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Spätestens im letzten Lockdown machte sich bei vielen Tabletopbegeisterten bemerkbar, dass für das Hobby Mitspielende benötigt werden. Tabletop alleine, kann das funktionieren? Five Parsecs from Home verspricht genau das. Tabletop-Abenteuer in abgelegenen Systemen des Alls, mit einer gehörigen Note Rollenspiel. Begleitet uns an den Rand der Galaxie.

Als auf Grund der Kontaktbeschränkungen die Spieleclubs geschlossen bleiben mussten und auch im privaten Raum das Spielen nur noch recht eingeschränkt möglich war, war das ein harter Schlag für alle Tabletopspielenden. Ein Tabletop, welches auch ohne Gegenspielenden bestritten werden kann, wäre in dieser Zeit sehr nützlich gewesen. Zwar ist inzwischen wieder Spielen unter Auflagen möglich, doch kommt Modiphius mit der dritten Edition von Five Parsecs from Home dennoch nicht ungelegen. Der Verlag verspricht spannende Abenteuer in einer Science-Fiction-Welt und das Ganze komplett alleine. Wir waren sehr gespannt, ob dieses Konzept aufgeht, haben uns das Buch für euch angesehen und ein paar Spiele gewagt.

Five Parsecs from Home verspricht Tabletop-Spaß ohne Mitspielende.
Five Parsecs from Home verspricht Tabletop-Spaß ohne Mitspielende.

Das Spiel

Bei Five Parsecs from Home wird eine Raumschiffcrew durch Abenteuer auf verschiedenen Planeten in Form einer längeren Kampagne geführt. Das Spiel wird, wie bereits erwähnt, im Normalfall alleine absolviert. Es spricht aber nichts dagegen, die antretende Crew mit mehreren Spielenden zu führen oder die Gegner mit einem weiteren Menschen zu bewegen. Die Kampagne ist dabei in Kampagnenrunden unterteilt, wobei jede Runde wiederum aus verschiedenen Unterphasen besteht. Im Spiel werden viele Dinge per Zufall bestimmt. Dies geschieht, indem auf Tabellen gewürfelt wird.

Für das Spiel gibt es keine eigene Modellreihe, sondern es bleibt den Spielenden selbst überlassen, was für Figuren genutzt werden. Ausgelegt sind die Regeln auf Modelle der Größe von 28 mm, doch auch Modelle im Maßstab von 15 mm können verwendet werden. Gegebenenfalls sollten dann aber zu messende Distanzen angeglichen werden. Auch die Verwendung von 10-mm-Modellen wird vorgeschlagen, bei welchen aber in jedem Fall veränderte Distanzen genutzt werden sollten.

Als Spielfeldgröße wird eine Fläche zwischen 2‘ x 2‘ (ca. 60 cm x 60 cm) und 3‘ x 3‘ (ca. 90 cm x 90 cm) empfohlen. Die verwendete Maßeinheit ist Zoll, wobei jederzeit gemessen werden darf. Schätzen ist also nicht nötig. Auf die vielen Tabellen wird überwiegend mit W100 und W10 gewürfelt. Ein W100 wird dabei durch je einen W10 für die Zehner und einem W10 für die Einer dargestellt. Im Tabletop-Spiel kommen W6 und W3 zum Einsatz.

Im Laufe des Spiels können Charaktere Erfahrungspunkte (XP), Geld (Credits) und Ausrüstung sammeln, welche das Leben erleichtern.

Erstellen einer Crew

Bevor ins Abenteuer gestartet werden kann, muss natürlich zunächst eine Crew erstellt werden. Außerdem muss der*die Spielende sich für einen der fünf Schwierigkeitsgrade entscheiden. Die Schwierigkeitsgerade, abseits von Normal, erhöhen oder verringern die potentielle Gegnerzahl, beeinflussen erhaltene XP und Credits und haben Einfluss auf zufällige Ereignisse.

Bei einem Standard-Spiel besteht die Crew aus sechs Mitgliedern. Es sind aber auch kleinere Spiele mit fünf oder vier Charakteren möglich. Später im Spiel kann die Zahl der Crewmitglieder zwar wachsen, es muss dann vor dem eigentlichen Spiel aber eine der Spielgröße entsprechende Anzahl an Crewmitgliedern ausgewählt werden, welche aktiv am Spiel teilnimmt. Der Rest der Crew verbleibt im Schiff oder vertreibt sich anderweitig die Zeit.

Das Crew Log hilft bei der Übersicht.
Das Crew Log hilft bei der Übersicht.

