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Der April ist ein launischer Monat, der immer wieder mit Überraschungen aufwartet. Das gilt auch für die Comicwelt der DC-Sammelbände, denn diesen Monat schwankt die Qualität der einzelnen Bände deutlich. Zwischen einem eher misslungenen Wonder Woman-Band und dem großartigen Auftakt von Batwomans neuer Soloreihe ist viel Spielraum.

Rebirth hat in den letzten Monaten Fahrt aufgenommen. Die Wiedergeburt des DC-Universums ist in vollem Gange. Deutlich sind die Veränderungen mittlerweile an allen Enden und Ecken zu spüren. Einzelne Charaktere wurden in ihrem Konzept runderneuert, andere Figuren in einen neuen Fokus gesetzt. Solche Neuinterpretationen erwarten uns diesen Monat bei Batwoman und Supermans Sohn Superboy, für die sich einiges ändern wird. Aber auch die Vergangenheit anderer Helden bekommt interessante neue Aspekte. Während wir in All-Star Batman tief in die persönlichen Hintergründe von Batman und seinem Butler Alfred Pennyworth eintauchen, erleben wir bei Green Lanterns die volle Wucht der Rückkehr von Volthoom, der ersten Lantern. Wonder Woman hingegen erlebt einen Personalwechsel, der für Diskussionen sorgen dürfte.

Haupthandlung/Metaplot

In diesem Monat schreitet der überspannende Plot der Reihen schnell voran. Superboy durchlebt einen unerwarteten Reifeprozess, die Geschichte der Lanterns verdichtet sich, Batwoman stellt den Status Quo nicht nur in Gotham in Frage. Das Herannahen von Batman Metal ist in diesen Sammelbänden noch nicht so deutlich zu spüren wie in den Heftserien, da hier die Veröffentlichungen schlicht nicht so schnell erfolgen.

Wonder Woman 4 – Das Herz der Amazone

Es ist Jagdsaison für die Heldin von Themyscira. Nur leider ist Wonder Woman nicht die Jägerin, sondern die Beute in dieser tödlichen Hatz. Mayfly, eine geschickte Assassine, und einige weitere Schurken stellen der Prinzessin nach. Für sie ist es eine echte Herzensangelegenheit, Wonder Woman zur Strecke zu bringen, denn es geht um nicht weniger als das Blut der Amazone. Dieses wird für eine Gentherapie dringend benötigt, aber in einem Umfang, den Wonder Woman nicht überleben könnte.

Angereichert ist die an sich recht interessante Story-Idee von Shea Fontana mit jeder Menge Emotion, Herzschmerz und Flirtereien. Diese wirken jedoch so plump und soapig, dass man getrost sagen kann, man merkt der Autorin ihre Vergangenheit an. Fontana schrieb bislang die DC Superhero Girls-Reihe für junge Mädchen. Die Zeichnungen von Mirka Andolfo und ihrem Zeichenteam unterstützen leider das Teenie-Feeling, das den Band durchweht. Wonder Woman wirkt wesentlich jünger, unreifer und kindlicher als im vergangenen Run von John Romita Jr. Auch die wunderschönen mystischen Elemente, die die Reihe bislang zu einer der stärksten Serien im Rebirth-  Universum gemacht hatten, sind gänzlich verschwunden. Themyscira erinnert in dieser Darstellung eher an die Kulisse einer preiswerten Teenie-Fantasy-Soap-Serie wie etwa Shadowhunters und verliert spürbar an Bedeutung im Vergleich zu den Vorgängerbänden. Das ist ein deutlicher Abstieg für Wonder Woman.

Die harten Fakten

  • Autor(en): Shea Fontana
  • Zeichner(in): Mirka Andolfo u. A.
  • Seitenanzahl: 116
  • Preis: 14,99 EUR
  • Bezugsquelle: Panini

 

Green Lanterns 6 – Am Anfang der Zeit

Am Anfang der Zeit ist ein sehr ungewöhnlicher Band für den bisherigen Verlauf der neuen Green Lanterns-Reihe um Simon Baz und Jessica Cruz. Bisher sind die beiden neuen Wächter der Erde ihrem Heimatplaneten weitestgehend verbunden geblieben. Doch diesmal geht es für beide in die kosmischen Dimensionen, die das Lanterns-Universum auszeichnen. Dort treffen sie auf die ersten sieben grünen Ringträger, mit denen sie ein eigenwilliges und bisweilen dysfunktionales Team bilden, um die Bedrohung durch Volthoom aufzuhalten. Die erste Lantern hat es auf die Phasenlantern abgesehen, ein mächtiges Artefakt, das dem Wohl des Universums dienen soll. Doch Volthoom möchte die Macht dieser Lantern für sich.

Aber Green Lanterns wäre nicht die schöne Reihe, die sie ist, wenn es nicht auch kurze Episoden mit den Familien von Baz und Jessica gäbe. Diese persönlichen Momente verleihen den Charakteren ihre Tiefe und machen sie zu liebenswerten Figuren, die sich schon nach sehr kurzer Zeit in die Herzen der Fans gekämpft haben.

