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Nicht alle Rollenspiele müssen mit einer Gruppe gespielt werden. Wer schon immer mal als Krähe das Britische Empire retten, oder als Dämon seine eigene kleine Hölle einrichten wollte, kann das mit den Solo-RPGs von Critical Kit ausprobieren. Ist das Leben als Krähe beziehungsweise Dämon wirklich so faszinierend, wie es klingt?

Bei Be Like a Crow und d666 von Critical Kit handelt es sich um Solo-RPGs, also Rollenspiele, die man alleine spielt. Be Like a Crow ist als Journal-RPG angelegt, wie zum Beispiel auch Thousand Year Old Vampire. Man schlüpft in die Rolle einer Krähe und kann in verschiedenen Settings Abenteuer erleben. Die Erlebnisse werden in einem Tagebuch festgehalten. D666 ist weniger narrativ orientiert. Die Spieler*innen müssen als Dämonen in der Hölle Folterkammern bauen, verlorene Seelen sammeln und sich mit anderen nervigen Kreaturen herumschlagen.  

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Be Like a Crow – Die Spielwelten

Das Regelwerk zu Be Like a Crow stellt verschiedene Settings zur Verfügung, in denen man sich als Krähe austoben kann. Im Grundbuch sind die Szenarien zum Beispiel Urban Crow, Cyber Crow oder auch Ravens of the Tower. Je nach Setting unterscheiden sich die Aufgaben, die man als Krähe erfüllen kann. Eine urbane Krähe muss sich mit ganz alltäglichen Problemen herumschlagen, zum Beispiel dem Retten eines Kükens. In Ravens of the Tower muss man den*die britische Monarch*in beschützen. Cyber- und Steampunk-Krähen sind ebenfalls möglich, und natürlich kann man auch als heroische Krähe durch ein Fantasy-Setting hopsen.

Eine Clockwork-Krähe reist während ihres Lebens von Luftschiff zu Luftschiff.Jedes Setting kommt mit einer eigenen Karte, sowie eigenen Aufgaben, Objekten und Charakteren. Dadurch fühlt sich jede der Spielwelten unterschiedlich und sehr stimmungsvoll an. Die Ereignisse, die man zufällig während des Spielens generiert, sind allerdings nicht Setting-spezifisch. Schade ist, dass die schön gestalteten Karten nicht im Regelwerk abgedruckt sind. Das würde die Abschnitte zu den Settings noch anschaulicher machen. Zudem ist eine gedruckte Karte zum Spielen zwar nicht zwingend notwendig, aber definitiv sinnvoll. Stattdessen kann man diese nur kostenlos herunterladen.

Die Regeln

Die Hauptmechanik des Spiels ist das Ziehen von Karten. Ob es um das Generieren von Aufgaben, Ereignissen oder das Feststellen von Erfolg und Misserfolg geht: All das funktioniert mit einem normalen Kartendeck. Das Spiel läuft in Runden ab. Pro Runde kann man eine der folgenden Aktivitäten ausführen: eine Aufgabe oder ein Ereignis generieren, landen oder abheben, ein Objekt benutzen, kämpfen oder weiterfliegen.

Die allererste Aktion im Spiel ist das Generieren einer Aufgabe. Dazu wird eine Karte gezogen und deren Wert mit der entsprechenden Tabelle im Buch abgeglichen. Platzhaltertexte für Objekte und Charaktere werden ersetzt, indem eine neue Karte gezogen wird. Deren Wert muss man dann in den Charakter- und Objekttabellen suchen, die für jedes Setting unterschiedlich sind.

Im Gothic Crow-Setting muss sich eine Krähe düsteren Mächten entgegenstellen.
Im Gothic Crow-Setting muss sich eine Krähe düsteren Mächten entgegenstellen.

Wenn bestimmte Fähigkeiten-Checks gemacht werden, muss zunächst eine Karte gezogen werden. Deren Wert bestimmt den Zielwert, den man für einen Erfolg erreichen oder überbieten muss. Dann wird eine weitere Karte gezogen. Auf deren Wert addiert man die Anzahl der Haken in der entsprechenden Fähigkeit. Dieser Wert wird dann mit dem Zielwert verglichen. Kämpfe funktionieren im Grunde genauso. Hier darf aber auch der Gegner noch seinen Attack/Evade Score auf seinen Wert addieren.

