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Das Marvel Universum ist ganz groß im Kommen – nicht nur bei den bewegten Bildern, sondern auch bereits in den Wohnzimmern. Das beweisen mehrere Serien, die auch in den deutschen Sendern zu teils leider sehr unschönen Uhrzeiten laufen.

Diesen Trend begleiten einige Direct to Disc Veröffentlichungen – also Filme, die nie im Kino landen, sondern nur auf DVD und/oder BluRay veröffentlicht werden. Iron Man: Rise of the Technovore geht hier nicht anders vor und verbindet japanische Anime-Kunst mit amerikanischen Comics.

Story

Rise of the Technovore  CoverWas soll ich sagen? American Comic und Anime sollten nicht miteinander verknüpft werden. Aber fangen wir von vorne an.

Ein Satellit von S.H.I.E.L.D wird in den Orbit geschossen, er soll helfen, globale Bedrohungen frühzeitig zu erkennen. Doch mysteriöse Angreifer in mechanischen Rüstungen attackieren die Abschussrampe.

Plötzlich gesellt sich ein Wesen dazu, das fast außerirdisch und zu gewissen Teilen engelhaft wirkt. Hier wird offenbar der Faszination der japanischen Fans dieses Genre an der Engelmystik Rechnung getragen. Auch dieses Wesen trägt eine Rüstung, doch ist diese biomechanischer Natur und folgt offenbar mit sehr hoher Präzision den Gedanken des Trägers. Iron Man und Warmachine konfrontieren die Angreifer, es kommt zu einem Zusammenbruch des Kontrollgebäudes und Warmachine verschwindet unter den zusammenbrechenden Gebäudeteilen.

Der Helicarrier von S.H.I.E.L.D taucht auf, Tony Stark wird verdächtigt, selbst den Angriff inszeniert zu haben. An dieser Stelle beginnen die Unstimmigkeiten – oder sollte ich vielleicht sagen, die Anpassung auf das japanische Publikum? Die Rebellenrolle – „Ich gegen den Rest der Welt“ – genießt hohe Bedeutung in der üblichen Struktur von Anime und Manga, hier jedoch wirkt es konstruiert. Vor allem in Hinblick darauf, dass Tony Stark nach dem Civil War in der Comicrealität Director von S.H.I.E.L.D. wird.

Stark flüchtet vom Helicarrier und nimmt die Spur der Angreifer auf, findet dabei Hinweise auf A.I.M. und bekommt in einer kurzen Zwischenepisode Hilfe vom Punisher. Die S.H.I.E.L.D-Agenten Hawkeye und Black Widow werden von Nick Fury hinterher geschickt, um Tony einzufangen. Das will erst sehr spät gelingen. Was auf den westlichen Zuschauer in einigen Ansätzen  irritierend wirkt, hat jedoch seinen Sinn in dem japanischen Ansatz: Es greift das Bild des mutigen Einzelnen auf, der sich gegen die Autorität stellt. Das wichtige Bildnis im Anime ist hier der Nonkomformist als Protagonist. Ohne Freunde geht es jedoch nicht, also stehen ihm Punisher und Warmachine zur Seite.  Auch der Kampf gegen Black Widow und Hawkeye, passt hier in das Bild, gezwungen zu sein gegen seine Freunde zu kämpfen, weil beide tun was ihre Pflicht ist (oder das was sie dafür halten).

Bald führen die Spuren zu Ezekiel Stane, dem Sohn von Obediah Stane, dem Iron Monger. Dieser hat offenbar eine Art Mikrobe oder Virus erschaffen, der Technologie absorbiert und verwandelt, den Technovore Parasit.

Kurz gesagt, die Inspiration des Madhouse-Studios hat wenig mit dem Vorbild aus Iron Man: Armored Adventures  oder The Avengers: Earth’s Mightiest Heroes zu tun. Der Parasit ist zwar hier auch nach einigen Evolutionen ein Wesen mit Bewusstsein, aber gänzlich anders dargestellt.

Zu viele Tentakel, zu ätherisch scheinende Antagonisten, die in ermüdend langen Monologen Nietzsche zitieren. Vielleicht zu japanisch für das europäische Publikum? Es scheint nicht mal das MCU (Marvel Cinematic Universe) zu sein. Hier ist einfach einiges abweichend von dem, was man aus den Filmen kennt.

Mehr möchte ich nicht über die Handlung verraten, denn auch wenn der Film nicht das ist, was ich erwartet hätte, ist die Inszenierung gut gelungen. Vor allem die Musik weiß zu begeistern und untermalt die Handlung sehr gut.

Darsteller

Da es müßig wäre, über die schauspielerischen Leistungen einer gezeichneten Figur zu diskutieren, will ich eher darüber schreiben, wie eng die Rollen an der Comicvorlage sind.

