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Qazāl ist eine Kolonie des Königreichs Balladaire und aufständische Rebellen wollen das ändern. Prinzessin Luca soll beweisen, dass sie ein Land führen kann, doch um die Rebellen in den Griff zu bekommen, braucht sie eine Spionin. Touraine, die des Verrats beschuldigt wird, kommt ihr da gerade recht.

Es hätte alles so einfach sein können. Luca beweist ihrem Onkel, der seine Position als Regent des Reiches nicht aufgeben will, dass sie durchaus fähig ist zu herrschen. Touraine beweist sich als Lieutenant und steigt die Ränge der Balladairan Colonial Brigade empor, um schließlich in die Fußstapfen ihrer Mentorin General Cantic zu treten. Wenn nur die Rebellen nicht wären, die beide Pläne durchkreuzen.

Story

Der Roman ist in vier Abschnitte gegliedert, die Touraines Werdegang nachzeichnen: Soldiers, Turncoats, Rebels, Martyrs. Das ist insofern passend, als dass vor allem aus Touraines Sicht erzählt wird; Luca, Prinzessin und Thronerbin, bietet lediglich eine weitere Perspektive.

Der Story selbst kann man damit gut folgen. Touraine ist Teil der Sands, einer Brigade, die aus ehemaligen Kindern aus Qazāl besteht, die vor zwanzig Jahren von Balladaire entführt und zu Soldat*innen ausgebildet wurden. Damit sind die Sands nicht mehr ganz Qazāli und dennoch nicht ganz Balladairan; sie sitzen zwischen den Stühlen, keiner Kultur ganz zugehörig. Ähnlich gespalten sind die Sands selbst. Einige, wie Touraines Freund Tibeau, hoffen darauf, ihre Familie wiederzufinden und diesen Teil ihrer selbst zu erkunden. Andere, wie Pruett, die das Dreiergespann vervollständigt, wollen mit Qazāl nichts mehr zu tun haben; schließlich haben ihre Familien nicht härter gekämpft, um die Entführung zu verhindern. Alles beginnt aus dem Ruder zu laufen, als Touraine von den Rebellinen Djasha und Jaghotai gefangen genommen wird.

Die Spannungskurve steigt beharrlich und immer wieder erfahren die Leser*innen gemeinsam mit Touraine und Luca Hoffnung, nur um vor anderen, weiter greifenden Problemen zu stehen. Die Charaktere sind rund, haben Stärken und Schwächen. Insbesondere die queere Repräsentation ist hier hervorzuheben. Lesbische Paare werden nicht als etwas Besonderes dargestellt; sie existieren einfach. Die simplen Gesten der Zuneigung und Liebe zwischen Touraine und Pruett, Djasha und Aranen sind herzerwärmend und ein Licht im Chaos der Rebellion. Mit Niwai ist ebenfalls ein nicht-binärer Charakter vertreten, der nicht als reines Kanonenfutter existiert, sondern sein darf.

Schreibstil

Clark nutzt einen Erzähler aus der dritten Person, der aus Touraines oder Lucas Perspektive berichtet. Beide Charaktere sind an der Sprache zu unterscheiden, aber der Stil wird nie kompliziert, sondern ist immer flüssig lesbar. Es ist erfrischend, französisch klingende Namen statt die immer Englischen zu lesen, zumindest was die unterdrückenden Charaktere betrifft.

Zudem passt Clark die Sprache ihrer Welt an. Scheinbar gibt es im Reiche Balladaires keine Hölle; Flüche werden stattdessen regelmäßig von einem „sky-falling“ begleitet. „We pray for rain“ beginnt als die erste Zeile eines Gedichts und endet als Ruf der Rebell*innen.

Wissenschaft und Magie, Zivilisation und Unzivilisiertheit, gefundene Familie und Blutsverwandtschaft, Balladaire und Qazāl: Zunächst scheint es sich dabei um harte Gegensätze zu handeln. Im Laufe von The Unbroken wird jedoch klar, dass die Grenzen weniger klar sind als zunächst gedacht.

