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Zweipersonenspiele, die nur auf Karten basieren, gibt es viele. Abstrakte Spiele ebenfalls. Aber abstrakte Kartenspiele für zwei Personen? Da wird die Auswahl schon geringer. Was steckt hinter dem von Pegasus kürzlich auf den Markt gebrachten Vertreter dieses seltenen Genres? Wir haben es für euch ausprobiert.

Kartenspiele sind in den meisten klassischen Fällen wie Skat, Doppelkopf oder auch UNO eher etwas für mehr als nur zwei Spieler. Moderne Kartenspiele wie Star- oder Hero Realms, Magic: The Gathering oder Summoner Wars sind zwar durchaus auch zu zweit spielbar, erfordern aber oftmals eine ganze Menge Regeln und in den seltensten Fällen geht es darum, Stiche oder Ähnliches zu bekommen. Diese Lücke zu füllen, schickt sich nun 4 Seasons an, welches bereits im Jahr 2010 unter dem Namen Dazzle auf Japanisch erschienen ist. Die aktuelle deutsche Version stammt aus dem Hause Pegasus und hat eine grafische Generalüberholung erhalten.

Bei dieser Überarbeitung sind die Jahreszeiten zwar im Artwork durchaus erhalten geblieben, jedoch wird zu keinem Zeitpunkt klar, weswegen die Jahreszeiten hier überhaupt im Titel sind. Weder in den Regeln noch im Spiel selbst gibt es den kleinsten Hinweis darauf, was es eigentlich mit den Jahreszeiten auf sich hat.

Spielablauf

Zu Beginn des Spiels werden die Karten nach ihrer Wertigkeit sortiert. Es gibt 16 Karten vom Wert Eins, 24 Karten vom Wert Zwei und 8 Karten vom Wert Drei. Dabei ist jede der drei Wertigkeiten gleichmäßig auf die vier Kartenfarben und damit die Jahreszeiten aufgeteilt.

Die Karten jeder Wertigkeit werden gemischt und dann verdeckt auf acht Stapel verteilt. Dabei sind in jedem Stapel die zwei Einsen unten, gefolgt von drei Zweien und dann einer Drei obenauf.

Beide Spieler – denn 4 Seasons kann ausschließlich zu zweit gespielt werden – suchen sich nun drei dieser Stapel aus, legen sie übereinander und bilden so jeweils eigene Decks. Die beiden übrig gebliebenen Stapel kommen ungesehen in die Schachtel zurück und spielen in dieser Partie nicht mit.

Dann werden zwischen den beiden Spielern die vier Plastikfiguren aufgestellt, die für die vier titelgebenden Jahreszeiten stehen und die auch jeweils einer Kartenfarbe zugeordnet sind.

Es wird ein Startspieler bestimmt, beide Spieler ziehen acht Karten und dann kann das eigentliche Spiel beginnen.

Gespielt wird 4 Seasons in neun Runden. Der Startspieler bleibt dabei das ganze Spiel über derselbe. Wer am Zug ist, wählt aus seinen Handkarten zwei Stück aus und gibt diese dem Gegner. Dieser muss nun eine dieser Karten auswählen, um sie in die Mitte der Spalte der entsprechenden Farbe zu legen. Die andere Karte landet auf seiner Seite der Spalte, die dieser zweiten Karte entspricht.

Sobald beide Spieler dies getan haben, ziehen sie jeweils zwei neue Karten von ihrem Deck und die nächste Runde beginnt.

Dieses Schema wird so lange weitergeführt, bis alle Karten verteilt sind. Danach werden für jede Spalte die Punkte zusammengezählt, die die Spieler jeweils auf ihrer Seite liegen haben. Derjenige, der mehr Punkte hat, bekommt so viele Siegpunkte, wie in der Mitte der Spalte liegen. Bei Gleichstand erhält, für ein Duellspiel absolut logisch, keiner der beiden irgendwelche Punkte.

Wer nach Auswertung aller vier Jahreszeitenspalten die meisten Siegpunkte hat, ist der Sieger.