Um eine Aufgabe zu erfüllen, muss man sich zunächst die Karte anschauen und überlegen, wo das Ziel liegt. Dann beginnt die Reise dorthin. Pro Runde kann man sich auf der Karte ein Hexagon weiterbewegen. Sobald man ein neues Hexagon betritt, muss man ein Ereignis generieren und dieses auflösen, bevor man weiterfliegen kann. Manchmal trifft man feindliche oder freundliche Wesen oder findet wichtige Objekte. Landen kann man natürlich auch jederzeit. Allerdings muss man nach dem Landen mindestens zwei Ereignisse am Boden auflösen. Das Abschließen von Aufgaben führt schließlich dazu, dass die Krähe in ihrem Lebenszyklus fortschreitet und ihre Fähigkeiten ausbaut.

Charaktererschaffung

Der Charakterbogen führt alle wichtigen Fähigkeiten auf.
Der Charakterbogen führt alle wichtigen Fähigkeiten auf.

Die Charaktererschaffung geht sehr schnell. Es gibt fünf verschiedene Rabenvögel, aus denen man wählen kann: Aaskrähen, Elstern, Saatkrähen, Raben und Dohlen. Das Buch gibt immer einige interessante Fakten zu den jeweiligen Arten an, die auch beim Rollenspiel helfen. Jede Art darf dann in bestimmten Fähigkeiten, wie Hopsen, Singen oder Sturzflug, Haken setzen. Außerdem hat jede Art eine Spezialfähigkeit. Elstern zum Beispiel können aufgrund ihres großen fliegerischen Geschicks Ausweich- und Sturzflug-Checks mit Autorität machen. Autorität bedeutet, dass zwei Karten gezogen werden und man den höheren Wert nehmen darf. Je nach Setting werden die Krähenvögel noch weiter angepasst.

Spielbarkeit aus Spieler*innensicht

Das Spiel verlangt von beziehungsweise ermöglicht den Spielenden viel kreative Freiheit. An einer Stelle wird man sogar explizit dazu aufgefordert, die Regeln zu ignorieren, wenn man selbst eine bessere Idee hat. Es kann auch vorkommen, dass die gezogenen Objekte oder Charaktere nicht zur Aufgabe passen. Hier ermutigt das Spiel die Spieler*innen, ebenfalls Anpassungen vorzunehmen oder auch ganz eigene Settings mit den dazugehörigen Tabellen zu entwerfen. Das macht das Spielen sehr entspannt. Generell sollte man die Regeln eher als Grundgerüst verstehen, um aus den Schreibvorschlägen eine eigene Geschichte zu spinnen.

Die Fähigkeiten der Krähe können angemessen individualisiert werden. Spannender ist aber natürlich, was die Spieler*innen mit dem Charakter machen, denn allein der Charakterbogen sagt noch nicht wirklich etwas über die Krähe als Person aus. Da gibt das Regelwerk einem nichts an die Hand außer den kurzen Beschreibungen der Krähenarten. Der Charakter der Krähe wird also eher beim Schreiben ausgearbeitet, als dass er durch den Charakterbogen vorgegeben würde.  

Crowthulhu

Manch eine Krähe muss sich den Mythos-Mächten entgegenstellen.
Manch eine Krähe muss sich den Mythos-Mächten entgegenstellen.

Crowthulhu ist ein zusätzliches Setting, das an die Werke von H.P. Lovecraft angelehnt ist. Dazu gibt es eine neue Karte, eigene Aufgaben, Charaktere, Objekten und Regeln für Angst. Wie die anderen Settings auch, liefert Crowthulhu schöne Schreibanstöße. Der Ort ist die fiktive neuenglische Kleinstadt Rooksbridge in den 1920ern. Gegenspieler*innen sind zum Beispiel ein Pelikankult oder ein Professor, der zu lange in einem alten Folianten geblättert hat.

