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Mit Monster Hunter kommt nun auch der neuste Film von Paul W. S. Anderson, nachdem er seine Resident Evil-Reihe abgeschlossen hat. Die Verfilmung zur gleichnamigen Videospielreihe ist eine Koproduktion zwischen Kanada, Südafrika, China und Japan. Hier kommt eine Gruppe Soldat*innen in eine fremde Welt voller Monster.

Was lässt sich zu Paul W. S. Anderson und seinen Filmen sagen? Viele hassen ihn, nur wenige lieben ihn, aber das Interesse hat immerhin für ganze sechs Filme der Resident Evil-Reihe ausgereicht. Nachdem die Zombiefilme nun ihr Ende gefunden haben (und direkt vom nächsten Regisseur neu interpretiert werden) widmet sich Anderson der nächsten Videospielverfilmung: Monster Hunter. Wie schon bei seiner letzten Reihe ist wieder seine Frau, Milla Jovovich, in der Hauptrolle.

Entsprechend hatten sich die ersten Meinungen zu diesem Film wahrscheinlich schon gebildet, noch bevor der erste Trailer herauskam. Dies hängt natürlich eng damit zusammen, dass die Resident Evil-Filme dem Quellmaterial nicht besonders treu waren. Entsprechende Befürchtungen kamen auch bei Monster Hunter schnell auf, als der Trailer moderne Militärfahrzeuge zeigte.

Doch wie ist der Film nun wirklich? Ist er zu empfehlen?

Story

Captain Artemis ist zusammen mit ihrem Team der Sicherheit der Vereinten Nationen unterwegs, um ein vermisstes Team zu finden. Der letzte Funkspruch der Vermissten sprach von einem Sturm, den jedoch niemand aufgezeichnet hatte. Tatsächlich findet Artemis‘ Team die Spuren der verlorenen Fahrzeuge, doch diese enden einfach mitten in der Steinwüste. Da bricht auch über die Gruppe ein plötzlicher Sturm herein und als sich dieser klärt, findet das Team sich zwischen Sanddünen wieder.

Das Team weiß nicht ganz, wie ihm geschieht. GPS und Kompass funktionieren nicht länger und auch mit dem Funkgerät kann die Gruppe niemanden erreichen. Noch dazu findet sie die verschwundenen Soldat*innen, doch deren Körper und Fahrzeuge sind komplett verbrannt. Da ihm sonst nichts übrig bleibt, beschließt das Team, sich auf die Suche nach Zivilisation zu machen.

Weit kommt die Truppe allerdings nicht, denn schon bald wird sie von einem riesigen Ungeheuer, das scheinbar unter dem Sand lebt, angegriffen. Die Soldat*innen entkommen nur knapp, indem sie auf einen Berg flüchten, nur um kurz darauf von spinnenartigen Kreaturen angegriffen zu werden. Am Ende kommt Artemis in einem Kokon zu sich, umgeben von den Leichen ihrer Teammitglieder. Sie schafft es, den Spinnenwesen zu entkommen, doch mittlerweile ist eines klar: Sie ist nicht länger in ihrer Welt und muss einen Weg finden, in diese zurückzukommen.

Dabei hilft ihr ein fremder Mann, der scheinbar aus dieser neuen Welt stammt und genau wie sie von dem im Sand lebenden Diablos – ein riesiges, dinoartiges Monster – auf dem kleinen Berg gefangen gehalten wird. Sie müssen sich zusammentun, um dem Berg zu entkommen und zu ihrer jeweiligen Heimat zurück zu gelangen.

