Geschätzte Lesezeit: 8 Minuten

von Leander Linnhoff und Roger Lewin

Solo – A Star Wars Story hat im Vorhinein schlechte Karten gehabt, bemängelte die Kritik doch schon früh die schauspielerische Leistung und die schwache Geschichte. Kollege Leander war damals im Kino begeistert. Wird die BluRay einer erneuten Prüfung durch unseren Chefredakteur standhalten?

Das weltweite Netz ist für die Filmindustrie ein sehr aufregender, aber nicht zwingend guter, Raum geworden. Social Media können bereits im Vorfeld über das Schicksal eines Filmes entscheiden. So schien es auch für Solo – A Star Wars Story zu laufen. Dem Film wurde der Untergang vorhergesagt, bevor ihn ein einziger Zuschauer zu Gesicht bekam. Es wurde von unüberwindlichen Hürden bei der Produktion, schlechtem Marketing und katastrophalen Besetzungsfehlern berichtet.

Entsprechend leer waren die Kinosäle in den ersten Tagen. Erst in den Wochen danach zeigte sich, dass der Film polarisiert. Einige feierten ihn als würdigen Schritt in die richtige Richtung, andere sahen ihn als einen der schlechtesten Filme des Franchise. Eine Sache jedoch erscheint unzweifelhaft: Solo macht einiges anders als die übrigen Filme des Star Wars-Universums.

Story

Die Geschichte des jungen Han Solo beginnt auf dem Kern-Welten-Planeten Corellia, welcher einst von Meeren bedeckt war, aber nun ein Stadtplanet ist. In einer an Charles Dickens’ Oliver Twist erinnernden Bande lebt Han unter der Herrschaft der gierigen und strengen Lady Proxima.

Ihm zur Seite steht seine Freundin und große Liebe Qi’Ra. Als Han einen wirklich guten Coup vollzieht, scheint sich für die beiden eine Chance zur Flucht zu ergeben. Doch es kommt zu Komplikationen, die Liebenden werden getrennt und Han verlässt Corellia ohne Qi’Ra, fest entschlossen, zurückzukehren, um sie zu holen.

Doch zunächst wartet ein großer Weltraum auf den jungen Dieb mit dem großen Traum vom Fliegen. Sein Weg führt ihn ins imperiale Militär, wo er jedoch nicht Fuß fassen kann, und schließlich in die Arme des Gauners Tobias Beckett. In ihm findet Han einen Mentor, der ihn seinem großen Traum, aber auch seiner geliebten Qi’Ra näherbringen soll.

Solo entwickelt sich zu einem Schmuggler und verfängt sich in einem mäßig spannenden und lebensbedrohlichen Abenteuer, das ihn nicht nur mit Chewbacca und Lando Calrissian zusammenführt, sondern auch unter anderem der droidischen Droidenrechterlin L3-37. Von all den kleinen Episoden bleibt jedoch nur ein Raubüberfall auf einen Magnetzug in stärkerer Erinnerung. Er gerät in einen Konflikt zwischen Syndikaten, Piraten und den Interessen Einzelner. Und auch das Wiedersehen mit Qi’Ra verläuft völlig anders als geplant.

Von Lücken und Revue-Effekten

Die Story ist nicht ohne Sinnlücken konstruiert und bietet dennoch einen interessanten Genre-Mix aus Western, Kriegsfilm, Weltraummärchen und Gangsterstreifen. Sie strotzt nicht gerade vor unerwarteten Wendungen, sondern erzählt solide und leider nur mäßig spannend eine Abenteuergeschichte.

Natürlich ist sie mit Schlüsselelementen aus dem Leben Han Solos gespickt, auf die Fans sicherlich gewartet haben. Das Glücksspiel um den Falken, die erste Begegnung mit Chewie, die Glückswürfel (die erst mit Episode VIII ihren Weg in den Kanon fanden) – das sind nur wenige der Elemente, auf die Fans sich freuen dürfen.

Leider aber wirken die Kapitel aus Hans Leben wie eine Revue besonders toller Szenerien aus dem Star Wars-Universum und dadurch lückenhaft, ruckelnd und zu Teilen sogar aufgesetzt bis hin zur Zerfahrenheit. Man folgt nur diesem einen Handlungsträger und bekommt nichts von dem mit, was das Imperium oder andere machen. In bisherigen Filmen wechselte die Szenerie und der Betrachtungswinkel zwischen mehreren Handlungsorten gleichzeitig. Das fehlt hier und macht es gleichzeitig etwas ermüdend.

Darsteller

Die Besetzung ist in Teilen gut gelungen. Emilia Clarke versucht als Qi’Ra eine wunderbare Femme fatale mit Gewissensbissen darzustellen, zeigt aber hier, dass sie im Gegensatz ihrer Leistung in der Serie Game of Thrones in Langfilmen noch üben muss. Verglichen mit Felicity Jones in Rogue One verliert Clarke deutlich.

