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Der Hype war selbst für Nicht-Comicfans unübersehbar: Black Panther ist nicht nur der erste MCU-Film des Jahres 2018, sondern auch ein wichtiger Meilenstein für das afroamerikanische Kino. Seit Monaten hebt die Presse die Bedeutung dieses Films hervor. Doch ist Black Panther ungeachtet der politischen Wirkung auch ein unterhaltsamer Superheldenfilm?

Die Feuilletonisten haben sich in den letzten Monaten die Finger wundgeschrieben. So viel Aufmerksamkeit außerhalb der Comicfachwelt hatte zuletzt höchstens Wonder Woman. Während bei Patti Jenkins’ Film vor allem hervorgehoben wurde, dass endlich eine Superheldin ihren eigenen Film bekommt, steht bei Ryan Cooglers Werk die Herkunft des Helden im Vordergrund. Gender und Rasse, zwei grundlegende Aspekte der Identitätsbildung, werden in den letzten Jahren auch in der Popkultur immer wichtigere Storyelemente. Zwar ist Black Panther streng genommen nicht der erste schwarze Marvel-Titelheld auf der Leinwand (diese Ehre wurde Blade in den 90ern zuteil), aber der erste afrikanische Held im MCU, mit überwiegend schwarzem Cast. Wie in unserer Charaktervorstellung von Kai Engelmann erwähnt, ging es in den Black Panther-Comics seit seiner Einführung 1966 immer um kulturelle Identitäten, Rassismus, das historische Afrika sowie die politische Repräsentation Schwarzer.

Harter Tobak also, dessen Regisseur Coogler sich da angenommen hatte. Würde Black Panther unter der Last der Erwartungen zusammenbrechen? Könnten das (fast ausschließlich) schwarze Ensemble, die politischen Themen, die afrikanische Optik weiße Zuschauer abschrecken? Würde vor lauter realweltlicher Parallelen die Phantastik und damit der Unterhaltungswert geopfert? All diese Sorgen haben sich als unbegründet erwiesen. Black Panther ist eine spannende Comicverfilmung UND ein großer Fortschritt für die schwarze Kinokultur.

Story

Black Panther beginnt mit der Bitte des jungen T’Challa an seinen Vater, ihm die Geschichte Wakandas zu erzählen. Der Zuschauer bekommt eine Animationssequenz zu sehen, zu der König T’Chaka erzählt, wie vor vielen Jahrhunderten ein Komet aus Vibranium in Afrika einschlug. Das außerirdische Metall veränderte die örtliche Fauna und gab große Mengen Energie an die Umgebung ab. Fünf Stämme kämpften um das mächtige Metall, bis ein Schamane die Stimme des Panthergottes Bast vernahm. Auf dessen Geheiß aß der Schamane eine herzförmige Pflanze, die durch das Vibranium verändert wurde. Die Pflanze verlieh ihm übermenschliche Kräfte, er wurde zum ersten Black Panther, der vier der fünf Stämme vereinte und als erster König von Wakanda herrschte. Nur der fünfte Stamm, die Jabari, lehnte den Black Panther ab und zog sich in die Berge zurück, wo er dem White Gorilla huldigte. In den folgenden Jahrhunderten wurde Wakanda dank des Vibraniums zu einer enorm wohlhabenden und technologisch fortschrittlichen Nation, die ihr Geheimnis aber strikt vor der Welt hütete. Von Kolonisierung und Sklaverei verschont, übten die Könige von Wakanda im Verborgenen ihre Macht aus.

Die Handlung springt ins Jahr 1992 in Oakland, Kalifornien. Zwei schwarze Gangster planen in einem Apartment einen Überfall, als sie Besuch von Black Panther und seinen Leibwächterinnen erhalten. T’Chaka begrüßt den Gangsterboss herzlich, es ist sein jüngerer Bruder N’Jobu, als Undercoveragent Wakandas in den USA tätig. Doch im nächsten Moment wirft der Monarch seinem Bruder vor, dem weißen Verbrecher Ulysses Klaue beim Diebstahl von Vibranium geholfen zu haben. N’Jobu wollte mit überlegenen Vibraniumwaffen den amerikanischen Schwarzen zu einer Revolution verhelfen. Als er T’Chaka fragt, wie er auf ihn aufmerksam wurde, gibt sich der zweite Gangster als Spion Wakandas zu erkennen.

