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von Henning Lechner und Verena Bach.

Ein Psychologe, der gern Hobby-Ermittlungsarbeit leistet, ist nicht unbedingt etwas neues, doch Kohlrabenschwarz verpackt dies mit einer guten Prise Humor sowie altdeutschen Märchen und Erzählungen. In diesem Hörspiel verfolgt man eine Reihe von mysteriösen Fällen, die uns ins ländliche Oberbayern führen.

Des Öfteren sieht man in Serien oder auch in Büchern freie Psychologen, die mit der Polizei zusammenarbeiten. Diesen Gedanken greifen Krappweis und von Aster in Kohlrabenschwarz auf und begleiten den Psychologen Stefan Schwab durch einige Fälle in und um das oberbayerische Rosenheim.

Dabei wird das Rad vielleicht nicht von Grund auf neu erfunden, aber ob die beiden Autoren mit dem neu erschienenen Hörspiel dennoch eine gute Geschichte erzählen können, haben wir uns für euch vorab angehört.

Story

Die Geschichte erscheint wie eine gelungene Mischung aus John Sinclair und einem Münsteraner Tatort.

Die Geschichte und damit auch der Erzähler (Götz Otto) folgen Hauptakteur Stefan Schwab (Michael Kessler). Stefan war als Psychologe bereits in der Vergangenheit für die Polizei tätig. Zu Beginn wird er zu einem Entführungsfall gerufen, doch schnell stellt sich heraus, dass an dem Fall mehr dran ist, als anfangs gedacht.

Bei der Aufklärung kommt Stefan die Unterstützung durch Polizistin Anna Leitner (Bettina Lamprecht), seine Exfrau Susanne Wirzbacher (Bettina Zimmermann) und deren neuen Freund, Pfarrer Franz Willleitner (Jürgen Tonkel), sehr gelegen. Sie stellen die Theorie auf, dass die Fälle dem Vorgehen einer Sagengestalt ähneln. Dieser Theorie gehen sie, sehr zum Unmut des karriereorientierten Polizeipräsidenten Leopold Kroiss (Uke Bosse), nach.

Die sogenannte erste Staffel von Kohlrabenschwarz besteht aus acht einzelnen Episoden. Diese erwecken anfangs noch den Eindruck, dass die Episoden dem„Monster of the day“-Prinzip folgen, allerdings wird schnell klar, dass es einen übergreifenden Handlungsbogen gibt. Ab der fünften Episode gehen die Handlungen nahtlos ineinander über.

Erzählweise

Die Geschichte ist gut erzählt. Expositionen sind geschickt verpackt, lange Erklärungs-Sequenzen entfallen entweder ganz oder werden auf kleinere Passagen verteilt.  Die Eigendynamik zwischen den Charakteren wird in vielen Dialogen entwickelt, die auch immer wieder als Comic Relief nach gruseligeren Stellen dienen.

Sehr angenehm ist, dass Action-Sequenzen nicht mit Soundeffekten überladen sind. Der überwiegende Teil ist nachvollziehbar erzählt und durch Dialoge aufgelockert. Einige wenige Sequenzen sind beim Hören etwas chaotisch, aber im Nachhinein nachvollziehbar.

Leider findet das ermittelnde Team oft schnell die Lösung für ein Problem, sodass für Zuhörende nicht viel Zeit zum Miträtseln bleibt. Erfreulicherweise gerät die Geschichte aber niemals zu einer reinen Schnitzeljagd.

Geräusche und Soundeffekte sind in den meisten Fällen stimmig, in einigen Fällen (passend) übertrieben. Lediglich Schrittgeräusche fallen des Öfteren negativ auf, da die Zahl der gemachten Schritte nicht zum gesprochenen Wort passt.

Aufnahme und Produktion sind hervorragend, die Lautstärkeverhältnisse sind ausgewogen und es gibt auch keine Jump-Scares akustischer Art.

Einige Nebenfiguren nehmen extrem viel Zeit in Anspruch, weil sie sich gerne reden hören oder bewusst nicht auf den Punkt kommen wollen. Diese Szenen sind leider nicht nur für den Hauptcharakter enervierend, sondern auch für die Zuhörenden.

Spoiler!

Eine Figur entwickelt sich dabei sogar zu einer Art Deus Ex Machina. Sie scheint alles schon zu wissen, gibt aber trotzdem fast keine relevanten Informationen heraus, sondern hält Schwab mit belanglosen Fakten auf. Zuhörende können zu dem Eindruck kommen, dass diese Person einen Teil der Lösung das Falles im Alleingang vorgibt.

