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ConQuest of Mythodea 2017

Ein drei Jahre dauernder Schlachtzug ist vorbei: Zumindest vorerst. Europas größtes Live Rollenspiel wechselt erneut das Setting: Es geht zurück nach Mythodea. Vorsicht, Spoiler

Die unendliche Geschichte, Teil 17

Leuchtende Augen, höherschlagende Herzen, Jubel, breit lächelnde Gesichter… So sieht nicht nur eine Horde Erstklässler aus, die auf dem Weg zum Rummel eine Runde Zuckerwatte spendiert bekommt. So sahen bestimmt ein paar hundert Erwachsene aus, als vor einigen Wochen die (vorläufigen) Pläne für das ConQuest of Mythodea 2017 veröffentlicht wurden.

Europas größtes Live Rollenspiel blickt mittlerweile auf 16 Jahre Geschichte zurück. 16 Jahre lang treffen sich (mittlerweile) tausende LARP-Fans aus verschiedenen Ländern und lassen ganze Zeltstädte zwischen Äckern und Wäldern entstehen. Die Firma Live Adventure (LA) stellt für das fünftägige Event eine riesige Infrastruktur auf die Beine, die neben den auf mehrere Hektar verteilten Kulissen auch Teams von Maskenbildnern, Technikern, Fotografen, Koordinatoren und hunderte Spielleiter umfasst.

Doch das Ziel, auch nach 16 Jahren eine gut laufende Maschine in Betrieb zu halten, geht mit großen Anforderungen einher: Teil 17 der unendlichen Geschichte Mythodeas muss einmal mehr beweisen, dass es spannend bleibt.

Geht hinaus und sucht den Plot

In den vergangenen drei Jahren hatte LA das Setting des ConQuest von Mythodea in die Kelriothar verlegt: Die Spiegelwelt, Heimat der Urzweifler und verfemten Elemente. Die Spieler mussten sich auf einen Schlachtzug begeben, der drei Jahre währte, für viele Spieler mit deutlichen Nachteilen verbunden war und auch langjährige „Mythodeaner“ vor ganz neue Herausforderungen stellte. Das neue Konzept stieß nicht sofort auf Begeisterung.

„Im ersten Jahr der neuen Spiegelwelt-Kampagne (2014) haben wir nicht nur das Rahmensetting von Mythodea nach Kelriothar verlegt, sondern auch viele neue LARP Konzepte eingeführt“, sagt Fabian Geuß von LA. Vom Großen Heerzug, also der Zusammenlegung aller Lager zu einem großen gemeinsamen Spieler-Lager, über die Spiegelpunkte: Kampf-Plot-Locations, die gezielt die Schlachten von den Lager-Grenzen weg und auf die besser zu bespielenden Freiflächen verlagern,  bis hin zu „allgemeinen ‚Geht hinaus und sucht Plot!‘-Anreizen, beispielsweise den Regelwerks-Nachteilen“, wie Fabian aufzählt. Viele dieser neuen Konzepte seien im ersten Jahr missverstanden und kritisiert worden. „Wir haben uns nicht beirren lassen, nur Details nachgebessert und optimiert.“ Das positive Feedback nach 2015 habe LA darin bestätigt, dass dieser Kurs sinnvoll war und die zeitgemäßen Konzepte beibehalten werden sollten.

Horch, was kommt von draußen rein, …

Im Sommer, eine Weile nach Ende des diesjährigen ConQuests veröffentlichte LA erste Infos und Ideen fürs nächste Jahr. Es war vor allem eine einfache Karte, die LA auf seiner Website veröffentlichte: Auf den ersten Blick ähneln Lageraufbau und direkt vor den Lagern befindliche Kampfflächen dem Szenario von 2013. „Palisaden, endlich wieder Palisaden!“ tönt es begeistert im WhatsApp-Channel einer NSC-Gruppe aus dem Silent Hill-Lager.

Ein Bogenschütze der Verfemten vor den Palisaden eines Siedlerlagers, ConQuest 2013: So könnte es im nächsten Jahr wieder aussehen auf den Wiesen Mythodeas.
Ein Bogenschütze der Verfemten vor den Palisaden eines Siedlerlagers, ConQuest 2013: So könnte es im nächsten Jahr wieder aussehen auf den Wiesen Mythodeas.

 

Diese Palisaden sind zum jetzigen Zeitpunkt reine Interpretation von ein paar gestrichelten Linien auf einer Landkarte. „Ob wir zur Darstellung der Banner/Viertel auf das Belagerungszonen-Konzept zurückgreifen oder etwas Neues konzipieren, steht gegenwärtig noch nicht fest“, erklärte LA online. Die Begeisterung auf Seiten von NSC und SC rührt allerdings nicht nur von einer eventuellen Ankündigung neuer Palisaden her, die es zu schleifen, beziehungsweise verteidigen gilt:

Angedacht ist derzeit eine Festung, die von den Verfemten errichtet wurde. „Ob diese mehrfach den Besitzer wechselt, hängt davon ab, was man darin findet“, so Fabian. Laut LA werde der Fokus auf dem ConQuest 2017 verstärkt auf taktischen Plotzielen sowie großen (Belagerungs-)Schlachten liegen.