Paul Bettany erinnert in seiner Darstellung eines Syndikatbosses an ernstzunehmende Bond-Schurken. Das kontrastiert ihn fabelhaft zu den Gegnern in Die Letzten Jedi. Diesen Gegenspieler sollte man fürchten. Woody Harrelson liefert eine saubere Performance, die etwas variantenreicher hätte sein dürfen. Dennoch kauft man ihm den alternden Mentor gerne ab. Donald Glover spielt als Lando seinen Charme voll aus und den Großteil der Besetzung an die Wand. Zudem ist er auch optisch sehr nah an Billy Dee Willams.

Alden Ehrenreich gibt einen sehr passablen Han Solo, auch wenn ihm das Feuer fehlt, das Harrison Ford der Rolle eingehaucht hat. Es fehlt auch leider der gekonnte Wortwitz. Dennoch ist seine Interpretation der Figur würdig und insbesondere im Zusammenspiel mit Chewie auch dynamisch und lebendig. Ein besonderes Lob geht hier an die deutsche Synchronisation. Der Sprecher für Ehrenreich erinnert sehr stark an einen jungen Wolfgang Pampel, der Harrison Ford seine charakteristisch raue Stimme lieh.

Inszenierung

Die Inszenierung ist die allergrößte Stärke des Films. Tatsächlich gelingt es Solo – A Star Wars Story wesentlich besser, klassisches Star Wars-Gefühl (im Sinne eines Märchens oder Heldengeschichte) wachzurufen, als der letzten Auskoppelung der Hauptreihe. Man besinnt sich auf solides Geschichtenerzählen ohne filmische Experimente. Das ist 2018 nicht nur Stärke, denn das Episodenhafte erzeugt auch Schwäche. Die Musik wird wiederum geschickt genutzt, um große Augenblicke zu untermalen. Die Bilder sind klar, eingängig und fesselnd und verzichten auf Schnörkel und Farbenspiele – sind jedoch oftmals sehr dunkel. Effekte werden nicht zum Selbstzweck benutzt. Der Humor bleibt in einem glaubwürdigen, tragfähigen Rahmen. Kurz: Man hat Lektionen aus der Vergangenheit gelernt.

Dieser Film will nicht Althergebrachtes demontieren oder auf der Meta-Ebene kommentieren, sondern würdevoll aufgreifen und einsetzen. Es entsteht ein starkes Werk des Unterhaltungskinos, das sich bewusst ist, was es ist. Nicht mehr und nicht weniger als ein Film, der Spaß machen soll.

Die Gesamtkomposition der Sounds und Tonspuren auf der BluRay hat jedoch Schwächen. Oft überdecken Tonspuren sich gegenseitig. Auch ist das Bild vergleichsweise dunkel, so dass man beim Anschauen tagsüber Lichtquellen eliminieren sollte.

Erscheinungsbild/Umfang

Wenig verwunderlich ziert die verkleinerte Version des Filmplakats das Cover. Während Bildfarbe und Schärfe gut bis sehr gut sind, verwundert die Dunkelheit einiger Bilder, auch wenn der Film vom Tenor her düster ist. Auf keinen Fall ein Film, den man bei Sonneneinfall auf den TV schauen sollte.

Der Klang ist gut, stellenweise überlagern sich aber die Tonspuren, so dass man zum Beispiel nichts mehr von der Musik hört, wenn ein Raumschiff vorüberfliegt.

Die harten Fakten:

  • Regie: Ron Howard
  • Darsteller: Alden Ehrenreich, Donald Glover, Emilia Clarke, Paul Bettany
  • Erscheinungsjahr: 2018
  • Spieldauer: 135 Minuten
  • Sprache: Deutsch/Englisch
  • Format: BluRay
  • Preis: ca 18 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Bonus/Downloadcontent

Die Extras werden auf einem eigenen Datenträger geliefert und können sich in der Tat sehen lassen.

  • Solo: Regisseur & Darsteller am runden Tisch – Hier sitzen Ron Howard und Darsteller rund um einen Pokertisch und erzählen Anekdoten rund um den Film
  • Kasdan und Kasdan – Das Extra stellt die gemeinsame Arbeit von Lawrence und Jonathan Kasdan zum Drehbuch dar.
  • Redesign des Millennium Falken – Noch nie wurden so viele Innenszenen vom Falken gezeigt, so dass umfangreiches Redesign nötig war.
  • Flucht von Corellia – geht ein wenig mehr auf Solos Vergangenheit ein und ist damit recht wertvoll.
  • Der Zugüberfall – die wohl wichtigste und für Han prägendste Szene nochmal neu und intensiv beleuchtet. Das Extra macht Spaß!
  • Team Chewie – was verbindet eigentlich den Wookie und den Schmuggler? Auch eines der wertvolleren Extras.
  • Wie man Droide wird: L3-37 – eine Person des Films, die mehr Aufmerksamkeit benötigt. Die Maschine hat freien Willen und tritt als Roboter-Rechtler auf.
  • Gauner, Droiden, Kreaturen und Kartenspiele: Willkommen in Fort Ypso – mehr Informationen zum Set, welches verändert auch in einem Western-Setting hätte Platz finden können.
  • In den Mahlstrom: Der Kossal-Flug – interessantestes Detail: Damit die Darsteller sich in die Szene versetzen konnten, wurde mit hochauflösenden Projektionen gearbeitet.
  • Acht zusätzliche Szenen – keine davon besonders wichtig, aber alle verleihen dem Film dann doch etwas mehr Charme.

