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Viele Cosplayer würden gerne ein spezielles Kostüm machen, trauen sich aber nicht. Immer wieder hört man: „Kein Talent, keine Werkstatt.“ Wie man auch ohne beides mit einfachen Mitteln etwas Passables zaubern kann, erfahrt ihr hier am Beispiel des Predators. MarCos Costumes stellt eines seiner Predator-Kostüme in diesem zweiteiligen Artikel vor:

In diesem zweiteiligen Tutorium geht es darum, von den Grundlagen bis hin zum fertigen Kostüm alles Nötige an Werkstoffen und Werkzeugen zu zeigen und eine Anleitung zu geben, nach der man sich ein solches oder ähnliches Kostüm bauen kann. Der erste Artikel beschäftigt sich dabei mit den wichtigsten Teilen des Kostüms, dem Körper und der Maske. Im zweiten Artikel folgen die Ausrüstung, die Rüstung, Details sowie Hände und Füße. Auch der Frage nach Quellen, weiteren Tipps und Alternativen wird nachgegangen.

Der Anfang

Alles beginnt mit der Bildersuche. Je mehr Bildmaterial, desto besser. Gibt es eine Action-Figur als Vorlage gibt, sollte man diese kaufen, wenn man das Kostüm so detailliert wie möglich machen möchte. Dabei kommt es natürlich auf den Hersteller an. Es ist beispielsweise unverhältnismäßig sich extra für ein Kostüm eine Hot Toys Figur für mehr als 300 Euro zu kaufen. Leider schleichen sich hier und da auch Fehler ein. Bei der Aliens-Figur Drake von Hot Toys steht fälschlicherweise “TOM” auf seiner Smart Gun, beim Filmcharakter liest man dort “MY BITCH.“ Im Allgemeinen ist die Firma Neca gut.

Wenn man eine Figur nur in Anlehnung an eine bestehende machen möchte oder keinen Wert auf Perfektion legt, ist man deutlich freier. Letzteres ist oft auch viel zu aufwendig in Zeit, Geld und Nerven, manchmal sogar unmöglich.

Hat man all sein Bildmaterial gesammelt und vielleicht eine Figur gekauft, geht es an die Auswahl der Materialien.

Materialübersicht zum Predator-Kostüm

Die Rüstung wird aus EVA-Matte gefertigt, die Armschienen bilden Coral- Waschmittelflaschen, dazu braucht man eventuell eine Hot-Wheels Abschussrampe von Amazon. Für Details benötigt man noch Marderschutzschlauch aus dem Baumarkt. Ein Paar Ledergürtel, am besten dunkelbraune, und Lederreste, zum Beispiel aus einer Polsterei, sorgen für den richtigen Lendenschurz und die Halterung für den Rückenpanzer mit Aufsatz und Plasmakanone. Eine Heißluftpistole, viel Heißkleber, Kraftkleber und verschiedene Cutter sind die Grundwerkzeuge. Dazu kommen noch drei Liter Latex, schmales Malerkrepp und Acrylfarbe (etwa 400 ml).

Die Haut wird aus einem Mr.-Incredible-Kostüm gefertigt. Ein starker Reißverschluss sollte zusätzlich gekauft und hinten in den Anzug eingenäht werden. In diversen Monster- und Horrorshops bekommt man günstige Monsterhände und -füße oder Fußüberzieher. Diese reichen völlig. Wenn man zusätzlich das Netz, das der Predator über der Haut trägt, nachahmen möchte, empfiehlt es sich einen Fishnet-Suit aus dem Erotikbereich zu verwenden. Wichtig ist, dass er ärmellos sein sollte. Den Kopf kann man aus Fugenfüllprofil 20 mm, Fugenfüllprofil 15 mm und zwei Schaumstoffmatten aus dem Baumarkt fertigen. Hochleistungsmagneten und Silikon zum Fugen abdichten sind optional. Diese braucht man nur, wenn man einen Biohelm über der Maske tragen möchte. Das ist die „Maske über der Maske“ in den Filmen.

Warum keine Kostümteile aus Resin?