Die Angst-Mechanik funktioniert so, wie im Basisspiel Verletzungen funktionieren. Jedes Mal, wenn eine Krähe in Kontakt mit dem Mythos kommt, muss sie einen Angst-Check bestehen. Das ist ein normaler Fähigkeiten-Check. Bei Nicht-Bestehen erhält die Krähe einen Haken unter Angst im angepassten Charakterbogen. Erst bei sechs Haken legt die Krähe jeden weiteren Check mit einer Strafe ab. Das heißt, es werden zwei Karten gezogen und der niedrigere Wert zählt. Angst kann durch erfolgreiche Angst-Checks auch wieder reduziert werden. Das macht die Mechanik weniger bedrohlich als zum Beispiel die Stabilitätswürfe in Call of Cthulhu.

A Fistful of Feathers

Das Cover zu A Fistful of Feathers verspricht einen waschechten Western.
Das Cover zu A Fistful of Feathers verspricht einen waschechten Western.

A Fistful of Feathers erweitert das Grundspiel um ein Western-Setting und lässt die Spieler*innen zu echten Crowboys, -girls und -pokes werden. Neben einer neuen Karte und angepassten Tabellen für Objekte, Charaktere und Aufgaben führt diese Erweiterung noch Regeln für Geld und Archetypen ein. Die vier Archetypen sind zugeschnitten auf einen typischen Western.

Es stehen Scharfschütze*in, Gesetzeshüter*in, Kopfgeldjäger*in und Outlaw zur Wahl. Jede*r geht mit bestimmten Spezialfähigkeiten einher. Am spannendsten ist hier der*die Kopfgeldjäger*in. Die anderen Archetypen unterscheiden sich, rein konzeptionell, nicht zu sehr von den Spezialfähigkeiten, die jede Krähenart mit sich bringt. Das heißt, sie verleihen der Krähe meist Autorität auf bestimmte Checks. Der*die Kopfgeldjäger*in kann stattdessen ab und zu neue Kopfgeldjagden initiieren und so neue Aufgaben schaffen und Geld verdienen.

Geld ist die zweite Neuerung in A Fistful of Feathers. Manche Objekte können mit Geld erworben werden. Durch das Abschließen von Aufgaben wiederum kann man Geld verdienen. Leider bleibt das Setting hier ein wenig unklar. Es liegt im Eigenermessen der Spieler*innen sich vorzustellen, wie genau das Einkaufen abläuft, vor allem weil die Krähencharaktere eigentlich nicht mit Menschen sprechen können. Die einzige Angabe, die das Heft dazu macht, ist, dass die Krähen nur in Dörfern oder Städten ihr Geld gegen Waren eintauschen können.  

Spielbericht

Eine Kampagne kann mitunter sehr lang werden, wenn das Ziel ist, die Krähe tatsächlich bis ins hohe Alter zu spielen. Getestet wurden die Settings Cyber Crow aus dem Basisspiel und die beiden Erweiterungen.

Im Cyber Crow-Setting lebt das Elster-Junges Mag-E am Rande von New London. Ihr erster Auftrag ist das Infiltrieren einer Luftreinigungsanlage, um Plutonium zu stehlen. Auf dem Weg dorthin muss sie sich nicht nur gegen eine aggressive Möwe zur Wehr setzen, sondern auch ein Unwetter überstehen. Trotzdem kann sie ihre Mission erfüllen, indem sie sich mit einem der Arbeiter der Luftreinigungsanlage anfreundet und sich so Zutritt verschafft.

In Crowthulhu muss sich die Aaskrähe Augustus den Mythos-Mächten entgegenstellen. Als erstes soll Augustus herausfinden, wer hinter dem Verschwinden einiger Katzen steckt. Natürlich sollen die Katzen in einem Ritual geopfert werden. Das kann Augustus schließlich sogar verhindern, indem er den Kultisten kurzerhand in eine andere Dimension befördert. Das allerdings führt zu einem ersten Angst-Check, den Augustus nicht besteht. Die Angst-Mechanik hat allerdings erst Auswirkungen, wenn die Krähe sechs Haken bei Angst hat. Das passierte im Testspiel gar nicht.