Das Spielprinzip klingt nicht nur einfach, es ist es auch. Zumindest einfach erklärt. Denn im Spiel selbst offenbart sich, dass es gar nicht so einfach ist, zu entscheiden, welche Karten man dem Gegner jeweils anbieten soll. Ebenso ist es nicht immer einfach zu entscheiden, welche Karte in die Mitte kommt, also die Siegpunkte für diese Jahreszeit erhöht, und welche auf der eigenen Seite landet, also die Chance erhöht, Siegpunkte zu erhalten.

Gerade am Anfang wirken die Entscheidungen dabei jedoch noch sehr beliebig, denn man kennt ja von den im Spiel befindlichen Karten gerade einmal acht Stück. Und da 25 Prozent der insgesamt vorhandenen Karten in jeder Partie fehlen, kann man sich sogar bis zum Schluss nicht darauf verlassen, welche Karten denn überhaupt noch kommen werden. Hierdurch wird es sehr schwierig, eine brauchbare Taktik oder gar Strategie zu entwickeln. Denn erst im Mittelteil des Spiels weiß man überhaupt erst, welche Karten vom Wert Drei man selbst dem Gegner zur Verfügung stellen muss, was die Mehrheiten in den Jahreszeiten entscheidend beeinflusst.

Die auf den ersten Blick also durchaus vorhandene Spieltiefe wird so weitestgehend dadurch zerstört, dass über weite Strecken des Spiels nicht genug Informationen vorhanden sind, um wirklich sinnvoll nachdenken zu können. Dies wird in den ersten Partien noch dadurch erschwert, dass auf Anhieb keine wirklich offensichtliche Strategie existiert und man so erst einmal vollkommen planlos vor sich hin spielt und am Ende dann eben irgendjemand gewinnt. Warum der Sieg aber an die eine oder andere Person ging, war für uns in den meisten Partien nicht wirklich ersichtlich.

Erfreulich ist, dass eine Partie von 4 Seasons lediglich 10-15 Minuten dauert. Weniger erfreulich ist, dass ein erheblicher Teil dieser Zeit dafür gebraucht wird, die Kartenstapel erst einmal zu bilden. Der Aufbau ist für ein so kurzes Spiel erstaunlich aufwändig und zeitraubend. Und wenn die Regel sagt, dass sich jeder Spieler drei der gebildeten Stapel aussucht, ist das schon ein gutes Indiz für den Rest des Spiels: Man hat eine Wahl, aber keine Ahnung, was die Auswirkungen jeder der Möglichkeiten sind.

Ausstattung

Das Spielmaterial besteht aus 48 Spielkarten und vier Plastikaufstellern, um die Jahreszeitenspalten anzuzeigen. Die Karten sind recht hübsch anzuschauen und von guter und fester Qualität. Sie erfüllen ihren Zweck im Spiel völlig problemlos. Die Plastikaufsteller sind ebenso funktional wie langweilig.

Das Regelblatt liegt in zwei Sprachen bei: Deutsch und Englisch. Die Regeln sind gut strukturiert und verständlich geschrieben.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Pegasus
  • Autor(en): Team Saien
  • Erscheinungsjahr: 2017 (Original: 2010)
  • Sprache: Deutsch / Englisch
  • Format: 17.7 cm × 12.7 cm × 3.7 cm
  • ISBN/EAN: 4250231711169
  • Preis: 9,95 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Fazit

4 Seasons ist ein Kartenspiel für zwei Personen, welches in relativ kurzer Zeit eine Menge Entscheidungen von beiden Spielern verlangt. Aber sowohl der im Verhältnis zur Spieldauer lange Aufbau als auch das durch das Spielprinzip erzwungene Fehlen vieler relevanter Informationen sorgen dafür, dass das Spiel nicht so recht zünden will. Am Ende hat einer der beiden Spieler gewonnen, aber meist weiß niemand so genau, warum eigentlich. War es Glück bei den Karten? Oder doch die getroffenen Entscheidungen?

Und wenn ja, welche der Entscheidungen waren die relevanten und welche waren egal? Im Nachhinein könnte man vermutlich eine Menge Zeit investieren, um die möglichen Strategien hinter dem Spiel zu entdecken. Aber dabei stellt sich die Frage: Weshalb? Das Spiel hat eigentlich nichts, was es wirklich interessant macht und so bleibt am Ende nur ein Lückenfüller, der ebenso schnell gespielt wie wieder vergessen ist.

Artikelbilder: Pegasus Spiele
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

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