 

Da werden Erinnerungen an Doerchgardt I und II wach und vor allem geht es zurück nach Mythodea. Die Akzeptanz für das Spiegelwelt-Setting mag gestiegen sein, doch viele Spieler zieht es zum einen zurück nach Hause, zum anderen ist sofort Vorfreude da auf voneinander getrennte Lager und auf bespielbaren Wiesen dazwischen.

Wie du mir so ich dir

Der Gang zurück nach Mythodea kommt nicht von ungefähr. „Die Ereignisse im Spiel – dem jährlichen Feldzug in die Spiegelwelt hinein – hatten natürlich auch Einfluss auf unsere Setting-Wahl“, so Fabian (LA). „Nach der großen Niederlage 2014 legten sich alle Banner 2015 mächtig ins Zeug und vollbrachten wahre Wunder. Der Plot und alle militärischen Ziele des Heerzugs wurden mit Bravour geschafft. 2016 haderte man (erneut) mit der Kommunikation in den Bannern und einem geeinten und geordneten Vorgehen.“ Das Ergebnis sei eine knappe Niederlage für den Heerzug gewesen. Fabian: „Und auf diese zweite Niederlage in drei Jahren reagieren wir nun in der Geschichte konsequent mit einer Gegen-Invasion der Urzweifler.“

„Wie du mir so ich dir“ könnte also das Motto der Verfemten lauten: Nach drei Jahren Schlachtzug in der Kelriothar antworten sie nun mit einer ähnlich zahlreichen Invasion der Heimat ihrer Feinde und dem Bau einer Trutzburg in Mythodea selbst. 

In einem kurzen Q&A hat LA bisher ein paar erste Fragen beantwortet. Zum Beispiel: Wie konnten die Verfemten so schnell eine Festung an der Weltenschmiede errichten? „Die Urzweifler können auf die Kräfte, welche aus der Weltenschmiede in die ganze Welt fließen, zugreifen und diese nutzen, um ihre Stellung zu halten und sogar zu befestigen. Der Quell aller Schöpfungskraft auf Mythodea dürfte genug sein, um ihnen einen gewaltigen taktischen Vorteil zu gewähren (zum Beispiel zur Errichtung einer Festung innerhalb unnatürlich kurzer Zeit).“

Auch das Belagerungsszenario wird weiter ausgeführt, denn der Kampf gegen die Verfemten wird sich nicht allein auf das Gelände um die Festung beschränken. „Sobald die Belagerung beginnt, ist mit Gegenangriffen zu rechnen. Wir werden mehrere Viertel oder Banner daher so gestalten, dass sie angreifbar sind“, heißt es bei LA.

Keine Angst mehr vor dem Tod

Unter den Siedlern (SC) ist die Freude schon allein deswegen groß, weil sie nach drei Jahren von den Nachteilen des Spiegelweltsettings „befreit“ sind. Das bedeutet: Keine Rüstungsmali mehr und wieder die volle Unterstützung der Elemente auf ihrer Seite, da sind die Aussichten aufs kommende Jahr recht rosig. LA: „Wir spielen in Mythodea. Das Erweiterungs-Regelwerk ‚Spiegelwelt‘ ist damit nicht in Kraft. Das Basisregelwerk sowie die Erweiterung: Effekte natürlich schon.“

Der Tribe der Naldar zum Beispiel kann im nächsten Jahr wieder einen wesentlichen Vorteil nutzen: „Wir haben wieder die Möglichkeit zum Respawn“, frohlockt Maria, die eine Priesterin bei den Naldar spielt. „Wenn wir von Verfemten getötet werden, werden wir zu Asche, fliegen in unseren Tempel und wir Priesterinnen können den Betreffenden dann zurückholen.“

Abgesehen von derlei Spielvorteilen, die in Mythodea wieder zur Verfügung stehen, wächst bereits die Vorfreude auf ein – zumindest im Ansatz – wieder friedliches ConQuest. „Natürlich wird es Schlachten und Kämpfe geben, aber wir sind eben wieder zu Haus“, freut sich Michael. Der 34-Jährige ist auf dem ConQuest seit Jahren mit dem Charakter eines einfachen Söldners unterwegs. „Blühende Wiesen, sattgrüne Wälder: allein die Tatsache, dass das Setting wieder unsere vertrauten Gefilde beinhaltet, sorgt für mehr Freude am Alltagsspiel.“

Kein Mythodea ohne Bedrohungsszenario

Natürlich wäre das ConQuest kein ConQuest, gäbe es nicht wieder mächtige Feinde, Ränkeschmiede und düsterste Bedrohung. Nicht nur sind die Verfemten zurück, nein: Ihre Festung haben sie an der Weltschmiede selbst errichtet.

Nur wenn es gelingt, diese Festung zu vernichten, werden die Siedler im Jahr darauf eine letzte Chance haben, die Kelriothar und den Ursprung aller Verfemten ein für alle Mal zu zerstören. Gelingt es nicht, die Weltenschmiede zurück zu erobern, werden die Verfemten auf ganz Mythodea in einem Ausmaß erstarken, wie man es seit dem Weltenbrand nicht mehr gesehen hat…

Fotografien: Sarah Liebigt

 

 

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