Um es kurz zu machen: Dramaturgisch ist der Film absolutes Chaos. Er hat keine wirkliche Aktstruktur, keinen richtigen Spannungsbogen und viel wichtiger noch: kein richtiges Ende. Stattdessen bricht er irgendwann ab; frei nach dem Motto: „War schön. Schaut euch die Fortsetzung an! Die kommt dann auch irgendwann.“

Darüber hinaus ist es wirklich schwierig, etwas über die Handlung des Films zu sagen, denn besonders viel Inhalt gibt es da nicht. Im Groben hat er den Aufbau eines Isekai: Menschen gelangen in eine andere Welt und wollen wieder zurückkommen. Dabei spielt die Mechanik, wie sie in die Welt gekommen sind, durchaus eine Rolle, wird allerdings nicht wirklich vertieft – wie praktisch keines der Weltenbauelemente.

Isekai ist ein Subgenre der Portal Fantasy, das sich vor allem in japanischen Medien wie Light Novels, Anime und Manga findet. Das Kernthema der Geschichten ist immer, dass eine oder mehrere Personen aus unserer Welt in eine andere, fantastische Welt gelangen. Je nach Geschichte kann es sein, dass sie sich damit abfinden oder versuchen, in ihre eigene Welt zurück zu gelangen.

Es ist schade, dass wir die Figuren, die wir am Anfang des Films kennenlernen – das Soldat*innenteam rund um Artemis – nicht lange begleiten. Denn diese hatten zumindest ein paar Charaktereigenschaften und Dynamik untereinander. Für sich stehend ist Artemis vorrangig taff und nicht viel mehr. Dabei hilft es der Charakterausarbeitung nicht, dass sie und der Mann aus der neuen Welt keine Möglichkeit haben, miteinander zu kommunizieren. Sie sprechen nicht dieselbe Sprache. Dies ist zwar durchaus realistisch, sorgt aber eben dafür, dass die Interaktionen relativ monoton ablaufen.

Es hilft auch nicht, dass die Motivationen nur vage gehalten sind. Dies hängt auch damit zusammen, dass Artemis nicht genug über die neue Welt versteht, in der sie gelandet ist, um konkretere Ziele als „Ich gehe jetzt dahin“ zu fassen.

Figuren & Darsteller*innen

Viele nennenswerte Figuren hat dieser Film nicht vorzuweisen. Er konzentriert sich vorrangig auf Artemis und den Mann, der nur den Namen „Hunter“ bekommt.

Hauptfigur Artemis wird von Milla Jovovich gespielt. Wer die Resident Evil-Filme gesehen hat, weiß, was man von ihr unter der Regie ihres Mannes erwarten kann: Sie gibt ein sehr solides Bild in den Actionszenen ab, hat aber nicht genug Tragweite, um die dramatischeren Szenen überzeugend darzustellen. Zu ihrem Glück gibt es davon nicht allzu viele. Stattdessen spielt der Film auf ihre Stärke, eine Action-Heldin überzeugend darzustellen.

In Bezug auf das Drehbuch ist auffällig, dass Artemis bei weitem nicht so übermächtig ist, wie wir es von Alice aus den Resident Evil-Filmen kennen. Tatsächlich spielt sie einfach nicht ganz auf demselben Level wie Hunter und der später eingeführte Admiral.

Die nächste Figur ist der namenlose Mann, den Artemis in der neuen Welt trifft und der im Abspann nur als „Hunter“ genannt wird. Er wird vom thailändischen Kampfkünstler und Schauspieler Tony Jaa dargestellt. Da die Figur keine Sprache spricht, welche die Zuschauer*innen verstehen könnten, ist es schwierig, viel zu seiner schauspielerischen Leistung zu sagen. Er bringt die notwendigen Aspekte seiner Rolle auf jeden Fall ausreichend gut herüber und macht ebenfalls einen sehr guten Eindruck in den Actionszenen.