In der Gegenwart, kurz nach den Ereignissen von Captain America: Civil War, kehrt der trauernde T’Challa nach Afrika zurück. Wir erinnern uns: Der rachsüchtige Sokovianer Helmut Zemo wollte die Avengers spalten, indem er dem flüchtigen Bucky Barnes einen Anschlag auf das UN-Hauptquartier in Wien anhängte. Bei diesem Anschlag kam T’Chaka ums Leben, und sein Sohn erbte den Thron sowie den Mantel des Black Panther. Doch es bleibt keine Zeit zum Trauern. Bei einem kurzen Abstecher nach Nigeria hilft T’Challa seiner Exfreundin Nakia dabei, entführte Frauen aus der Hand von Sklavenhändlern zu befreien. Die beiden kehren mit General Okoye, der Anführerin von T’Challas weiblicher Leibgarde Dora Milaje, nach Wakanda zurück. Die vermeintlich armseligen Bauernhütten sind nur eine Fassade für eine riesige, von Tarntechnologie verhüllte Großstadt.

Dort werden sie von T’Challas Mutter Ramonda sowie seiner frechen jugendlichen Schwester Shuri empfangen. Während Ramonda ihrem Sohn Mut für die kommende Krönungszeremonie zuspricht, zeigt Shuri ihm ihre neuesten Erfindungen. Am Tag der Krönung steht es jedem Stamm von Wakanda zu, im rituellen Zweikampf Anspruch auf den Thron zu erheben. Vier Stämme lehnen dies ab, doch die Jabari schicken ihren Anführer M’Baku in den Kampf, der T’Challa nicht anerkennen will. Zwar wird ihm aus Fairnessgründen vorübergehend die Macht des Black Panther genommen, doch auch als normaler Mensch besiegt T’Challa seinen Herausforderer problemlos und überzeugt M’Baku, lieber aufzugeben, anstatt bis zum Tod zu kämpfen.

In London betrachtet der Amerikaner Erik Stevens eine Ausstellung im British Museum zu afrikanischer Kultur. Er weist die Kuratorin darauf hin, dass ein vermeintlich aus Benin stammendes Exponat in Wirklichkeit aus Wakanda stammt und aus Vibranium besteht. Daraufhin richtet er mit seinem Komplizen Ulysses Klaue ein Blutbad unter den Museumswächtern an und stiehlt das Artefakt. Klaue plant, das Artefakt in einem illegalen Kasino in Südkorea zu verkaufen.

Als T’Challa davon erfährt, reist er mit Nakia und Okoye nach Busan. Im Kasino trifft er auf einen alten Bekannten, den CIA-Agenten und Antiterror-Spezialisten Everett Ross (ebenfalls ein bekanntes Gesicht aus Civil War). Ross hat es ebenfalls auf Klaue abgesehen, und gemeinsam schaffen sie es nach einer wilden Verfolgungsjagd, den Verbrecher dingfest zu machen. Doch Erik Stevens befreit seinen Partner gewaltsam und Ross wird beim Versuch, Nakia zu beschützen, schwer verletzt. T’Challa sieht keine andere Wahl, um Ross’ Leben zu retten, als ihn mitzunehmen und damit Wakandas Geheimnis preiszugeben.

Diese Entscheidung erweist sich trotz Okoyes Kritik als sehr weise, denn der geheilte Ross schafft es nicht nur, Stevens’ Fähigkeiten zu analysieren, er unterstützt den König schließlich auch dabei, Wakanda vor seinem ärgsten Feind und die gesamte Welt vor einer Katastrophe zu bewahren …

Darsteller

Bei allen Schauspielern in Black Panther hat man den Eindruck, dass die Chemie untereinander perfekt stimmt. Das liegt einerseits an der Qualität der Schauspieler selbst, andererseits aber auch an Cooglers Zusammenstellung. Es ist einfach eine Freude zu sehen, wie lebendig die Dialoge sind und wie die vielschichtigen Charaktere aufeinandertreffen. Chadwick Boseman darf als Hauptcharakter natürlich am vielseitigsten sein: Von T’Challas gespielter Coolness, die sofort einfriert, als er auf Nakia trifft, über die Selbstzweifel, die er seiner Mutter gesteht, und die triezenden Wortgefechte mit dem vorlauten Technikgenie Shuri bis hin zu den Konfrontationen mit drei völlig unterschiedlichen Bösewichten zeigt Boseman sein Talent als Charakterdarsteller.

