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Das scheinbar übermächtige Imperium gegen die kleine, aber nicht zu unterschätzende Rebellenallianz: Dieser Konflikt beschäftigt die gesamte Galaxis und nun auch wieder den heimischen Spieltisch. In Star Wars: The Deckbuilding Game stehen sich zwei Spielende zum Duell gegenüber – mögen die Karten mit uns sein!

Wir befinden uns im Jahr 4 NSY. Die gesamte Galaxis wird vom Imperium beherrscht … Die gesamte Galaxis? Nein! Eine Gruppe unbeugsamer Rebell*innen hört nicht auf, dem Imperator Widerstand zu leisten.

Star Wars: The Deckbuilding Game lässt zwei Spieler*innen Decks aus altbekannten und auch neueren Charakteren sowie Raumschiffen erstellen und gegeneinander antreten. Wer es am Ende schafft, sich durch die gegnerischen Reihen zu kämpfen und eine festgelegte Anzahl Stützpunkte zu zerstören, hat die Partie gewonnen.

Innerhalb des Franchises wird hier nach dem Pandemie-Ableger Star Wars – The Clone Wars, welches zeitlich vor der Entstehung von Imperium und Rebellion angesetzt ist, und Star Wars: Outer Rim, welches Schmuggler*innen und Kopfgeldjäger*innen um Ruhm und Prestige kämpfen lässt, wieder der berühmteste Konflikt von Star Wars aufgegriffen. Gegenüber dem bombastischen Zwei-Personen-Brettspiel Star Wars: Rebellion fällt das neuste Spiel deutlich weniger komplex aus – was allerdings auch nicht schwierig ist.

Die Nachfrage nach Inhalten, die in der weit entfernten Galaxis spielen, ist allerdings nach wie vor ungebremst und auch Deckbuilder sind unter Brettspielenden immer gern gesehen. Kann das Spiel aus dem Hause Fantasy Flight Games also überzeugen?

Triggerwarnungen

Keine typischen Trigger.

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Spielablauf

Grundsätzlich funktioniert Star Wars: The Deckbuilding Game ähnlich wie die meisten anderen Deckbuilder: Man startet die Partie mit zehn Grundkarten, von denen man pro Runde jeweils fünf verdeckt zieht und ausspielen darf. Dieses Deck wird im Laufe des Spiels erweitert und optimiert, was auch das Aussortieren von schwachen Anfangskarten beinhalten kann.

So sieht es aus, wenn sich Imperium und Rebellion gegenüberstehen.

Das Spiel lässt sich ausschließlich zu zweit spielen: Imperium gegen Rebellion. Jede Seite hat ein eigenes Set an Startkarten und kann auch während des laufenden Spiels nur Karten dem Deck hinzufügen, die der eigenen Fraktion zugeordnet oder neutral sind. Außerdem beginnt man das Spiel mit einem eigenen, offen abgelegten Stützpunkt, also einem Planeten, welcher eine jeweilige Sonderfähigkeit verleiht, sowie einer festgelegten Anzahl verdeckter weiterer Stützpunkte, die nacheinander ins Spiel kommen, wenn der jeweilig offene zerstört wird.

Vor Spielbeginn muss allerdings noch die Auslage vorbereitet werden: Es werden sechs Karten vom Kartenstapel offen gezogen und je nach Fraktion in unterschiedlicher Position zwischen den Spielenden abgelegt. Die neutralen Karten werden dabei auf die Seite gedreht, damit beide Spielenden den Text lesen können; die restlichen Karten, also die, die einer der beiden Fraktionen zugeordnet sind, so gelegt, dass der größere, obere Teil für den*die jeweilige Spieler*in lesbar ist. Im unteren Bereich dieser Karten befinden sich nämlich Angaben, die für die jeweilige Gegenseite wichtig ist und zu denen wir weiter unten noch kommen. In unseren Runden hat es sich bewährt, die Karten nicht nur richtig zu drehen, sondern auch nach Typ zu sortieren, damit der Spieltisch übersichtlich bleibt. Ganz am Rand legt man dazu die zehn Outer-Rim-Piloten ab – günstige Karten, die einem zum Kauf zur Verfügung stehen, solange der Vorrat reicht.

Während des eigenen Zuges darf man beliebig viele der fünf Handkarten ausspielen – die meisten davon geben ein bis drei Punkte in mindestens einem der folgenden Bereiche: Angriff, Ressourcen und Macht, sowie eine mehr oder weniger individuelle Sonderfähigkeit:

Angriff gibt die Menge an Schaden an, die eine Karte austeilen kann. Jede Karte kann individuell ein eigenes Angriffsziel ausgewählt werden und wird einzeln abgehandelt.