Die letzte nennenswerte Figur in diesem Film hat ebenfalls keinen Namen und wird in den Credits nur als „Der Admiral“ bezeichnet. Sie wird von Ron Perlman gespielt, kommt allerdings erst im letzten Drittel des Films so wirklich vor. Leider wird Perlman hier erst gar nicht die Möglichkeit gegeben, sein schauspielerisches Können unter Beweis zu stellen, da die Figur keine dramatischen Szenen hat und effektiv nur in ein paar Kämpfen eine Rolle spielt. Dabei sei gesagt, dass die Motivation der Figur sehr undurchsichtig geschrieben ist, aber filmisch gesehen funktioniert es natürlich wunderbar, Ron Perlman eine gigantische Axt in die Hand zu drücken und ihn damit Drachen verprügeln zu lassen.

Inszenierung

Kommen wir damit zu dem Teil des Film, der mit Abstand am besten funktioniert hat: die Inszenierung. Denn genau hier kann der Film wirklich punkten.

Wie schon vorherige asiatische Produktionen vor ihm zeigt auch dieser Film, dass es in Asien möglich ist, überzeugende Spezialeffekte für einen Bruchteil des Budgets zu produzieren, welches amerikanische Produktionen verbrauchen. (Was das für die Arbeitsbedingungen heißt, sei an dieser Stelle dahingestellt.) Die Monster sehen wirklich großartig aus, fügen sich perfekt in ihre Umgebung ein und wirken einfach überzeugend.

Auch andere größtenteils computergenerierte Segmente sehen wirklich beeindruckend aus und können mit einigem Spektakel punkten.

Das führt dazu, dass die Action in diesem Film wirklich überzeugt. Auch wenn die Handlung des Films nicht wirklich durchdacht ist, funktioniert der Film einfach, sobald es einmal daran geht, dass ein paar kleine Menschen auf gigantische Monster eindreschen.

Leider hat der Film dieselbe Schwäche, die wir schon aus Andersons anderen Filmen kennen: Der Schnitt in den Actionsequenzen ist viel zu schnell, viel zu verwirrend. Die wichtigen Elemente bleiben zwischen den Schnitten nicht an derselben Stelle, so dass es schwierig ist, der Action zu folgen. Das sorgt dafür, dass es manchmal etwas braucht, um zu verstehen, was gerade eigentlich passiert. Das funktioniert in den Kämpfen gegen die großen Monster besser, in denen es letzten Endes egal ist, welches kleine Menschlein gerade auf das Monster eindrischt – zumal sie an den Waffen gut unterscheidbar sind – aber in anderen Actionsequenzen ist es leider schwer, der Handlung zu folgen.

Requisiten und Kostüme zu bewerten ist bei Monster Hunter schwierig: Sehen sie realistisch aus? Nein. Sehen sie aus, wie das Spiel es vorgibt? Ja. Denn diese Fragen sind einer der wenigen Aspekte (abseits der Monsterdesigns), wo der Film wirkliche Treue zu seiner Vorlage zeigt. Wie es Zuschauer*innen überzeugt, wird wohl vom eigenen Blickwinkel abhängig sein.

Eine Sache, die auch angesprochen werden muss, ist der deutsche Tonschnitt. Leider ist der Bass unglaublich dröhnend eingespielt und verzerrt damit die Klangkulisse unglaublich. Es ist etwas, woran man sich im Verlauf des Films gewöhnen kann, dennoch ist es allgemein sehr störend. Ob dieses Problem auch in der englischen Fassung des Films besteht, ist leider unklar. Allerdings wäre es erneut ein Problem, das bereits bei anderen Filmen Andersons auffällig war.

Von der Mischung abgesehen tut der Soundtrack, was er soll. Er wurde von Paul Haslinger geschrieben, der unter anderem für die Soundtracks der Underworld-Filme verantwortlich war und der auch für den letzten Resident Evil-Film den Soundtrack komponiert hat. Wie bei diesen Filmen hat die Musik viele Synth-Elemente, die wie immer eine Geschmackssache sind. Alles in allem tut der Soundtrack was er soll, ist – wenn man eben von der schlechten Tonmischung absieht – nicht störend und fügt sich gut in den Film ein.