Die Crew kann frei bestimmt oder per Zufall gewählt werden. Es stehen neben Menschen (Humans) noch einige Alien-Rassen (Primäry Aliens), Roboter (Bots) und sonderbare Charaktere (Strange Charakters) zur Verfügung. Jede Rasse hat ein Basisprofil, welches durch die Erwürfelung auf die Tabellen für Herkunft, Motivation und Klasse eines jeden Charakters zusätzlich beeinflusst werden kann. Nur Bots starten mit einem unveränderten Profil und haben keine beeinflussenden Faktoren. Sie beginnen das Spiel sozusagen fabrikneu.

Auch die verfügbare Ausrüstung sowie das Raumschiff, welches für die Reise von Planet zu Planet genutzt wird, werden zufällig per Würfeltabellen bestimmt. Manche Charaktere bringen außerdem auch noch einen oder mehrere Gönner (Patrons) und Rivalen (Rivals) mit. Patrons liefern der Crew unter Umständen Aufträge, Rivals versuchen die Pläne der Crew zu durchkreuzen.

Um einen Überblick über die wichtigen Werte zu behalten, gibt es im Buch ein Crew Log, welches kopiert werden sollte. Hier können alle wichtigen Werte und Informationen zur Crew notiert werden.

Charakterprofile

Menschen haben eher durchschnittliche Werte.
Menschen haben eher durchschnittliche Werte.

Ein Charakterprofil besteht aus fünf Profilwerten. Der Reaktionswert (Reactions) wird verwendet, um zu bestimmen, wann ein Charakter in der Spielrunde agieren darf. Die Geschwindigkeit (Speed) gibt die Bewegungsreichweite in Zoll an. Das Kampfgeschick (Combat Skill) erhöht die Chance, einen Gegner im Kampf zu treffen. Der Widerstand (Toughness) beschreibt den Schutz vor Verletzungen, und die Cleverness (Savvy) wird in der Regel abseits des Schlachtfeldes für das Lösen von Aufgaben verwendet. Ein zusätzlicher Wert ist das Glück (Luck). Durch den Einsatz eines Glückspunktes kann eine Verwundung abgewendet werden.

Durch das Ausgeben in der Kampagne errungener Erfahrungspunkte können Profilwerte gesteigert werden, wobei jeder Profilwert über ein vorgegebenes Maximum verfügt. Bots erhalten keine Erfahrungspunkte, sondern müssen sich ihre Verbesserungen durch das Ausgeben von Credits erkaufen.

Die Vorbereitungen

Zu Beginn jeder Kampagnenrunde besteht die Möglichkeit, auf einen neuen Planeten zu reisen. Im Falle einer Reise wird durch einen Wurf auf eine Event-Tabelle bestimmt, was auf der Reise passiert. Dies kann von einer ereignislosen Reise, über Zeit zum zusätzlichen Training, bis hin zu einer Enteraktion mit verbundenem Kampf reichen.

Ist der Zielplanet erreicht, wird zunächst ermittelt, ob vorhandene Rivals der Crew folgen. Patrons bleiben in der Regel zurück. Zudem herrschen auf jeder Welt das Spiel beeinflussende Umstände, welche mit einem W100 bestimmt werden.

Im Anschluss muss die Crew bezahlt werden. Auch der Kredit für das Raumschiff, mit welchem das Spiel beginnt, muss weiter abbezahlt werden. Reparaturen am Schiff und medizinische Versorgung verletzter Crew-Mitglieder finden ebenfalls in dieser Phase statt.

Nun kann jedem Crewmitglied eine Aufgabe zugewiesen werden, wobei pro Aufgabe nur zwei Charaktere eingeteilt werden können. Möglich sind zum Beispiel das Erwerben von XP durch zusätzliches Training, die Suche nach Patrons, Handel oder auch der Versuch, Rivals abzulenken oder bewusst ausfindig zu machen.

Sind alle Aufgaben abgearbeitet, kann die Crew sich auf die Suche nach einem Auftrag machen. Verfügt die Crew über einen oder mehrere Patrons, kann sie von einem solchen einen Job annehmen. Auch das Finden einer Aufgabe durch das Sammeln von Gerüchten ist eine Option. Habt ihr einen eurer Rivals ausfindig gemacht, könnt ihr gegen ihn zu Felde ziehen. Aber im Umkehrschluss können Rivalen auch euch aufspüren und eure Pläne durch einen Angriff stören. Steht nichts Anderes zur Verfügung, bleibt immer noch ein Gelegenheitsjob – besser als nichts.

Bevor es ernst wird, kann die Ausrüstung der Crew noch umverteilt werden. Es ist nie verkehrt, vorbereitet zu sein.