Leider haben die Zeichnungen etwas an Qualität nachgelassen. Das berauschende Farbenspiel, das zur Welt der Lanterns gehört, ist zwar im vorliegenden Band wieder geschickt eingesetzt. Doch besonders die Gesichtsausdrücke und Gesten der Figuren wirken streckenweise hölzern und einen Hauch überzeichnet. Doch auch hier wartet ein Schmankerl auf die Fans: Simon kämpft in seinem Green Lantern-Anzug diesmal zwischendurch auch ohne die für ihn typische Vollmaske.

Die harten Fakten

  • Autor(en): Sam Humphries
  • Zeichner(in): Ronan Cliquet u. A.
  • Seitenanzahl: 132
  • Preis: 15,99 EUR
  • Bezugsquelle: Panini

 

Superman 4 – Schwarze Ernte

Alles ist ruhig im ländlichen Hamilton, in das sich Superman mit seiner Familie zurückgezogen hat. Der Ort ist ein Idyll amerikanischer Kleinstadtromantik. Doch dann kommen Batman und Robin zu Besuch, und das friedliche Hinterwäldlerleben findet ein jähes Ende. Bewohner verändern sich und Monster brechen aus dem Boden hervor. Im Zentrum des Geschehens scheint niemand anderer zu stehen als Supermans Sohn Jon. Doch tatsächlich zieht eine noch finsterere Macht im Hintergrund die Strippen: Manchester Black. Es gelingt ihm, Jon gegen seine Freunde und seine Familie aufzubringen. Superboy tauscht die Farben seines Vaters gegen ein tiefes, bösartiges Schwarz. Besteht Hoffnung?

Wenn sich Geschichten auf Jon El fokussieren, bedeutet das in der Regel jede Menge Spaß. Der aktuelle Superboy ist meines Erachtens nach die bisher beste und interessanteste Version des Helden im DC-Universum. Besonders schön sind seine Interaktionen mit seiner Familie und im Kontrast dazu mit seinem besten Freund Damian Wayne. Das ist auch in diesem Band wieder sehr gelungen, auch wenn der Band sich überwiegend durch einen tragischen Unterton auszeichnet. Peter J. Tomasi und Patrick Gleason zeigen großes Storytelling. 

Die Qualität der Zeichnungen variiert sehr stark. Während Doug Mahnke mit seinem jugendlichen, vom Manga beeinflussten Stil immer wieder positiv zu überzeugen weiß und die Jugend seiner Charaktere einfängt, sind Patrick Gleasons Zeichnungen erwachsener und düsterer. Leider finden sich aber gelegentlich Panels, die irgendwie unfertig und nicht ganz ausgereift wirken. Das hemmt den Lesefluss etwas.

Die harten Fakten

  • Autor(en): Peter J. Tomasi & Patrick Gleason
  • Zeichner(in): Doug Mahnke, Patrick Gleason
  • Seitenanzahl: 140
  • Preis: 16,99 EUR
  • Bezugsquelle: Panini

 

All-Star Batman 3 – Der Verbündete

Scott Snyders All-Star Batman findet mit dem dritten Band einen krönenden Abschluss. Diesmal erlaubt uns der Ausnahmekünstler, der als einer der stärksten Batman-Autoren der letzten Jahrzehnte gilt, einen tiefen Blick in die Psyche von Batmans treuem Butler Alfred Pennyworth. Alfred hat sich im Laufe der DC-Geschichte deutlich verändert. War die Figur ursprünglich nur als Gentleman’s Gentleman für Bruce Wayne gedacht, wurde im Laufe ihrer Entwicklung daraus eine Art Ziehvater, der Bruce nach dem Tod seiner Eltern Thomas und Martha Wayne großzog. Hinzu kam irgendwann eine militärische Vergangenheit, die den Butler zu einem streitbaren Verbündeten für Batman werden ließ. All diese Aspekte spielen in All-Star Batman eine große Rolle. Denn Alfred unterstützt Bruce im Kampf gegen Hush. Hush war ein alter Kindheitsfreund von Bruce, der diesen so sehr beneidete, dass er sein wollte wie er. Er richtete sein Leben danach aus und ließ sogar sein Aussehen modifizieren. Der Doppelband Batman: Hush gehört längst zu den Kultcomics im DCU. Doch diesmal steht Hush ein neuer Verbündeter zur Seite, ein Mann, der es mit Alfred Pennyworth aufnehmen könnte.

Zeichnerisch ist der Band sehr intensiv. Die Zeichnungen wirken auf positive Weise roh und ungeschliffen und erinnern an die großen Graphic Novels der 1980er und 1990er Jahre. Damit unterstützten sie perfekt die Art des Erzählens, die ebenfalls an diese große Ära erinnert. Durch die starke Ästhetik kombiniert mit dem brillanten Skript würde es mich nicht wundern, wenn dieser Band einen bleibenden Eindruck hinterließe und irgendwann zu den Batman-Klassikern gerechnet würde.

