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Eine Fabrikanlage. Fließbänder, Ladestationen und Laserschranken. Nach Produktionsschluss in der Anlage haben die Roboter nichts mehr zu tun und deren Kontrolleure starten daher ein Rennen. Der Klassiker Robo Rally wurde kürzlich neu aufgelegt und mit modernisierten Regeln versehen. Wie kann sich das Spiel im modernen Umfeld behaupten?

Das originale Robo Rally von Richard Garfield, seines Zeichens Erfinder des Sammelkartenspiels Magic: The Gathering, ist schon reichlich betagt. Mehr als 20 Jahre hat es bereits auf dem Buckel und an mancher Stelle merkt man das den Regeln und Komponenten durchaus an. Dennoch erfreut es sich, inklusiver diverser Erweiterungen, in Spielerkreisen noch immer einer ziemlichen Beliebtheit. Grund genug, das Spielprinzip etwas zu modernisieren und für neue Spielerkreise interessant zu machen. Doch kann das gelingen, ohne zugleich die Fans des Originals zu verlieren?

Spielablauf

Schauen wir uns zuerst einmal an, wie das Spiel überhaupt funktioniert. Ich werde dabei auch auf die wichtigsten Veränderungen gegenüber den alten Regeln kurz eingehen.

Vorbereitungen

Robo Rally kann mit zwei bis sechs Spielern gespielt werden. Die Anzahl der Spieler verändert das Spiel dabei massiv. Mit nur zwei Spielern ist es relativ simpel den Überblick zu behalten und seine Züge zu planen. Mit sechs Spielern hingegen, ist das Chaos vorprogrammiert.

Zu Beginn des Spiels werden zwischen einem und vier der enthaltenen sechs quadratischen Spielpläne ausgelegt. Daran kommt dann das Startfeld, das in jedem Spiel gleich ist und sowohl den Sendemast als auch die Startfelder für die Spielfiguren enthält. Der offizielle Name des Sendemastes ist dabei „Führungsspielerantenne“. Ich finde Sendemast erheblich handlicher und werde daher diesen Namen verwenden.

Im Regelheft sind 19 verschiedene Spielpläne beschrieben, jeweils mit einer Einordnung von Komplexität und Spieldauer. Aber natürlich steht es den Spielern auch frei eigene Kombinationen zu wählen.

Der empfohlene Spielplan für die erste Partie Robo Rally
Der empfohlene Spielplan für die erste Partie Robo Rally

 

Jeder Spieler wählt einen der sechs im Spiel enthaltenen Roboter und die dazugehörige Spielunterlage sowie ein Deck aus Programmierkarten – im Gegensatz zur alten Version verfügt hier jeder Spieler über sein eigenes Deck – und fünf Energiewürfel. Außerdem werden einige Dinge wie Energiewürfel und Schadenskarten neben dem Spielplan bereitgelegt. Dann wird ein Startspieler ausgelost und eine Erweiterungskarte mehr als Spieler aufgedeckt. Beginnend mit dem Startspieler platzieren nun alle Spieler ihre Roboter auf einem noch freien Startfeld des Spielplans und dann beginnt das eigentliche Spiel.

Rundenablauf

Gespielt wird Robo Rally in Runden. Der Ablauf der Runden ist dabei stets identisch und besteht aus drei Phasen: Upgrade-Phase, Programmierphase und Aktivierungsphase. Die Programmierphase findet dabei gleichzeitig statt, die anderen beiden Phasen werden in Reihenfolge der Priorität abgehandelt. Um Priorität zu besitzen, muss man sich möglichst nah am Sendemast befinden.

Jeder Spieler kann n der Upgrade-Phase eines der ausliegenden Upgrades erwerben. Bezahlt wird dabei mit Energie. Von dieser besitzt man zu Spielbeginn fünf Punkte, kann aber im Verlauf des Spiels weitere sammeln. Die Upgrades ermöglichen es, mehr Schaden zu machen, besondere Bewegungen auszuführen, oder allerlei andere Dinge. Im der alten Version von Robo Rally wurden diese Upgrades komplett zufällig gezogen, wenn ein Roboter auf einem entsprechenden Feld auf dem Spielplan zum Stehen kam.

In der Programmierphase zieht jeder Spieler neun Handkarten von seinem Deck und legt dann fünf von diesen verdeckt vor sich aus und bestimmt so, wie sein Roboter sich in dieser Runde bewegen soll. Sobald der erste Spieler fünf Karten gespielt hat, wird eine Sanduhr umgedreht und alle anderen Spieler haben nur noch bis zum Ablauf dieser Uhr, um ihren Zug fertig zu planen. Dann nicht ausgefüllt Felder werden mit zufällig gezogenen Karten vom Deck aufgefüllt.

