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Nach Steinen und Pflanzen bekommt Stellaris nun noch eine weitere neue Speziesgruppe dazu. Die Nekroiden sind Völker, die eine ganz besonders enge Beziehung zum Tod haben. Was genau diese Verbindung ist und wie sie sich auf das Spiel auswirkt, zeigen wir euch hier.

Neben zahlreichen großen Erweiterungen, die die Spielmechanik erweitern oder verändern, ergänzt Paradox Interactive sein Spiel Stellaris auch regelmäßig um neue Spezies mit individuellen Spielstilen. Nachdem die Standardspezies bereits um Pflanzen und Steine erweitert wurden, sind diesmal Völker an der Reihe, die eine ganz besonders enge Beziehung zum ewigen Kreislauf aus Tod und Wiedergeburt haben. Das Spektrum reicht dabei von Todesverehrung und Opferriten bis hin zu direkter Wiederbelebung. Diese Wahl hat dabei ihre ganz besondere Ironie, da viele Fans nach größeren Patches und Updates dem Spiel regelmäßig vorwerfen, selbst tot zu sein.

Außerdem hat mindestens eine größere Neuausrichtung in Verbindung mit Wechseln im Entwicklerteam und regelmäßigen Erweiterungen und Verbesserungen dafür gesorgt, dass Stellaris in seiner aktuellen Form nur wenig mit dem gemein hat, was vor vier Jahren auf den Markt kam. In diesem Speziespaket bringen die Nekroiden einen neuen Ursprung, drei neue Regierungselemente, 16 neue Speziesporträts, ein eigenes Schiffsdesign, eine spezielle Beraterstimme, neue Gebäudeoptik und Diplomatieräume sowie natürlich mehrere eigene Namenslisten mit in den stetig wachsenden Spielumfang. Das alles klingt auf den ersten Blick vielversprechend, und ob das Speziespaket diese Versprechen halten kann, schauen wir uns jetzt im Detail an.

Im Angesicht des Todes – Die Porträts

Der Kern des Speziespakets besteht aus 16 neuen Speziesportäts. 15 davon zeigen biologische Lebensformen, das Letzte gehört einem Roboter. Optisch ist die Spannbreite groß. Sie reicht von halb verfaulten Pflanzen über biomechanisch am Leben erhaltene Humanoiden und verdächtig an Sarkophage erinnernde Lebensformen bis hin zu in Raumanzügen hermetisch von der Außenwelt isolierten Schnecken, von denen kaum mehr als ein düsteres Glühen aus den Tiefen ihres Visiers zu erkennen ist.

Jedes Porträt spiegelt auf seine Weise die Auseinandersetzung mit Tod, Untod, Wiederbelebung und Unsterblichkeit wider, die man aus zahlreichen Filmen, Serien, Büchern und Mythen kennt. Manche wirken mystisch-magisch untot, andere zeigen mechanisch wandelnde Leichen oder schlicht klassische Untote, die sich in ihrem „Leben“ nicht durch Verwesung aufhalten lassen. Auch Spezies, die technisch in einem verdächtig wirkenden Zwischenstadium gehalten werden, stehen zur Auswahl. Das bietet eine große Spannbreite an Möglichkeiten zum Rollenspiel bei der Erstellung des eigenen Reichs. Die Auswahl reicht von scheinbar normalen Lebewesen bis hin zu offensichtlich unnatürlichen Existenzen, denen man lieber nicht im Dunkeln begegnen will.

Kommt aus der Tiefe, dich zu verschlingen – der Zombieursprung

Bei Stellaris haben alle Reiche einen sogenannten Ursprung. Dieser Ursprung stellt dabei den geschichtlichen Hintergrund des jeweiligen Reiches dar und spiegelt Besonderheiten seiner Entwicklung wider. Das reicht davon, Nachkommen eines ehemaligen interstellaren Reiches zu sein, über ein Reich, das bereits in der Frühphase seiner Weltraumerkundung eine Föderation gründete, bis hin zu den Überlebenden einer halbzerstörten Ringwelt oder einer Spezies, die ausschließlich in Weltraumhabitaten wohnt.

Ursprünge und Reiche lassen sich bis auf einige Ausnahmen frei kombinieren. Der neue mögliche Ursprung, der mit unseren nekroiden Spezies kommt, besteht darin, eine Art intelligenter, zombifizierender Pilz zu sein.

