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Es gibt viele Szenen, die ein Abenteuer aufpeppen. Manche bringen Stimmung, andere Action. Was aber in meinen Augen immer mit am besten Stimmung, Spannung und auch Action bringt, ist ein Rennen. Dabei ist es fast egal, in welchem Setting oder wie es stattfindet. Wenn es darum geht, dass die Runde oder Teile dieser als Sieger über die Ziellinie kommen wollen, ist die Spannung immer greifbar. Ein Rennen ist nur schwer aus dem Ärmel zu schütteln, und damit die Vorbereitungen sich auf ein Minimum reduzieren, möchte ich euch eine kleine Anleitung zur Hand geben. So kann es dann auch spontan klappen, ein Rennen zu improvisieren. Mein Ziel soll sein, dass ihr wenig würfeln müsst und maximalen Spaß habt.

Grundsätzliches

Im ursprünglichen Artikel habe ich das Rennen auf Basis von Cyberpunk abgebildet. Ich möchte mich jedoch von einem konkreten Regelsystem lösen und das Ganze generisch betrachten. Beispielhaft werde ich weiterhin versuchen, ein Rennen in einer düsteren, nahen Zukunft abzubilden. So bleibe ich dem Namen des Artikels treu.

Das Setting und der Renngrund

Ich schrieb zwar einleitend, dass das Setting nicht wirklich wichtig ist für ein Rennen, aber man sollte natürlich schon darauf achten, dass ein Rennen hinein passt. In Star Wars wäre ein Pod-Rennen dem Ambiente angemessen und in Midgard ein Wagenrennen vor einer großen Kulisse. In einem Near-Future-Setting sind Autorennen sicher naheliegend. Macht euch vorher Gedanken, wie ihr ein Rennen zu einem echten Highlight in eurem Abenteuer macht.

Da man an einem Rennen einfach so teilnimmt, braucht es einen Grund, der sich fließend ins Abenteuer einfügt. Es kann sein, dass die Spieler einen Gegenstand nur erhalten, wenn sie das Rennen gewinnen, oder sie wollen sich in eine Organisation einschleichen. Vielleicht bekommen sie einen Job nur dann, wenn sie einen Fahrer haben, der sich bewiesen hat. Auch ist ein Ablenkungsmanöver als Grund der Teilnahme denkbar.

Das Regelsystem

Ich möchte mich vom Regelsystem lösen, schreibe jedoch trotzdem darüber? Ja. Ihr als Spieler und Spielleiter werdet das Rennen zweifelsohne an ein Regelsystem koppeln müssen. Denn schließlich verwendet ihr irgendein Regelsystem. Wichtig ist, dass ihr euer Regelsystem kennt, und alle relevanten Regeln den Spielern vermittelt. Vielleicht stellt ihr eine Zusammenfassung zur Verfügung.

Sollte euer Haussystem keine eigenen Regeln dazu parat haben, so entwickelt eure eigenen Rennregeln und schreibt sie am besten auf. So können die SpielerInnen die Regeln schon vor dem Rennen lesen und der Fluss der Spannung wird nicht durch Fragen unterbrochen.

Macht euch vor allem mit den vorhandenen Fahrzeugregeln vertraut. Ihr solltet auch Bescheid wissen, wie bei euch vergleichende Proben funktionieren. Schaden, der durch Unfälle entsteht, muss genau so abgedeckt werden, wie die Konsequenzen eines Unfalls für Insassen und für das Fahrzeug selber.

Geht ihr soweit, dem Fahrzeug verschiedene Werte zu geben, wie z.B. Beschleunigung, Höchstgeschwindigkeit, Beherrschbarkeit, Bremsen und Robustheit, dann sind dies Werte, die ihr für vergleichende Proben heranziehen könnt.

Hat zum Beispiel ein Fahrzeug den Wert Handling X, dann taugt dieser gut, um herangezogen zu werden, wenn zwei Fahrer extrem beschleunigen und dennoch die Kontrolle über ihren Wagen behalten wollen.

Grundsätzlich liegt immer eine Würfelprobe zugrunde. In der Regel wird der Charakter das Fahrzeug lenken, der den besten Wert in dieser Fertigkeit besitzt.

