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Trommeln, rhythmische Gesänge und ein Hauch von Weihrauch in der Luft: So sehen schamanische Rituale oft aus, um die Geister anzurufen und um Schutz zu bitten. Sowohl optisch als auch akustisch wird oft viel geboten. Doch was steht hinter dem Spiel mit Geistern und Mystik?

Ebenfalls erschienen in der Serie „Stereotypen im LARP“:

Schamanen werden im LARP nicht häufig angetroffen, aber einige gibt es durchaus. Ebenso vielfältig, wie die Darstellung aller anderen Klassen im LARP ist, so vielfältig ist auch die Darstellung von Schamanen.

Man kann jedoch grundlegend feststellen, dass es zwei häufige Arten der Darstellung gibt. Auf der einen Seite hat man die Tier- oder Elementschamanen, die selbst ein Totemtier oder -element haben und sich von diesem leiten und führen lassen. Auf der anderen Seite gibt es Schamanen, die direkter mit den Geistern kommunizieren, ohne Totemtier als Bindeglied.

Meist kann man Schamanen als Magiewirker einordnen, wobei sich hier die Geister scheiden, ob ein Schamane eher als Magier oder Kleriker gesehen werden sollte. Mehr dazu unten.

Historischer Ursprung

Der Begriff Schamane kommt aus den tungusischen Sprachen und wird verwendet, um ganz unterschiedliche spirituelle, religiöse, heilerische oder rituelle Spezialisten unter einem Begriff zusammenzufassen. Sie werden auch als Vermittler zur Geisterwelt gesehen.

Tungussicher Schamane
Tungusicher Schamane

Schamanen sind nicht selten geistige Führer von Stämmen und Volksgruppierungen, sie werden geachtet und ihr Rat geschätzt. Gerade der ihnen zugeschriebene Kontakt zur Geisterwelt kann sie zu fähigen Beratern machen, da sie Omen deuten können, aber auch Warnungen und Nachrichten von den Geistern erhalten.

Der Begriff des Schamanen wird dabei sehr übergeordnet für verschiedenste Ausprägungen geistiger Führer – meist in asiatischen Regionen – verwendet. Dies wird teils stark kritisiert, da es viele, sehr unterschiedliche spirituelle Ausprägungen über den gleichen Kamm schert.

Noch heute gibt es Volksstämme, die Schamanen haben, zum Beispiel die tungusischen Völker Sibiriens. Auf der anderen Seite gibt es aber auch esoterische Ströme, die sich als Schamanen bezeichnen und auf unterschiedlichste Arten und Weisen Hilfe im Alltagsleben anbieten. Dabei ist dies manchmal durchaus ähnlich, oft aber sehr anders als die Darstellung von Schamanen im LARP.

Über verschiedene Onlinepräsenzen „professioneller“ Schamanen kann man sich gute Ideen und Anregungen für die Darstellung im LARP holen, sollte aber dabei auch die eigentliche Grundlage nicht außer Acht lassen.

Frühe sibirische Darstellung eines Schamanen
Frühe sibirische Darstellung eines Schamanen

Der Schamane im LARP

Im LARP hat ein Schamane nicht unbedingt die Rolle eines spirituellen Führers, ist aber häufig ein gern gesehener Ratgeber. Auch hier kann der Schamane Hinweise und Rat aus der Geisterwelt erfragen und steht häufig auch in einer engen Bindung zur Natur.

Als Naturwirker ist er den Elementen sehr nahe und manchmal auch auf Hilfe durch die Geisterwelt angewiesen, um Magie zu wirken. Hier kommt es jedoch auf die eigene Überzeugung an: Ein Schamane kann durchaus als Magier gesehen werden, wenn er die Energien und Magie grundsätzlich selbst formen und leiten kann. Jedoch gibt es auch Schamanen-Spieler, die dafür die Geister und Götter der Natur benötigen und daher eher als Kleriker gelten. Es ist also eigene Definitionssache, wo man sich einordnet – oder ob man sich überhaupt einordnet.

Tiertotem oder kein Tiertotem?

Grundsätzlich gibt es sehr häufig Tierschamanen. Mir persönlich sind bisher auch mehr Tierschamanen als Schamanen ohne Totem begegnet. Ein Totem kann eine Menge Spiel bieten und ist als Führer in der Welt der Geister sehr praktisch. Ohne ist es nur schwer möglich zu verstehen, was die Geister mitteilen wollen.