Am Ende dieser Phase legen alle Spieler ihre verbliebenen Handkarten ab und die Bewegungsphase beginnt.

Die Programmierkarten, die jedem Spieler zur Verfügung stehen
Die Programmierkarten, die jedem Spieler zur Verfügung stehen

 

Nachdem alle fertig geplant haben – oder der Zufall die Planung übernommen hat, wenn die Zeit nicht ausreichte – werden die Programmierungen durch die Roboter in die Tat umgesetzt. In Reihenfolge der Priorität werden die einzelnen programmierten Befehle abgehandelt. Dabei führt jeder Roboter einen Befehl aus, dann sind die automatischen Fabrikelemente an der Reihe. Dies wird für alle fünf Befehle wiederholt, wobei sich die Priorität nach jeder Befehlsrunde verändern kann.

Schaden und Reboots

Sowohl automatische Fabrikelemente wie Fabriklaser als auch die Roboter der Mitspieler können Schaden verursachen. Normalerweise bedeutet das, dass auf den Ablagestapel des beschädigten Roboters eine Schadenskarte gelegt wird. Sobald das nächste Mal dessen Deck aufgebraucht ist, besteht also immer die Chance, eine Schadenskarte zu ziehen. Dies reduziert dann die Auswahl an tatsächlichen Befehlskarten, die dem Spieler in dieser Runde zur Verfügung stehen.

Um Schadenskarten wieder loszuwerden, muss man diese in seine Programmierung übernehmen. Sobald sie aufgedeckt werden, werden sie aus dem Deck entfernt und dann mit einer zufälligen Karte ersetzt. Man nimmt also das kurzzeitige Chaos in Kauf um dafür den Schaden loszuwerden.

Aber es gibt auch Situationen, in denen einfacher Schaden nicht ausreicht, um zu beschreiben, was mit dem Roboter geschehen ist. Ein Verlassen des Spielfeldes oder der Sturz in eine Grube zerstören den Roboter sofort. Geschieht das, muss ein Reboot durchgeführt werden. Dieser verursacht zwei Schaden, man erhält also zwei normale Schadenskarten. Außerdem wird der Roboter auf das Rebootfeld des Spielplanes gestellt, der ihm zum Verhängnis wurde und die restlichen programmierten Karten der aktuellen Runde werden abgelegt. Auf dem Rebootfeld ist der Roboter immun gegen alle Angriffe, Verschiebungen, etc., kann aber selbst auch nicht agieren bis die nächste Runde beginnt.

Sowohl Schaden als auch Reboot unterscheiden sich erheblich vom ursprünglichen Robo Rally. Dort reduzierte erlittener Schaden direkt die Anzahl der Handkarten, die man pro Runde zur Verfügung hatte, während ein Reboot den Schaden entfernt hat. Während eines Reboots, der stets freiwillig war, war der Roboter aber weiter angreifbar, so dass es eine riskante Option war. Außerdem hatte jeder Spieler Lebensmarken und ein Verlassen des Spielplans, der Sturz in ein Loch oder das Erleiden des zehnten Schadens hat einen Roboter zerstört. Durch abgeben einer Lebensmarke konnte er ins Spiel zurückkommen. Wer über keine solche Marke mehr verfügte, war aus dem Spiel.

Spielziel

Auf dem Spielplan befinden sich zwischen einem und sechs Checkpoints, die in einer festgelegten Reihenfolge abgefahren werden müssen. Sobald ein Roboter nach dem Abhandeln der automatischen Fabrikelemente auf einem Checkpoint steht, erhält er einen Checkpointmarker und muss nun zum nächsten Ziel gelangen. Wer zuerst alle Checkpoints abgefahren hat, gewinnt das Spiel.

Ausstattung

Die kleinen Roboter sind ein wahrer Hingucker und die Schachtel wird dem durch kleine Sichtfenster durchaus gerecht.

Auch verfügt die Schachtel über ein Inlay, das Platz für die Spielkomponenten bietet. Gerade die Checkpointmarken liegen dabei aber zu locker in ihrem Fach, so dass sie bei Transport des Spiels dazu tendieren, durch den Rest der Schachtel auf Wanderschaft zu gehen. Da man das Inlay aber ohnehin herausnehmen muss um an die Spielpläne zu kommen, ist das nicht weiter tragisch.

