Geschätzte Lesezeit: 7 Minuten

Seit mehr als vier Jahren ist nun die Neuauflage des alten Degenesis, Degenesis Rebirth, auf dem Markt. Mit Black Atlantic hat der Verlag SIXMOREVODKA nun seinen dritten Kampagnen-/Quellenband herausgebracht und endlich können Spielergruppen die Suche nach einem geheimnisvollen Artefakt im Norden Frankas beenden. Doch hat sich das Warten gelohnt?

Am ersten Dezember 2014 veröffentlichte der Verlag SIXMOREVODKA die ersten Informationen und Bilder zu ihrem Quellen- und Abenteuerband Black Atlantic für Degenesis Rebirth. Nach mehr als drei Jahren haben die Degenesis Rebirth-Spielleiter das fertige Buch nun endlich in den Händen und erleben nicht nur im Abenteuer mit dem titelgebenden Namen das Aufkommen einer neuen Bedrohung, sondern auch weltenverändernde Geschehnisse. Wer vollkommen unbefleckt an das Abenteuer rangehen will, sollte vielleicht nun aufhören zu lesen, allen anderen kann ich aber eines versprechen: Ich versuche alles möglichst spoilerfrei wiederzugeben.

Der Quellenteil – Auf nach Briton!

Ein Blick ins Buch
Ein Blick ins Buch

Wer schon den vorherigen Band The Killing Game besitzt, wird sich auch in Black Atlantic sofort heimisch fühlen. Auch dieses Mal ist das Buch wieder grob in zwei Abschnitte eingeteilt. Zu Beginn führen die Autoren die Leser zunächst in die Region ein, in der das Abenteuer spielt. Briton (Wichtig, nicht Britain!) ist der nördliche Teil Frankas zwischen Brest und dem Protektorat. Hier lernt man zunächst die Britoni und ihre Geschichte kennen, die untrennbar mit dem Kult der Wiedertäufer verbunden sind. Wo im Süden Frankas ein brüchiger Waffenstillstand zwischen den Menschen und den Pheromanten herrscht, so wurden im Norden die größten Bedrohungen vermeintlich besiegt. Als vor einigen Jahren der Pheromantenkönig Ganaress einen unaufhaltsamen Feldzug gegen die Menschen führte, schafften es einige Wiedertäufer mit Hilfe eines mysteriösen Artefakts, namens Sternenfeuer, den Feldzug aufzuhalten und etwas zu tun, was vorher noch keinem Sterblichen gelungen war: einen Pheromanten zu vernichten. Die Offensive brach zusammen, Menschen, die vorher unter der Kontrolle Ganaress standen, erlangten ihr Bewusstsein zurück und die Fäulnis kam zum Stehen. Seitdem wird der Wiedertäufer, der den finalen Schlag ausführte, als Held einmal im Jahr verehrt. Dies verfestigte den Glauben der Britoni an die Wiedertäufer und schon bald waren der Kult und die Bevölkerung unzertrennlich. Brest wurde zu Ihrer Bastion.

Die Spitalier, die vorher den Wiedertäufern ihre Unterstützung versagten, bekamen Wind von dem mysteriösen Artefakt und um es vor ihrer Neugier zu verbergen, brachten die Wiedertäufer das Sternenfeuer an einen geheimen Ort und beauftragten den Sohn des Königs von Briton, es zu bewachen. Schon bald glaubte keiner der Spitalier mehr die Geschichte um den Held Vincaret und seinen Sieg über Ganaress.

Neben der Geschichte von den Britoni und den Wiedertäufern werden in Black Atlantic ebenfalls die wichtigsten Orte im Norden Frankas beschrieben. Von Brest, über die spitalische Festungsstadt Rennes und die gefährliche Überquerungsmöglichkeit der Loire in den Ruinen von Nantes, bis zu einer Kurzbeschreibung der mysteriösen Vorgänge auf den britischen Inseln ist alles dabei was man für eine glaubhafte Darstellung dieses Gebietes braucht. Dass sich die Autoren dafür entschieden haben, Franka in zwei Quellenbänden zu beschreiben, war eine gute Entscheidung. So können die beiden doch sehr unterschiedlichen Gebiete mit dem gebührenden Detailgrad beleuchtet werden und man hat gleich alles was man für den Abenteuerteil benötigt. Brest bekommt als Schauplatz des eigentlichen Abenteuers eine noch etwas genauere Beschreibung spendiert. Schlussendlich beinhaltet der Quellenteil noch eine Beschreibung des wahrscheinlich sechsten großen Raptien, der lange im Atlantik vermutet wird. Diese Einschlagskrater der Meteoriten sind der Ursprung der sich unaufhaltsam ausbreitenden Fäulnis, die sich über ganz Europa hinwegzieht und die die Menschen zu grotesken Mutanten werden lässt. Dieser sechste Raptus ist allerdings anders und deshalb sei hier nur soviel gesagt: Im Abenteuer werden die Spieler die Ausgeburten der Leviathanik noch früh genug kennenlernen.