Grundsätzliche Rennregeln

Ich setze für meine Rennen immer fest, dass ein Abschnitt (s.u.) in 5 Meter lange Wagenlängen geteilt wird. Die Wagen fahren also immer hintereinander her, und zwar direkt, oder haben eine oder mehrere Wagenlängen Platz zwischen sich. Alles andere wird zu kompliziert. Durch die Proben im Rennen versuchen die Fahrer die Situation zu meistern, und/oder Platz gut zu machen zum Hintermann, bzw. zum Vordermann aufzuschließen oder ihn zu überholen.

Man kann nur jemanden überholen, der sich genau vor einem befindet. Ihr dürft kein leeres Feld zwischen euch haben.

Wann genau würfeln wir nun? Sehr gute Frage! Dies weiß ich erst, wenn ich mir ein Bild von der Rennstrecke und dem erwarteten Verlauf gemacht habe. Ich habe eine Karte der Rennstrecke erstellt, auf der die Boliden agieren werden. Diese hat Geraden, Kurven und Teile mit Hindernissen, aber auch Abschnitte, in denen keine äußeren Faktoren stören. Hier können die verschiedenen Rennteilnehmer gegeneinander handeln. Ich habe die Rennstrecke also in Abschnitte geteilt und werde dort von allen Mitstreitern Proben verlangen.

Generell handelt das Fahrzeug an erster Position immer zuerst. Auswirkungen von Handlungen der Hintermänner machen sich meistens erst in der nächsten Szene bemerkbar. Wird ein Reifen in der Situation zerschossen, platzt dieser für dieses Rennen nicht sofort, sondern quasi in dem Moment, in dem die nächste Szene beginnt.

Die Mitstreiter

Für den Rest der Runde wäre es sehr langweilig, wenn nur der Rennfahrer beschäftigt ist. Die anderen können außer Jubeln nichts tun, deswegen versuche ich immer, die gesamte Gruppe einzubinden. Das Rennen, das wir beispielsweise durchführen, wird mit dem Wagen veranstaltet. Bei einer Gang-Challenge könnte neben dem Fahrer auch noch ein Beifahrer beteiligt sein.

So haben wir Mr. Wumme und Mr. Lenkrad schon mal verbaut. Der Techniker/Hacker wird vielleicht mit einigen netten Hinweisen auf die Ampelschaltung gelenkt, so dass er in einer bestimmten Szene an einer Ampel für Verwirrung oder freie Fahrt sorgen könnte. Der Techniker kann natürlich auch Spielereien einbauen oder den Wagen für das Rennen besonders fit machen! Das kann dann einen Bonus für den Fahrer geben. Auch Sabotage ist sicher eine interessante und Atmosphäre fördernde Aktion. Lasst die Spieler ruhig darüber diskutieren, wie sie sich einbinden können, und lasst sie dann mindestens in einer Szene etwas tun oder zumindest mitwürfeln.

Die Gegner

Die Gegner werden nach dem gleichen Prinzip/mit jeweils derselben Fertigkeit handeln, wie es die Spieler tun. Nun muss man sich überlegen, wie gut der Fahrer des eigenen Teams ist. Wenn er der Michael Schuhmacher der nahen Zukunft ist, wird es niemanden geben, der ihm auch nur annähernd das Wasser reichen kann. Davon gehe ich aber nicht aus. Deswegen habe ich es so gehandhabt, dass einer der Rivalen einen besseren Wert in Fahren hat. In dem betrachteten Fall waren zwei weitere Fahrer mit einem vergleichbaren Wert ausgestattet und alle anderen hatten niedrigere Werte.

Bastelt euch ruhig ein paar Gegner mehr, einige Statisten, und einige möglicherweise spielentschei-dende Antagonisten. Ihr teilt ihnen Werte entsprechend ihrer Rolle zu. Macht euch Gedanken über ihre Ausrüstung, also zum Beispiel die Panzerung und Strukturpunkte des Wagens. Wenn ihr, wie oben vorgeschlagen, noch weiter ins Detail wollt, bitte. Wichtig ist auch, wie risikobereit die Gegner sind. Werden sie schon mal versuchen eine heikle Aktion zu probieren? Dies bestimmt, wie ihr bereits wisst, den Schwierigkeitsgrad.

