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Das viktorianische Zeitalter ist eine schwierige Epoche für Frauen, die für Gleichberechtigung kämpfen. Insexts: Bd. 2: Nekropolis begleitet die beiden Liebenden Lalita und Mariah bei ihren Abenteuern in Paris. Mit Hilfe ihrer insektenhaften Kräfte setzen sie in der Hauptstadt Frankreichs den Kampf für die Selbstbestimmung der Frauen fort.

Die Prämisse der Reihe Insexts weckt Interesse, besonders hinsichtlich des zeitlichen Hintergrunds. Im viktorianischen London sind Lady Lalita Betram und ihre Bedienstete Mariah regelmäßig der Willkür und Nötigung von Männern ausgeliefert. Ihre ungünstige Situation in einer patriarchalischen Gesellschaft ändert sich, als beide Frauen seltsame Kräfte entwickeln. Bald sind sie keine Menschen mehr, sondern menschenähnliche Insektenwesen. Ihre neuen Fertigkeiten nutzen sie fortan für den Kampf gegen von ihnen wahrgenommene Ungerechtigkeiten und den Schutz ihrer Liebe.

Trotz interessanter Ansätze und opulenter Zeichnungen leidet der erste Band unter Schwächen. Das liegt hauptsächlich am fehlenden roten Faden. Die einzelnen Kapitel wirken weder unmittelbar miteinander verbunden, noch eigenständig. Erst am Ende wird der letzte große Gegenspieler über mehrere Abschnitte aufgebaut.

In Insexts: Bd. 2: Nekropolis wartet eine neue Herausforderung auf die beiden Damen. Wird Paris ihnen wohlgesonnener sein?

Handlung & Charaktere

Nach den Konflikten des Vorgängers sind Lalita und Mariah nach Paris geflüchtet, um ihrer kleinen Familie eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Doch die Stadt der Liebe und des Lichts ist nicht der erhoffte Ort für einen Neuanfang. Eine Gruppe kunstbesessener Männer hat ihre eigenen Vorstellungen von den Rollen einer Frau, in die Lalita und Mariah nicht passen. Darüber hinaus ist im Dunkel der Stadt eine uralte Macht erwacht, die weiteres Unheil anrichtet.

Der Verlauf des zweiten, in sich abgeschlossenen Bandes erinnert an den Vorgänger. Auch in Insexts: Bd. 2: Nekropolis müssen sich die Protagonistinnen zunächst mit einer Gruppe feindlich gesinnter Männer auseinandersetzen, ehe eine übernatürliche Bedrohung ihre Anwesenheit enthüllt. Im Gegensatz zum ersten Band wird der rote Faden in dieser Fortsetzung deutlicher erkennbar.

Dafür gehen Insexts: Bd. 2: Nekropolis leider Stärken von Insexts: Bd. 1: Metamorphose verloren. Die Wandlung der Hauptfiguren sorgte im ersten Band für Spannung und Interesse, spielt in dieser Fortsetzung aber kaum eine Rolle. Die sinnlichen Momente, aufgrund derer das Wortspiel Insexts im Titel erfolgte, wirken im zweiten Band deplatziert. Im Piloten nehmen sie eine wichtige Rolle für die Handlung ein und betonen die Beziehung der beiden Protagonistinnen. In Insexts: Bd. 2: Nekropolis zeigt sich keine Notwendigkeit für den Einbau solcher Elemente.

Zudem gestaltet es sich für mich nach wie vor schwierig, Sympathie für die beiden „Heldinnen“ zu entwickeln. Auf der einen Seite führen sie einen wichtigen und ehrenwerten Kampf gegen die Unterdrückung der Frauen ihrer Zeit. Auf der anderen Seite agieren sie mehrfach wie skrupellose Monster, die kaltblütig jeden scheinbaren Gegenspieler umbringen. Möglicherweise ist das jedoch eine Aussage von Insexts: Auf unsere eigene Art und Weise sind wir alle Monster, so nobel unsere Motivation auch scheinen mag.

