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Wie es bei Dr. Who üblich ist, werden die Hauptdarsteller alle paar Jahre ausgewechselt. Und meist ist dieser Wechsel nicht unproblematisch und man muss sich an den neuen Doktor erst eine Zeit gewöhnen, bis man ihn wirklich mag. Und dann ist er auch kurze Zeit später schon wieder weg.

Entsprechend war ich skeptisch, als ich die nun vorliegenden Episoden mit Peter Capaldi als neuem Doktor das erste Mal sah. Wie würde er sich in die Reihe der Doktoren einordnen, die ich alle auf ihre eigene Art und Weise zu lieben gelernt hatte? Und würde Chefautor Steven Moffat wieder zu alter Form zurückfinden oder sein langsamer aber deutlicher Niedergang weitergehen?

The Doctor (PETER CAPALDI)
The Doctor (PETER CAPALDI)

Story

Die Story beginnt genau an der Stelle, wo das Weihnachtsspecial von 2013 aufhörte. Der Doktor hat sich gerade regeneriert und einen neuen Körper. Und wie es dabei üblich ist, ist er am Anfang erst einmal reichlich verwirrt und muss sich noch finden. Doch schon nach kurzer Zeit hat er das getan und die eigentliche Geschichte kann losgehen.

Die Handlung der meisten Episoden besteht überwiegend aus Episodenplot. Nur ganz am Rande, und noch dazu für die handelnden Figuren selbst fast unmerklich, wird ein größerer Handlungsbogen aufgebaut, der dann in den letzten beiden Episoden behandelt wird. Endgültig vorbei scheint die Zeit der Doppelfolgen zu sein. Meiner Meinung nach schade, da so komplexere Plots kaum möglich sind oder aber so schnell abgehandelt werden müssen, dass die Komplexität am Ende größtenteils auf der Strecke bleibt.

Die Geschichten sind qualitativ äußerst durchwachsen. Es gibt grandiose Episoden wie Die Roboter von Sherwood oder Die Mumie, die humorvoll, interessant und spannend sind. Aber dagegen stehen auch Episoden wie Hör zu, Dunkles Wasser oder Tötet den Mond, die von wenigen guten und für die Entwicklung der Charaktere wichtigen Szenen abgesehen einfach langweilig anzuschauen sind.

Ganz besonders schade finde ich, dass der große Handlungsbogen, der die Episoden verbindet, recht schlecht gelungen ist. Moffat schafft es zwar, über die Zeit eine gewisse Spannung und Erwartung aufzubauen, aber wie schon so oft zuvor, kann er am Ende nicht liefern und die Spannung versandet in einem absurden und uninspirierten Finale. Mittlerweile wünsche ich mir inständig, dass Moffat das Ruder an jemand anderen weitergibt.

Was die Verbündeten und Gegner angeht, bietet diese Staffel einen bunten Mix aus alten Bekannten: Madame Vastra und ihre Freunde, Daleks und ein paar andere, die ich an dieser Stelle nicht spoilern will, und neue Figuren wie Danny Pink als Love Interest für Clara, diverse „Monster der Woche“, der Weihnachtsmann etc.

Gerade bei den neuen Gegnern kommt das eingangs erwähnte Problem zum Tragen, dass die entsprechenden Handlungsbögen stets nur eine Episode lang sind. So bleibt einfach nicht genug Zeit, diese neuen Feinde wirklich ausreichend zu erklären. So können viele dieser Gegner ihr volles Potential nicht entwickeln und bleiben am Ende kaum ein Erinnerung. Das haben vergangene Staffeln mit Gegnern wie den Weeping Angels oder The Silence besser hinbekommen.

Clara (JENNA COLEMAN) und The Doctor (PETER CAPALDI)
Clara (JENNA COLEMAN) und The Doctor (PETER CAPALDI)

Darsteller

Jenna Coleman nimmt ihre Rolle als Clara Oswald wieder auf und brilliert in dieser wie bereits in der Staffel zuvor. Das große Mysterium darum, was sie so besonders machte, ist aufgelöst, und es ist auch keine Spur dieses Handlungsbogens mehr zu finden. Sie ist nun einfach die aktuelle Begleiterin des Doktors. Aber im Gegensatz zu den meisten anderen Begleiterinnen hat sie neben den Reisen in der TARDIS noch ein ganz normales Leben und muss versuchen, diese beiden grundverschiedenen Welten in Einklang zu bringen. Und in beiden dieser Welten muss sie dabei mit neuen Männern klarkommen.