Die Hilfsmittel

Es hilft sehr, die Strecke aufzuzeichnen. Als Marker für die Fahrzeuge könnt ihr euch kleine Autos besorgen, zum Beispiel alte Matchbox-Autos, und dann diese aufreihen. Befinden sich leere Plätze zwischen den Autos, packt ihr einfach einen Würfel dazwischen, der euch anzeigt, wie viele leere Wagenlängen sich dazwischen befinden. Dann braucht ihr noch die Zettel mit den Panzerungs- und Strukturpunkten und natürlich ganz wichtig, die Werte der Fahrzeugbesatzungen.

Mit einer Markierung auf der gezeichneten Karte zeigt ihr den Spielern an, wo sich der Wagentross gerade befindet.

Die Strecke und die damit verbundenen Aktionen

Ich liste hier beispielhafte fünf Streckenabschnitte, die ihr euch nach Belieben zusammensetzen könnt. Wenn ihr jedoch eigene Ideen habt, könnt ihr die Liste gerne erweitern.

Der Start

Das Wichtigste an jedem Rennen ist der Start. Hier lasse ich eine vergleichende Probe aller Fahrer machen. Selbstverständlich hat der Fahrer mit den meisten Erfolgen/dem höchsten Wert die Führung inne. So setzt sich die Reihenfolge des Trosses das erste Mal zusammen. Vergesst eventuelle Bonuswürfel auf Beschleunigung nicht.

Die Kurven

Jede Kurve birgt zwei Risiken. Zum einen kann der Wagen aus der Kurve getragen werden, zum anderen wagen es manche, in der Kurve zu überholen und euch den Platz streitig zu machen.

Der erste Fahrer der Wagenkolonne bestimmt, mit welcher Schwierigkeit er in die Kurve geht. Schafft er diese Probe, kommt er durch die Kurve. Gelingt es ihn nicht, kommt der Wagen ins Schleudern.

Im zweiten Fall würfelt er noch einmal, um zu sehen, ob er den Wagen abfangen kann. Er muss nun den Wagen hinter ihm auf jeden Fall vorbei lassen. Die genaue Anzahl der Fahrzeuge, die überholen können, kann man z.B. auch mit einem Würfelwurf bestimmen. Schafft er es nicht, den Wagen abzufangen, wird er entweder von der Strecke geschleudert oder er dreht sich. Solange nicht gepatzt wird, kann er sich dann am Ende einreihen. Bei einem Patzer könnt ihr euch etwas Schönes (und Kritisches) ausdenken.

Möchte der nachfolgende Fahrer überholen, muss er zuallererst hinter dem vorausfahrenden Auto sein. Die Kurve selber muss er dann eine Schwierigkeitsstufe schwieriger angehen als sein Vordermann. Gelingt ihm dies, überholt er in der Kurve. Gelingt dies nicht, verfahrt ihr wie oben beschrieben.

Hindernisse

Jedes Hindernis bringt neue Spannung. Es ist grundsätzlich so zu verfahren wie in der Kurve, nur dass ein Scheitern bei der Probe deutlich schwerere Folgen hat. Ist das Hindernis „weich“ – wie z.B. Oma Gertrud mit ihrem Rollator – ist das fürs Auto vermutlich wesentlich weniger letal, als wenn es sich um den Hydranten/ein anderes Auto/den vollgepanzerten Truck der Sprawl-Müllabfuhr handelt. Hier wird Schaden gemäß des benutzen Regelwerks ermittelt und verteilt.

Unterscheidet auf jeden Fall zwischen sichtbaren Hindernissen und plötzlich auftretenden Hindernissen. Diese bringen zusätzliche Spannung und sind natürlich deutlich schwerer zu meistern. Hier solltet ihr bei der Probe auf jeden Fall eine Erschwernis festlegen.