Die sozialkritischen Elemente der Handlung lassen sich nicht übersehen, gerade in unserer heutigen Zeit. Einige Passagen nehmen deutlich Bezug auf Themen wie sexuelle Belästigung, Gleichberechtigung und die Rolle der Frau in verschiedenen Weltbildern. In dieser Hinsicht kann besonders eine Szene Eindruck hinterlassen, die inmitten einer Ausstellung der oben erwähnten Gruppe von Männern stattfindet. Lalita führt in dieser eine Diskussion über die Rolle der Weiblichkeit in der Kunst. Schonungslos zeigt sie auf, wie sehr die angebliche Verehrung von Frauen in Kunstwerken in Wahrheit männliche Unterdrückung ist: Männer erschaffen ein ideelles Bildnis der Frau und behaupten beziehungsweise verlangen, dies sei das Spiegelbild der Weiblichkeit. In solchen Momenten regt Insexts: Bd. 2: Nekropolis zum Nachdenken an und offenbart die Stärke seiner Prämisse.

Zeichnungen & Kolorierung

Die Zeichnungen der indonesischen Künstlerin Ariela Kristantina kombinieren Erotik, Gothic-Horror und Action. Sowohl die beiden Insektenfrauen, als auch diverse Gegenspieler erzeugen eine morbide Faszination. Dabei geizt die Reihe nicht mit expliziten Zeichnungen. Neben der Gewalt umfasst das auch Sexszenen zwischen Lalita und Mariah.

Einen düsteren Charme entfaltet auch der Schauplatz Paris. Die Stadt der Liebe und des Lichts wird in dieser Graphic Novel ihrem Namen nicht gerecht, denn die Welt von Insexts ist düster in Szene gesetzt. Hauptgrund für die dennoch ästhetische Wirkung ist neben den Zeichnungen von Kristantina auch die kraftvolle Kolorierung von Jessica Kholinne.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Panini Comics
  • Autorin: Marguerite Bennett
  • Zeichnerinnen: Ariela Kristantina, Jessica Kholinne
  • Sprache: Deutsch
  • Seitenanzahl: 144
  • Preis: 17,00 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Panini Comics, Amazon, idealo

 

Fazit

Im Vergleich zum Vorgänger hinterlässt Insexts: Bd. 2: Nekropolis einen besseren Eindruck. Die Rahmenhandlung ist ähnlich aufgebaut, bedient sich aber eines besseren roten Fadens über die einzelnen Kapitel hinweg. Die Beibehaltung von Stärken des Vorgängers wie die atmosphärischen Zeichnungen, eine kraftvolle Kolorierung und die wichtige Sozialkritik trägt zum positiven Eindruck dieser Graphic Novel bei.

Dem gegenüber stehen Schwächen, die bereits im Vorgänger auftraten oder in diesem zweiten Band neu hinzugekommen sind. Die beiden Protagonistinnen morden sich nach wie vor kaltblütig durch die Gegend, wodurch die Graphic Novel stellenweise übertrieben brutal wirkt. Zudem spielt die Metamorphose der beiden Frauen im Nachfolger quasi keine Rolle mehr, während sie im Vorgänger noch für einen Großteil der Spannung sorgte. Demzufolge stagniert die Charakterentwicklung der beiden „Heldinnen“.

Den spezifischen Reiz von Insexts: Bd. 2: Nekropolis kann man jedoch nicht leugnen. Die erotische Horror-Geschichte zeigt gute Ansätze und regt Leser*innen bezüglich Gleichberechtigung zum Nachdenken an. Wen die zuvor erwähnten erzählerischen Makel nicht stören, der*die wird an der Lektüre dieser Graphic Novel Freude haben.

mit Tendenz nach oben

 

Artikelbilder: © Panini Comics
Layout und Satz: Melanie Maria Mazur
Lektorat: Lukas Heinen
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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