Die letzte Krähe ist der Rabe Malachi, der im wilden Westen als Kopfgeldjäger sein Geld verdient. Zunächst muss er einen verschuldeten Spieler nach Storm Creek geleiten, der dort vor Gericht gestellt werden soll. Malachi fährt dazu auf einem Planwagen mit und kann den Spieler schließlich den Behörden übergeben.

Besonders in A Fistful of Feathers war es ab und zu nötig, die gezogenen Schreibanstöße etwas abzuändern. Beispielweise kann eine Krähe eigentlich nur fliegend ein Hexagon verlassen, was in manchen Situationen einfach nicht passte.

Erscheinungsbild

Bei den Regelwerken handelt es sich um Hefte im DIN-A-5-Format. Die Bindung des Grundregelwerkes ist in Ordnung. Allerdings klappt sich das Heft manchmal von selbst wieder zu. Die Illustrationen sind ebenso wie der Schreibstil sehr charmant. In jedem Setting finden sich schöne Bilder von Krähen, angepasst an den jeweiligen Stil.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Critical Kit
  • Autor: Tim Roberts
  • Erscheinungsjahr: 2022
  • Sprache: Englisch
  • Format: PDF/Druck
  • Seitenanzahl: Basis: 70; Crowthulhu: 12; A Fistful of Feathers: 12
  • ISBN: Basis: 978-1-80068-797-4; Crowthulhu: 978-1-80352-173-2; A Fistful of Feathers: 978-1-80352-599-0
  • Preis: Basis: 15,95 EUR (Druck)/ 7,95 EUR (PDF); Crowthulhu: 5,95 EUR (Druck)/ 4,95 (PDF); A Fistful of Feathers: 5,95 EUR (Druck)/ 4,95 (PDF)
  • Bezugsquelle: Fachhandel

 

Bonus/Downloadcontent

Alle Karten sowie der Basis-Charakterbogen sind kostenlos herunterladbar. Hier wäre wünschenswert, wenn auch die modifizierten Bögen für Crowthulhu und A Fistful of Feathers noch zur Verfügung gestellt würden.

Fazit

Be Like a Crow ist perfekt geeignet, wenn man sich darauf einlässt, eine ganz eigene Geschichte aus der Sicht einer Krähe zu erleben. Dafür liefert das Regelwerk viele liebevoll designte Settings mit entsprechenden Karten, Aufgaben und Charakteren. Daraus können ganz unterschiedliche Geschichten entstehen. Die Regeln sind einfach, sodass man beim Schreiben nicht dauernd blättern muss. Manchmal fühlt sich das Check-System etwas arg zufällig an, da auch der Schwellenwert zufällig durch das Ziehen einer Karte festgelegt wird.

Das Regelwerk sollte eher als Grundgerüst verstanden werden, das man bei Bedarf erweitern oder auch abwandeln kann, denn in erster Linie soll man selbst kreativ werden und ins Schreiben kommen. Das schaffen die im Regelwerk gelieferten Anstöße auf jeden Fall.

Die Erweiterungen sind ebenfalls so charmant geschrieben wie das Basis-Spiel. Die neuen Mechaniken, Geld, Archetypen und Angst, haben nicht so einen großen Einfluss auf das Spiel wie erwartet, sind aber nette Ergänzungen.

Insgesamt ist Be Like a Crow eine wundervolle Möglichkeit, sich ein Leben als Krähe vorzustellen. Die verschiedenen Settings bieten dabei viel Abwechslung, um richtig kreativ zu werden. Durch die einfachen Regeln ist das Spiel auch für neue (Solo-)Rollenspieler*innen durchaus geeignet.

Erwerben kann man Be Like a Crow, sowie die beiden Erweiterungen und Zusatzmaterialien, auf der Website von Critical Kit.