Einer dieser beiden ist natürlich der neue Doktor, gespielt von Peter Capaldi. Seine Art den Doktor zu spielen, ist ein völlig andere als die der vorherigen neuen Darsteller. Sehr passend dazu finde ich einen Vergleich aus dem Internet: Wenn Eccleston ein Tiger, Tennant Tigger und Smith eine ungeschickte Hauskatze ist, die immer so tut, als hätte sie genau das tun wollen, was sie zufällig getan hat, dann ist Capaldi wohl Grumpy Cat!

Was Capaldi auf jeden Fall in die Figur des Doktor zurückbringt, ist eine gewisse Gravitas. Zum ersten Mal seit Jahren merkt man der Figur ein gewisses Alter an, und das ist gut so.

Der zweite neue Mann im Leben von Clara ist Danny Pink, gespielt von Samuel Anderson. Ein Armeeveteran und nun Mathelehrer. Im Gegensatz zu Clara und dem Doktor bleibt diese Figur stets auf dem Boden der Tatsachen. Er hat in seinem Leben schon genug erlebt und will sich eigentlich nur zur Ruhe setzen. Dummerweise hat Clara andere Vorstellungen vom Leben und so prallen diese beiden Männer immer wieder aufeinander.

Neben diesen dreien ist die wohl wichtigste neue Figur die geheimnisvolle Missy, gespielt von Michelle Gomez. Sie spielt eine wichtige Rolle im großen Handlungsbogen der Staffel, über den ich hier aber nicht zu viel verraten will.

Die Darstellung der Figuren ist weitestgehend sehr gut gelungen. Man nimmt den Schauspielern ihre Charaktere durchgehend ab und es macht Spaß, ihnen zuzuschauen.

Leider lässt sich das über die Synchronisation nur bedingt sagen. Die Stimmen sind zu glatt, die von Capaldi wirkt zu jugendlich (obwohl der Sprecher nur fünf Jahre jünger als Capaldi selbst ist), und schon nach wenigen Minuten mit den deutschen Stimmen habe ich auf das englische Original zurückgeschaltet.

PETER CAPALDI alsThe Doctor und der Erzfeind, einer der Dalek
PETER CAPALDI als The Doctor und der Erzfeind, einer der Daleks

Inszenierung

Das Setdesign ist gewohnt hochwertig. Das historische London wirkt zeitgemäß, das Innere des Dalek und die Oberfläche des Mondes realistisch. An dieser Stelle gibt es wenig auszusetzen.

Auch die Musik untermalt die Szenen gekonnt und kann die Immersion in die Szenen damit gut unterstützen.

Was die Masken und Monster angeht, sind einige neue Highlights dabei. Der Mann mit dem halben Gesicht ist großartig gelungen, ebenso die Mumie und die anderen neuen Monster.

Bei den altbekannten Kreaturen hingegen wäre vielleicht mal ein Update notwendig. Ja, sie sind ikonisch, aber ihre Designs wirken dann doch mittlerweile etwas altbacken.

Erzählstil

Wie man es gewohnt ist, wird der Großteil der Geschichten aus der Sicht des Doktors und Claras beschrieben. Nur an wenigen Stellen wissen die Zuschauer mehr als die Handelnden.

Diese wenigen Stellen beziehen sich fast ausschließlich auf den Metaplot der Staffel, was vielleicht auch Grund dafür ist, dass dieser nie wirklich Fahrt aufnehmen kann. Wie sollen die Figuren tiefer in eine Geschichte hineingezogen werden, von der sie im Grunde gar nichts wissen?

The Teller
The Teller

Preis-/Leistungsverhältnis

Die DVD-Box kostet knapp 45 EUR, die Blu-rays schlagen mit 51 EUR zu Buche. Dafür bekommt man zwölf Episoden, ein Weihnachtsspecial sowie die üblichen Specials. Insgesamt um die 17 Stunden Material. Ein Schnäppchen ist das sicherlich nicht, aber der Preis pro Stunde ist, selbst wenn man die Specials herausrechnet, völlig in Ordnung.

Erscheinungsbild/Umfang

Dr.Who_S8_BD_3DDie mir vorliegende Blu-ray-Box kommt im üblichen Format daher und steckt in einem Pappschuber. Die Dicke entspricht etwa einer normalen DVD-Hülle, ist also etwas dicker als einzelne Blu-rays, aber es müssen ja auch ganze sechs Scheiben untergebracht werden, so dass das kaum verwundert.

