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Jonathan Hickman ist ein Meister der verworrenen Geschichtenstrukturen. Während Avengers #15 sich bemühte, noch einen kleinen Fokus auf die Nachwehen der Infinity-Serie zu setzen, geht Avengers #16 einen anderen Weg. Die zentrale Aufmerksamkeit der Erzählung gilt den parallelen Welten und das Schicksal dieser im Angesicht der Bedrohung durch die schwarzen Priester.

Da sich etwas Techno-Terrorismus bestimmt gut bei einer derart mehrschichtigen Erzählung machen würde, spielt auch A.I.M eine – zunächst untergeordnete – Rolle. Advanced Idea Mechanics tauchte auch im Marvel-Filmuniversum in Iron Man 3 auf und hat dort die Superkampfdroge Extremis entwickelt

Handlung

Teile von Manhattan sind gesperrt durch S.H.I.E.L.D. – etwas wurde gefunden, genauer gesagt jemand. Hank Pym alias Ant-Man liegt tot in einem Krater. Nach der Storyline rund um Ultron war er kurz tot, dann wieder nicht und er tauchte seit vielen Monaten nicht mehr auf Erde-616 auf. Ist er nun wirklich tot?

Es ist nicht alles, wie es scheint, denn A.I.M. experimentiert mit Portalen in andere Dimensionen, darunter auch natürlich andere Erden. Als sie ein Portal auf eine sterbende Welt öffnen, tritt etwas durch das Portal, was es damit zu Teilen doppelt auf 616 gibt: Die Avengers! Diese erfreuen sich, dass sie das Chaos auf „ihrer“ Erde überlebt haben und nehmen dann auch prompt an, es gäbe keine Avengers auf der neuen Erde, auf der sie nun sind. Das produziert erwartungsgemäß Probleme.

Mittlerweile ist den Illuminati klar, wer die Angreifer auf die anderen Erden sind: die schwarzen Priester. Jene haben auch Black Swans Heimatwelt vernichtet. Auf ihrem Vernichtungsfeldzug zerstören sie zudem Erde-2319. Diese Welt und die feinen Details, die sie ausmachen, werden in einigen Panels vorgestellt und stellt eine interessante Variante dessen dar, was passiert wäre, wenn einzelne Individuen sich in der Marvel-Geschichte anders entschieden hätten. Mit „Alles stirbt!“ wiederholt sich ein weiteres Mal der Leitsatz der Infinity-Serie.

Indes ist Stephen Strange im verlorenen Land unterwegs und bereit, alles aufs Spiel zu setzen, um hinter das Mysterium der Bedrohung zu kommen.

Charaktere

Der Fokus des ersten Teils des Bandes liegt deutlich auf den Avengers aus der anderen Welt – zum einen eine Hommage an die alten Kostüme, zum anderen auch ein weiteres „Was wäre wenn“-Spiel. Die Wesenszüge unterscheiden sich teils deutlich von den Rächern von Erde-616. Gerade das Handeln Thors, der mehr auf Unterwerfung, als auf Schutz, aus ist, macht dies deutlich.

Der zweite Teil der Erzählung – rund um die Illuminati – setzt einen starken Fokus auf Doc Strange. Hätte man nicht bereits angenommen, dass er der mächtigste Magier auf Erden ist, will er noch mehr Macht. Es wird jedoch nicht klar, was er weiß und warum er handelt, wie er handelt. Klar ist, und das wird aus der Mimik mehr als deutlich, dass er verzweifelt ist. Was weiß er mehr?

Zeichenstil

Salvador Larroca beweist, dass er fähig ist, Szenen gekonnt ins Rampenlicht zu rücken. Stets sind die Motive so platziert, dass sie gut zur Geltung kommen und dennoch nicht den Rest des Panels uninteressant wirken lassen. Die Betrachtung seiner filigranen Bilder ist oftmals eine Freude. Sie fokussieren das Wichtige und erfreuen mit kleinen Randdetails. Im Vergleich zu seinen frühen Ghost-Rider-Arbeiten hat er viel gelernt.

Simone Bianchi betreut nach wie vor die Illuminati-Reihe. Sein Stil ist gänzlich anders als der von Kollege Larroca. Viel stärkere Kontraste, ein deutlich intensiveres Spiel von Licht und Schatten und starke Striche definieren sein Handwerk. Gerade, wenn es um andersweltliche Elemente geht, kommt dieser Stil gut zur Geltung. Passend wirkt er auch besonders bei Stranges Reise in das verlorene Land.

Preis-/Leistungsverhältnis

Der handelsübliche Preis von 4,99 EUR kommt auch hier wieder zur Anwendung. Auch wenn dieser Preis seit langer Zeit als festgesetzt gilt, erhält man als Gegenleistung viele Cliffhanger, die nicht wirklich zufriedenstellen. Zudem bekommt man dafür acht Seiten weniger als für den Vorgänger Avengers #15.

Erscheinungsbild

AVENGERS16_Heft_403Am gewählten Papier und am Druck gibt es nichts auszusetzen. Alles bewegt sich hier in gewohnten Bahnen. Die Haptik ist gut und das Cover verstärkt. Das Cover zeigt die Ur-Avengers mit Hank Pym und Janet van Dyne, die angriffsbereit durch ein Hightech-Portal stürmen.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Panini Comics
  • Autor(en): Jonathan Hickman
  • Zeichner(in): Salvador Larroca, Simone Bianchi
  • Erscheinungsjahr: 2014
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Comic-Softcover
  • Seitenanzahl: 52
  • Preis: 4,99 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Bonus/Downloadcontent

Außer den bei Panini üblichen kleinen erklärenden Textboxen findet sich dieses Mal nur ein Bonuscover.

Fazit

Die sich über mehrere Welten spannende Handlung von Avengers #16 wirkt auf mich zunächst verwirrend und bedarf weiterer Folgebände, um die Intention klarzumachen, die Autor Hickman verfolgt. Das war bereits auch eines der Hauptprobleme der Infinity-Reihe: Zu viele Handlungsfäden und zu wenig Futter für den Leser, um zu verstehen, wohin oder worum es geht.

Die schwarzen Priester als neue Überrasse mit nahezu unendlicher Macht, die selbst Magneto und Doctor Doom auf einer anderen Erde ohne Probleme töten, sind ein wenig zu viel des Guten für mich. Viele Comics verfolgen mittlerweile einen Höher-Breiter-Schneller-Ansatz, der zwar durchaus valide sein mag, aber nicht jedem gefallen wird.

Ich zähle mich zur letztgenannten Gruppe und bin auch der Meinung, dass ein Power Creep in der Comicbranche fehl am Platz ist. Nach jedem großen Knall (Infinity/Inhumanity/Thanos) braucht es eine Phase der Ruhe mit kleineren Geschichten. So fürchte ich fast, dass der neue Event, der bereits in den Startlöchern ist und mit Original Sin betitelt ist, verpuffen wird.

Neugierig machte mich der Band, ja. Aber er ließ mich unbefriedigt zurück, auch wenn ich der Reminiszenz an vergangene Rächer-Tage Ehre erweisen möchte.

Daumen3maennlich

Artikelbilder: Panini Comics

 

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