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So ziemlich jeder, der sich mit Comics und Superhelden auseinandersetzt, kennt Stan Lee. Kein Wunder, er hat schließlich zahllosen bekannten Figuren Leben eingehaucht, unter anderem den Fantastic Four, Iron Man und Thor (in Zusammenarbeit mit seinem Kollegen Jack Kirby). Wer über einen so enormen Erfahrungsschatz verfügt, möchte ihn oft auch weitergeben und so hat Stan Lee eine Reihe von Büchern herausgebracht, die sich um das Zeichnen und Erschaffen von Superhelden und Comics drehen. Sein neues Buch So zeichnet man Superhelden reiht sich also nahtlos ein und verspricht auf der Rückseite: „Der unverzichtbare Ratgeber für die Entwicklung superstarker Comicfiguren!“ Ich war gespannt. Ich hatte ein Buch mit zahlreichen Tipps und Step-by-Step -Zeichenanleitungen erwartet – aber es kam anders.

Inhalt

Das Buch ist in verschiedene Kapitel gegliedert, die sich alle mit unterschiedlichen Aspekten rund um das Heldendasein beschäftigen. Im Vorfeld gibt es einen Rückblick in die Vergangenheit: Was sind die Anfänge des Helden? Stan Lee nimmt Bezug auf die Götter der Antike und geht weiter ein auf die Entwicklung der Helden. Auch der Monomythos (Grundstruktur der Heldenreise in Mythen, Romanen und Filmen, die durch typische Situationsabfolgen und Figuren gekennzeichnet ist) wird erwähnt und Der Heros in tausend Gestalten, alles Grundlagen und Theorien, die heute so aktuell sind wie früher.

Von der Antike geht es dann in die früheren Comicjahre und zu den Pulp-Helden. Namen wie Nick Carter und The Last Phantom werden genannt, aber auch Captain Americas Anfänge werden beleuchtet. Schlussendlich geht die Reise weiter in die Moderne mit ihren eigenen Helden wie Rocky Balboa oder Luke Skywalker. Das erste Kapitel befasst sich also mit der grundlegenden Geschichte und Herkunft des Helden. Fand ich ganz interessant zu lesen und gute Grundlagen bilden ja bekanntlich das Fundament für später.

Die weiteren Kapitel beschäftigen sich dann mit den unterschiedlichen Heldentypen, Sidekicks, Tierbegleitern, Schurken etc. Auch Fahrzeuge und Verstecke werden besprochen – es ist also ein Querschnitt durch die möglichen Figuren.

Die Dualität des bösen Mädchens
Die Dualität des bösen Mädchens

Stan Lee befasst sich viel mit den Hintergründen zu den Figuren. Wer ist der Superheld? Woher kommt er? Was für eine Motivation hat er? Trägt er ein Kostüm? Was ist ihm wichtig? Er geht auf die verschiedenen Typen ein (Typ Superman, Typ Batman etc.), das Schema findet sich in jedem Kapitel. Er geht kurz darauf ein, wie der Held gezeichnet wird (welche Pose, Outfit), aber im Großen und Ganzen geht es vielmehr darum, Überlegungen anzustellen, was für einen Superhelden man erschaffen möchte, was für einen Hintergrund er hat. Was ohne Frage wichtig ist, denn nur dann kommt ein glaubwürdiger Charakter dabei heraus. Es ist nur etwas anderes, als ich erwartet hatte. Ich freute mich schon auf Schritt-für-Schritt-Anleitungen zum Zeichnen der verschiedenen Charaktertypen, also schon eher Richtung Workshop/Tutorial. Hätte ich die Möglichkeit gehabt, vorher einen Blick ins Buch zu werfen, hätte ich es vermutlich nicht gelesen. Nicht, weil es so schlecht ist, sondern weil ich mit was anderem rechnete.

Das Buch könnte in meinen Augen noch einen anderen Anwendungszweck haben: als Inspiration für Spielleiter. Wenn man die ganzen Fragen durchgeht, die in diesem Buch gestellt werden, und auf alle eine Antwort findet, hat man in meinen Augen einen gut ausgearbeiteten NSC (oder Stützpunkt, oder Begleiter …). Hier werden einfach so viele grundlegende Aspekte abgeklopft, dass man am Ende einen brauchbaren Fragenkatalog für seine NSC-Erschaffung hat. Vielleicht auch für Spieler interessant.

Preis-/Leistungsverhältnis

Wenn man das Buch mit den richtigen Erwartungen kauft, ist es ein brauchbares Werk zur Erschaffung eines eigenen Helden. Wie gesagt, es dreht sich mehr um Persönlichkeit und Hintergrund, als um eine echte Anleitung zum Zeichnen, denn das Zeichnen wird hier mit ein paar kurzen Beispielen auf wenigen Seiten abgehandelt. Das Buch hat 224 Seiten und kostet 24,99 EUR.

Erscheinungsbild

STANLEESOZEICHNETMANSUPERHELDEN_Softcover_746Das Buch ist ein Softcover im Format 21,2 x 26,6 cm. Die Seiten sind durchgehend farbig und der Comicstil zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch. Es gibt viele farbige Abbildungen und Ausschnitte aus alten Comics, die die Texte aufpeppen. Anhand der Comicschnipsel sieht man auch, wie die Comics früher so gezeichnet wurden, was ich ganz interessant fand. Das Papier ist matt, lässt sich also gut lesen.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Panini
  • Autor(en): Stan Lee
  • Erscheinungsjahr:2015
  • Sprache: Deutsch
  • Format: 21,2 x 26,6 cm
  • Seitenanzahl: 224
  • ISBN: 978-3957982483
  • Preis: 24,99 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Fazit

Wenn man keine genaue Anleitung zum Zeichnen von Superhelden erwartet, sondern eine interessante Ausführung darüber, wie man seinem Charakter eine glaubwürdige Persönlichkeit verleiht, greift man zum richtigen Buch. Ich für meinen Teil finde den Titel „So zeichnet man Superhelden“ irreführend. Klar, es wird auch auf das Zeichnen eingegangen, aber dann doch nicht soviel, wie ich es von einem Buch mit dem Titel erwarten würde. Der kleine Exkurs zu den Anfängen der Superhelden ist interessant und die Fragen und Erläuterungen geben genug Anregungen für einen eigenen Superhelden mit gut durchdachtem Hintergrund und starker Persönlichkeit. Am Ende des Buches konnte ich zwar immer noch nicht besser Superhelden zeichnen, aber ich hatte einige interessante Fakten im Kopf behalten und genug Inspiration für meine nächsten Charaktere. Wenn man bereit ist, die genannten Abstriche zu machen kann man bei diesem Buch zugreifen. Wenn man Zeichenanleitungen sucht, guckt man sich besser nach einem anderen Buch um.

Eines noch: Der Erzählstil in dem Buch ist eher locker-witzig (passend zu jemandem wie Stan Lee), allerdings weiß ich nicht, wie viel da in der deutschen Übersetzung an Wortwitz flöten gegangen ist, denn manche Passagen wirken irgendwie recht gequält lustig.

Daumen3weiblich

Artikelbilder: Panini Comics

 

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