Die Harzguss Teile, die man so im Netz findet, sind schwer und brechen gerne, die meisten Farben und Lacke haften schlecht an ihnen. Gerade bei bereits bemalten Teilen blättert die Farbe im Lauf der Zeit ab, wenn kein Haftgrund oder z. B. Autolack verwendet wurde. Durch ihre Kanten und ihr Gewicht scheuern die Teile die Farbe vom Anzug und den übrigen Kostümteilen ab. Worbla würde ebenfalls am Kostüm scheuern. Darum verwenden die meisten erfahrenen Kostümträger Eigenbauten aus EVA-Matten oder anderen Schaumstoffen. Farbe hält sehr gut auf den EVA Matten, die Rüstung ist sehr leicht und beständig. Eine Rüstung aus Matten zum Unterlegen für Fitnessgeräte, wie man sie von Domyos bei Decathlon bekommt, steht einer Resin- oder Latex-Rüstung in nichts nach. Richtig bemalt ist sie nicht von hochwertigen Hollywood Requisiten zu unterscheiden.

Der Körperdummy

Damit man alle Stellen des Kostüms gut erreicht, ohne es selbst ständig und stundenlang tragen zu müssen, fertigt man aus alter Kleidung oder einem Maleroverall und vielen alten Zeitungen oder ähnlichem Füllmaterial ein Körperdouble an. Ebenfalls benötigt werden drei bis vier Rollen Tape, das ruhig günstig sein kann. Erst, wenn der Dummy länger benutzt werden soll, ist das Markenprodukt wirklich besser. Das günstige Band löst sich nach ein paar Tagen oder spätestens Wochen langsam.

Man steigt in den Overall oder die Kleidung. Eine zweite Person umwickelt nun den gesamten Körper mit dem Tape (am besten die Arme hierbei ausbreiten). Auch um den Schritt muss es eng gewickelt werden, sonst sieht das Kostüm aus, als hätte man die Windel voll. Anschließend lässt man sich, durch jeweils einen Schnitt pro Extremität und entlang der Mitte des Rückens, aus dem Ganzen herausschneiden. Nun klebt man die Schnitte mit dem Tape zu und beginnt den Dummy auszustopfen, bis er prall gefüllt ist.

Der Körperdummy, auch Bodydouble genannt, ist ein Muss!

 

Die Haut

Zuerst muss man einen Reißverschluss für Jacken und Mäntel hinten einkleben oder besser einnähen. Wer möchte, kann vorne einen zusätzlichen einnähen, um im Falle des Falles nicht das gesamte Kostüm ausziehen zu müssen. Den Mr.-Incedible-Anzug zieht man über den Körperdummy. Jetzt kommt die Latexmilch zum Einsatz. Am besten ist es, die Grundfarbe gleich in die Milch zu mischen. Besser weniger als mehr: ein Verhältnis von drei zu eins (Latex zu Farbe) reicht aus. Der gesamte Anzug wird damit bestrichen. Die ersten beiden Schichten werden das Gewebe noch durchdringen und den Stoff nicht sättigen. Ab der dritten Schicht bildet sich eine immer glatter werdende Oberfläche. Am besten führt man mit einer Strichliste oder einem Würfel Buch darüber, wie viele Schichten man schon aufgetragen hat. Ab der dritten Schicht sollte man den Anzug auf die Körpermaße anpassen. Die Unterschenkel und Unterarme werden auf der Rückseite bis zum Ellenbogen, beziehungsweise bis zur Kniekehle, eingeschnitten und eng an den Dummy gelegt. Jetzt überlappt der Stoff und man fixiert ihn längs mit Malerkrepp. Anschließend den Anzug mit weiteren Schichten Latex bestreichen  – insgesamt sollten es mindestens fünf Schichten sein. Jede Schicht muss trocken sein, bevor eine weitere aufgetragen werden kann. Mit dem Malerkrepp kann man unschöne Stellen, wie sichtbare Nähte, schlechte Übergänge und Ähnliches, verschwinden lassen.

