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Warhammer Underworlds gehört schon zu länger zu Games Workshops sogenannten Specialist Games und hat mit Nightvault eine zweite Version erhalten. Wir steigen mit euch zusammen in die Tiefen von Nagashs Katakomben herab und klären, ob sich der Blick auf die Mischung aus Kartenspiel und Tabletop lohnt.

Games Workshop (GW) hat neben den Tabletop-Platzhirschen Age of Sigmar und Warhammer 40k auch immer wieder kleinere Spielsysteme herausgebracht, die unter dem Begriff Specialist Games vertrieben werden. Meist handelt es sich dabei um spezialisierte Tabletop-Ableger, wie Necromunda oder das im Augenblick so beliebte Kill Team. Underworlds geht dabei einen anderen Weg, denn hierbei handelt es sich eigentlich mehr um ein taktisches Kartenspiel.

Mit Nightvault hat diese interessante Spielvariante nun eine zweite Saison erhalten, die neben einigen kleineren Regeländerungen auch neue Kriegerbanden spendiert bekommt. Ein guter Moment, um einen Abstieg in die verlorene Stadt zu wagen.

Let me tell you the days of high adventure – Die Regeln

Wie schon ausgeführt geht es bei Underworlds Nightvault um den Wettstreit zwischen zwei Gruppen. Ziel des Spiels ist es, am Ende mehr Ruhmespunkte als die andere Gruppe zu besitzen. Das Spiel geht über drei Runden, die jeweils aus einer Aktions- und einer Endphase bestehen.

Zu Beginn muss man sich für eine Gruppe entscheiden, in der neuen Grundbox sind zwei verschiedene enthalten, Sturmvaters Fluchbrecher und die Dornen der Rosenkönigin. Die gewählten Modelle sind dabei nicht variabel, die Fluchbrecher bestehen beispielsweise immer aus den gleichen drei Stormcast Eternals. Wichtiger als die Miniaturen sind die zu den Modellen gehörenden Karten, die eine ganze Reihe von Werten bereithalten. So finden sich hier beispielsweise der Wundenwert, also wie viel das Modell aushält, die Kampffähigkeiten und die Bedingung, die erfüllt werden muss, um die Figur anzuspornen, womit sie für das restliche Spiel bessere Werte erhält.

Einfluss auf den Spielfluss nimmt man stattdessen über die Zusammenstellung des eigenen Decks. Dieses besteht grundsätzlich aus zwei verschiedenen Kartenstapeln, Missions- und Kraftkarten, wobei sich die Kraftkarten wiederum in Verbesserungs- und Listkarten aufteilen. Der Missionskartenstapel muss immer exakt zwölf Missionen umfassen, während der Kraftkartenstapel aus zwanzig oder mehr Karten besteht, wovon jeweils die Hälfte Verbesserungs- bzw. Listkarten sein muss.

Zu Beginn des Spiels wird ausgewürfelt, wer beginnt. Nachdem dies geschehen ist, werden die beiden Spielfeldhälften platziert. Diese müssen nicht sauber abschließend aneinander liegen, auch schmalere Übergänge sind möglich. Wir haben ein Beispiel für eine mögliche schmale Variante mit angehängt, um dies zu verdeutlichen. Die Spielfelder selbst bestehen aus Hexfeldern, wobei es noch eine ganze Reihe Sonderfelder gibt. So gibt es Startfelder, auf denen Modelle zu Beginn platziert werden, unpassierbare Felder oder auch solche, die einer Figur darauf Schaden zufügen. Danach werden abwechselnd Missionsziele gelegt und schließlich Karten gezogen.

Jede Spielerin und jeder Spieler ziehen verdeckt drei Missions- und fünf Kraftkarten auf die Hand. Schließlich werden abwechselnd die Miniaturen platziert und das Spiel kann beginnen.

