungewöhnlichen Geschichte. Dabei kommen dem ambitionierten Werk jedoch ein paar selbstverschuldete Schwächen in den Weg.

Der stimmungsvolle Mix verschiedener Genres zu einer atmosphärischen Graphic Novel ist eine Kunst. Zuletzt gelang das Mechanica Caelestium und Negalyod auf eindrucksvolle Weise. Der Orden von Autor Kek-W und Zeichner John Burns versucht ebenso Elemente aus der Science-Fiction, der Fantasy und dem Horror-Genre zu einer faszinierenden Geschichte zu verbinden.

Das Vorwort des Autors gibt dabei einen kurzen Einblick in die Ideenfindung. Am Anfang des Prozesses standen nur einige Schlagwörter wie „Ritterin mit einer schwierigen Kindheit“, „sprechende Ritterrüstung“ und „Roboter“. Ob daraus eine unterhaltsame Geschichte geworden ist, klären wir in unserem Kurzcheck.

Handlung & Charaktere

Der seltsame Mann berichtet Anna Kohl von dem traurigen Schicksal der fünf Männer, als er sie endlich an den gewünschten Ort bringt. Für die junge Deutsche hat dieses Ereignis eine besondere Bedeutung, handelt es sich doch bei einem der Gefallenen um ihren Vater. Die Suche nach dem Verschollenen und der Wahrheit treibt Anna voran, trotz aller Gefahren auf ihrem Weg. Solche drohen ihr auch nach der Entdeckung des nächsten Hinweises über ihren Vater, der scheinbar einem Geheimbund angehörte.

Den Spuren folgend trifft Anna auf versprengte Mitglieder dieser Gemeinschaft: Den streitlustigen Iron John, den erfindungsreichen Willem Schmidt und den genialen, doch verwirrten Mystiker Aleksy Blazen. Unterstützt werden sie von Ritterstahl, einem einer Ritterrüstung ähnelnden Roboter. Die Kämpfer des Geheimordens haben erkennbar ihre besten Jahre schon lange hinter sich gelassen, doch liegt ihnen das Wohl der Welt nach wie vor am Herzen. Sie weihen Anna in ihre Aufgabe ein, die darin besteht, die Invasion gigantischer Würmer aus einer anderen Dimension abzuwehren. Da ein neuer Versuch unmittelbar bevorsteht, erklärt sich die junge Frau bereit, dem Erbe ihres Vaters zu folgen und die greisen Krieger in ihrer Mission zu unterstützen.

Bei der Handlung von Der Orden: Bd. 1: Die Menschmaschine wechseln sich Licht und Schatten ab. Auf der einen Seite steht die (trotz einer generischen Bedrohung) interessante Rahmenhandlung und die stimmigen Interaktionen der Hauptakteur*innen. Jedes der Ordensmitglieder hat eine eigene Persönlichkeit, die ihm*ihr Tiefgang und die Basis für interessante Charaktermomente liefert. Besonders der ruppige Iron John ist mir dabei ans Herz gewachsen, der trotz seiner Abneigung gegen die Deutschen im Laufe der Geschichte ein goldenes Herz gegenüber Anna beweist. Darüber hinaus hält der Einbau von Science-Fiction- und Horror-Elementen die Handlung spannend, da auf jeder Seite etwas Neues und Unerwartetes aus dem Hut gezaubert werden kann.

Auf der anderen Seite fallen erzählerische Schwächen auf, aufgrund derer man die Logik innerhalb der Geschichte anzweifelt. Das beginnt bereits auf den ersten Seiten, als klar wird, wer Anna zum Ort des letzten Gefechts ihres Vaters führt. Es ergibt keinen Sinn, warum ausgerechnet diese Person eine solche Aufgabe übernehmen sollte. Ähnlich sieht es bei einigen Entscheidungen und Aktionen der Hauptfiguren aus, die im Kontext der Rahmenhandlung vorkommen. Sie wirken erzwungen mit dem einzigen Ziel, die Geschichte voranzutreiben. Im Pen&Paper würde man das als Railroading bezeichnen.