 

YouTube

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Fazit

Solo – A Star Wars Story hätte ein würdiger neuer Film des Franchise werden können. Sicher – unterhaltsam ist er allemal, aber leider zu episodenhaft und dadurch gestückelt wirkend. Die Handlung folgt stets dem Namensgeber und seinen Sidekicks. Nebengeschichten sucht man vergeblich. Damit fällt es dem Zuschauer zwar leichter, der Handlung zu folgen, aber spannender wird es dadurch auch nicht. Die Extras der BluRay werden auf einem ganz eigenen Datenträger geliefert und sind dementsprechend umfangreich.

Solo – A Star Wars Story übertrifft jedoch die geringen Erwartungen, die durch Presse und soziale Medien aufgebaut wurden, ein wenig. Er ist ein solider Abenteuerfilm, der von zu Teilen guten schauspielerischen Leistungen getragen wird. Die Inszenierung kommt ohne unnötigen Schnickschnack aus, sondern leistet saubere, eingängige Unterhaltungskunst im Star Wars-Stil. Dennoch bleibt der Film nicht ohne Schwächen.

Man möchte an der einen oder anderen Stelle gerne etwas mehr zur Welt und den Hintergründen erfahren. Es fehlt der Witz, den Harrison Ford Han einimpfte. Der Einsatz des Roboterrechtler-Droiden L3-37 ist diskussionswürdig, denn er wirkt leider etwas deplatziert und kippt manchmal gar ins Komische. Die Extras helfen hier beim Verständnis. In der Erinnerung verbleibt lediglich eine Heist-Szene rund um einen Schwebezug.

Artikelbild: Walt Disney Studios
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

26 Kommentare

  1. Schön das ihr gefallen gefunden habt.
    Würde gerne tauschen
    Der war für mich ziemlich…ja …leer?
    Das war vom Schauspiel eher ein “ lets do the job “ als ein: oh my fucking God, i act STAR WARS… STAR WARS

    • Stephan Gaul , versteh mich nicht falsch- die Story hat mir gefallen, vom Plot haben sich für mich einige Dinge geklärt die offen waren, viele Stränge aufgenommen und verknüpft. Da gibt’s nix zu meckern. Ich fand ihn zu …ja keine Ahnung…steril? Blutleer? Meine Wahrnehmung ist halt: Selbst bei den ersten 3 neuen Teilen hat man irgendwie gemerkt: wooooooah wir dürfen Star Wars machen und du siehst den Schauspielern das auch an…Solo fand ich wie ne Auftragsarbeit, waren alle da, war ne gute Produktion aber lieblos. Anders bekomme ich das nicht in Worte.

  2. Der Mann musste durchs Method Acting, damit er mehr wie Ford rüber kommt. Dass er da eher wie ne Parodie wirkt, liegt in der Natur der Sache.
    Der Film war super und gehört für mich mit zu den wichtigen Spinoffs.

  3. Immer noch besser als die Prequels (was nicht schwer ist). Nee, ganz im Ernst: ein grundsolider Film, der so gut ist, wie ein „Prequel“ eben sein kann. Hätte man manches anders oder besser machen können? Bestimmt. Aber Solo gehört trotzdem zu den besseren Filmen der Serie.

  4. Ich glaube langsam, dass wir Zuschauer uns selbst StarWars kaputt machen.

    Ich liebe Rogue One und Solo hat mich gut unterhalten.

    Teil 7 mochte ich nicht, Teil 8 dagegen sehr.

    Andere werden dies sicher ganz anders beurteilen.

    Aber sind wir doch alle mal ehrlich, niemand beurteilt die Teile 4-6 in so strengen Auflagen wie wir es mit jedem der Nachfolger etc. getan haben.

    Fehlende Logik im Plot, Plotlöcher und schauspielerische Leistungen sind auch Dinge die wir bei 4-6 anbringen könnten.

    Geschmack ist Geschmackssache, aber wir sollten wirklich damit aufhören uns Filme kaputt zu analysieren und zerstörerisch zu vergleichen…. vielleicht wäre ab und zu mal „Kopf aus“ und genießen das bessere Vorgehen.

    Ich schaue jetzt mal Solo

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