Kaum eine öffentliche Persönlichkeit ist so in der Cosplay-Kultur verankert wie Yaya Han. Die Amerikanerin blickt in ihrem Buchdebut auf über 20 Jahre in der Szene zurück – und gibt Tipps für all jene, die noch ein Teil von dieser werden wollen. Wir haben uns das Werk angeschaut.
Cosplay-Historiographie, Memoiren und jede Menge praktische Tipps für Cosplay-Anfänger: All diese Dinge finden sich in Yaya Han’s World of Cosplay. Daher kann man es nicht so richtig in ein Genre einordnen. Nur eines ist klar: Es ist ein Buch aus der Mitte der Szene, geschrieben für Cosplayer und die, die es noch werden wollen.
„Your one-stop cosplay resource” – so beschreibt der Klappentext das Werk. Cosplay-Anfänger sowie Alteingesessene sollen in dem Buch etwas für sich entdecken können, und das auf unter 250 Seiten. Kann Yaya Hans Erstlingswerk dieses Versprechen halten?
Inhaltsverzeichnis
Die Autorin
Yaya Han ist eine amerikanische Cosplayerin und Entrepreneurin. Die gebürtige Chinesin wanderte im jugendlichen Alter mit ihrer Mutter nach Deutschland aus, nur um wenige Jahre später den Sprung nach Amerika zu wagen.
Als eines der bekanntesten Gesichter und renommierter Gast der Cosplay-Szene besucht sie zahlreiche internationale Conventions. Sogar in amerikanischen TV-Formaten war Han schon zu sehen, wie zum Beispiel in dem Reality-TV-Format Heroes of Cosplay des Channels Syfy. Zusätzlich betreibt sie eine eigene Stoff- und Kurzwarenkollektion und erstellt Schnittmuster für Cosplayer. Der Name Yaya Han ist längst zu einer Marke der (vor allem westlichen) Szene geworden.
Mehr über die Autorin und ihre zukünftigen Projekte erfahrt ihr auf yayahan.com.
Inhalt
Yaya Han verknüpft in diesem Buch ihren eigenen Werdegang, nämlich den einer Immigrantin, die durch die Cosplayszene ihren Platz in der Welt findet, mit allgemeinen Beobachtungen zur Cosplay-Szene. Ihre Leser bekommen dadurch einmalige Einblicke in das Leben eines der bekanntesten Gesichter ebendieser.
Während die persönliche Story Yaya Hans gerade zu Beginn leider sehr kurz kommt, sind die Szenebeobachtungen schon deutlich ausführlicher gestaltet. Verständlicherweise verwischen diese Grenzen im weiteren Verlauf sehr stark. Am Ende fügen sich alle Fäden wieder zusammen und wir bekommen doch noch einmal einen tieferen Einblick in den Effekt, den Cosplay auf das persönliche Leben der Autorin genommen hat. Man schließt das Buch dennoch mit dem Gefühl, dass an dieser Stelle noch nicht alles erzählt wurde. Das Interesse an der Person, die hinter der Marke Yaya Han steckt, wurde definitiv geweckt.
Wer stattdessen lieber einen fundierten Blick über die Kultur rund um Cosplay gewinnen möchte, der liegt mit diesem Buch goldrichtig. Ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, seziert Han die einzelnen Aspekte der heutigen Community. Die Autorin scheut sich nicht, Probleme anzusprechen und sich zu positionieren. Mobbing und Blackfacing sind nur zwei der unbequemen Themen, die sie sehr professionell und wohlwollend gegenüber den „Schuldigen“ bespricht. Dabei fällt Han immer wieder auch auf eigene Erfahrungen zurück – ein kluger Schritt. Die persönlichen Eindrücke hinterlassen ein eingängiges Gefühl beim Leser, das eine neutralere Erzählung vermutlich nicht geschaffen hätte.