Einfach überkleben, an schwierigen Stellen auch mit mehreren Streifen übereinander, und mit Latex überpinseln. Damit das Latex schneller trocken wird, kann man den Prozess mit einem Haartrockner beschleunigen. Dabei nicht zu lange auf einer Stelle bleiben, sonst kann es Blasen werfen. Das meiste Latex klebt, wenn es frisch getrocknet ist. Die Latexmilch ändert dann die Farbe. Vorsicht bei dicken Schichten! Oft ist nur die Oberfläche trocken. Aus diesem Grund sollte man stets dünne Schichten auftragen. Darum kann man es auch benutzen, um Dinge zu kleben: Wenn man Latex übereinander legt, geht es fast nicht mehr voneinander ab. Damit das nicht versehentlich passiert, kann man es mit Talcum, Babypuder oder Silikonspray behandeln. Bevor man jedoch weiterarbeiten kann, muss alles wieder von der Oberfläche abgetragen sein. Am einfachsten ist es, mit Babypuder zu arbeiten. Das lässt sich mit einem feuchten Lappen einfach wegwischen und der Latex klebt nicht mehr. Es ist unkompliziert damit zu arbeiten, nur Mut. Nachdem das Puder weggewischt ist, kann man die Oberfläche sofort mit neuem Latex überstreichen.

Jetzt hat die Haut ihre Grundfarbe. Entweder geht man mit der Trockenbürst-Technik über das Kostüm und fügt Akzente hinzu, oder man verwendet Airbrush mit Latexfarben. Die Profis setzen per Airbrush jeden einzelnen Punkt auf Predatorkostümen – eine sehr mühselige Arbeit. Schablonen und schnelles Übermalen tun es jedoch auch. Die meisten Predators, die man in Filmen bisher sah, hatten nicht mehr als vier verschiedene Farben. Auf gar keinen Fall sollte die Farbe pur aufgetragen werden oder gar mit Lack gesprüht. So aufgebrachte Farbe wird brechen und das Kostüm ruinieren. Immer Latexfarben oder gemischten Latex verwenden! Lediglich das Aufpinseln von Farbe mittels Trockenbürsten ist unbedenklich, da die Farbe dünn und nicht flächendeckend ist.

Die Maske

Auch hier ein Wort der Warnung: Vorsicht vor den erhältlichen Lizenzmasken. Stürzt euch nicht ins Unglück! Die Faschingsmasken lassen sich nicht als Basis für ein schönes Kostüm verwenden. Vor allem ist die Erwachsenen-Maske so absurd groß, dass man einen Motorradhelm drunter ziehen muss, damit sie richtig sitzt. Kauft keine Faschingsmaske, ihr macht euch nur unglücklich.

Hierfür benötigt man zwei Schaumstoffmatten aus dem Baumarkt, so dünn wie möglich. Weiter braucht man Heißkleber, Malerkrepp schmal, Fugenfüllprofil 15 mm und 20 mm, Latexmilch, Farbe(n) für die Latexmilch, etwas Toilettenpapier, zwei bis drei Zentimeter breite Hochleistungsmagneten (zwei bis drei Stück) und Silikon zum Fugen-Abdichten.

Zuerst schneidet man einen rechteckigen Streifen Schaumstoff, der so breit ist, dass er etwa drei Zentimeter über den Augenbrauen anliegt und mit den Nasenflügeln abschließt. Er muss von der Länge genau um den Kopf passen. Als nächstes zeichnet man die Augenlöcher an und schneidet sie aus. Mit Cutter oder Nagelschere geht es gut. Jetzt zeichnet man die Umrisse der Nase ein und schneidet auch diese aus. Damit ist der Sitz der Maske geklärt. Es folgen zwei rechteckige Stücke, die etwa drei bis fünf Zentimeter breit sein sollten. Diese müssen so lang sein, dass sie neben der Nase angebracht direkt bis zum Kinn reichen und damit abschließen. Je ein Rechteck rechts und links der Nase mit Heißkleber am bisherigen Maskenteil ankleben und ein weiteres Stück als Abschluss zurechtschneiden. Das kommt dann unter das Kinn und muss trapezförmig geschnitten werden – die Seiten haben ja die hervorstehenden Unterkiefer. Mit Malerkrepp vom hinteren Teil des Kopfes bis vor die Mundöffnung das Fugenfüllprofil festkleben und vorne 10 cm lang lassen für die spätere Feinbearbeitung. Durch das Malerkrepp in den vielen Bahnen erhält die Maskenseite schon das richtige Aussehen. Mit einem oder zwei weiteren Schaumstoffteil/en kann man die Maske jetzt hinten vollständig schließen. Sie soll wie ein Helm sitzen.