Doch der Film wird auch von den Nebencharakteren getragen, insbesondere von den weiblichen. Kaum ein Film der letzten 10 Jahre hatte so viele starke, selbstbewusste Frauen im Rampenlicht. Keine von ihnen ist bloßes Anhängsel des Helden oder allein dazu da, seine persönliche Entwicklung voranzutreiben. Nakia ist zwar die Angebetete von T’Challa, aber auch eine taffe Spionin, die für die Öffnung Wakandas plädiert und mit der Waffe ihre Heimat verteidigt. Ramonda ist Mutter, aber auch ehemalige Königin und ergreift am Ende die Initiative zum Wohl ihres Sohnes. Okoye ist kein eindimensionales Actiongirl, sondern eine heimattreue Soldatin, die ihren König mit Rat und Tat unterstützt.

Shuri mag zwar die kleine freche Schwester sein, aber sie ist auch eine brillante Ingenieurin, die entgegen aller üblichen Hollywood-Teenagerklischees auch für Tradition und Familie kämpft. All diese weiblichen Charaktere haben Persönlichkeit, Willenskraft und sind attraktiv, aber nicht übertrieben sexy. Keine von ihnen trägt aufreizende Outfits, sondern afrikanisch-modische, dem Stand angemessene Kleidung. Okoyes Dora-Milaje-Uniform etwa ist so cool, dass es bald unzählige Cosplays davon geben dürfte. Fanservice ist in Black Panther nicht vorhanden, es sei denn, man zählt T’Challas oberkörperfreie Ritualkämpfe dazu.

Die männlichen Nebencharaktere sind aber keineswegs farbloser als die Frauen. Winston Duke als M’Baku zeigt eine tolle Wandlung: Sein arroganter Machismo wird bei der Krönung prompt von T’Challa in die Schranken verwiesen, später darf er als ehrerbietender Staatsmann eine ganz andere Seite zeigen. Hier hat er auch einen der witzigsten Dialoge im gesamten Film mit Martin Freeman alias Everett Ross. Unbedingt darauf achten! Letzterer darf sich auch profilieren: Zwar wirkt Ross als einziger Weißer in Wakanda oft wie Alice im Wunderland und wird auch von den Wakandanern als Kuriosität angesehen. Er ist aber weit entfernt von einer Witzfigur. Als erfahrener Kampfpilot und CIA-Agent unterstützt er in jeder Szene T’Challa und seine Familie.

Im Gegensatz zu seinem Comic-Vorbild darf MCU-Ross gnädigerweise seine Hose behalten. Und wo wir bei schrägen Gestalten sind: Andy Serkis als Ulysses Klaue gibt einen wunderbar exzentrischen, gestörten Charakter ab, der bisweilen wie der Joker rüberkommt. Ein Dieb und Mörder, der mit seinen Opfern spielt, während Verfolgungsjagden coole Musik laufen lässt und sich zu keinem Zeitpunkt aus der Ruhe bringen lässt.

Und dann wäre da noch der große Bösewicht zum Schluss…

Über den Antagonisten

Erik Stevens alias Killmonger ist vermutlich der glaubwürdigste und vielschichtigste MCU-Bösewicht bislang. Als T’Chakas Neffe gehört er rechtmäßig zur königlichen Familie, wurde aber von seinem Onkel zurückgelassen. Ohne Privilegien, Reichtum und Einfluss wuchs er auf den harten Straßen Oaklands auf, wo er seinen Hass auf Wakanda schürte und schließlich beim Militär auf erschreckende Weise kanalisierte. Als Kommandosoldat in Krisengebieten habe Killmonger, wie Ross erklärt, Tötungsraten erzielt wie im Videospiel. Als Ein-Mann-Armee wurde er darauf geschult, Staaten gezielt zu destabilisieren und zu ihrem verwundbarsten Zeitpunkt einen Regimewechsel zu erzwingen. Taktiken, die die CIA in der realen Welt auch schon in Afrika eingesetzt hat.