Damit wären wir bei der glaubhaften Welt, die Clark erschafft. Ihr Studium der Kolonialnarrative zeigt sich hier sehr stark, allerdings wirkt sie nie belehrend. Luca und Touraine vertreten zwei Seiten eines Konflikts. Beide sind gewillt, diesen einer friedlichen Lösung zuzuführen, haben aber unterschiedliche Prioritäten, die ihre Entscheidungen beeinflussen. Clarke schafft es, Sympathien für beide Seiten entstehen zu lassen. Es gibt kein Richtig oder Falsch, nur Entscheidungen.

Die Autorin

C.L. Clark besuchte die Indiana University und verließ diese 2012 mit einem Creative Writing MFA. Seither arbeitete sie als Personal Trainer, Englischlehrerin und Lektorin und reist in einer Kombination davon um die Welt. Weiterhin studiert sie post-koloniale und Kriegsnarrativen, was definitiv in The Unbroken eingeflossen ist. The Unbroken ist ihr Debütroman und der erste Band der dreiteiligen Magic of the Lost-Reihe.

Auf ihrer Webseite findet ihr weitere Informationen zur Autorin.

Erscheinungsbild

Das Cover zeigt eine Person of Colour in leichter Rüstung und mit Schwert an der Hüfte, die im Bogen eines orientalisch anmutenden Gebäudes steht. Die Darstellung ähnelt den Beschreibungen Touraines und vermittelt einen guten Eindruck vom Setting.

Das Layout des E-Books sorgt für eine angenehme Lesbarkeit. Lediglich hin und wieder scheinen schließende Anführungszeichen zu fehlen, dies aber so selten, dass es nicht stört.

 Die harten Fakten:

  • Verlag: Orbit
  • Autor*in: C.L. Clark
  • Erscheinungsdatum: März 2021
  • Sprache: Englisch
  • Format: E-Book
  • Seitenanzahl: 528 Seiten (Print)
  • ISBN: 978-0356516233
  • Preis: 10,95 EUR (Print) + 5,49 EUR (E-Book)
  • Bezugsquelle Fachhandel, Amazon (E-Book + Print), idealo

Bonus/Downloadcontent

Zu Beginn des Romans gibt es eine Karte, die das Reich von Balladaire rund um die Triaume Sea zeigt. Das macht es einfacher, die Länder zueinander zu verorten, auch wenn sich die komplette Handlung in Qazāl abspielt.

Leider sind die Inhaltswarnungen nicht im E-Book enthalten, sondern lediglich auf der Webseite der Autorin. Ob diese in der Printversion enthalten sind, kann ich leider nicht sagen.

Fazit

The Unbroken erzählt die Geschichte zweier Charaktere vor dem Hintergrund eines zunächst schwelenden, politischen Konflikts. Die Entscheidungen werden von Mal zu Mal größer und weitreichender und betreffen schon bald nicht mehr nur Touraine und Luca. Die diversen Charaktere sind mir allesamt ans Herz gewachsen; selbst diejenigen, denen ich zu Beginn niemals vertraut hätte.

Clarks Schreibstil zieht die Leser*innen in seinen Bann, man springt von Seite zu Seite und kann am Ende des Kapitels nicht mit dem Lesen aufhören. Clark stellt unangenehme Fragen und gibt unangenehmere Antworten, die man ertragen muss und die man eine Weile mit sich trägt.

Zwar ist The Unbroken der erste Band einer Trilogie, er lässt sich aber auch als Einzelband lesen. Ich bin dennoch froh, dass es einen zweiten Band geben wird, der definitiv seinen Weg auf meinen Bücherstapel finden wird.

  • Diverse Charaktere
  • Starke Mythologie
  • Kleidung
 

  • Happy-End?
  • Bisher erst Band 1 erschienen

 

Artikelbilder : depositphotos © vvvita
Layout und Satz: Annika Lewin
Lektorat: Jessica Albert
Dieses Produkt wurde privat finanziert.

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