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Oz ist erneut in Gefahr! Aber diesmal geht sie nicht von der bösen Hexe des Westens aus. In diesem Spielbuch von Jonathan Green schlüpft man in die Rolle von Dorothy, der Vogelscheuche, dem Zinnmann oder dem Löwen, um der neuen Bedrohung Einhalt zu gebieten. Wird es gelingen?

Handlung

In einem Spielbuch wie OZ entscheiden die Leser*innen selbst über den Verlauf der Handlung. Möchte man an der Gabelung lieber nach links in den dunklen Wald oder nach rechts zur offenen Straße laufen? Ist es besser zu kämpfen oder zu fliehen? Jede Entscheidung hat Konsequenzen und es ist nicht gesagt, dass man beim ersten Versuch ein erfolgreiches Ende der Geschichte erreicht.

In OZ hat man zu Beginn die Wahl zwischen vier Charakteren: Dorothy, Vogelscheuche, Zinnmann und Löwe. Alle haben verschiedene Spezialfähigkeiten, die im Verlauf nützlich sein werden. Zudem finden sich am Ende des Buches zwei weitere bekannte Charaktere (die hier nicht verraten werden sollen), mit denen das Buch durchgespielt werden kann und deren Geschichten etwas losgelöster von den vier Hauptcharakteren sind. Es wird jedoch empfohlen, die Geschichte erst einmal mit Dorothy oder einem ihrer Begleiter erfolgreich abzuschließen. Dass es beim ersten Mal gelingt, ist dabei recht unwahrscheinlich, da es verschiedenste Möglichkeiten zu sterben oder anderweitig zu versagen gibt. Und wenn das geschieht, muss das Abenteuer von vorne begonnen werden – entweder mit dem gleichen Charakter oder einem anderen.

Die Handlung beginnt einige Zeit, nachdem die böse Hexe des Westens besiegt wurde. Im Vergleich zum ersten Film Der Zauberer von Oz weist diese Geschichte eine deutlich größere Portion Steampunk auf, die gut integriert wird.

Jeder Charakter hat ein eigenes Intro, doch schließlich werden alle vier miteinander vereint. Dabei begegnen sie feindlichen, mechanischen Wesen und beschließen herauszufinden, was vor sich geht. Sie stellen fest, dass es eine neue Bedrohung zu besiegen gilt, um den Frieden wiederherzustellen.

Das Buch kann mit sechs verschiedenen Charakteren durchgespielt werden, die alle eigene Handlungsstränge besitzen und viele Situationen unterschiedlich meistern. Die Geschichte ist in 850 kleine Abschnitte eingeteilt, von denen manche direkt zum nächsten führen, andere wiederum am Ende zwei oder mehr Entscheidungsmöglichkeiten bieten. So entstehen viele verschiedene Wege, das Abenteuer zu bestreiten und am Ende hoffentlich siegreich daraus hervorzugehen.

Achtung, Spoiler!

Um die Handlung etwas anschaulicher zu gestalten, wird im Folgenden ein möglicher Durchgang des Spielbuchs zusammengefasst. Die im Verlauf gefällten Entscheidungen führten zu wenigen Umwegen und schließlich fast zum Ziel.

Als Vogelscheuche erwacht man auf einem Feld, festgebunden an ein hölzernes Gestell, um die eigentliche Funktion einer Vogelscheuche auszuführen. Nachdem man sich erfolgreich losgerissen hat, kann man die auf dem Boden liegende Sense mitnehmen. Durch sie verursacht man im Kampf mehr Schaden. Ohne Erinnerung, was als Letztes geschehen ist, macht man sich auf den Weg und trifft bald auf Dorothy, die von einem Schwarm Krähen angegriffen wird. Mit der Spezialfähigkeit „Krähenmeister“ befiehlt man ihnen, von dem Mädchen abzulassen. Doch eine der Krähen ist mechanisch: Sie gehorcht dem Befehl nicht und greift an. Nach einem erfolgreichen Kampf beschließt man, im Wald weiterzulaufen, um weiteren Angriffen aus der Luft zu entgehen. Dort trifft man auf den Löwen, der herausfinden will, warum sein Königreich angegriffen wurde. Nun zu dritt, gilt es, erst einen Fluss und danach ein Feld mit tödlichen Mohnblumen zu durchqueren. Da die Vogelscheuche nicht atmet, kann sie den anderen beiden helfen, unbeschadet zur anderen Seite zu gelangen.