Neben den Episoden selbst finden sich auf den Silberscheiben die üblichen „Behind the Scenes“ zu jeder Folge sowie ein wenig anderes Zusatzmaterial. Besonders erwähnenswert ist dabei der Kurzfilm „The Five(ish) Doctors“, der eigentlich zum 50-jährigen Jubiläumsspecial gehört. In diesem Kurzfilm versuchen drei ehemalige Darsteller des Doktors in das eben genannte Special zu gelangen. Dabei hat dann eine erstaunliche Menge bekannter Persönlichkeiten kurze Gastauftritte und der Zuschauer eine Menge zu lachen.

Wie meist üblich, ist das Zusatzmaterial nicht synchronisiert, sondern stattdessen mit deutschen Untertiteln versehen.

Die Folgen selbst bieten neben der deutschen nur die englische Originalspur und auch bei den Untertiteln ist bei diesen beiden Sprachen Schluss.

Bild und Ton sind durchweg glasklar und zeigen keine Schwächen.

Die harten Fakten:

  • Regie: Diverse
  • Darsteller: Peter Capaldi, Jenna Coleman, Samuel Anderson, Missy Gomez
  • Erscheinungsjahr: 2015
  • Sprache: Deutsch/Englisch
  • Format: DVD / Blu-ray Disc
  • Preis: 45 EUR / 51 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon (DVD/Blu-ray) (erscheint am 13. März 2015)

 

Fazit

Als ich noch kleiner war, hat mich Dr. Who nie besonders interessiert. Die alten Geschichten waren größtenteils eher sonderbar und konnten mit der Science-Fiction, die mich damals begeistert hat – Star Trek TNG und DS9, Babylon 5 etc. – in meinen Augen nicht mithalten. Aber seit 2005 die Neuauflage erschien, bin ich begeisterter Fan geworden.

Doch mit jedem neuen Doktor beginnt üblicherweise derselbe Zyklus: Man trauert erst dem alten hinterher, dann gewöhnt man sich so langsam an den neuen, und schon gibt es wieder einen Wechsel.

Peter Capaldi hat es dieses Mal geschafft, dass man den neuen Doktor relativ schnell zu schätzen lernt. Er ist ganz klar ein anderer als seine Vorgänger, aber er ist immer noch der Doktor.

Auch die Beziehung zwischen dem Doktor und Clara entwickelt sich auf interessante Art und Weise und kulminiert völlig logisch in der letzten Szene des Staffelfinales in einer grandiosen Szene. Die Interaktion dieser beiden Figuren trägt die Staffel über weite Strecken hervorragend.

Leider muss sie das aber auch, denn sowohl die Episodenplots als auch der Metaplot lassen zu wünschen übrig. Von völlig absurd bis einfallslos ist eigentlich alles dabei und nur wenige Folgen können für sich allein überzeugen. Wirklich schlecht sind aber auch nur wenige, so dass in Summe das Positive noch überwiegt.

Doch Dr. Who hatte schon immer ein gutes Rezept zur Selbsterneuerung: auswechseln! Und so wird es mal wieder Zeit für einen Wechsel. Dieses Mal aber bitte nicht bei den Darstellern, sondern beim Showrunner.

Daumen4Maennlich

Artikelbilder: BBC

 

1 Kommentar

  1. In den meisten Punkten kann ich am Autor zustimmen.
    Ganz besonders allerdings beim Thema Synchronstimmen. Hier ist die deutsche Stimme des Doctors mit der schlechteste Match, den ich je gehört habe. Konnte, genau wie der Autor, die deutsche Fassung keine 5min ertragen.

    Absolut gegenteiliger Meinung bin ich hingegen was die Folge „Hör zu“ (engl. „Listen“) angeht. Diese hat mich enorm begeistert und gefesselt.

    Die ein oder andere Doppelfolge, hätte bestimmt nicht wehgetan. Hier spielt eine gewisse Ausgewogenheit eine grosse Rolle. Wo sich in Staffel 8 (bis auf das Finale) keine Doppelfolgen fanden, besteht Staffel 9 bisher ausschließlich aus Doppelfolgen. Hoffen wir mal, dass sich das Gleichgewicht wieder findet.

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