Eine Widderschamanin © Kira Hagen
Eine Widderschamanin © Kira Hagen

Dabei ist es sehr wichtig, dass man als Schamane darauf achtet, ein Totemtier zu wählen, das zum Charakter passt. Es gibt zwei Herangehensweisen an das Thema: Will man direkt als Schamane ins Spiel starten, sollte man im besten Fall den Charakter um das Totemtier herum aufbauen. Charaktereigenschaften des Tieres und der Rolle sollten zusammenpassen, und auch optisch darf es gern auftauchen – jedoch trägt ein Schamane möglichst selten oder besser nie Teile seines Totems am Körper (etwa in Form von Fell oder Klauen). Bilder, Stickereien oder nachgebildete Teile sind jedoch durchaus möglich. Dabei ist das Aufnehmen des Totemtiers in die Gewandung eher optional als Pflicht.

Die zweite Herangehensweise an die Wahl des Totemtiers ist nützlich für bestehende Charaktere, die den Weg zum Schamanen einschlagen wollen. Dabei sollte man darauf schauen, was den eigenen Charakter ausmacht, welche Eigenschaften und Ideale ihn prägen und was die Ziele sind, die man verfolgt. Ausgehend davon kann man dann ein Totem wählen und sehr viel Spaß damit haben, seinen Weg im Schamanismus zu beschreiten.

Nützlich ist es, sich erfahrene Schamanenspieler zu suchen, die im Spiel Wissen vermitteln und helfen, die ersten Schritte auf diesem Weg zu gehen. Denn es sollte nicht einfach sein, die Geister zu verstehen, und es braucht ein wenig Zeit, sich einzufinden. Wobei ein solches Gespann sich nicht als „Lehrer“ und „Schüler“ beschreiben würde, wie man es zum Beispiel klassisch von einer Magier-Ausbildung kennt. Dergleichen ist bei Schamanen lockerer und weniger starr als ein Lehrer-Schüler-Verhältnis.

Als Alternative zu einem Tier kann auch ein Element als Totem dienen. Hier gibt es eine unglaubliche Vielzahl an Möglichkeiten, welche verschiedene Spieloptionen eröffnen. Am besten überlegt man sich vorher, ob man Spaß daran hat und es auch wirklich umsetzen kann. Ein Schamane, der sein Totem nicht gut repräsentiert, sollte vielleicht die Wahl seines Totems im Nachhinein überdenken. Denn so, wie man sich charakterlich wandelt, so kann auch ein Totem sich wandeln.

Der Kontakt zur Geisterwelt

Meist hat ein Schamane keine Standleitung in die Welt der Geister. Zwar ist bei einem Schamanen mit Totemtier dieses stets präsent und nicht selten auch ein Wächter des Geistes des Schamanen, aber den Kontakt zum Rest der Geisterwelt muss er meistens aktiv suchen.

Was er da wohl vor hat? © Hannah Gritsch
Was er da wohl vor hat? © Hannah Gritsch

Dies ist auch ratsam, denn die Stimmen der Geister können verwirrend und auch sehr „laut“ im eigenen Kopf sein. Dabei spricht man hier nicht allgemein von allen Geistern, sondern meistens lediglich von den Geistern der Natur. Diese sind also keine Toten, sondern natürlich entstandene Mächte und Entitäten, die einen Ort erfüllen. Sie können auch böser oder schädlicher Natur sein, weshalb von einem ständigen Kontakt zur Geisterwelt auch eher abzuraten ist.

Um also Kontakt zur Geisterwelt herzustellen, braucht ein Schamane in der Regel Ruhe und nicht selten berauschende Mittel. Wobei hier eher die Rede von Drogen wie Pilzen, Kräutern oder Räucherwerk ist als von Alkohol. Tatsächlich kann Alkohol den Geist vernebeln und unempfänglicher für die Nachrichten aus der anderen Sphäre machen.

Manch ein Schamane nimmt außerdem auch eventuell eine Trommel, eine Rassel oder andere rhythmische Instrumente zur Hilfe oder singt gar. Das bietet auch eine Show für Außenstehende. Man kann jedoch auch einfach meditieren, bietet dadurch aber weniger für andere.

Begibt sich ein Schamane also mit seinem Geist – oder dem seines Totems – auf die Ebene der Geister, kann ihn dies sehr verletzlich machen. Er ist anfällig für negative Einflüsse dieser Welt und hat nur seinen geistigen Körper, mit dem er sich schützen kann. Hier kann das Totem als Schutz fungieren, denn es wird den Geist seines Schamanen mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln verteidigen. Dabei ist oft ausschlaggebend, wie lange der Schamane diese Bindung bereits hat, denn je älter sie ist, desto stärker ist die Verbindung zu seinem Tier.

