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Die finsteren Götter werden von Korruption und Gier genährt und immer mächtiger. Es gilt, in einer von Krieg und Seuchen gezeichneten Welt zu überleben und die persönlichen sowie globalen Geheimnisse zu entschlüsseln. Black Geyser: Couriers of Darkness schickt Spieler*innen auf eine spannende Reise voller taktischer Kämpfe und tiefgehender Dialoge.

Im Mai 2018 verkündete GrapeOcean Technologies den Erfolg der Kickstarter-Kampagne zum isometrischen Rollenspiel Black Geyser: Couriers of Darkness. Nach einigen Monaten im Early Access erschien die Vollversion des gruppenbasierten Rollenspiels am 17.03.2022 auf Steam und GOG. Optisch und inhaltlich wurde der Titel von echten Klassikern des Genres wie Baldur’s Gate und Icewind Dale inspiriert. Dieser Artikel widmet sich der Frage, ob der Ausflug ins Königreich Isilmerald überzeugen kann.

Das Hauptmenü von Black Geyser: Couriers of Darkness.

Spielwelt

Bei der Spielwelt Yerengal handelt es sich um eine mittelalterliche Fantasy-Welt, in der neben typischen Menschen verschiedene Völker wie beispielsweise Elfen, Zwerge oder die elefantenähnlichen Rillow leben. Sowohl Götter als auch Magie existieren in Yerengal, doch beides bringt vor allem dem ärmeren Volk keinen gesonderten Komfort: Hunger, Krankheit und andere Herausforderungen wie Raubüberfälle und ein drohender Bürgerkrieg machen das (Über-)Leben schwer.

Interessanterweise verändert sich die Spielwelt mit den Taten des gespielten Charakters und seiner Reisegruppe. Die (vor allem materielle) Gier dominiert die Welt und alle Wesen, die in ihr leben. Sie wächst beständig, doch gute Taten und Freundlichkeit können sie in Schach halten. Wer jedoch jede angebotene Münze annimmt und unverschämt agiert, muss damit rechnen, dass die Spielwelt sich nach und nach verändert. Das Reisen wird gefährlicher und die Bewohner*innen von Yerengal vergreifen sich öfter im Ton.

Im Königreich Isilmerald gibt es viel zu entdecken.

Durch den Wechsel von Tag und Nacht sowie den verschiedenen Wetterlagen macht die Spielwelt einen lebendigen Eindruck. Einer dichten Atmosphäre ist vor allem die musikalische Untermalung zuträglich, doch auch die liebevoll gestalteten Karten in hoher Auflösung wissen zu begeistern. Neben Dorf- und Stadtkarten gibt es beispielsweise Wälder, Handelsstraßen oder mysteriöse rituelle Gegenden, die besucht werden können. Lediglich Nebencharaktere – sowohl rekrutierbare Gefährt*innen als auch Stadtbewohner*innen – bleiben vielfach blass. Dies ist vor allem hinsichtlich der Charaktere, die mit auf Reisen kommen, schade, da wenig emotionale Verbundenheit in ihre persönlichen Quests fließt. Umso schöner ist die implementierte Romanzenoption, die das nähere Kennenlernen ausgewählter Begleiter*innen ermöglicht.

Handlung

Die Handlung setzt im Königreich Isilmerald ein, genauer gesagt im Anwesen des Lords Espen. Der Hauptcharakter ist hier als Diener*in angestellt und bewirtet die Gäste des Lords. Die politische Debatte, die Spieler*innen einen ersten Einblick in die Situation im Königreich vermittelt, wird jäh unterbrochen, als das Anwesen attackiert wird: Die Rebell*innen aus Deron-Guld schlagen zu! Die Ereignisse überschlagen sich und plötzlich muss der gespielte Charakter sich nicht nur dem immanenten Tod des Lords stellen, sondern findet sich auch ohne eigenes Zutun in einer entlegenen Hütte und in Gesellschaft einer seltsamen alten Dame wieder. Hier erfährt er unter anderem, dass Lord Espen nicht nur sein Brötchengeber, sondern auch sein Vater war.