Im Anhang an die eigentliche Story findet sich eine weitere Kurzgeschichte aus der Feder von Rafael Albuquerque, die als kleiner Bonus gerechnet werden kann.

Die harten Fakten <verkürzt>

  • Autor(en): Scott Snyder, Rafael Albuquerque, Rafael Scavone
  • Zeichner(in): Rafael Albuquerque, Sebastian Fiumara
  • Seitenanzahl: 172
  • Preis: 17,99 EUR
  • Bezugsquelle: Panini

 

Batwoman 1 – Die vielen Arme des Todes

Batwoman bekommt mit diesem Band endlich ihre eigene Reihe im Rebirth-Kosmos. Kate Kane, die rothaarige Schönheit im Mantel der Fledermaus, wird uns in einer der sinnlichsten und ansprechendsten Reihen präsentiert, die das aktuelle DCU zu bieten hat. Im vorliegenden Sammelband präsentiert Panini zunächst das Rebirth Special zur Serie, das es Neulesern leicht macht, den Charakter kennenzulernen und sich auf ihn einzulassen. Anschließend setzt die eigentliche Geschichte des Bandes ein, die lose mit Batman – Die Nacht der Monster-Menschen verknüpft ist. Der Band lässt sich aber auch gut eigenständig lesen. Erfahrenen Rebirth-Lesern, die bereits mit Batman: Detective Comics und oben genanntem Sonderband vertraut sind, eröffnet sich jedoch eine breitere Ebene, die ein sehr schönes Gefühl von Kontinuität und Relevanz entstehen lässt. Kate Kane verschlägt es auf eine Mittelmeerinsel, auf der sie eine Biowaffe vermutet, die Menschen in Monster verwandeln kann. Hier erwartet sie eine Welt wie aus einem James-Bond-Film: ein lebendiger Schwarzmarkt, skrupellose Anzugträger, gefährliche Gegner und noch gefährlichere sexuelle und emotionale Verlockungen. Dabei ist die Homosexualität des Charakters sehr ästhetisch und selbstverständlich in Szene gesetzt. Bald schon findet sich Kate Kane in den Armen einer schönen Frau wieder … und im Fadenkreuz einer erbarmungslosen Killerin.

Mehrere Zeichner sind für die hier zusammengetragenen Einzelbände verantwortlich. Alle haben großartige Arbeit geleistet und ein Meisterwerk der Sinne geschaffen. Die Atmosphäre reicht von exotisch-mediterran bis gothic, und die Seiten verströmen eine Intensität, die die verschiedenen Schauplätze fast plastisch wahrnehmbar machen. Zwischendurch erwischt man sich gar dabei, dass es einem vorkommt, als zöge ein Duft von Jasmin durch den Raum. Unter den Zeichnern sticht besonders Stephanie Hans hervor, deren Part unglaublich schön, sanft und träumerisch wirkt. Diese Künstlerin versteht ihr Handwerk.

Die harten Fakten

  • Autor(en): Marguerite Bennet, James Tynion IV
  • Zeichner(in): Stephanie Hans u. A.
  • Seitenanzahl: 164
  • Preis: 17,99 EUR
  • Bezugsquelle: Panini

 

Fazit des Monats

Der April war ein sehr starker Monat mit ein paar kleinen Schwächen. Leider konnte insbesondere Wonder Woman diesmal nicht überzeugen. Der Band, der einen Personalwechsel im Kreativteam einleitete, wirkt zu sehr wie eine Teenie-Geschichte und nimmt der Amazone die Ernsthaftigkeit. Auch die Mystik des vergangenen Durchlaufs unter Greg Rucka ist leider verschwunden. Bei den Green Lanterns wurde es kosmisch und der Band hatte das Potenzial zu einem Spitzencomic, wären nicht leichte Einbußen in der Zeichenqualität wahrnehmbar gewesen. Auch Superman litt leider etwas unter seinen Zeichnern. Die an sich sehr spannende Geschichte um Manchester Black und seinen fatalen Einfluss auf Jon El reißt die Leser mit sich. Jedoch wird der Lesefluss durch einige unvollendet wirkende Panels gestört. All-Star Batman 3 weiß hingegen rundum zu überzeugen und rückt Batmans Butler Alfred geschickt in das Zentrum der Geschichte. Dieser Band hat das Zeug zum Klassiker. Besonders begeistert hat uns jedoch die wunderschöne Batwoman, die uns endlich in ihrer eigenen Serie begegnet. Dieser Band ist großes Kino, denn er zieht die Leser mit sich auf einer sinnlichen Reise zu spannenden Schauplätze. Dabei ist die Homosexualität der Kate Kane sehr geschickt und unaufdringlich in Szene gesetzt worden. Dieser Band hat mich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt.

Artikelbild: Panini Comics, Bearbeitet von Verena Bach
Diese Produkte wurden kostenlos zur Verfügung gestellt.

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