Ironischerweise versucht Killmonger, seine von der Großmacht USA erlernten Fähigkeiten gegen den Westen einzusetzen. Seine Träume von einem vereinten, pan-afrikanischen Imperium Wakanda klingen nach einem faschistoiden Alptraum, der zu Recht von den wakandanischen Loyalisten bekämpft und verhindert wird. Doch seine Vision, Rache zu üben für Jahrhunderte des Kolonialismus, Imperialismus und der Ausbeutung Afrikas, spricht gerade afroamerikanische Zuschauer an. Nicht, weil diese sich die Unterjochung des Westens und der restlichen Welt wünschen, sondern Gerechtigkeit für die erlittene (und immer noch präsente) Unterdrückung.

Dass Killmongers Vorgehen falsch ist, macht der Film unmissverständlich deutlich: Mit seinem diktatorischen Stil, seiner Respektlosigkeit gegenüber den wakandanischen Traditionen und seiner Mordlust schadet er vor allem Wakanda selbst. T’Challas Rede vor den Vereinten Nationen in der Mid-Credits-Szene macht deutlich, welcher Weg für Wakanda der richtige ist: Der Welt als Wohltäter, nicht als Eroberer zu begegnen. Dennoch bleibt Killmonger als stolzer, verletzter Krieger ohne Heimat, der am Ende den Tod der Gefangenschaft vorzieht, in Erinnerung. Womöglich wäre T’Challa in der umgekehrten Situation ebenfalls zu einem Killmonger geworden. Michael B. Jordan bietet uns einen spannenden Bösewicht abseits der üblichen Erobererklischees, die leider schon zu häufig im MCU vorkamen.

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Inszenierung

Kostüm, Maske, Set-Designer und Komponisten haben alles gegeben, um dem Film ein authentisch afrikanisches Flair zu geben, das natürlich eine Illusion ist, da Wakanda eine fiktive Nation ist. Für die Kostüme wurden verschiedene zentral- und südafrikanische Stilelemente verwoben, ebenso für die unterschiedlichen Frisuren (besonders schön bei Nakia und Ramonda zu sehen). Bei der Filmmusik hat sich Komponist Ludwig Göransson, der regelmäßig mit Ryan Coogler zusammenarbeitet, von Musikern in Senegal und Südafrika beraten lassen. Zudem schrieb der gefeierte Hiphop-Künstler Kendrick Lamar ein Soundtrack-Album mit bekannten Größen des Hiphop und RnB. So flossen am Ende sowohl coole Rapbeats als auch traditionell afrikanische Trommelrhythmen in den Film ein.

Am eindrucksvollsten ist aber das Design der wakandanischen Hauptstadt und des Palasts. Hier sprüht der Afrofuturismus der Comics förmlich aus jeder Szene. Elegante Tribal-Muster schlängeln sich auf hypermodernen Sci-Fi-Geräten, T’Challas Flieger erinnert an ein mythisches Insekt und die Wolkenkratzer Wakandas leuchten im Schwarz und Violett des Vibraniums, aus dem sie errichtet wurden. Nicht nur in Charakteren und Setting, auch in visueller Hinsicht hebt sich Black Panther vom Rest des MCU ab und setzt neue Maßstäbe.

Auch das Genre von Black Panther ist fließend: Wir sehen eine Ode an Afrika in den Landschaftsaufnahmen Wakandas. Die Casinoszene und Shuris Briefing davor könnten 1:1 aus einem James Bond-Film stammen, allerdings nicht als Abklatsch, sondern als Neuinterpretation (wer hat noch mal einen schwarzen Bond gefordert? So könnte er aussehen). Die Konfrontation mit den Bösewichten ist ein lupenreiner Politthriller, wie wir ihn auch schon mit Captain America: The Winter Soldier (deutscher Titel: The Return of the First Avenger) gesehen haben. Und der Kampf des Königs um sein Reich und seine Ehre hat schon Züge einer Shakespeare-Tragödie (siehe unten). Bisweilen vergisst man, dass man einen Superheldenfilm sieht. Aber nur für wenige Momente, denn die verschiedenen neuen Black-Panther-Anzüge sind einfach zu cool.