Nach einem hilfreichen Tutorial, das beispielsweise die Grundlagen vom Kampf aber auch vom Crafting-System erklärt, geht es direkt weiter in Richtung Hauptstadt. Es gilt herauszufinden, was mit dem Espen-Anwesen geschehen ist und das eigene Geburtsrecht einzufordern. Auf dem Weg hierhin können Spieler*innen nicht nur erste Gefährt*innen mitnehmen, sie können auch Karten erkunden und Nebenquests, viele Nebenquests, annehmen. Die optionalen Aufgaben beinhalten neben unterhaltsamen Zeitvertreiben viele eintönige Inhalte, die tief in die Klischee-Kiste greifen: Untote erschlagen, Kräuter sammeln und eine verlegte Schriftrolle lokalisieren. Anreize für die Erledigung dieser müßigen Tätigkeiten gibt es kaum: Auf eine zu hohe Belohnung möchte man angesichts des Gier-Meters schließlich nicht pochen.

Mit Voranschreiten der Handlung aber auch durch Spieler*innenentscheidungen wächst die Gier weiter.

Während der Einstieg in die Haupthandlung dynamisch gestaltet ist, flaut der weitere Verlauf leider rasch ab. Spannung wird nur bedingt aufgebaut und das Storytelling entspricht dem einer generischen Fantasy-Geschichte und hinterlässt trotz ansprechendem Gameplay leider keinen bleibenden Eindruck.

Features

Black Geyser tritt in die Fußstapfen von Icewind Dale&Co. – das bemerken Spielende bereits bei der Charaktererstellung. Hier kann aus verschiedenen Völkern aber auch Klassen gewählt werden. Während einige Kombination von Volk und Klasse sich lore-bedingt ausschließen, sind viele Optionen miteinander kombinierbar. Im Rahmen dieses Spieltests wurde eine diebische Feldegug erstellt, die mit Bögen und Dolchen kämpft. Bei den Feldegug handelt es sich um elfennahe, blasse Humanoide aus dem hohen Norden. Netterweise bietet das Spiel sowohl Optionen zur Verteilung von Attributspunkten als auch einen kleinen Namensgenerator an. Spielende können sich demnach aussuchen, ob sie sich schnell ins Abenteuer stürzen oder aber in Detailarbeit einen individualisierten Charakter erstellen möchten. Das Charakterbasteln macht aufgrund der zahlreichen Möglichkeiten und Kombinationen viel Spaß und regt zum Ausprobieren verschiedener Konzepte an. Vor allem Pen-and-Paper-Spieler*innen dürften hier auf ihre Kosten kommen.

Ganz schön viele Zahlen: Der fertige Charakter vor Spielbeginn.

In Black Geyser stehen neben der Erkundung unterschiedlicher Gegenden vor allem kämpferische Echtzeit-Auseinandersetzungen im Vordergrund. In typischer Manier klassischer Rollenspiele ist eine taktische Herangehensweise nicht nur hilfreich, sondern nötig, um vorankommen zu können. Mithilfe einer Pause-Option kann das Kampffeld in Ruhe studiert und die richtige Strategie ausgewählt werden. Hierbei sticht das Gruppen-Menü positiv ins Auge, denn in diesem können nicht nur die Aufstellung sowie das Verhalten einzelner Charaktere festgelegt, sondern auch im Verlauf des Spiels Verstärkungen freigeschaltet werden. Die Kämpfe sind je nach gewähltem Schwierigkeitsgrad herausfordernd gestaltet und sorgen für Unterhaltung.

Nicht nur die einzelnen Charaktere, sondern auch die Gruppe als Ganzes verbessert sich mithilfe erhaltener Erfahrungspunkte.

Darüber hinaus bietet GrapeOcean Technologies‘ Debüt-Titel etliche Zeilen Dialog- und Infotext, der Spielenden ein Gefühl für die Welt und die Personen, die in ihr leben, geben. Im Gespräch mit anderen Personen werden stets mehrere Antwortmöglichkeiten angeboten, aus denen gewählt werden kann, was die Dialogführung abwechslungsreich gestaltet und das Ausprobieren verschiedener Vorgehensweisen unterstützt.

Die Kämpfe wirken oft klobig.