• Für Ressourcen kann man weitere Karten aus der Auslage kaufen, und zwar so viele, wie man es sich leisten kann. Am Ende des eigenen Zuges verfallen alle nicht ausgegebenen Ressourcen.

Macht erlaubt es, den Macht-Marker auf der „Gleichgewicht der Macht“-Leiste in Richtung der eigenen Fraktion zu schieben, wodurch sich der Marker im Endeffekt wie beim Tauziehen hin- und herbewegt. Die aktuelle Position kann Kartenfähigkeiten beeinflussen oder Bonusressourcen geben.

Das sinnvolle Erweitern des eigenen Decks ist natürlich das namensgebende Herzstück eines jeden Deckbuilders – und hier offenbart sich die große Schwäche des Spiels: Die Karten stammen alle vom gleichen, verdeckten Nachzieh-Stapel, wodurch es beispielsweise vorkommen kann, dass es nur neutrale und Imperiums-, aber keine Allianzkarten in der Auslage gibt. Je nach Spielziel kann das für beide Seiten von Nachteil sein, denn es gibt Decks, die darauf aufbauen, vermehrt Karten in der Auslage statt des gegnerischen Stützpunkts anzugreifen.

Im Spiel gibt es nämlich zwei Arten von Angriff: Kopfgeldjagd/Spionage und den Angriff des gegnerischen Stützpunkts. Letzterer ist das eigentliche Spielziel, denn wenn alle gegnerischen Stützpunkte zerstört sind, hat man gewonnen. Alternativ kann man auch eine Karte, die offen in der Auslage liegt und der gegnerischen Fraktion angehört, angreifen. Diese Aktion heißt Kopfgeldjagd, wenn sie vom Imperium ausgeführt wird, und Spionage, wenn die Allianz am Zug ist. Diese Unterscheidung macht die Regeln unnötig kompliziert. Hierfür muss man genügend Schaden machen, um den unten auf der Karte angegebenen Zielwert zu überschreiten, und darf sich dafür die daneben gelistete Belohnung einheimsen – falls sich in der Auslage denn gegnerische Karten befinden.

Das Imperium schlägt zurück!

Pro Karte wird individuell entschieden, ob und wo sie angreifen wird, was bedeutet, man darf beispielsweise mit einer gespielten Karte eine Kopfgeldjagd/Spionage durchführen und mit zwei weiteren den gegnerischen Stützpunkt angreifen. Sofern die Gegenseite kein sogenanntes Großkampfschiff zur Verteidigung liegen hat, geht der Schaden auch direkt durch. Das lohnt sich schon zu Anfang des Spiels, wenn die Gegenseite noch keine Großkampfschiffe spielen konnte und der Stützpunkt dadurch vollkommen ungeschützt ist, zumal es nur wenig Möglichkeiten gibt, ihn wieder zu reparieren. Hierdurch kann es passieren, dass einige Partien des Spiels sehr schnell vorbei sind und entschieden werden, bevor man überhaupt dazu gekommen ist, sein Deck vernünftig auszubauen.

Die Anzahl der Spielzüge ist unbegrenzt und die Reihenfolge nicht festgelegt: Man darf so viele Karten kaufen, wie man es sich gerade leisten kann, verschiedene Angriffe durchführen, diese Angriffe abhandeln sowie die Sonderfähigkeit jeder Karte einsetzen. Um Ressourcen und Angriffswerte dabei besser verwalten zu können, liegen dem Spiel entsprechend farbige Würfel bei.

Am Ende des Zuges werden alle gespielten, ungespielten und neugekauften Karten auf den eigenen Ablagestapel gelegt und alle unverbrauchten Schadens- und Ressourcenwürfel abgegeben. Die einzige Ausnahme bilden hierbei die Großkampfschiffe, die von Runde zu Runde in beliebiger Anzahl erhalten bleiben. Abschließend zieht man fünf neue Karten vom eigenen Deck und die Gegenseite ist dran – so lange, bis eine Seite geschlagen ist.

Ausstattung

Optisch besticht das Spiel vor allem durch die liebevollen Zeichnungen, die detailreich und dynamisch gestaltet sind und stark zur Immersion beitragen. Karten, die es nur einmal im Spiel gibt, wie beispielsweise Charaktere mit Namen, haben eine individuelle Bebilderung, auf welcher der jeweilige Charakter sofort gut erkennbar ist. Charaktere oder Fortbewegungsmittel ohne individuelle Namen, wie beispielsweise der Kel’Dor-Mystiker oder die Hammerhai-Korvette, müssen sich jeweils ein Bild mit ihren „Artgenossen“ teilen. Dies ist zwar irgendwie schade, vereinfacht es aber auch, den Überblick zu behalten und mit den Karten nicht durcheinanderzukommen.