Mit diesem Ursprung entwickelte unsere Spezies sich auf ihrer Heimatwelt parallel zu einer anderen intelligenten Spezies. Im Lauf der Zeit befiel sie immer mehr Wirte, bis sie schließlich die Kontrolle über den Planeten erlangte. Anders als die Gehirnschnecke, ein freundlicher Symbiont, der an die Trill aus Star Trek erinnert, entsteht diese Verschmelzung zwischen Wirt und Parasit nicht einvernehmlich, sondern ist eine gewaltsame Übernahme des Wirtes. Spielmechanisch wird die befallene Wirtsspezies zur Parasitenspezies umgewandelt.

Dieser Hintergrund spiegelt sich in den sonstigen Spielmechaniken wider. Die nekroide Primärspezies wächst nur sehr langsam, verfügt dafür aber über eine hohe Lebensdauer. Das ergibt Sinn, denn schließlich pflanzt sich diese Spezies nur fort, indem sie eine andere Spezies befällt. Da sie dann von der Lebenskraft ihres Wirtes zehrt, lebt sie selbst länger.

Bei Spielstart leben auf der Heimatwelt noch Angehöre der Wirtsspezies. Diese können lediglich einfachere Arbeiten ausführen oder sind gar komplett in Sklaverei und werden im Laufe der Zeit befallen und in Angehörende der parasitären Primärspezies umgewandelt. Diese Wirtsspezies hat im Gegensatz zu den Parasiten ein normales Wachstum. Sie auf herkömmlichem Wege wachsen zu lassen und dann in die Primärspezies umzuwandeln, ist bei diesem Ursprung daher der grundlegende Ablauf des Bevölkerungswachstums. Da die Primärspezies in der Lage ist, alle anderen Spezies zu befallen und umzuwandeln, ermöglicht es dieser Ursprung, die komplette Galaxis zu befallen, bis nur noch unsere liebenswerten Zombiepilze übrig sind.

Die Umwandlung selbst geschieht durch ein spezielles Gebäude, das Angehörige der Wirtsspezies als „Nekrophyten“ beschäftigt. Diese werden periodisch alle zehn Jahre umgewandelt, womit ihre Arbeitsplätze für die nächsten Wirte frei werden.

Bereits Schwarmspezies und Assimilatoren waren bei Stellaris in der Lage, andere Spezies in ihr Kollektiv aufzunehmen. Dabei blieben die bestehenden Spezieseigenschaften allerdings bestehen, lediglich die Individualität der eingegliederten Bevölkerung inklusive Zufriedenheit und ähnlicher Modifikatoren verschwand. Bei diesem Ursprung ist es nun genau andersherum. Die Umwandlung findet auf individueller Ebene statt und betrifft alle Spezieseigenschaften inklusive der Optik. Gleichzeitig bleibt bei der Umwandlung aber die umgewandelte Bevölkerungseinheit, bei Stellaris POP genannt, erhalten. Auch die neuen POPs sind weiter Individuen, deren Arbeitsleistung und Regierungsunterstützung von ihrer Zufriedenheit und Ethik beeinflusst wird.

Dies stellt eine vielversprechende Erweiterung des Bestehenden dar und verhindert auch die im Lategame häufig auftretende Überfüllung im Speziesmenü. Außerdem bietet eine Primärspezies, die nicht direkt durch biologisches Wachstum, sondern durch Übernahme biologisch wachsender Wirtsspezies wächst, ein einmaliges Spielerlebnis, das wirklich Neues bietet und sich deutlich von Bestehendem unterscheidet.

Opferkult und Horde des Schreckens – Die Staatselemente

Staatselemente stellen bei Stellaris die innere Verfassung und die Besonderheiten von Reichen dar, die in Folge gesellschaftlicher, politischer oder sozialer Zustände entstanden sind. Abhängig von der offiziellen ethischen Ausrichtung stehen daher unterschiedlichste Staatselemente zur Verfügung. In autokratischen Gesellschaften können das Sklavenhaltergilden sein, während Xenophilie das Selbstempfinden als Land der Verheißung für alle Neuankömmlinge begründen kann.

Stellaris: Necroids ergänzt die lange Liste der Staatselemente um drei weitere, wobei diese den meisten bereits vorhandenen Spezies ebenfalls zur Verfügung stehen.

Blut für den Blutgott, Herzen für den Sonnengott – Der Todeskult

Das Staatselement „Todeskult“ ermöglicht es, in regelmäßigen Abständen Teile der eigenen Bevölkerung zu opfern, um im Gegenzug für einen längeren Zeitraum zahlreiche Boni zu erhalten. Es ist das einzige Element des Speziespakets, das ausschließlich von bestimmten Reichen verwendet werden kann. Aus nachvollziehbaren Gründen ist es nämlich nur spiritualistischen Reichen möglich, ihre Bevölkerung einer Gottheit zu opfern.