Das Inlay bietet Platz für alle Komponenten
Das Inlay bietet Platz für alle Komponenten

 

Leider ist der Rest der Komponenten nicht besonders gelungen. Die Spielunterlagen, Checkpointmarken und Programmierkarten sind zu dünn um mehr als ein paar wenige Spiele zu überstehen, und die einzelnen Spielfelder zeigen nach dem Herausbrechen aus ihren Rahmen deutliche Gratreste. Auch liegen sie nicht alle plan auf dem Tisch auf.

Positiv zu vermerken ist hingegen die Spielregel. Diese ist auf recht festem Papier gedruckt und lässt kaum Fragen offen. Alle Spielfeldelemente, Bewegungskarten und Upgrades sind einzeln erklärt und auch der Spielablauf gut dargestellt.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Avalon Hill / Hasbro
  • Autor(en): Richard Garfield
  • Erscheinungsjahr: 2016
  • Sprache: Deutsch
  • Format: 29,4 x 29,4 x 6,2 cm
  • ISBN/EAN: B01N1M4E3C
  • Preis: 33,22 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Bonus/Downloadcontent

Neben dem normalen Spielmodus finden sich in der Regel zwei Regeloptionen. Eine vereinfachte, in der ohne Upgrades und Sanduhr gespielt wird, sowie eine komplexere, in der am Ende der Programmierungsphase nicht die restlichen Handkarten abgeworfen werden. Diese zweite Variante macht das Spiel etwas planbarer, da man seine Karten ja über die Runden behält, erhöht jedoch auch den Einfluss, den Schaden hat, da man diesen nicht einfach abwerfen kann, so lange man nicht zu viel davon auf der Hand hat.

Wer es planbarer haben will, ohne den Einfluss des Schadens zu erhöhen, könnte auch die folgende Variante verwenden: Am Ende der Programmierphase können beliebige Karten abgeworfen werden. Alle, keine, nur bestimmte, je nach Wahl des Spielers.

Fazit

Robo Rally ist ein lustiges Spiel für Zwischendurch. Zwischen 30 und 90 Minuten dauert eine Partie in etwa. Je nach Karte und Mitspielern wird ein verbissenes Rennspiel daraus, oder ein chaotisches Herumgeschubse, bei dem es darum geht, die anderen möglichst effektiv zu ärgern. Das war beim ursprünglichen Spiel bereits der Fall, und die Änderungen an den Regeln für diese neue Version haben das auch nicht grundlegend verändert. Jedoch wurde der Fokus durch die Anpassungen verändert.

Durch die eigenen Decks wird das Spiel planbarer, da man ja in etwa weiß, welche Karten sich noch im Deck befinden müssen. Auch die Priorität an Stelle der Initiativen auf den Karten sorgt für bessere Planbarkeit der Reihenfolge. Zumindest bei den wichtigen frühen Befehlen in jeder Runde.

Schaden oder der Sturz von der Karte hat ebenfalls einen weit geringeren Einfluss, so dass das neue Spiel einen geringeren Frustfaktor hat als das alte. Macht das alles das Spiel besser? Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Aber es macht es auf jeden Fall zugänglicher für neue Spieler und schraubt den Chaosfaktor gehörig nach unten.

Insgesamt ein gutes Spiel, wenn auch kein überragendes. Wären die Komponenten etwas wertiger, würde es damit eine klare Wertung von 4 Daumen verdienen. Durch die Qualität des Spielmaterials jedoch sehe ich mich zu einer Abwertung gezwungen. Auch wenn der Preis angenehm niedrig ist, so sollte das Material nicht derart unter dem Preisdruck leiden!

Mit Tendenz nach Oben

Artikelbilder: Avalon Hill
Fotografien: Holger Christiansen
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

7 Kommentare

  1. Ach herrje, ich wünschte die Designer hätten mehr Zeit (und vor allem Liebe) in die Gestaltung der Bretter reingesteckt. Es sieht für ’ne Fabrik etwas zu clean aus. Da hätte man meiner Meinung nach doch bei den grauen Bodenplatten einfach mal hier und da Kratzer oder minimal andere Schattierungen etc. einbringen können. Stattdessen sind die Platten einfach Copy&Paste nebeneinandergesetzt … und leider sieht man das auch.

    Das Startbrett und die Roboterbrettchen fand ich bei der englischen Neuauflage zwar schon gut, waren aber auch ein wenig lieblos gestaltet (wie auch hier bei der Version).

    Ich hätte mir für „Roborally“ ein bisschen mehr: https://de.fotolia.com/id/95980949 erhofft …
    und weniger https://de.fotolia.com/id/76927282
    :-O
    So, und jetzt genug genöhlt.

    Prinzipiell ein tolles Spiel, das wir gerne spielen, aber dann lieber die dreckige alte Version, die irgendwie wertiger aussieht.

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