 

  • Sehr große kreative Freiheit
  • Viele abwechslungsreiche Settings
  • Flexible Regeln
 

  • Teils sehr zufällige Fähigkeiten-Checks
  • Mechaniken der Erweiterungen kommen nicht so oft zum Tragen

 

D666 – Eine ganz persönliche Hölle

In d666 spielt man einen Dämon, der dem Teufel höchstpersönlich helfen soll, Seelen effizienter zu foltern. Der Spielercharakter wird also von Satan beauftragt, einen unbekannten Teil der Hölle auszukundschaften, Foltergeräte zu bauen und dort Seelen unterzubringen.

Die Regeln

Der Charakterbogen ist sehr knapp und gibt kaum Informationen zum Spieler*innencharakter.
Der Charakterbogen ist sehr knapp und gibt kaum Informationen zum Spieler*innencharakter.

Ziel des Spiels ist es, 25 Seelen in verschiedene Foltergeräte zu sperren. Dafür hat man eine unbegrenzte Anzahl an Runden Zeit. Zum Spielen braucht man einen Charakterbogen, ein Papier zum Kartieren und 3d6. Aus letzteren ergibt sich dann auch der passende Titel.

Als erstes erstellt man einen Charakter. Dabei kann man einen von sechs Dämonentypen wählen. Die tragen so ausgefallene Namen wie Leliurium oder Lucifuguos und basieren auf den Schriften eines mittelalterlichen Mönches. Jeder dieser Typen startet mit unterschiedlichen Materialien. Spielmechanisch ist der Typ irrelevant und eher als Ausschmückung gedacht.

Pro Runde wirft man zunächst aus, was für einen Raum (klein, mittel, groß) oder Korridor man als nächstes entdeckt. Dann generiert man mit 2d6 aus einer Tabelle eine zufällige Begegnung, wie das Auffinden von Materialien oder Seelen.

Bei den Begegnungen kann es sich auch um freundliche oder feindliche Kreaturen handeln. Auch hier muss mit 2d6 ausgewürfelt werden, auf wen man genau trifft. Insgesamt stehen 36 verschiedene Wesen zur Auswahl, vom Höllenhundwelpen bis zum Dämonenherrscher. Diese Begegnungen müssen direkt abgehandelt werden. Ein einziger Wurf mit 2d6 entscheidet, ob man einen Kampf gewinnt, oder eine Kreatur überzeugen kann, den Raum zu verlassen. Der zu überbietende Wert unterscheidet sich dabei je nach Kreatur. Nur wenn ein Raum leer ist, kann man dort Foltergeräte bauen. Wenn man einmal einen Kampf verliert, ist der Raum damit zwar noch betretbar, kann aber nicht mehr genutzt werden, um dort Seelen zu foltern.

Nach den Begegnungen kann man, wenn man genügend Materialien hat, Folterinstrumente bauen, wie zum Beispiel einen Raum voller Wecker. Das geht so lange, bis man schließlich 25 Seelen untergebracht hat. Verlieren kann man allerdings auch. Durch Misserfolge im Kampf oder beim Überzeugen kann man zwar nicht sterben. Allerdings wirft man bei jeder Probe noch einen weiteren d6. Die Höhe dieses Wurfes entscheidet über die Qualität des Erfolges. Bei einem besonders guten Erfolg kann man Reputationspunkte gewinnen, bei einem besonders schlechten Misserfolg auch wieder verlieren. Anfangs hat man 10 Reputationspunkte. Sollten diese jemals auf 0 sinken, wird man aus der Hölle geworfen.

Spielbarkeit aus Spieler*innensicht

Die Regeln von d666 sind äußerst kompakt. Dadurch ist das Spiel sehr einsteiger*innenfreundlich. An manchen Stellen sind die Regeln vage. So ist etwa die Anzahl an Seelen, die in einem Raum untergebracht werden können begrenzt. Das gilt allerdings scheinbar nicht für die einzelnen Foltermethoden. Im Grunde kann man in einem Raum, der sechs Seelen fasst, ein Foltergerät bauen, für das nur ein Material benötigt wird und dann darin sechs Seelen unterbringen. Das macht das Spiel unter Umständen allerdings sehr kurz.