Reiche mit diesem Staatselement können Opfertempel bauen. Hier arbeiten Todespriester, die Einigkeit, Dienstleistungen und Sozialforschung generieren. Außerdem leben in jedem Tempel noch Eingeweihte. Sie generieren ebenfalls Sozialforschung und werden nach einer gewissen Zeit rituell geopfert. Die Opferung ermöglicht es, anschließend reichsweite Edikte zu erlassen, die Boni auf Produktion, Zufriedenheit und Einigkeit des Reichs gewähren. Je nach Edikt sind dies erhöhte Zufriedenheit, höhere Einheit oder eine gesteigerte Produktion der Grundressourcen Energie und Mineralien. Darüber hinaus steigern alle Edikte das Bevölkerungswachstum. Die Stärke der Boni ist abhängig von der Anzahl der Geopferten. Welche Boni man sich durch Edikte sichert, kann bei jeder Opferung neu entschieden werden.Nach der Opferung werden im Opfertempel neue Stellen als Eingeweihte frei, die automatisch neu besetzt werden.

Dieses Konzept ist interessant und riskant, da Bevölkerung bei Stellaris die wichtigste Ressource ist, über die man verfügt. Es ist daher immer ein Abwägen, ob die Boni und das gesteigerte Bevölkerungswachstum den Verlust an POPs ausgleichen kann.

Die Armee der lebenden Toten – Reanimated Armies

Über dieses Staatselement ist mit dem Namen eigentlich schon alles gesagt. Es ersetzt das Gebäude Militärakademien durch „Schreckenslager“. Diese Schreckenslager ermöglichen es, die Wehrpflicht auch auf bereits Verstorbene auszudehnen. Anders als herkömmliche Rekrutierungsoffiziere arbeiten die Priester in den Schreckenskammern allerdings lieber abseits der Augen der Öffentlichkeit, was bestimmt nichts damit zu tun hat, dass Teile der „Einberufung“ einer Armee von Untoten bei der Bevölkerung für Beunruhigung sorgen könnten.

Die Untotenarmeen haben geringe Kampfwerte, sind dafür aber immun gegen Moralschaden und nur schwer zu töten. Beim Kämpfen haben sie eine höhere Wahrscheinlichkeit, Kollateralschaden an Gebäuden oder der Zivilbevölkerung zu verursachen als herkömmliche Soldaten. Das ist verständlich, wenn man bedenkt, dass eine Zombiearmee, die sich bei ihrem Feldzug aus dem Land ernährt, für eine stabile Populationsentwicklung eher kontraproduktiv ist.

Betrachtet man die Untotenarmee im Ganzen, so rangiert sie eher am unteren Ende der militärischen Leistungsskala. Ihre Immunität gegen Moralschaden ist nicht einzigartig und ihre Schadenswerte sind bestenfalls durchschnittlich, dafür ist sie allerdings günstig und schnell rekrutiert. Sie ist daher mehr eine stimmungsvolle Ergänzung als eine militärische Notwendigkeit. Dennoch passt sie gut in das Szenario und ist meiner Meinung nach ein guter Einfall.

Chronisten des Todes – Memorialisten

Das Staatselement „Memorialisten“ ermöglicht es, „Chronisten des Todes“ zu beschäftigen und Monumente, sogenannte galaktische Gedenkstätten, zu errichten. Diese Monumente, die den Verlusten der Vergangenheit gedenken, erhöhen auf ihren Planeten die Stabilität und produzieren Einigkeit und Sozialforschung. Außerdem steigern sie die Anziehung der Regierungsethik. Denn wer würde schon den ehrwürdigen Toten widersprechen und den Sitten und Gebräuchen dieser verehrten Vorfahren abtrünnig werden?

Eine Stärke dieses Staatselements ist, dass es die Stabilität direkt erhöht und nicht lediglich Arbeitsplätze generiert, die dasselbe bewirken. Damit tritt die Wirkung der Gebäude direkt und immer ein, unabhängig davon, ob genug Bevölkerung verfügbar sind, um die Arbeitsplätze zu besetzen. Davon abgesehen unterstreicht dieses Element wunderbar die jenseitsgerichtete Grundstimmung dieses Speziespakets.