Die Geraden

Die Geraden sind vor allem die Orte, an denen SC selber versuchen können, das Rennen zu beeinflussen. Natürlich geht dies auch an den Hindernissen und in den Kurven, aber die Erschwernis wird doch einige davon abhalten, dort einen Unfall zu riskieren, oder? Denkt bei den NSC an den erwähnten Wagemut. Vielleicht probiert es ja doch einer. Auf der Gerade fängt auch wieder der Erste an der Spitze des Trosses an. Er kann zum Beispiel davonfahren: Hier würfelt er wieder auf Fahren, die Geschwindigkeit des Fahrzeugs sollte auf jeden Fall einen Bonus/Malus geben, je nachdem wie die Geschwindigkeit des folgenden Fahrzeugs ist.

Möchte der folgende Fahrer überholen/Plätze gut machen, muss er besser würfeln als der Fahrer des Fahrzeuges vor ihm. Hier kann man auch sehr gut vergleichende Proben benutzen.

Auch Rammen ist eine Option, hier könnt ihr am besten mit vergleichenden Proben arbeiten:

Wagen B will den vor ihm fahrenden Wagen A rammen. Er sagt den Rammangriff an. Er legt eine Fahrenprobe ab, genau wie der verteidigende Fahrer. Ist die Probe des angreifenden Fahrers höher, hat er gewonnen, ist sie niedriger oder gleich, hat der verteidigende Fahrer gewonnen. Der Verlierer muss auf jeden Fall eine Probe auf Fahren würfeln, um zu prüfen, ob er keinen Unfall baut.

Denkt daran, dass eine lange Gerade eventuell in verschiedene Abschnitte unterteilt werden kann.

Der Zieleinlauf

Der Zieleinlauf ist im Prinzip wie eine Kurve, eine Gerade oder ein Abschnitt mit Hindernis.

Der Rennverlauf

Im vorherigen Artikel erwähnte ich, dass man einiges im Vorhinein auswürfeln kann. Davon distanziere ich mich nun. Würfelt alles am Spieltisch aus. Die gespannten Augen der Spieler sind euer Lohn.

Orientiert euch für den Verlauf an der vorher erstellten Karte. Ihr würfelt Abschnitt für Abschnitt der Reihenfolge der Fahrzeuge und versucht dies mit atmosphärischen Worten auszuschmücken.

Ob ihr ein Rennen über mehrere Runden laufen lasst oder eine einfache Strecke nutzt, spielt fast keine Rolle. Packt Überraschungen ins Spiel.

Das Ambiente

Beschreibt das Rennen szenenweise und sorgt für Stimmung. Die Streckenabschnitte sollten aufeinander abgestimmt sein, dennoch aber immer Abwechslung bieten, und auch ein wenig Spannung ins Spiel bringen.

Es ist immer nett, wenn die Rennrunde an einem Streifenwagen vorbei fährt, oder andere, von den Spielern nicht bedachte Komponenten dazukommen. Der Streifenwagen etwa kann natürlich dann genauso ins Rennen eingreifen wie Spieler und andere Protagonisten. Geht bei den Beschreibungen immer vom Groben ins Detail. Dann kommen die Aktionen der Beteiligten.

Gibt es eine Abfahrt von einem Highway, die als Kurve zählt, beschreibt, wie die Fahrzeuge in hoher Geschwindigkeit über die Strecke donnern. Dann steigt aus dem Fahrzeug von Rubber-Jane heißer weißer Dampf auf, der vom Kühler sein muss. Da kommt auch schon die Ausfahrt, gekennzeichnet von zwei brennenden Fässern, die daneben liegen. Das erste Fahrzeug nimmt die Kurve und will den Highway verlassen … und dann geht´ s los.

Ich möchte euch diesen Artikel nicht als das universale Wundermittel mitgeben, um ein spannendes Rennen zu basteln. Vielmehr wollte ich euch aufzeigen, welchen Weg ich gehe. Bisher hat es immer für Spaß und Abwechslung gesorgt.

Ich hoffe, ich konnte euch einige Grundlagen bei den Überlegungen zu einem Rennen vermitteln, und euch dazu motivieren, es mal nach meiner Art in euren Runden auszutesten.

Artikelbild: Fotolia

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