© Kira Hagen
© Kira Hagen

Die Geister kommunizieren nun in der Regel nicht in einer normalen, für Ungeübte verständlichen Sprache. Es bedarf Übung, um sie wirklich zu verstehen, und manchmal kommunizieren sie auch gern in Bildern. Der Vorstellungskraft des Spielers sind dabei keine Grenzen gesetzt.

Vorsicht ist auch geboten, wenn man Kontakt zu den Geistern besonders machtvoller, magischer Orte aufnehmen will. Zwar sind diese nicht unbedingt schädlich, aber doch häufig am schwersten zu verstehen und zu interpretieren. Erinnerungsträchtige Orte, wie ein Schlachtfeld, auf dem viele gestorben sind, können einen Schamanen sogar sehr unvorbereitet und emotional treffen. Gerade ein Ort vieler Tode ist zum einen kraftvoll und zum anderen sehr aufgeladen mit traurigen und negativen Emotionen, die die Geister des Ortes beeinflussen können.

Um mit den Geistern in Kontakt zu treten, kann man aber auch Runen oder Knochen werfen und diese entsprechend interpretieren. Wichtig ist hier vor allem, dass man sich ein schlüssiges System zum Lesen eben dieser überlegt, das man sich auch merken kann.

Ratgeber, Vermittler, Berater – aber kein Prediger

Im Spiel hat ein Schamane viele Funktionen, die Spielangebot sind. Als Naturwirker ist ein Schamane auch meistens ein durchaus fähiger Ritualteilnehmer, dies ist aber eher eine Nebenerscheinung der eigentlichen Rolle.

Ta'kijk - Eine Krähenschamanin © Laura Dümpelfeld
Ta’kijk – Eine Krähenschamanin © Laura Dümpelfeld

Wie schon erwähnt, dienen Schamanen oftmals als Ratgeber, sowohl in spirituellen Belangen als auch in persönlichen. Dabei können Runensteine oder Knochen zurate gezogen werden, oder auch einfach die spezielle Lebenserfahrung des Schamanen, die aus dessen Nähe zur Natur rührt.

Ein Schamane kann auch als Vermittler fungieren, bei Fragen, die ein anderer an die Welt der Geister richten möchte.

Zudem kann ein Schamane auch in vielen magischen Belangen helfen, heilen oder Analysen durchführen. Aber auch hier kommt es eben darauf an, was man spielen möchte und was man anderen anbieten will.

Was ein Schamane aber eigentlich nie ist, ist ein Prediger. Er kommt nicht, um die Botschaft von Mutter Natur zu bringen oder zu missionieren, hält keine Andachten und verteilt keine Segen. Jedoch glaubt er sehr häufig selbst an die Geister und Götter der Natur.

Fazit – der Schamane im Spiel

Ein Schamane bietet also sehr vielfältige Anspielmöglichkeiten und kann je nach Ausrichtung unterschiedliche Positionen in einer Gruppe einnehmen.

Manchmal ist er charakterlich durchaus schwierig, da er durch den Kontakt zu anderen Sphären Dinge anders sieht und versteht. Manch einer ist konstant auf einem kleinen Drogenrausch oder sehr wechselhaft in seinem Verhalten, da sein Totem ihn von Zeit zu Zeit beeinflusst.

Grundsätzlich kann er aber eine Bereicherung für jede Gruppe sein, und gerade wenn man eine naturnahe Stammesgesellschaft oder Volksgruppierung bespielt, ist ein Schamane als spiritueller Führer der Gruppe nahezu unabdingbar.

 

Artikelbild: GamiliaPhotography, Bearbeitet von Verena Bach

7 Kommentare

  1. „Um also Kontakt zur Geisterwelt herzustellen, braucht ein Schamane in der Regel Ruhe und nicht selten berauschende Mittel. Wobei hier eher die Rede von Drogen wie Pilzen, Kräutern oder Räucherwerk ist als von Alkohol. Tatsächlich kann Alkohol den Geist vernebeln und unempfänglicher für die Nachrichten aus der anderen Sphäre machen.“

    Dennis Saler TrolHel Darkspawn Vor allem letzteres halte ich für ein Gerücht :P Alkohol ist unabdingbar für guten Troll-Schamanismus!

    • Ist eher nur in einer einzigen Richtung, dem Totemismus so.. fast alle anderen Strömungen sehen das anders bzw. gehen nicht darauf ein. Gerade bei vielen der naturvölkischen Spielgruppen auf Mythodea ist es auch meiner Erfahrung nach nicht so und es wird eher sogar das Gegenteil zelebriert: Man trägt Fetische und Reliquien des gewählten Tieres.

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