Erzählstil

Regisseur Coogler ist ein Geniestreich gelungen: Er bedient sich einer seit Jahrzehnten im Marvel-Fandom beliebten Comicfigur, um afrikanische Kulturen und schwarzes Selbstbewusstsein zu feiern. Gleichzeitig bleibt Black Panther auch für ein nicht-schwarzes Publikum verständlich. Eben weil die Kultur Wakandas nicht ausschließlich als exotisch und fremdartig präsentiert wird, sondern auch universelle menschliche Werte zeigt. Sicher, es gibt eine eigens erfundene Sprache, ausgefallene Kleidung und Schmuck, die wakandanische Architektur, Gebrauchsgegenstände und Waffen vermengen Science-Fiction-Elemente mit afrikanischen Motiven. Die Menschen und ihre Handlungen jedoch sind für alle Zuschauer zugänglich: Da ist der Sohn, der in die Fußstapfen des Vaters treten muss, mehr als fähig, aber voller Selbstzweifel, der womöglich beste Krieger seines Volkes, der jedoch prompt abgelenkt wird, wenn er seiner Exfreundin gegenübersteht.

Da ist die Offizierin, die rechte Hand des Monarchen, gefangen in einem Zwiespalt zwischen militärischem Gehorsam und Vaterlandsliebe. Mutter und Schwester, die gleichzeitig ihrem König Ehre erweisen müssen, aber auch den Bruder oder Sohn vor seinen Schwächen bewahren wollen. Und ein ganzes Volk, das sich zwischen Isolation und Weltoffenheit entscheiden muss: Jahrhundertelang hat die Politik der Abschottung Wakandas Bürger und Reichtum beschützt, doch die Welt ändert sich. Die Ereignisse von Civil War, aber auch die Auslandsmissionen der wakandanischen Spione (wie Nakia, die in Nigeria gegen Menschenhändler kämpft), sprechen eine deutliche Sprache. Wakanda hat die Technologie und das Geld, um in der Welt Gutes zu tun, aber sollte es das auch?

Diese zwiespältigen Probleme und die vielschichtigen Beziehungen der Charaktere untereinander machen den Film zu einer im MCU einzigartigen Geschichte. CGI-Kämpfe und coole Sci-Fi-Gadgets sind dabei nur das Sahnehäubchen. Es ist keine Übertreibung, wenn manche Kritiker Black Panther mit einem Shakespeare’schen Epos vergleichen. Denn Shakespeare schrieb zwar über große Könige, dramatische Kriege und finstere Intrigen, konnte aber diese komplexen Stoffe immer in (für seine Zeitgenossen) allgemein verständlichen Worten ausdrücken. Genau das gelingt Ryan Coogler auch. Man muss sich nicht mit Afrikas Kulturen und Geschichte auskennen, um die realweltlichen Hintergründe zu verstehen, noch lenken diese von der Unterhaltung ab.

Apropos Ablenkung: Wem die bisherigen MCU-Filme zu viel Slapstick-Humor enthielten, der wird hier eine andere Seite erleben. Zwar gibt es auch in Black Panther witzige Szenen und Dialoge, die Lachsalven durch den Kinosaal schickten. Aber diese sind nicht erzwungen, sie passen zur Situation und wirken nie fehl am Platz. Shuri, Klaue und M’Baku sind von allen Charakteren die coolsten Socken in der Story und jetzt schon Fandom-Lieblinge. Stan Lee ist natürlich auch wieder mit von der Partie.

Zuschauern mit afrikanischen Wurzeln bietet der Film noch eine weitere Perspektive, die man als nicht-Schwarzer nicht unbedingt nachvollziehen kann. Ein Film, der einen mehrheitlich schwarzen Cast hat, mit selbstbewussten, vielfältigen Charakteren, einer Handlung, die nicht auf stereotype schwarze Themen setzt (Armut, Kriminalität, Drogen, Sklaverei), vor einem Hintergrund, der afrikanische Kulturen als reichhaltig und schön darstellt, ist eine solche Ausnahme in Hollywood, dass auch schwarze Zuschauer, die mit Comics und Superhelden nichts am Hut haben, begeistert in die Vorstellungen stürmten. Die Äußerungen afroamerikanischer Fans in den sozialen Medien kann man nur mit dem Wort „Stolz“ zusammenfassen. Eine ähnliche Wirkung in schwarzen Communities hatte zuletzt die Wahl Barack Obamas zum Präsidenten im Jahr 2008. Afroamerikaner sind in den USA immer noch marginalisiert und haben unabhängig von ihrem sozialen Status mit Vorurteilen, Benachteiligung und Hassverbrechen zu kämpfen.