Auch an anderen Stellen sind die Regeln für ein Aufbauspiel nicht handfest genug. So werden die Spieler*innen aufgefordert, eigene Foltermethoden zu erfinden. Im Regelwerk sind einige Foltergeräte vorgegeben sowie die entsprechenden Materialien, die man zum Bauen dafür braucht. Für das Erfinden eigener Foltergeräte gibt es keine Regel. Dadurch könnte man sich theoretisch ein Folterinstrument ausdenken, das kaum Materialien verbraucht. Da Materialien und Platz die einzigen, begrenzten Ressourcen sind, die es braucht, um Foltergeräte zu bauen, wird das Spiel dadurch sehr einfach.

Rollenspielpotenzial bietet sich in d666 nur dann, wenn man die Erlebnisse des Spieler*innencharakters auch aufschreibt und den Charakter so weiter ausarbeitet. Die kaum anpassbaren Spieler*innencharaktere bleiben sonst nämlich sehr blass.

Spielbericht

Alles, was man zum Spielen benötigt: Stift, Papier und 3d6
Alles, was man zum Spielen benötigt: Stift, Papier und 3d6

Ein Spiel, also bis 25 Seelen gefoltert werden, lässt sich in einer Sitzung durchspielen, abhängig davon, ob man mitschreibt oder einfach nur seine Hölle nach und nach auf dem Kartenpapier entstehen lässt.

Im Testspiel machte sich die Dämonin Vritra auf, Seelen zu fangen und zu foltern. Sie traf dabei auf verschiedene Kreaturen, manche davon freundlich gesinnt, die meisten aber eher feindlich. So musste sie sich gegenüber mehreren Riesenkäfern und einer Knochen-Gottesanbeterin behaupten. Gegen einen Todesclown und einen Höllenwurm hatte sie hingegen das Nachsehen. Trotzdem konnten die 25 Seelen relativ einfach gefangen und schließlich in Foltergeräten untergebracht werden. Auch ihre höllische Reputation war dabei nie großartig in Gefahr.

Erscheinungsbild

D666 besticht vor allem durch sein einprägsames Titelbild, das richtig Lust auf die Hölle macht. Auch sonst ist der Satz des Buches übersichtlich. Besonders schön ist die kurze zweiseitige Regelzusammenfassung ganz am Ende. Diese ist besonders während des Spielens sehr hilfreich.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Critical Kit
  • Autor: Tim Roberts
  • Erscheinungsjahr: 2023
  • Sprache: Englisch
  • Format: PDF/Druck
  • Seitenanzahl: 21
  • ISBN: 978-1-80352-513-6
  • Preis: 11,95 EUR (Druck)/ 5,95 EUR (PDF)
  • Bezugsquelle: Fachhandel

 

Fazit

D666 kann durchaus Spaß machen. Besonders das Setting ist erfrischend. Allerdings ist d666 nicht schwierig und zwiegespalten zwischen Rollen- und Aufbauspiel. Für ein Aufbauspiel sind die Regeln an einigen Stellen zu vage. Als Rollenspiel funktioniert es nur, wenn man viel Charakterarbeit beim Schreiben betreibt.  Das heißt nicht, dass d666 keinen Spaß macht. Es funktioniert aber definitiv am besten, wenn man keine große taktische Tiefe, sondern einfach ein nettes Spiel für zwischendurch erwartet. 

Gekauft werden kann d666 auf der Website von Critical Kit.

 

  • Schnell erlernte Regeln
  • Setting mit viel schwarzem Humor
 

  • Regeln teils zu vage
  • Wenig Rollenspielpotenzial

 

Artikelbilder: © Critical Kit
Layout und Satz: Verena Kröger
Lektorat: Rick Davids
Fotografien: Rebecca Haardt
Diese Produkte wurden kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

Über die Autorin

Rebecca HaardtRebecca liebt alles, was mit Science-Fiction oder Horror zu tun hat, seien es Filme, Videospiele oder Romane. Deshalb studiert sie momentan Medienwissenschaft, um irgendwann ihr Hobby zum Beruf zu machen. Erst vor ein paar Jahren hat sie Pen-and-Paper-Spiele für sich entdeckt. Wenn sie mal nicht die Vergessenen Reiche durchstreift, geht sie auf der Alster segeln.

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