Diese Schwächen verwehren der vorgestellten Graphic Novel die Bestnote, obwohl die positiven Aspekte überwiegen. Dazu zählt auch das geschickt und überraschend gestaltete Ende, das die Kunst vollbringt, den ersten Band als abgeschlossene Geschichte zu etablieren und gleichzeitig Spielraum für eine Fortsetzung zu lassen.

Zeichnungen & Kolorierung

Für die Illustrationen ist John Burns verantwortlich, eine wahre Legende unter den englischen Comiczeichner*innen. Seit Mitte der 1950er ist er als Illustrator tätig und hat mittlerweile bei unzähligen Serien mitgewirkt, unter anderem Judge Dredd und Nikolai Dante.

Seine laut Autor Kek-W vorhandene Liebe für historische Themen zeigt sich im gesamten Band. Der skizzenhafte Zeichenstil hält nicht davon ab, eine lebendig wirkende Welt im Mittelalter zu schaffen. Neben der stimmungsvollen Umgebung, dem authentisch wirkenden Design von Waffen und Rüstungen sticht besonders das Charakterdesign ins Auge.

Die Möglichkeit eine Vielzahl von Emotionen und Gedanken in Gestik und Mimik umsetzen zu können, erweitert den Wirkungsgrad von Illustrationen enorm. In dieser Hinsicht liefert John Burns erstklassige Arbeit ab. In einigen Szenen genügt ein Blickwechsel zwischen den Akteur*innen, um alles Nötige zu vermitteln. Zudem gelingt es dem Zeichner den Charakteren nur durch den Ausdruck in ihren Augen Persönlichkeit zu verleihen, wie Autor Kek-W bereits im Vorwort treffend anmerkt. So vermittelt der traurige Ausdruck in Iron Johns Augen das Bild eines alten, beinahe gebrochenen Kriegers, während der unstete Blick von Aleksy Blazen den ständigen Wechsel zwischen Genie und Wahnsinn unterstreicht.

Die harten FaktenPanini_der-orden-1-die-menschmaschine-cover

  • Verlag: Panini Comics
  • Autor*in: Kek-W
  • Zeichner*in: John Burns
  • Sprache: Deutsch
  • Seitenanzahl: 64
  • Preis: 17,00 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Panini, Amazon, idealo

 

Fazit

Der Orden: Bd. 1: Die Menschmaschine liefert eine spannende Geschichte über den Zusammenhalt der alten und neuen Generation im Kampf gegen eine übermächtige Bedrohung. Dabei implementiert Autor Kek-W geschickt Elemente verschiedener Genres, wie Fantasy, Science-Fiction und Horror. Die von ihrer Mentalität komplett unterschiedlichen Protagonist*innen und ihr Umgang miteinander gestalten die Handlung kurzweilig.

Allerdings leidet die Graphic Novel an erzählerischen Schwächen. Stellenweise wirkt die Handlung zu erzwungen, beziehungsweise entwickeln sich Reaktionen und Entscheidungen der Charaktere nicht aus dem Kontext des zuvor Geschehenen. Dadurch entsteht der Eindruck, dass der Autor bestimmte Meilensteine der Erzählung erreichen wollte und diese nicht immer organisch herbeigeführt wurden.

Dennoch überwiegt das positive Gesamtbild aufgrund der unterhaltsamen Rahmenhandlung, interessanten Charaktere und des gut gestalteten Endes. Der skizzenartige Zeichenstil weckt Erinnerungen an alte Comic-Klassiker, ohne gleichzeitig antiquiert zu wirken. Zudem überzeugt die visuelle Gestaltung von Zeichner John Burn, speziell dank seines Talents für ausdrucksstarke Mimik und Gestik. Gerade am Ende fiebert man mit den Ordensmitgliedern und ihrem immer verzweifelt werdenden Kampf gegen die Wurminvasoren bedingungslos mit.

Artikelbild: © Panini Comics
Layout und Satz: Nina Horbelt
Lektorat: Nina Horbelt
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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