Schließlich erreichen sie die Smaragdstadt, in der Hoffnung, dort Antworten zu finden. Doch da taucht der Zinnmann auf und rät ihnen davon ab, in die Stadt zu gehen. Der Zauberer von Oz hat das Land verlassen und stattdessen eine von ihm entwickelte künstliche Intelligenz beauftragt, Oz zu beschützen. Die KI hat Berechnungen angestellt und ist zu dem logischen, aber kaltherzigen Ergebnis gekommen, dass Angriff die beste Verteidigung ist. Sie will die umliegenden Länder angreifen, bevor diese es tun.

Die Vier beschließen, etwas dagegen zu unternehmen. Jede*r macht sich in eine andere Himmelsrichtung auf, um dort nach Verbündeten zu suchen. Geht man Richtung Norden, muss man sich fliegender Affen erwehren und durch schroffes Gebirge kämpfen. Irgendwann trifft man auf zwei nebelartige Wesen, die man nicht angreift, sondern ihnen die Situation schildert. Nachdem man das von ihnen gestellte Rätsel mit der Fähigkeit „Grips“ gemeistert hat, wird man zu ihrer Herrin geführt. Sie kann zwar keine Truppen, aber einen Teleportzauber zur Verfügung stellen.

So gelangt man auf das Luftschiff, auf dem sich die KI befindet, um mit ihrem Feldzug zu beginnen. Man wird erwischt und zusammen mit Dorothy, dem Zinnmann und dem Löwen – die ebenfalls gefangen genommen wurden – zur KI geführt. Da man im Verlauf der Geschichte schon alle Nutzungen der Spezialfähigkeit „Grips“ aufgebraucht hat, erkennt man nun nicht, wie die KI erfolgreich ausgeschaltet werden kann. Während die anderen drei vergeblich versuchen, die Lakaien abzuwehren, wird man selbst von der KI gepackt und in Stücke gerissen.

In diesem Durchlauf konnten die bösen Pläne der KI nicht vereitelt werden, aber vielleicht gelingt es ja im nächsten?

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Regeln

Zu Beginn des Buches werden die Regeln auf wenigen Seiten erklärt. Es kann ganz ohne sie, mit zwei sechsseitigen Würfeln oder einem Kartenset gespielt werden. Die Regeln werden im Folgenden anhand der Würfel-Variante erklärt.

Jeder spielbare Charakter verfügt über die Attribute Gewandtheit, Kampf und Ausdauer mit Werten zwischen 7 und 24. Eine Probe wird mit 2W6 gewürfelt. Ist das Ergebnis kleiner oder gleich dem Wert, so ist die Probe geschafft. Für die Ausdauer werden 4W6 verwendet.

Zusätzlich hat jeder Charakter zwei bis vier Spezialfähigkeiten, die sie in begrenzter Anzahl nutzen können, um erfolgreich weiterzukommen. So hat die Vogelscheuche „Grips“, was bedeutet, dass ihr die Möglichkeit offensteht, schwierige Situationen mit Köpfchen zu meistern.

Im Kampf werden jede Runde 2W6 auf den Kampfwert des eigenen Charakters, sowie auf den des Angreifenden gerechnet. Wer nun den höheren Wert hat, fügt der anderen Partei zwei Punkte Schaden zu, die von der Ausdauer abgezogen werden. Der Kampf ist vorbei, sobald die Ausdauer einer Seite auf 0 gesunken ist.