Eine handliche Spielebox.

Das Material ist wertig, wie man es von Fantasy Flight Games gewohnt ist. Die Karten sind griffig und stabil, der Druck ist klar. Auch beim Layout hat man sich Gedanken gemacht, aber gerade auf den Karten, die für beide Seiten Text enthalten, wäre ein übersichtlicheres Design von Vorteil gewesen – hier hätte man beispielsweise mit verschiedenen Farben arbeiten können.

Die Box ist deutlich kleiner als die durchschnittliche Spielebox, wofür es einen Pluspunkt gibt: Es scheint eine Marketing-Idee der letzten Jahre zu sein, dass Spiele, unabhängig vom tatsächlichen Materialumfang, in große Boxen gehören, als würde man kleinere Boxen grundsätzlich nicht ernst nehmen. Mit einer Box angemessener Größe aber vermeidet man nicht nur Ressourcenverschwendung, sondern schafft auch Platz in den chronisch überfüllten Regalen und Taschen der Spiele-Hamster*innen.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Fantasy Flight Games, Asmodee
  • Autor*in(nen): Caleb Grace
  • Erscheinungsjahr: 2023
  • Sprache: Deutsch
  • Spieldauer: 30–60 Minuten
  • Spieler*innen-Anzahl: 2
  • Alter: keine Angabe
  • Preis: etwa 45,00 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon (englische Version), idealo

 

Bonus/Downloadcontent

Online lassen sich bei Asmodee nicht nur wie gewohnt die Regeln herunterladen, sondern auch noch zwei Hintergründe für Computer oder Smartphone. Außerdem finden sich dort die Regeln für die Mehrspielendenvariante zwei gegen zwei, für die man allerdings zwei komplette Spielsätze benötigt.

Fazit

Star Wars: The Deckbuilding Game macht das, was der sehr offensichtliche Name verspricht – meistens zumindest: Man baut sich ein Deck aus namenlosen Held*innen sowie den großen Gesichtern von Rebellion und Imperium und lässt sie gegeneinander antreten. Das Spiel ist einladend gestaltet und man merkt, dass viel Wert daraufgelegt wurde, eine möglichst große Immersion zu schaffen. Damit stellt sich das Spiel manchmal selbst ein Bein, zum Beispiel wenn ein Zug zwei unterschiedliche Namen trägt, je nachdem, ob er vom Imperium oder von der Rebellion ausgeführt wird, aber exakt das gleiche Spielprinzip meint.

Held*innen und Schurken des Sternenkriegs.

Auch die Idee, dass beide Seiten mit der gleichen Auslage spielen, aber gegnerische Karten nur angreifen statt kaufen können, ist nett, funktioniert aber in der Praxis nur bedingt. Der Markt ist schnell mit unbeliebten Karten vollgemüllt, und es gibt laut Standardregeln zu wenig Möglichkeiten, etwas dagegen zu tun, ohne das eigene Deck ebenfalls vollzumüllen (was die Todsünde in jedem Deckbuilder ist). Die optionalen Regeln am Ende des Regelhefts schlagen hier die Möglichkeit vor, zumindest neutrale Karten zu ihrem Einkaufspreis abzulegen, ohne sie dem eigenen Deck hinzufügen zu müssen – aber selbst das hat in den späteren Testrunden nur bedingt geholfen.

Für einen Deckbuilder bleibt das Spiel zu glücksabhängig – beispielsweise kann man sein Deck darauf aufbauen, möglichst viele Kopfgeldjäger oder Saboteure zu beinhalten. Diese werden aber nutzlos, wenn sich in der Auslage aktuell keine Ziele befinden, die man überhaupt angreifen darf.

Empfehlenswert ist das Spiel vor allem für Spielende, die sowohl Star Wars als auch Deckbuilder lieben. Star Wars-Fans, die eine höhere Frustrationstoleranz haben und sich gleichzeitig an Immersion erfreuen, könnte sich durch schöne Gestaltung und kleingedruckte Fluff-Texte abgeholt fühlen. Für Deckbuilding-Gelegenheitsspieler*innen ist der überraschend hohe Zufallsfaktor aber eher lästig und Leute, die sich nicht einigermaßen gut im Star Wars-Universum auskennen, werden sich vermutlich in den teilweise wirren Regelbegriffen verlieren.

Wir vergeben 3 von 5 Machtpunkten.

  • Interessante Grundidee
  • Schönes Artwork

 

  • Hoher Glücksfaktor durch zufällige Auslage
  • Synergiesystem, das nicht unbedingt funktioniert

 

Artikelbilder: © Asmodee
Layout und Satz: Melanie Maria Mazur
Lektorat: Jessica Albert
Fotografien: Alexa Kasparek
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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