Schiffe, Gebäude, Ausehen – Die Optik

Aus meiner Sicht das Highlight dieses Speziespakets ist jedoch das neue Set an Schiffen. Elegant, schnittig und vor allem bedrohlich kommen die Raumfahrzeuge der Nekroiden daher. Sie vermitteln glaubhaft den Eindruck, von einer Spezies entwickelt worden zu sein, für die der Tod keine Grenze, sondern ein alltäglicher Begleiter ist. Lange geschwungene Elemente werden durch harte Kanten gebrochen, die Grundstruktur wirkt erratisch und labyrinthisch. Das andere Ende der Optik spiegeln währenddessen die neuen Gebäude wider. Sie wirken so abgenutzt und gebraucht wie effektiv und pragmatisch. Auch sie haben offensichtlich den Tod gesehen und müssen trotzdem im Dienst bleiben.

Neben den Schiffen und der Spezies selbst verbinden wir mit den Reichen bei Stellaris wohl am deutlichsten die Hintergründe der Räume, die bei diplomatischen Verhandlungen angezeigt werden. Auch hier hat Paradox Interactive nochmal nachgelegt und die Auswahl erweitert.

Passend zur spiritualistischen Ausrichtung der Nekroiden vermitteln die neuen Raumhintergründe einen erhabenen, majestätischen Eindruck religiöser Pracht. Sie künden davon, dass hier jemand dank seiner inneren Überzeugung (und des ein oder anderen fragwürdigen Rituals) eine lange gefürchtete Grenze übertreten hat und auf diesen Erfolg sehr stolz ist.

Die harten Fakten:

  • Titel: Stellaris: Necroids Species Pack
  • Entwicklerstudio: Paradox Interactive
  • Publisher: Paradox Interactive
  • Plattform: PC
  • Mindestanforderungen:
  • Betriebssystem: Betriebssystem: Windows® 7 SP1 64 Bit
  • Prozessor: Intel® iCore™ i3-530 oder AMD® FX-6350 oder besser
  • Arbeitsspeicher: 4 GB RAM
  • Grafik:Nvidia® GeForce™ GTX 460, AMD® ATI Radeon™ HD 5870 (1GB VRAM), AMD® Radeon™ RX Vega 11 oder Intel® HD Graphics 4600
  • Soundkarte: Direct X 9.0c- compatible sound card
  • Speicherplatz: 10 GB verfügbarer Speicherplatz
  • Netzwerk: Breitband-Internetverbindung
  • Genre: Strategie
  • Releasedatum: 29.10.2020
  • Spieleranzahl: Singleplayer und Multiplayer
  • Altersfreigabe: USK 6
  • Preis: 7,99 EUR
  • Bezugsquelle: Paradox Store

 

Fazit

Abschließend können wir zusammenfassen, dass das Speziespaket Stellaris um einige interessante Spielmechaniken erweitert und dabei vor allem stimmungsvoll überzeugt. Keines der neuen Spielelementen bietet in Hinblick auf Effektivität oder Stärke des gespielten Reiches eine deutliche Verbesserung. Das ist aber auch nicht das Ziel dieser Erweiterung. Sie soll das Spiel atmosphärisch vertiefen, und das gelingt voll und ganz. Speziesporträts, alle Mechaniken rund um den Tod und die neuen Schiffsmodelle versprühen ihren ganz eigenen Charme und ergänzen das Spiel um eine Seite, die bisher noch nicht vorhanden war. Gleichzeitig fügen sie sich perfekt in das bisherige Spiel ein, wirken weder wie ein Fremdkörper, noch widersprechen sie dem Hintergrund der Spielwelt. Das Addon ist daher eher ein Nice-to-have als ein Must-have. Wem die Thematik jedoch gefällt, dem kann ich Stellaris: Necroids unumschränkt empfehlen.

Mit EUR 7,99 ist der Preis dieses Speziespakets auch nicht zu hoch, sondern vollkommen angemessen. Ohne eine große Spielrevolution zu erwarten, bekommt man hier etwas für sein Geld. Neben dem Speziespaket enthält der begleitende kostenfreie Patch einen vielversprechenden Bestandteil, der zumindest am Rande erwähnt werden soll. Nachdem die letzten Updates das Spiel besonders im Lategame stark verlangsamt hatten, hat Paradox Interactive an der Berechnung von Spielprozessen gearbeitet, um das Spiel wieder schneller zu machen, oder, um es mit den Worten des Game Directors aus dem den Patch begleitenden Entwicklertagebuch zu sagen: „game go vroom vroom“. Das ist eine Hoffnung, die wohl alle Spieler teilen.

 

 

Artikelbilder: © Paradox Interactive
Layout und Satz: Verena Bach
Lektorat: Simon Burandt
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

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