Auf ins Gefecht: Die Aktionsphase

In der Aktionsphase stehen jedem Spieler vier Aktionen zur Verfügung. Diese kann man für unterschiedliche Aktivierungen von einzelnen Figuren nutzen, wie beispielsweise eine Bewegung oder einen Angriff. Theoretisch ist es möglich, eine Figur mehrmals in einer Runde angreifen zu lassen, Bewegungen hingegen sind auf eine Ausführung pro Modell beschränkt. Wenn man sich für einen Ansturm entschieden hat, eine Kombination aus Bewegung und Angriff, kann das Modell nicht erneut gewählt werden.

Alternativ zu diesen Aktivierungen kann man auch eine Aktion benutzen, um eine Missionskarte abzuwerfen und eine nachzuziehen oder um eine Kraftkarte zu ziehen. Diese Aktivierungen werden immer abwechselnd abgehandelt, was dem Spiel eine zusätzliche Dynamik gibt. Durch das dauernde Hin und Her kann man Züge nur begrenzt im Voraus planen.

Zusätzlich besteht die Möglichkeit, nach jeder Aktion Kraftkarten zu spielen, beginnend wieder mit dem Spieler, der gerade eine Aktion durchgeführt hat. Verbesserungskarten bleiben dabei dauerhaft im Spiel und verstärken meist eine Figur, Listkarten hingegen haben einen einmaligen Effekt. Verbesserungskarten müssen, um eingesetzt zu werden, mit Ruhmespunkten bezahlt werden. Diese zählen noch für die Endpunktzahl, müssen aber vor dem Einsatz erst einmal über Missionskarten oder das Ausschalten von Mitgliedern der feindlichen Bande erlangt werden.

Sobald beide Spieler hintereinander keine Karte ausspielen, wird die nächste Aktion, nun vom anderen Spieler, abgehandelt.

Die Zielsetzung ist zwar das Erlangen von Ruhmespunkten über Missionskarten, aber oftmals gehört das Ausschalten der gegnerischen Miniaturen auch zur Missionsbedingung. Hierbei kommen das erste Mal die speziellen Würfel von Underworlds zum Einsatz. Man wirft bei einer Attacke eine Anzahl Würfel, die neben dem Attackesymbol der jeweiligen Figur angegeben ist und versucht, das dort gezeigte Symbol zu erwürfeln. Ein Ausrufezeichen ist dabei immer ein Erfolg. Der Angegriffene versucht, mit seinen Verteidigungswürfeln, die Anzahl ergibt sich aus dem Verteidigungswert, ebenfalls entsprechend angegebene Symbole zu würfeln. Danach werden die beiden Würfe miteinander verglichen.

Hat der Angreifer mehr Erfolge, fügt er dem gegnerischen Modell die angezeigte Anzahl Verwundungen zu. Hat er gleich viele Erfolge, fügt er keinen Schaden zu, sondern kann das Modell ein Feld zurückschieben. Ist dies nicht möglich, fügt er ihm stattdessen Schaden zu, ganz so, als hätte er mehr Erfolge. Hat man weniger Erfolge, scheitert der Angriff logischerweise. Eine Sonderrolle nehmen dabei die Ausrufezeichen ein. Diese werden priorisiert betrachtet, das heißt, wer hiervon mehr Symbole hat, sticht andere Ergebnisse und hat automatisch Erfolg im Angriff bzw. der Verteidigung. Neben den genannten Faktoren spielt noch die Unterstützung durch andere verbündete Modelle eine Rolle. Diese können zusätzliche Würfel liefern und machen die Positionierung der eigenen Modelle zu einer wichtigen taktischen Komponente des Spiels.

Neu hinzugekommen ist in Nightvault die Möglichkeit, Zauber zu wirken, sei es als Attacke oder als Kraftkarte. Hier gibt es jeweils einen Grenzwert, über den man würfeln muss, damit überhaupt etwas passiert. Zusätzlich besteht die Gefahr, dass sich der Zaubernde beim Wurf von zu vielen Ausrufezeichen selbst Schaden zufügt.

Für Ruhm und Glorie – Die Endphase   

Sind pro Seite vier Aktionen durchgeführt worden, kommt man schließlich zur Endphase. In dieser werden Missionskarten abgelegt, die man erfüllt hat und die jeweilige Anzahl Ruhmespunkte werden erhalten. Weiterhin können hier auch noch Verbesserungskarten, aber keine Listkarten gespielt werden. Außerdem kann man sich entscheiden, verbliebene Missions- oder Kraftkarten abzuwerfen, um am Ende wieder auf die Anzahl vom Beginn des Spiels aufzufüllen.

Ergänzt werden die hier kurz vorgestellten Regeln natürlich um eine Vielzahl von Sonderregeln, sei es auf den Einheitenkarten oder Kraftkarten. Spielerische Tiefe ist somit durchaus gegeben. Eine Partie kann auch mit bis zu vier Spielerinnen und Spielern bestritten werden, in diesem Fall werden zusätzliche Spielbretter angefügt und es gibt mehr Missionsziele.

Gefangen in der Spiegelstadt – Der Hintergrund

Averon ist von den Geistern eingekreist worden und versucht sich mit einem Ruf des Donners zu befreien

Wie schon in der ersten Saison bietet Shadespire den Rahmen für den Hintergrund des Spiels. Einst handelte es sich um eine wundersame Stadt voller Zauberei, deren Herrscher den Tod selbst überdauerten, indem sie ihre Seelen an allerlei Gegenstände banden, um ihren Untertanen auch nach ihrem Ableben noch zur Verfügung zu stehen. Nagash, Herrscher des Todes, zürnte jedoch über die ihm vorenthaltenen Seelen und verfluchte Shadespire, auf dass keine Seele je von hier entkommen sollte. Und so ist ein Zerrbild Shadespires immer noch gefangen zwischen den Reichen des Lichts und der Schatten, nur noch ein Nachhall seiner früheren Pracht. Die verfluchten Bewohner dachten, es könnte nicht schlimmer kommen, doch inzwischen hat sich die namensgebende Nightvault geöffnet, der Ort, an dem die alte Stadt ihre schrecklichsten Geheimnisse verbarg.

Der furchtbare Ort zieht die unterschiedlichsten Gruppierungen an, sei es, um die Geheimnisse zu bergen, Reichtum zu erlangen oder einfach dem ewigen Kampf zu frönen.

Der Hintergrund fügt sich gut in den aktuellen, vom Untod geprägten Kampagnenstrang von Age of Sigmar ein, ist durch das losgelöste Szenario zwischen den Ebenen aber so verordnet, dass es an und für sich keine Auswirkungen auf den Hintergrund hat. Was in Shadespire passiert, bleibt in den meisten Fällen in Shadespire.

Mehr Beute, mehr gut? – Ein Spiel auch für Gelegenheitsspieler?

Underworlds Nightvault bietet ganz andere Voraussetzungen, als es die anderen reinen Tabletops von GW tun, und erfreut sich gewiss auch deshalb seiner großen Beliebtheit. Wir waren positiv angetan, wie viele Spielerinnen und Spieler sich beim Warhammer Fest Europe an dem dortigen Underworlds-Turnier beteiligten. Mit der neuen Erweiterung und variablen neuen Gruppierungen, die die Stadt unsicher machen, dürfte sich das Turnierfeld nochmals deutlich durchmischen.

Der Einstieg ist einfach gestaltet, braucht man doch nur eine der fertigen Kriegerscharen, die immer mit den nötigen Karten verkauft werden. Nach dieser Einstiegshürde trifft man aber, so man auch an Turnieren teilnehmen möchte, auf die größte und schwerwiegendste Hürde des Systems. In jeder Kriegerscharbox finden sich neben den spezifischen Karten für diese Kriegerschar auch ein Satz für alle einsetzbare Karten. Diese variieren leider von Kriegerschar zu Kriegerschar, sodass man, wenn man alle Karten haben möchte, sich nahezu alle Boxen zulegen muss. Aus dem zuvor so günstig wirkenden Spiel wird plötzlich ein teurer Spaß. Bei Preisen von 22,50 EUR pro Box und im Augenblick schon mehr als 10 Gruppierungen geht das unangenehm ins Geld. Es ist bedauerlich, dass die Möglichkeit ausgespart ist, die Karten einzeln zu erwerben – ein durchaus einschränkender Faktor. Wer sich durch diese Politik nicht vom Kauf abhalten lässt, bekommt ein äußerst vielseitiges Taktikspiel, das nahezu unzählige Möglichkeiten bietet.

Der Schrecken breitet sich aus – Ein Blick in die neue Box

Die neue Nightvault-Box möchte einen schnellen Einstieg ins Spiel liefern, und das gelingt auch recht ordentlich. Die Box selber ist aus fester Pappe gefertigt, was sie auch für die dauerhafte Aufbewahrung der Materialien geeignet macht. Enthalten sind die nachfolgenden Materialien:

  • 7 steckbare Kämpfer der Dornen der Rosenkönigin
  • 3 steckbare Kämpfer von Sturmvaters Fluchbrechern
  • Ein 32-seitiges Regelbuch
  • Eine 8-seitige Schnellstartanleitung
  • 10 Kämpferkarten
  • 2 beidseitig bedruckte Spielpläne
  • 96 Verbesserungs-, List- und Missionskarten
  • Diverse Marker
  • 5 Attackenwürfel, 3 Verteidigungswürfel und 3 Magiewürfel

 

Das Material ist gewohnt solide gestaltet. Der Druck der Spielpläne ist schön anzusehen, die Pappe ist insgesamt dick und fest, auch die Marker haben eine angenehme Dicke, sodass die Chance gering ist, dass ein plötzlicher Luftzug sie vom Tisch befördert. Das Regelwerk ist übersichtlich und verständlich gestaltet, neben einer kurzen Hintergrundeinführung finden sich die eigentlichen Regeln, die auch immer wieder mit Hilfe von Beispielen erklärt werden. Nach einem ersten Durchlesen kann man die meisten Regeln selbstständig anwenden, ein gutes Zeichen für einen durchdachten Regelkanon. Die Karten haben ebenfalls eine angenehme Haptik, für den Dauereinsatz empfiehlt es sich aber, wie bei so vielen Kartenspielen, auf Hüllen zurückzugreifen.

GW selbst bietet viele Hüllen passend zu Gruppierungen an, natürlich kann man aber auch jede andere Art von Schutzhülle verwenden. Die Miniaturen sind zum Zusammenstecken konzipiert, wie bei anderen Einsteigersets. Dies erleichtert zwar den Zusammenbau, erzeugt aber schnell auch unsauber aussehende Kanten auf den Miniaturen. Bei den Miniaturen handelt es sich nicht um Übernahmen aus bestehenden Sets, sondern neu gestaltete Varianten von bekannten Einheiten. Man kann diese natürlich auch ohne Probleme in normalen Age of Sigmar Spielen verwenden. In diesem Fall sollte man nur darauf achten, sie für das nächste Underworlds-Match wieder heraus zu sortieren.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Games Workshop
  • Erscheinungsjahr: 2018
  • Sprache: Deutsch/Englisch
  • Spieldauer: 30 Minuten
  • Spieleranzahl: 2-4
  • Alter: 13+
  • Preis: 50,00 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon, Games Workshop

 

Fazit

Underworlds Nightvault ist ein taktisch anspruchsvolles Spiel, das einfach zu lernen, aber schwer zu meistern ist. Durch die begrenzte Anzahl an Miniaturen ist jede Entscheidung wichtig, man kann sich meist nicht leisten, aus Unachtsamkeit eine Figur zu verlieren. Die Matches sind schnell gespielt und damit auch etwas für zwischendurch. Ein klarer Nachteil ist der Zwang, mehr Kriegerscharen kaufen zu müssen, die man potenziell gar nicht spielen möchte, wenn man denn alle Karten haben will.

Auch, wenn das für die ersten Partien nicht nötig ist, hinterlässt dieser Umstand einen bitteren Beigeschmack, der die sonst so ausgezeichnete Spielerfahrung merklich schmälert. Wer über diesen Faktor hinwegsehen kann, bekommt hier ein ausgezeichnetes taktisches Kartenspiel mit Tabletopanleihen.

Artikelbilder: Games Workshop
Fotografien: Markus Kastell
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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