[Einklappen]

Gelegentlich eingebaute Easter-Eggs in Form von Anspielungen beispielsweise auf Bandnamen oder andere Erzählungen locken das Hörspiel zusätzlich auf.

Sprecher

Alle Darsteller*innen sind gut und deutlich zu verstehen – und dass, obwohl viele mit bairischem Dialekt und einige sogar direkt Bairisch sprechen. Lediglich einige wenige Charaktere waren schwierig bis gar nicht zu verstehen, wenn man bairische Mundart nicht gewöhnt ist, was bei diesen jedoch sehr zum Bild der Charaktere beitrug. Die Hauptdarsteller*innen von Kohlrabenschwarz liefern glaubhafte Charaktere ab: Die Dynamik zwischen den Figuren ist gut, an einigen Stellen allerdings etwas übertrieben.

Leider stellt Schwab sich an einigen Stellen eher unklug an – insbesondere, wenn man bedenkt, dass er aus dem vierköpfigen Ermittler*innenteam mit der Zeit als Hauptcharakter hervorsticht. Zudem wird er in Gesprächen oft überfahren und bekommt kein Bein an die Erde, obwohl er in seinem Beruf als Psychologe Gesprächsführung gelernt haben sollte.

Die Nebendarsteller*innen fallen des Öfteren durch massives Overacting auf – allen voran der Vorgesetzte, eine Vermieterin und ein Elternpaar. Dies ist aber, auf die Gesamtlaufzeit des Hörspiels bezogen, nicht viel Zeit.

Autor

Kohlrabenschwarz wurde geschrieben von Tommy Krappweis und Christian von Aster.

Tommy Krappweis wurde bekannt durch die Comedyshow RTL Samstag Nacht. Für die Erfindung der Figur Bernd das Brot erhielt er den Adolf-Grimme-Preis. Er ist Autor unter anderem der phantastischen Buchreihen Mara und der Feuerbringer und Ghostsitter. Mara und der Feuerbringer hat er mit seiner Firma Bumm Film, die auch dieses Hörbuch produziert hat, ins Kino gebracht.

Christian von Aster ist Autor zahlreicher fantastischer Romane und Antalogie-Erzählungen. Er genießt große Bekanntheit in der schwarzen Szene, da er oft Kooperationen mit Musikern eingeht oder Lesungen auf dem Wave-Gotik-Treffen abhält. Darüber hinaus tritt er als Herausgeber, Sachbuchautor, Kinderbuchautor, Sprecher und Schauspieler in Erscheinung.

Erscheinungsbild

Das Cover ist ansprechend gestaltet und passt gut zu anderen Titeln von Audible-exklusiven Hörspielen. Zu sehen sind die vier Hauptcharaktere, in Form ihrer Sprecher, und eine schwarze Figur, die aussieht als wäre sie einer Gruselgeschichte entsprungen – sehr passend also zum Inhalt des Hörspieles.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Audible
  • Autor*innen: Tommy Krappweis, Christian von Aster
  • Sprecher*innen: Michael Kessler, Bettina Zimmermann, Bettina Lamprecht, Jürgen Tonkel, Götz Otto
  • Erscheinungsjahr: 2020
  • Sprache: Deutsch (Originalsprache)
  • Format: Audible
  • Spieldauer: 8 Stunden und 26 Minuten
  • ISBN/EAN/ASIN:
  • Preis: 24,95 EUR
  • Bezugsquelle: Audible

Videotrailer zum Hörspiel

Fazit

Das Hörspiel weiß vom ersten Augenblick den Hörenden abzuholen. Krappweis und von Aster haben eine spannende und interessante Geschichte zu erzählen, bei der man zumindest ein wenig miträtseln kann. Wer sich mit alten Geschichten und Märchen auskennt (gerade aus dem bayrischen Raum), hat vermutlich noch etwas mehr zum Miträtseln.

Doch wie bereits erwähnt ziehen die Hauptcharaktere ihre Schlüsse immer recht schnell: Die dafür nötigen Informationen erfahren sie meist sehr zügig, ohne dem Hörenden die Möglichkeit zu geben, eigene Schlüsse zu ziehen.

Nichtsdestotrotz bietet diese acht Folgen à etwa eine Stunde umfassende erste Staffel der Hörspielserie einen sehr guten Auftakt, bei der nur zu hoffen bleibt, dass es mehr davon geben wird.

Trotz ausbleibenden eigenen Gelegenheiten zum Schlüsse ziehen also eine Hör-Empfehlung für jene, die eine gute Mischung aus Krimi und Mystery mögen.

 

Artikelbilder: © Bumm Film
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Alexa Kasparek
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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