Auch in Hollywoodproduktionen gibt es oft nur einen Quotenschwarzen („token black character“), der als Sidekick des Helden, oder noch schlimmer, als Spaßvogel, nur eine Nebenrolle spielt. Weiße Zuschauer sind es gewohnt, dass der Protagonist eines Films, wenn nicht gar das gesamte Ensemble, dieselbe Hautfarbe wie sie haben. Black Panther setzt hier neue Maßstäbe und gibt schwarzen Zuschauern eine neue Sichtweise. Es ist nicht verwunderlich, dass selbst professionelle Kritiker, wie auf dem afroamerikanischen Kulturblog „The Root“, ihrer Begeisterung freien Lauf ließen.

Und diese hoffnungsvolle Botschaft einer selbstbewussten, gleichberechtigten schwarzen Nation ist momentan wichtiger denn je. Nach 8 Jahren unter dem ersten schwarzen Präsidenten ist für die Afroamerikaner jetzt gefühlt ein Rückschritt in der Politik eingetreten. Auch darauf bezieht sich Black Panther augenzwinkernd. In einer Szene wird sinngemäß verkündet, dass in Krisenzeiten die Weisen Brücken bauen, die Narren jedoch Barrieren …

Die harten Fakten:

  • Regie: Ryan Coogler
  • Darsteller: Chadwick Boseman, Michael B. Jordan, Lupita Nyong’o, Danai Gurira, Daniel Kaluuya, Letitia Wright, Andy Serkis, Martin Freeman etc.
  • Erscheinungsjahr: 2018
  • Sprache: Englisch (Rezensionsversion), Deutsch
  • Format: Kinofilm, 3D
  • Preis: ca. 10-15 Euro (Ticketpreise variieren)

 

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Fazit

Lob für Black Panther hat man schon in den Wochen vor seiner Veröffentlichung in allen relevanten Medien (und einigen irrelevanten) gelesen. Jetzt zum Kinostart hat der Film bewiesen, dass der Film in vielerlei Hinsicht die Vorschusslorbeeren verdient hat. Gibt es irgendwelche Wermutstropfen? Ja, ein paar kleinere, die man spoilerfrei nur so ausdrücken kann: Einige Charaktere erhalten nicht genug Leinwandzeit, allerdings nicht, weil sie sich nicht entfalten konnten, sondern weil man von ihnen nicht genug bekommen kann. Zudem wird das große Thema der zweiten Filmhälfte, Isolation gegen Globalisierung, etwas oberflächlich behandelt. Das ist aber in Ordnung, wenn man sich daran erinnert, dass man immer noch einen Actionfilm sieht und keine politische Dokumentation.

Wem der Hype jetzt schon zu viel ist und wer aus reinem Zynismus das Ganze für zu schön, um wahr zu sein hält, der sollte einfach trotzdem in Black Panther gehen und sich angenehm überraschen lassen. Wer als Weißer unsicher ist, ob ein Film mit so starker schwarzer Thematik unterhaltsam sein kann, sollte auch hineingehen, er spricht jedes Publikum unabhängig von der Herkunft an. Wer keine Superhelden mag, sollte sich Kinokarten kaufen, denn die Handlung ist völlig anders als das, was wir bisher von Marvel und DC gewohnt sind. Black Panther hat jetzt schon über das Marvel-Fandom hinaus Wellen geschlagen, und angesichts der Einnahmen von über 200 Millionen Dollar am Startwochenende wird der Film nur noch mehr an Fahrt aufnehmen. Eine in jeder Hinsicht gelungene Comicverfilmung – und eine tolle Einstimmung auf Avengers: Infinity War!

Artikelbilder: Marvel Studios
Dieser Kinobesuch wurde durch das Teilzeithelden-Patreon-Projekt finanziert.

 

1 Kommentar

  1. Habe den Film auch gestern im Kino gesehen und war begeistert!
    Klasse Artikel, nur eine kleine Korrektur möchte ich anmerken: Wakandas Sprache wurde keineswegs eigens erfunden (wie es im Abschnitt „Erzählstil“ zu lesen ist), es handelt sich dabei um die durchaus reale Sprache isiXhosa, die u.a. eine der offiziellen Landessprachen Südafrikas ist. :)

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