Stark an sich wirkt ganz passend, hat seinen typischen arroganten Humor und seine loyale Haltung, wenn die Dinge wirklich ernst werden. Pepper Potts wird auch passend dargestellt, aber als etwas zu introvertierte Schönheit, der viel an ihrem Äußeren liegt. Nicht ganz konsequent, aber die Rollen in einem Anime sehen so etwas vor. Weibliche Charaktere sind hier oft entweder sehr introvertiert oder das krasse Gegenteil. Häufig finden sich beide Seiten in einer weiblichen Rolle und ein Fokus liegt auf dem Gesicht, welches man nach außen trägt und jenes, welches man seinen engsten Vertrauten zeigt wohl. Es zeigt sich an dieser Stelle eine Parallele zu der tiefen Verankerung der Außenwahrnehmung durch andere in der japanischen Gesellschaft.

Auch Warmachine, Black Widow und Hawkeye wirken glaubhaft und bekannt. Punisher weiß sich durch derbe Sprüche sympathisch zu machen.

Die Sprecher in der englischen Version machen einen guten Eindruck und wirken motiviert genug, die Rollen richtig darzustellen. Man sollte den Film auch auf Englisch mit Untertiteln schauen, denn zur deutschen Synchronisation schreibe ich lieber erst gar nichts. Zum Abgewöhnen!

Inszenierung

Die Geschichte ist so hanebüchen, wie Comic-Geschichten selten sind.  Dennoch sind die Actionszenen, von denen es wahrlich genug gibt, sehr spannend und auch gut gezeichnet, wissen aber mit der Anime innewohnenden Art maßlos zu übertreiben und tendieren zu Effekthascherei.

Die eine oder andere Explosion überrascht, denn sie geschehen an Orten, an denen es keinen Grund dafür gibt. Und die durch Technovore ausgelöste Endkampf-Mutation erinnert mich mehr an Fist of the North Star als an Marvel.

Zeichnerisch bewegen wir uns auf hohem Niveau, das war aber auch zu erwarten angesichts der beteiligten Zeichner.

Erzählstil

Die gesamte Handlung wird aus Tony Starks Perspektive erzählt. Das wird unter anderem dann charmant, wenn in der zweiten Hälfte des Filmes Erinnungssequenzen von Bedeutung werden. Diese sind gut umgesetzt und greifen vor allem optische Elemente aus den Realfilmen wieder auf, so dass Zuschauer sich schnell orientieren können.

Preis-/Leistungsverhältnis

Wer Freund beider Animationswelten ist, wird das Geld gut angelegt wissen. Für den klassischen westeuropäischen Betrachter jedoch wird so manche Szene einfach zu „anders“ sein, zu wenig greifbar, zu ätherisch. Hier sei zur Vorsicht geraten, wenn man derartige Erzähl- und Darstellungstechniken nicht mag oder nichts mit ihnen anzufangen weiß.

Erscheinungsbild/Umfang

Die gelieferte BluRay genügt dem üblichen Anspruch an Direct to Disc-Veröffentlichungen. Auf dem Cover sehen wir Tony Stark in seiner geschätzten Rüstung, im Hintergrund die weiteren auftauchenden Protagonisten, darunter Warmachine, Punisher, Black Widow und Hawkeye.

Besonderheiten lassen sich keine nennen. Alles ist im Standard.

Die harten Fakten:

  • Regie: Hiroshi Hamazaki
  • Darsteller: –
  • Erscheinungsjahr: 2013
  • Sprache: Deutsch (Dolby Digital 5.1), Englisch (DTS-HD 5.1) et al
  • Format: BluRay
  • Preis: ca 13,50 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon (Klick

Bonus/Downloadcontent

Uns ist kein zusätzlicher kostenloser Content bekannt.

Fazit

Zugegeben, ich habe mich gefühlt, als ob ich eine Mischung aus Urotsukidoji, Fist of the North Star, Neon Genesis Evangelion, und dem Marvel Universum angesehen hätte.

Die Geschichte ist durchaus spannend, hat auch echte optische Highlights, aber ein etwas irritierender Beigeschmack verbleibt auf der Zunge. Vielleicht liegt es an dem für mich nicht nachvollziehbaren Antagonisten oder seiner Schwester, deren Auftauchen sich nicht sinnvoll erschließt. Möglicherweise, bezugnehmen auf die fortwährenden Nietzsche-Zitate, soll hier der Übermensch, die nächste Spezies, präsentiert werden. Das gelingt an sich ganz gut, erreicht aber den westlichen Zuschauer nicht.

Vielleicht liegt es aber auch an dem Verdacht der Selbstinszenierung des Angriffs durch Iron Man.  Dramaturgisch geht der Film andere Wege, verbindet stille philosophische Momente des Feindes mit vor Explosionen geladenen Actionszenen. Der Bogen will sich jedoch nicht so ganz schließen. Auch eine endgültige und wirklich gute Erklärung, weswegen der Antagonist so handelt, wie er handelt, fehlt.

Der Film ist merklich darauf ausgelegt, im Kielwasser der Blockbuster-Kinofilme zu schwimmen. Das schafft er leider, trotz der Optik, keineswegs.

Echte Fans sollten zuschlagen, Kinder beider Animationswelten auch, der Rest sollte erst den Film sehen, um dann zu entscheiden, ob man sich ihn kaufen möchte. Selten war mein Urteil so zwiegespalten.

Daumen3maennlich

Trailer

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Artikelbilder: Marvel Studios /Madhouse

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