Das Buch möchte sich auch an Anfänger richten. Dafür sammelt Han Tipps und Tricks für einen gelungenen Start. Diese Tipps, die mit Yaya’s Advice betitelt werden, sind über das ganze Buch verstreut und reichen von Nähen und Basteln bis hin zu professionellem Cosplay. Hier wird die Ambivalenz der Leseransprache jedoch zu einem zweischneidigen Schwert. Während schon etwas erfahrenere Cosplayer kaum etwas aus den Tipps ziehen können, kann die schiere Menge an Beschreibungen auf vergleichsweise wenig Platz für absolute Anfänger überwältigend sein. Han betont immer wieder, dass es für den Anfang nicht alles an Hilfsmitteln braucht, die in dem Buch gelistet sind. Hier scheint eine Liebe zum Detail durch, die an dieser Stelle nicht hundertprozentig zielführend ist.
Einer der spannendsten Inhalte des Buches ist Hans Perspektive zu dem Thema Cosplay als Geschäftsmodell. Die Autorin legt detailliert dar, welche Höhen und Tiefen es auf ihrem Weg zum Erfolg in einer so jungen und instabilen Branche gab. Diese einmaligen Einblicke sind besonders hilfreich für diejenigen, die diesen Weg selbst gehen wollen. Die Spitze des Themas bildet Kapitel 16: Cosplay as a Career: Forging your own Path. Hier werden die verschiedenen Wege beschrieben, mit denen man als Mitglied der Szene zu finanziellem Erfolg kommen kann. Die Entmystifizierung dieses Bereiches ist ein wichtiger Schritt zu einer gestärkten professionellen Community, welcher Han an dieser Stelle sehr offen entgegentritt und zu unterstützen versucht.
Schreibstil
Das Buch ist in einem sehr faktischen Sprachstil geschrieben. Han begegnet ihren persönlichen Erfahrungen mit einer gewissen Distanz. Während sie sich zwar nicht scheut, sich Emotionen einzugestehen, werden diese recht neutral dargestellt. Das Buch möchte kein Mitleid erregen – eher im Gegenteil: An den Stellen, in denen es darum geht, Anfänger willkommen zu heißen, wird der Ton stets positiv und drückt erfolgreich die „Alles kann, nichts muss“-Mentalität aus.
Erscheinungsbild
Das Cover zeigt – wie sollte es anders sein – die Autorin in einem ihrer zahlreichen Kostüme. Im Buch erfahren wir, dass hier ein eigener Charakter Hans dargestellt wird. Das ergibt Sinn, soll das Buch doch genau diese Brücke schlagen zwischen Person und Szene.
Auch im Inneren ist das Buch vollfarbig bebildert. An Beispielfotos und Illustrationen wird nicht gespart, diese sind hochwertig abgedruckt. Das Erscheinungsbild des Buches kann vollkommen überzeugen.
Die harten Fakten:
- Verlag: Sterling Publishing
- Autor(en): Yaya Han
- Erscheinungsdatum: 04. August 2020
- Sprache: Englisch
- Format: Softcover
- Seitenanzahl: 244
- ISBN: 978-1-4549-3265-9
- Preis: 16,25 EUR (Print) + 7,56 EUR (E-Book), Stand: 26.07.2020
- Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo
Fazit
Yaya Han’s World of Cosplay ist ein Buch aus der Szene für die Szene. Wer sich schon ein paar Jahre in dieser bewegt, wird sich häufiger dabei wiederfinden, bestätigend zu nicken. Man muss hierfür auch kein Fan der Autorin sein, denn ihre Expertise kann man nicht abstreiten. Vor allem diejenigen, denen die Idee des „Amerikanischen Traums“ zusagt, finden sich nach Ende der Lektüre vielleicht sogar als ein solcher Fan wieder.
Ob auch absolute Anfänger den vollen Nutzen aus dem Buch ziehen können, ist allerdings zu bezweifeln. Wer noch nie selbst in einem Cosplay gesteckt hat, könnte Schwierigkeiten damit haben, sich mit den Erzählungen zu identifizieren. Die Tipps sind zu breit gefächert und wirken teilweise überwältigend, ohne erfahreneren Cosplayern Mehrwert zu bieten.
Wir gehen trotzdem sehr positiv aus der Lektüre. Es ist vor allem für die westliche Cosplay-Community ein einmaliger Einblick, den Yaya Han ihren Lesern bietet. Diese Chance sollten alle, die sich für die Kultur hinter dem Hobby faszinieren, definitiv ergreifen.
Artikelbilder: © Sterling Publishing
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Lukas Heinen
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