Das Abenteuerteil – Schwarzes Wasser

Ein Blick ins Buch
Ein Blick ins Buch

Bevor man beginnt das eigentliche Abenteuer zu lesen, werden dem Spielleiter im zweiten Kapitel alle wichtigen Informationen an die Hand gegeben, die er benötigt um die Übersicht über die Geschehnisse zu behalten. Dies ist auch bitter nötig, denn mit über 120 Seiten und mehreren unterschiedlichen Fraktionen, die dargestellt werden müssen, ist Black Atlantic definitiv kein Abenteuer-Leichtgewicht und erfordert vom Spielleiter einiges an Vorbereitung. Zu diesem Zweck finden sich zum Glück ein ausführlicher Zeitstrahl mit den Geschehnissen vor und während des Abenteuers und jeweils passende Steckbriefe zu den wichtigsten NPCs aus dem Kapitel. Die NPCs haben praktischerweise auch direkt jeweils ein Bild beigelegt und sind allgemein detailliert und stimmungsvoll beschrieben. Dies hilft ungemein bei der Vorbereitung auf das Abenteuer. Zusätzlich werden für jede Fraktion mögliche Einstiege skizziert, um die jeweiligen Abenteuergruppen in Nordfranka starten zu lassen.

Die Helden kommen in Brest direkt zum alljährigen Tag des Ganaress an. Dort können sie nicht nur an den Feierlichkeiten teilnehmen, sondern sie werden auch Zeugen von seltsamen Ereignissen in der Stadt: Fische, die seltsam groteske Monster gebären, Menschen, die teilnahmslos aufs Wasser starren und zu allem Überfluss sorgt in der Stadt auch noch eine Gruppe Spitalier für Unruhe. Aus dieser Ausgangssituation entspinnt sich nach und nach eine zwar etwas gradlinige, aber extrem vielschichtige und spannende Geschichte aus Sabotage, Verrat und Horror. Hier beweist SIXMOREVODKA, was für gute Abenteuerautoren sie im Dienst haben. Am Ende haben die Spieler Wendungen und unaufhaltsame Ereignisse erlebt, welche die Welt von Degenesis maßgeblich verändern.

Allerdings muss man deutlich sagen, dass auch dieses Abenteuer eher nicht für Einsteiger geeignet ist. Es gilt viele Hinweise zu sortieren, die einzelnen Fraktionen auseinanderzuhalten und dutzende NPCs zuzuordnen. Obendrein ist das Degenesis-System eh sehr tödlich und die erfahrenen Gegner in den Kämpfen werden es den Spielern sicherlich nicht leicht machen. Hier muss man als Spielleiter eventuell noch etwas am Schwierigkeitsgrad schrauben. Zudem könnten noch weitere Faktoren es einer Spielgruppe schwer machen. Spitalier und Jehammedaner sind keine gern gesehenen Gäste in Brest und sollten sich entsprechend bedeckt halten, während Wiedertäufern vermutlich der metaphorische rote Teppich ausgerollt wird. Dies sollte man seinen Spielern möglichst früh klarmachen.

Erscheinungsbild

Wer die Produkte von Degenesis Rebirth bereits kennt, der wird sich an die bemerkenswerte Qualität wahrscheinlich schon gewöhnt haben. Alle anderen werden erst einmal über Druck, Papier und Illustrationen staunen. Die Regel- und Abenteuerbände von Degenesis Rebirth gehören für mich zu den eindrucksvollsten Rollenspielprodukten, die ich je in der Hand halten durfte. Die Hardcoverbücher sind bestens gedruckt, das Layout ist spannend und gleichzeitig nachvollziehbar und vor allem die Illustrationen möchte man am liebsten ausdrucken und den Spielern in Rahmen übergeben. Black Atlantic steht dem in nichts nach. Diese Qualität hat natürlich auch seinen Preis aber 45 EUR für ein 282 Seiten starkes Hardcoverbuch sind für mich absolut gerechtfertigt. Wer das nicht ausgeben möchte, der kann immer noch auf die preisgünstigere PDF-Version zurückgreifen.

Was mir bei Black Atlantic allerdings das erste Mal aufgefallen ist, sind die teilweise stark sexualisierten Illustrationen. Diese sind zwar immer im Kontext der Geschichte absolut stimmig, und Degenesis Rebirth war schon immer ein System, welches man nicht mit seinen Kindern spielen sollte, aber dies gefällt mit Sicherheit nicht jedem. Dies gilt aber auch für das gesamte System, von daher sticht dort Black Atlantic auch nicht unbedingt negativ hervor. Man muss es eben mögen.

Die harten Fakten:

  • Verlag: SIXMOREVODKA
  • Autor(en): Marko Djurdjevic
  • Erscheinungsjahr: 2018
  • Sprache: Deutsch/Englisch
  • Format: DIN A4
  • Seitenanzahl: 282
  • ISBN: 3981754352
  • Preis: 45,00 EUR (Druck), 19,90 EUR (PDF)
  • Bezugsquelle: Verlag, Amazon

 

Fazit

Wieder schafft es SIXMOREVODKA für ihr Degenesis Rebirth-System einen runden und stimmigen Kampagnen/- und Quellenband abzuliefern. Die Beschreibung Britons und seiner wichtigsten Gebiete ist stimmungsvoll und detailliert ohne dabei zu langweilen und auch wenn das Abenteuer etwas sehr linear abläuft, so zieht einen die Geschichte doch schnell in ihren Bann. Wenn man als Meister etwas Arbeit reinsteckt und es schafft die Übersicht über die vielen NPCs und Fraktionen zu behalten, so kann man mit seinen Spielern eine wirklich epische Geschichte erleben. Für den Preis von 45,00 EUR erhält man zudem ein hochwertiges und wunderschönes Produkt. Für Fans von Degenesis Rebirth definitiv ein Muss.

Artikelbild: SIXMOREVODKA, Bearbeitet von Verena Bach
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein