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Miniaturenschlachten gigantischen Ausmaßes! Mit Warhammer 40.000: Apocalypse bietet Games Workshop einen neuen Regelsatz für titanische Schlachten, bei denen man am besten seine gesamte Sammlung ins Feld führt. Wir haben aus allen Rohren gefeuert und überprüfen für euch, ob man am besten schon mal eine Garage als Spielfeld mietet.

Jede Spielerin und Spieler, die Tabletopminiaturen im größeren Stil sammeln, kommen zu dem Punkt, an dem man mehr hat, als man normalerweise einsetzen könnte. Warhammer 40.000 ist dabei nicht anders. Schnell hat man deutlich mehr als die bei Turnierspielen oft üblichen 2.000 Punkte zusammen, die dann in irgendwelchen Fächern verstauben. Zu lange würde es dauern, ein Spiel mit allen Miniaturen nach den normalen Regeln auszutragen. Genau diesem Umstand möchte Warhammer 40.000: Apocalypse Abhilfe schaffen. Mit kompakteren Regeln und einem System, in dem ein Erstschlag nicht so möglich ist, sollen auch Großgefechte mit Hunderten von Miniaturen in einem überschaubaren Zeitraum schaffbar sein. Wir haben uns für euch die neuen Regeln angeschaut und ein Probespiel durchgeführt.

So viel Plastik! – Vor dem Gefecht

Warhammer 40.000: Apocalypse macht aus seinem Umfang keinen Hehl. Während Kill Team kleine Scharmützel beleuchtet und normale Warhammer 40.000-Schlachten den Rahmen eines Gefechtes, beispielsweise eines Hinterhaltes, abbilden, befasst sich Apocalypse mit Großgefechten. Zur Berechnung der Armeestärken dabei nutzt man ein sogenanntes Power Level. Dies ist in seiner Art zwar schon aus Warhammer 40.000 bekannt, hier kommen jedoch leicht andere Werte zum Einsatz. Diese stellt Games Workshop über die eigene Homepage für alle Einheiten, auch von Forge World, kostenlos zur Verfügung. Die Organisation der Einheiten erfolgt, ebenfalls wie bei normalen 40.000-Spielen, in Kontingenten. Diese sind sehr ähnlich aufgestellt wie im kleineren Bruder, meist muss man aber weniger HQ-Auswahlen mitnehmen.

Als kleinste Gefechtsgröße schlägt das Grundregelwerk 300 Punkte als Power Level pro Seite vor. Selbst bei einer Armee mit vielen Großmodellen bewegt man hier große Truppenverbände, der Preis einer solchen Streitmacht ist schnell vierstellig.

Erstes Beispiel einer Armee mit Power Level 300
Erstes Beispiel einer Armee mit Power Level 300
Zweites Beispiel einer Armee mit Power Level 300
Zweites Beispiel einer Armee mit Power Level 300

Apocalypse ist somit im vorgesehenen Rahmen kein einsteigerfreundliches Konzept. In den Bildern findet ihr hier zwei Beispiele für 300-Punkte-Armeen, die wir gegeneinander eingesetzt haben.

Darüber hinaus ist die normale Tischgröße, die man von Gefechten kennt, eigentlich zu klein. Games Workshop schlägt ein Spielfeld von 72 mal 72 Zoll vor, ein Maß, in der es standardmäßig leider keine Spielmatten gibt, und das die meisten Küchentische übersteigt. Auch hier bedarf es also einer gewissen Planung.

Hat man seine Armee sortiert und einen Platz gefunden, geht es los mit dem eigentlichen Spiel.

Vorwärts zum Sieg! – Die Regeln

Unterschiedliche Welten, unterschiedliche Kriege
Unterschiedliche Welten, unterschiedliche Kriege

Warhammer 40.000: Apocalypse bedient sich an manchen Stellen beim bekannteren kleineren System von Warhammer 40.000, spielt sich aber grundsätzlich anders.

Dies zeigt sich schon beim Blick auf die Einheitenprofile. Einheiten werden dabei in Blöcken zusammengefasst und nicht als Einzelmodelle betrachtet. Man entfernt also als Verluste entweder die ganze Einheit oder kein Modell.

Auch bei den Waffenprofilen fallen deutliche Unterschiede auf. Alle Waffen besitzen ein Schadensprofil gegen leichte Ziele und eins für schwere oder superschwere Ziele. Dies ist jedoch missverständlich auf dem Bogen als Schaden gegen Personen und Schaden gegen Fahrzeuge ausgedrückt, auch wenn leichte Ziele Fahrzeuge enthalten können.

Custodes Jetbikes beispielsweise sind Fahrzeuge und gleichzeitig leicht, weswegen der erste Wert genutzt werden muss. Ein Umstand, den man bei der Benennung einfach hätte vermeiden können.

Unterschiedliche Szenarien erhöhen den Wiederspielwert
Unterschiedliche Szenarien erhöhen den Wiederspielwert

Neben dieser Seltsamkeit in der Benennung sind die restlichen Regeln gut gelungen.

Zu Beginn jedes Zuges wird zunächst die Initiativphase durchgeführt. Hierbei geht es darum, welcher Spieler zuerst handelt. Dies wird jede Runde neu bestimmt, so dass man auch zwei oder mehr Züge in Folge die Initiative haben kann.

Als nächstes legen beide Spielende die Befehle für ihre Kontingente verdeckt fest. Dabei stehen drei verschiedene Befehle zur Auswahl.

Nachfolgend aktivieren die Spielerinnen und Spieler abwechselnd ihre Kontingente, indem diese den vorher gelegten Befehl ausführen. Hierbei führt das komplette Kontingent den gleichen Befehl aus.

Vorrücken lässt beispielsweise alle Einheiten des Kontingentes eine Bewegungsaktion durchführen und danach entweder im Nahkampf kämpfen oder schießen.

Gezieltes Feuer hingegen erhöht die Trefferchancen im Fernkampf, verwehrt aber Bewegung und gibt Abzüge im Nahkampf.

Angriff schließlich verdoppelt die Bewegungsweite, jedoch dürfen danach nur Nahkampfaktionen durchgeführt werden.

Die taktischen Überlegungen muss man hier also früh anstellen und im Voraus planen. Gezieltes Feuer nützt beispielsweise wenig, wenn der Gegner durch eine vorherige Aktivierung das Kontingent aus dem Schussbereich geschoben hat.

Bei allen Kampfhandlungen werden, nach erfolgreichen Verwundungen, Explosionsmarker verteilt. Jeweils zwei kleine ergeben dabei einen großen Explosionsmarker. Diese sind später für die Rüstungswürfe von Belang.

Wichtig ist, dass an dieser Stelle noch keine Modelle entfernt werden oder negative Modifikatoren zum Tragen kommen. Alle Einheiten auf beiden Seiten werden mindestens im ersten Spielzug voll einsatzbereit sein. Ein großer Vorteil gegenüber Warhammer 40.000, passiert es dort doch häufig, dass Modelle vom Tisch genommen werden, bevor diese überhaupt einmal handeln konnten. Ein Umstand, der vor allem bei neuen Modellen in der eigenen Armee ärgerlich sein kann, wollte man sie doch endlich in Aktion erleben.

Die Zugabfolge ist leicht überschaubar
Die Zugabfolge ist leicht überschaubar

Auch die abwechselnde Aktivierung erweist sich als angenehm. hat man doch in recht kurzen Abständen wieder etwas zu tun und muss nicht Stunden warten, bis die Gegenseite alle Modelle abgehandelt hat.

Haben beide Seiten alle ihre Kontingente benutzt, geht es in die eigentliche Schadensphase. Auch hier werden wieder abwechselnd Kontingente abgehandelt. Für jeden Explosionsmarker muss dabei ein Rüstungswurf durchgeführt werden, mit einem W12 für jeden kleinen und mit einem W6 für jeden großen Explosionsmarker. Diese Unterteilung ermöglicht ein deutlich abgestuftes Rüstungssystem. Ein Wurf auf Vier oder besser ist plötzlich richtig gut. Der Einfachheit halber unterscheidet Apocalypse hierbei nicht zwischen Rettungs- und Rüstungswürfen, nur wenige Einheiten besitzen die Sonderfähigkeit, dass sie immer mit einem W12 ihren Rüstungswurf ablegen, auch bei großen Explosionsmarkern.

Gute Rüstung schützt einen jedoch nicht völlig vor Dauerfeuer, muss man danach doch einen Moralwerttest durchführen. Hierbei würfelt man einen W6 und addiert die Anzahl der Explosionsmarker. Liegt das Ergebnis über dem Moralwert der Einheit, verliert diese einen Lebenspunkt.

Wie schon erwähnt werden dabei Verluste nicht einzeln aus Einheiten entfernt. Ein Zehn-Mann-Trupp imperiale Garde hat beispielsweise einen Lebenspunkt und wird, sobald ein Rüstungswurf oder Moralwurf misslingt, komplett vom Feld genommen.

Fallen Einheiten mit mehreren Lebenspunkten, Fahrzeuge beispielsweise, unter die Hälfte ihres Ausgangswertes, so gelten diese als kritisch beschädigt. Ihre Bewegungsweite wird halbiert, sie schießen weniger mit schweren Waffen und Treffen schlechter. Ist auf diese Weise der Zug abgehandelt, beginnt das Ganze wieder von vorn.

Die Regeln sind nach einiger Eingewöhnung, so man aus einem anderen System kommt, leicht verständlich. Einzig bei der Anzahl von Fernkampfattacken muss man manchmal aufpassen. Diese errechnen sich entweder aus dem Profil der Einheit oder aus der Waffe selbst. Ein Space Marine-Trupp schießt beispielsweise einmal mit seinen Boltern, was sich aus der Attackenanzahl ableitet. In einem Devastator-Trupp wird jedoch jede dazugekaufte schwere Waffe einmal abgefeuert. Hier braucht man etwas Eingewöhnungszeit, danach ist dies aber recht problemfrei umsetzbar und den ersten Spielerfahrungen steht nichts mehr im Weg.

Die Züge gehen dabei angenehm schnell von der Hand, ohne in totale Würfelorgien auszuarten. Mehr als die Würfel aus der Grundbox haben wir fast nie in unserem Probespiel benötigt.

Warpfeldrakete im Anflug Sir! –Kommandooptionen und weitere Regeln

Abseits dieser Grundregeln bietet Apocalypse noch weitergehende Regeln. Diese umfassen beispielsweise den Beschuss von Charaktermodellen oder auch Befehlsreichweiten. Ist es bei Warhammer 40.000 möglich, Charaktermodelle hinter Einheiten zu verstecken, geht dies in Apocalypse nicht. Leichte Charaktermodelle werden mit einer Erschwernis beim Trefferwurf beschossen, sind ansonsten aber normal anvisierbar. Ein zusätzlich relevanter Punkt ist die Kommandoreichweite. In jedem Kontingent wird ein Modell zum Kommandanten ernannt. Modelle außerhalb einer Kommandoreichweite von zwölf Zoll müssen nach einem Zug potenziell das Schlachtfeld verlassen und als Verlust entfernt. Sollte der Kommandant selbst das Zeitliche segnen, wird auf dem Feld spontan ein neuer bestimmt.

Automatisch ist dies im Kontingent die Einheit mit dem höchsten Moralwert. Verliert man den Kommandeur, muss man manchmal schnell umplanen, um nicht Einheiten zu verlieren, die zu weit ab vom Schuss sind. Ein spannendes taktisches Element.

Kommandokarten wie diese hier verändern den Spielfluss
Kommandokarten wie diese hier verändern den Spielfluss

Ein weiterer taktischer Faktor sind die Kommandooptionen. Hierfür stellt man sich vor dem Spiel ein Deck aus dreißig Karten zusammen und zieht diese Stück für Stück während des Spiels. In den Karten finden sich die unterschiedlichsten Ereignisse, von orbitalen Bombardements bis Psikräfte. Letztere werden bei Apocalypse allein über diese Karten abgehandelt, eine Psiphase, wie bei Warhammer 40.000, gibt es nicht. Der Einfluss der Karten ist deutlich merkbar, keine von ihnen ist jedoch so dominant, dass ein Spiel allein durch sie entschieden wird. Zu den Karten im Grundset gibt es noch eine zusätzliche Box mit Kommandokarten. Möchte man öfter Apocalypse spielen, wird man um diese Investition wohl nicht herumkommen.

Weitere Regeln sind schnell erklärt, sei es der Umgang mit Gelände oder Fraktionsfähigkeiten. Der komplette Regelkanon passt dabei auf 25 Seiten innerhalb des Buches. Ein schnelles Nachschlagen ist daher auch während einer Partie ohne Probleme möglich.

Die versprochene kürzere Spieldauer ist wirklich zu bemerken. Für ein Spiel mit 300 Punkten pro Seite braucht man immer noch einige Stunden, an einem längeren Nachmittag ist ein solches Match aber zu schaffen, frühere Apocalypse-Runden dauerten auch gerne mal ein Wochenende.

Bereit für den Erstschlag – Der Inhalt der Box

Warhammer 40.000: Apocalypse kann in einer Starterbox für 80 EUR (OVP) erworben werden.
Darin enthalten sind:

  • Das 120-seitige Apocalypse-Handbuch
  • Sechs vorgestanzte Bogen mit doppelseitigen Apocalypse-Markern
  • 300 Kommandooptionskarten
  • 12 sechsseitige und 12 zwölfseitige Würfel

Darüber hinaus finden sich in der Box noch einige Plastikschieber, damit man die Karten nach Fraktionen sortieren kann.

Das Material ist, genau wie die Box, gut verarbeitet. Die Würfel sind etwas klein, liegen aber gut in der Hand. Die Karten sind auf festen Karton gedruckt, ebenso die Marker. Das beigefügte Buch ist ordentlich gedruckt und kommt ohne Rechtschreibfehler daher.

Trotzdem ist der Preis von 80 EUR hart an der Schmerzgrenze. Unbefriedigend ist vor allem, dass man direkt zu Beginn zusätzliche Kommandooptionen kaufen kann, die man auch ohne Probleme in der Box hätte unterbringen können.

Auch dass die Karten in ihrer Gesamtheit nicht jenseits der Box zu erwerben sind ist ärgerlich. Spätestens, wenn im Bekanntenkreis eine Partie zwischen gleichen Fraktionen ansteht, wird man eine zweite Box kaufen, werden doch beide Seiten mit großer Wahrscheinlichkeit auf die gleichen Kommandooptionen zurückgreifen wollen. Die Regeln schlagen für diesen Fall zwar vor, dass man die Karten auf einen Stapel legt und die Spielerinnen und Spieler dann ziehen, um zu entscheiden, wer die Option erhält. Trotz der hohen Anzahl ist der Rahmen, aus dem man schöpft, aber begrenzt, sind doch viele Karten fraktionsspezifisch. Wenn man also nicht selber sich Karten anfertigen will, wird man eine zweite Grundbox kaufen müssen. Marker oder Würfel wird man dabei aber nicht nochmal brauchen.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Games Workshop
  • Erscheinungsjahr: 2019
  • Sprache: Deutsch/Englisch
  • Spieldauer: 180 Minuten+
  • Spieleranzahl: 2+
  • Alter: 12+
  • Preis: OVP 80 EUR
  • Bezugsquelle: Games Workshop

 

Größer, schneller, besser? – Ein Fazit

Warhammer 40.000: Apocalypse hat sein Kernziel klar erreicht: Ein spielbares System für Massenschlachten. Wenn man schon immer Lust hatte, so viel Plastik und Resin wie irgend möglich an einem Abend zu verschieben, hat man hier die Lösung gefunden. Das Spiel ist dabei gut erlernbar und an vielen Stellen angenehm in der Umsetzung. Durch die Schadensabwicklung am Ende des Zuges ist die Gefahr von Erstschlägen, die nur rauchende Krater zurücklassen, bevor man etwas tun konnte, vom Tisch. Stattdessen bekommt man ein System, das nicht so verkopft ist wie eine normale Partie Warhammer 40.000, die auch in der achten Edition immer mehr zum Regelwerksschlachtfeld wird, bei dem man in x verschiedenen Büchern und FAQs nachschlagen muss. Tatsächlich ist das System auch gut für kleinere Gefechte geeignet, deutlich unter dem Powerlevel von 300 Punkten, welches das Regelwerk vorschlägt.

Wer entweder ein Spiel im großen Stil austragen möchte oder simplere Regeln sucht, ist bei Warhammer 40.000: Apocalypse somit gut aufgehoben. Wer mehr taktische Tiefe und genauere Ausrüstung der Einheiten möchte, wird aber bei der achten Edition und normalgroßen Gefechten auf Dauer glücklicher werden.

 

Artikelbild: Games Workshop, Fotografien: Markus Kastell, Bearbeitet von Verena Bach
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

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