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Erzählstil

Zum Erzählstil des Films lässt sich nicht viel sagen. Der Film wird komplett linear und durchweg aus der Perspektive von Captain Artemis erzählt, sodass die Informationen der Zuschauer*innen immer dem Informationsstand der Protagonistin entsprechen.

Kritisch angemerkt sei an dieser Stelle noch einmal, dass dieser Film kaum eine erkennbare Einteilung in Akte hatte. Der Anfang des Films ist soweit nachvollziehbar, doch je weiter die Handlung voranschreitet, desto inkohärenter ist die Zusammensetzung des Films. Das Ende kommt nach etwas über 100 Minuten ohne Vorwarnung und fühlt sich nicht wirklich wie ein Ende an. Das heißt, es wirkt, als würde der letzte Kampf einfach ohne Grund in der Mitte unterbrochen, so dass auch der ohnehin sehr schwache Handlungsbogen nicht einmal ansatzweise geschlossen wird. Das hinterlässt ein unschönes Gefühl über das Ende des Films, da es nicht einmal wie ein richtiger Cliffhanger wirkt.

Die harten Fakten:

  • Regie: Paul W. S. Anderson
  • Darsteller*in(nen): Milla Jovovich, Tony Jaa, Ron Perlman
  • Erscheinungsjahr: 2020 (US), 2021 (DE)
  • Sprache: Englisch (OV), Deutsch
  • Format: Film
  • Preis: Festgelegte Preise des heimischen Kinos
  • Bezugsquelle: Ab 01.07. im Kino

 

Fazit

Diese Rezension wirkt auf den ersten Blick recht negativ. Das liegt daran, dass der Film von seiner Erzählstruktur her zwar sehr linear, aber dennoch überraschend inkohärent ist. Allerdings ist Monster Hunter auch nicht unbedingt ein Film, den man sich für den Plot anschaut, sondern weil man eben sehen möchte, wie Leute sich mit ein paar riesigen Monstern prügeln – und genau das liefert der Film sehr überzeugend.

Die vielleicht interessantere Frage ist, ob der Film den Fans der Monster Hunter-Spiele gefallen wird und diese Frage ist deutlich schwerer zu beantworten. Möchte man einfach nur die Monster auf der großen Leinwand sehen, dann kann der Film sicher begeistern. Ist man aber auch an der Welt aus den Spielen und der dahinterstehenden Mythologie interessiert, so kann der Film eher nicht überzeugen. Außerdem sei natürlich gesagt, dass die Protagonistin des Films eine Frau aus unserer Welt ist und es auch gleich mehrere Sequenzen im Film gibt, in denen Menschen (eher wenig erfolgreich) mit modernen Waffen auf Monster schießen.

Alles in allem bietet der Film genau das, was man erwartet hat, als es hieß, dass Paul W. S. Anderson einen Monster Hunter-Film machen würde: Milla Jovovich prügelt sich mit gigantischen Monstern. Der Film ist nicht besonders tiefsinnig, sondern einfaches Popcorn-Kino. Er hat unglaublich viele Schwächen, aber als das, was er ist, funktioniert er. Die zwei besten Indikatoren dafür, ob man diesen Film sehen möchte, sind wohl: Fandet ihr die Resident Evil-Filme unterhaltsam? Wollt ihr Kämpfe mit riesigen Monstern sehen? Wenn ihr eine dieser Fragen mit „Ja“ beantworten könnt, ist es vielleicht der richtige Film, um zum 01.07. die Wiederöffnung der Kinos zu feiern.

  • Gute CGI-Effekte
  • Coole Monster
  • Solide Action
 

  • Inkohärente Handlung
  • Ende kommt sehr plötzlich
  • Figuren ohne Tiefe oder Entwicklung

 

Artikelbilder: © Constantin Film
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Lukas Heinen
Der Besuch dieser Vorführung war kostenlos.

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