Das Erkunden der hiesigen Fauna lohnt sich vor allem für Freund*innen des Crafting-Systems: Es lassen sich unzählige Zutaten sammeln und beispielsweise durch Trocknen und Mörsern weiterverarbeiten. Hierbei handelt es sich um einen kreativen Gedanken, der trotz teilweiser Umständlichkeit erfrischt.

Aufgrund der vielen Tätigkeiten, die Black Geyser beinhaltet, dürfte so rasch keine Langeweile aufkommen – oder? Das Ausgangsszenario des Titels birgt viel Potenzial für eine tiefgehende Spielerfahrung. Leider gelingt es dem Titel nicht immer, dieses voll auszuschöpfen, denn das Storytelling bringt Schwächen mit sich. Hinzu kommt, dass viele Animationen, beispielsweise von Zaubern, überholt wirken; das bekommen andere isometrische Titel deutlich flüssiger hin. Zusammen mit den auffallend langen Ladezeiten bei Kartenwechsel sorgt dies für Frust, denn Black Geyser ist keinesfalls ein Titel, der moderne Rechner ins Schwitzen bringen sollte. Sowohl Steam als auch GOG empfehlen eine SSD zum Spielen des Titels.

Die harten Fakten:

  • Entwicklerstudio: GrapeOcean Technologies
  • Publisher: V Publishing, GrapeOcean Technologies
  • Plattform: PC, macOS, Linux
  • Sprache:
    • Sprachausgabe: Englisch
    • Text: Englisch, Deutsch, Chinesisch (vereinfacht), Polnisch, Ungarisch
  • Mindestanforderungen:
    • Windows und Linux:
        • Betriebssystem: Windows 7 / 64-bit Major Linux distribution from 2018
        • Prozessor: Intel i3-3220 oder AMD FX-4300
        • Arbeitsspeicher: 8 GB RAM
        • Grafik: NVIDIA GeForce GTX 750 Ti oder Vergleichbares
        • Speicherplatz: 40 GB
    • macOS:
        • Betriebssystem: OS X 10.15
        • Prozessor: Quad Core CPU
        • Arbeitsspeicher: 8 GB RAM
        • Grafik: Radeon Pro 560X oder Vergleichbares
        • Speicherplatz: 40 GB   
  • Genre: Rollenspiel, CRPG
  • Releasedatum: 17.03.2022
  • Spielstunden: 40+ Stunden
  • Spieler*innen-Anzahl: 1
  • Altersfreigabe: USK/PEGI nicht vorhanden
  • Preis: 29,99 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel
  •  

Fazit

Eine Spielwelt, deren Natur sich in Abhängigkeit zum Verhalten der in ihr agierenden Figuren verändert, macht neugierig. In Verbindung mit spannenden Kämpfen in Echtzeit, interessanten Crafting-Optionen und etlichen Dialogzeilen entsteht ein vielversprechender Titel. Black Geyser dürfte vor allem bei Fans isometrischer Rollenspiele punkten, da es nicht nur in die Fußstapfen echter Genre-Riesen tritt, sondern gleichzeitig einen Liebesbrief an diese artikuliert.

Nostalgie pur: Die Kartendesigns erinnern an die Klassiker des Genres.
Nostalgie pur: Die Kartendesigns erinnern an die Klassiker des Genres.

Allerdings ist das Rollenspiel nicht ohne Schwächen: Eine Handlung, die wenig Spannung bereithält, blasse Charaktere und ewige Ladezeiten nehmen Black Geyser viel Potenzial und sorgen beizeiten für Frust. Ohne Charme verbleibt der Ausflug nach Yerengal dennoch nicht; wenn man hier und da bereit ist, ein Auge zuzukneifen, warten Rollenspielerfahrungen längst vergangener Gaming-Nachmittage auf nostalgieverliebte Spieler*innen.

 

  • Nostalgisches Spielerlebnis
  • Spannende Echtzeit-Kämpfe
  • Viele Optionen beim Charakterbau
 

  • Handlung überzeugt nicht
  • Nebencharaktere bleiben blass
  • Lange Ladezeiten

 

Artikelbilder: © GrapeOcean Technologies, V Publishing
Layout und Satz: Verena Bach
Lektorat: Katrin Holst
Screenshots: Yola Tödt
Dieses Produkt wurde privat finanziert.

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