Verlorene Ausdauer kann im Laufe des Abenteuers etwa durch gesammelte Nahrung wiederhergestellt und der verursachte Schaden durch gefundene Waffen erhöht werden. Da die Kampfregeln simpel gehalten sind, ist ein taktisches Vorgehen nicht möglich und man ist auf Würfelglück angewiesen.

Alle Werte, Kampfbegegnungen und Gegenstände können auf dem Abenteuer- und Begegnungsblatt notiert werden.

Schreibstil

Während der Geschichte nimmt man die Perspektive des zu Beginn ausgewählten Charakters ein. Da am Ende jedes Abschnitts zudem die Entscheidung ansteht, wie es weitergehen soll, richtet sich das Buch direkt an den*die Leser*in und ist somit in der Du-Form geschrieben.

Der Schreibstil ist in großen Teilen generisch und verwendet solide bildliche Beschreibungen sowie Ausschmückungen. Im Großen und Ganzen ist es angenehm zu lesen.

Durch die Entscheidungen am Ende der Abschnitte und dem damit verbundenen Hin- und Herblättern ist es ohnehin etwas schwieriger, Spannung aufzubauen. Da man aber einen Charakter verkörpert, ist die Immersion dennoch vorhanden und es kommt keine Langeweile auf.

Bei einigen Abschnitten fällt auf, dass sie neutral formuliert wurden, um passend für mehrere Charaktere zu sein. Eine Besonderheit stellen die Textstellen dar, die eigens den Zinnmann betreffen. Datenbankabfragen, die er an sein positronisches Gehirn stellt, sind durch eine eigene Schriftart hervorgehoben.

Erscheinungsbild

Der Einband ist überwiegend in grün und schwarz gehalten. Auf der Vorderseite ist neben dem Titel „OZ“ in grün-flammender Schrift die böse Hexe des Westens zu sehen.

Die Schrift im Buch ist groß und gut zu lesen. Ein Highlight sind die schwarz-weißen Zeichnungen von Kev Crossley. Jeder spielbare Charakter besitzt ein großes Bild, dessen Stil an Steampunk erinnert und somit gut in die Geschichte passt. Der Text wird immer wieder durch passende Zeichnungen aufgelockert, die vorkommende Gegenstände, Feind*innen oder Orte zeigen.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Mantikore-Verlag
  • Autor*in(nen): Jonathan Green
  • Erscheinungsjahr: 2021
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Gebundenes Buch, Taschenbuch
  • Seitenanzahl: 596
  • ISBN: 9783961881147 (gebunden), 9783961881154 (Taschenbuch)
  • Preis: 19,95 EUR (gebunden), 14,95 EUR (Taschenbuch)
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo

 

Bonus/Downloadcontent

Abenteuer- und Begegnungsblatt können auf der Internetseite des Mantikore-Verlag kostenlos heruntergeladen werden.

Fazit

OZ ist ein gelungenes Spielbuch, an dem insbesondere Fans der Welt ihren Spaß haben werden, wenn sie diese als einer der bekannten Charaktere zu retten versuchen. Kenntnisse des Buches oder Films Der Zauberer von Oz sind nicht unbedingt nötig, aber empfohlen, da sich der Spielspaß dadurch erhöht.

Wie bei Spielbüchern üblich, wird es wahrscheinlich mehr als einen Anlauf benötigen, um ein erfolgreiches Ende zu erreichen. Da teilweise schon eine falsche Entscheidung fatal sein kann, enden manche Durchgänge sehr abrupt. Der Frustfaktor hält sich jedoch in Grenzen, da die vielen verschiedenen Charaktere und Handlungsstränge eine große Motivation schaffen, es noch einmal zu versuchen. Schließlich kann man diese zauberhafte Welt nicht einfach im Stich lassen!

  • Sechs spielbare bekannte Oz-Charaktere
  • Interessante Fortführung der Geschichte von Oz
 

  • Kämpfe sind glücksbasiert

 

Artikelbilder: © Mantikore Verlag, © welburnstuart |depositphotos.com
Layout und Satz: Melanie Maria Mazur
Lektorat: Alexa Kasparek
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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