Kommen wir zum Höhepunkt und Hauptblickfang – zur Stirn. Man zeichnet sich eine Stirnform auf, die in etwa einer Birne entspricht (jedoch ohne Spitze). Wenn man schon einen Biohelm besitzt, zu dem die Maske passen soll, dann ist es noch einfacher. Schaumstoff in den Biohelm legen, Maske auf Augenhöhe dazu halten und die Umrisse anzeichnen. So muss man nur noch alles ausschneiden und auf den oberen Rand der entstehenden Maske heiß-kleben. Durch zwei weitere dreieckige Schaumstoff-Stücke schließt man die Seiten und die Rückseite komplett. Die Grundform steht jetzt. Mit 15 mm Fugenfüllprofil, Malerkrepp und Toilettenpapier lassen sich die restlichen Details formen: Augenhöhlen, Mundpartie, Zahnansätze des Kiefers und Mundöffnung.

Nachdem alles so aussieht wie man es sich vorstellt wird alles mit Latexmilch bestrichen, am besten schon in der Grundfarbe des Kostüms. Das macht man so oft, bis die Oberfläche glatt aussieht und es keine Kanten oder unschönen Übergänge mehr gibt. Wer zum Sichern eines Biohelms mit Magneten arbeiten möchte, sollte je einen auf den beiden oberen Ausläufern (Ecken gibt es ja keine also die runden Ecken sind gemeint) anbringen und einen über den Augen in der Mitte, genau dort wo die Stirn beginnt. Mit Silikon aufdrücken, mit Malerkrepp überkleben, Toilettenpapier darüberlegen und mit Latex bestreichen. Hier sollten es mindestens vier dicke Schichten sein, aber nicht viele mehr, sonst wird es zu klobig.

Silikon kommt auch zum Haare Ankleben wieder zum Einsatz. Die Haare werden aus 20 mm Fugenfüllprofil gemacht. Damit diese richtig fallen, werden sie am Ansatz in einem steilen Winkel angeschnitten. Das untere Ende einer Dread-Locke föhnt man kurz an, bis es sich zusammenzieht. Reicht der Föhn nicht aus, nimmt man eine Heißluft Pistole. Damit man sich jetzt nicht ewig mit Latex abmühen muss kommt hier das Plasti Dip zum Einsatz: Jede Locke in zwei Schichten besprühen und man ist fertig. Sie sollen ja einfach nur schwarz sein. Latex braucht lange bis es deckt, ist im Vergleich sehr schwer und klebt, bis es mit Silikonspray oder Talcum bearbeitet wurde – so macht es keinen Spaß 60 Locken zu produzieren. Mit Plasti Dip ist das in ungefähr einer Stunde erledigt. Weniger als 40 Haarlocken sehen nicht gut aus. Das wirkt mit weniger Haaren wie der Chemo-Predator. Für die Ansätze vorne an den Seiten sehen kurze und dünnere Haare besser aus. Dort ist 15 mm Füllprofil gut geeignet. Damit die Haare nicht abstehen, werden sie in einem steilen Winkel angeschnitten, dabei wird jedoch die obere Reihe etwas weniger steil angeschnitten, damit diese Dreads über die unteren fallen können. Mit der obersten Reihe zu beginnen erschwert die Arbeit enorm. Also markiert man zuerst alle Positionen, wo Dreads hinsollen und welche und fängt dabei mit der untersten Reihe an. Insgesamt sind für eine Predatormaske zwischen 40 und 60 Haare auf drei Reihen aufgeteilt ein gutes Maß.

Jetzt zum Helm über der Maske. Wer hier einfach sehr gute Ergebnisse möchte, kauft sich einen Biohelm, trägt den über der Maske und es sieht aus wie die hochwertigen Masken. Für etwa 100 bis 150 Euro bekommt man zum Beispiel auf Ebay schon welche oder beim Predator Clan Germany.

Im nächsten Teil

– geht es mit der Rüstung weiter. Die Hände und auch Füße werden besprochen. Dazu kommen noch Kostümdetails, wie Knochenkette, Halsring und Alternativen dazu – alles zum selbst herstellen.

Artikelbilder & Fotografien: Marc Baecker
Predator ist ein eingetragenes Markenzeichen von 20th Century Fox

 

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