Tabletop-Kämpfe

Sind die Umstände der Auseinandersetzung geklärt, werden erneut durch Würfelwürfe und Tabellen die Details des Kampfes ermittelt. Hierbei ist es möglich, dass die Crew nur auf einen bis zwei Gegner trifft. Es kann aber auch sein, dass die Charaktere hemmungslos in der Unterzahl sind. Nicht immer ist die direkte Konfrontation die beste Wahl. Manchmal kann es auch sinnvoll sein, vom Spielfeld zu fliehen, um nicht von der Karte gefegt zu werden.

Der Aufbau des Tisches erfolgt nach groben Vorgaben. Viel Gelände ist in jedem Fall sinnvoll. Ob es sich dabei um ein urbanes Gebiet oder eine abgelegene Wildnis handelt, bleibt dem*der Spieler*in überlassen.

Der Spielende aktiviert Gegner mit Hilfe verschiedener Verhaltensmuster.
Der Spielende aktiviert Gegner mit Hilfe verschiedener Verhaltensmuster.

Die ermittelten Gegner verfügen über eine von sieben verschiedenen Formen der künstlichen Intelligenz (AI). Die Art der AI gibt vor, wie die Gegner später im Spiel reagieren. Aggressive Gegner werden sich beispielsweise immer auf Charaktere zubewegen und nach Möglichkeit attackieren. Vorsichtige Gegner wiederum werden stets versuchen, ausreichend Abstand zu halten, Deckung zu nutzen und ihre maximale Waffenreichweite auszunutzen.

Um die Reihenfolge, in welcher die Charaktere aktiviert werden dürfen, zu ermitteln, wird für jedes Crew-Mitglied ein W6 geworfen. Jedem Charakter wird dann eines der Würfelergebnisse zugewiesen. Ist der Wert kleiner oder gleich des Reactions-Wertes des Charakters, darf dieser vor den Gegnern agieren. Gerade zu Beginn einer Kampagne ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass der Gegner vor fast allen Charakteren am Zug ist. Eine taktisch kluge Aufstellung ist also wichtig.

Ist ein Charakter am Zug, darf er eine Bewegung und eine Angriffsaktion durchführen. Außerdem ist auch eine freie Aktion, wie zum Beispiel das Einnehmen eines konsumierbaren Gegenstandes, möglich. Wird auf den Angriff verzichtet, kann auch eine schnellere Bewegung oder eine zweite, freie Aktion durchgeführt werden. Erfolgt keine Bewegung, kann ein Charakter zielen, um eine Schussattacke aufzubessern.

Treffen ist nicht leicht, Treffer aber oft fatal.
Treffen ist nicht leicht, Treffer aber oft fatal.

Attackiert ein Modell im Fernkampf, muss eine der Schusszahl der verwendeten Waffe entsprechende Zahl W6 geworfen werden. Je nach Entfernung und Sichtbarkeit ist für einen Treffer ein Wurf von 3+, 5+ oder 6+ nötig. Zum Wurfergebnis wird der Combat Skill des Modells addiert. Im Nahkampf werfen beide beteiligten Modelle einen Würfel und addieren den Combat Skill, sowie eventuelle andere Boni. Wer den höheren Wert erzielt, verursacht einen Treffer. Bei einem Unentschieden, werden beide Modelle getroffen.

Um eine Verwundung zu erzielen, muss nun mit einem W6, zuzüglich des Schadenswertes der verwendeten Waffe, gegen die Toughness des getroffenen Modells gewürfelt werden. Wird diese erreicht oder übertroffen oder eine natürliche Sechs erzielt, erleidet das Modell eine Wunde und wird in der Regel damit ausgeschaltet. Grundsätzlich ist es meist nicht ganz einfach für Charaktere und Gegner, zu treffen. Ist aber ein Treffer erzielt worden, endet dieser oft mit einem ausgeschalteten Modell. Übersteht das Modell den Treffer, wird es benommen und erhält einen Stun Marker. Dies bedeutet, dass das Modell nur noch eine Bewegung oder einen Angriff durchführen darf, nicht aber beides. Nach jeder Aktion, baut das Modell einen Stun Marker ab. Liegen auf einem Modell drei oder mehr Stun Marker, gilt es als ausgeschaltet.

Das Spiel endet erst, wenn eine Seite komplett ausgeschaltet ist oder sich vom Spielfeld zurückgezogen hat. Ist der Auftrag des Spielenden erfüllt, besteht außerdem in jeder Runde die Chance, dass der Gegner sich zurückzieht.

Nach dem Kampf

Ist das Spiel beendet, werden Erfahrungspunkte zusammengezählt und es wird wieder einmal auf viele Tabellen gewürfelt, um zu ermitteln, was die Crew auf dem Schlachtfeld einsammeln konnte und welche Auswirkungen das Spiel auf Crew und Kampagne hatte. Erarbeitete XP können an dieser Stelle gegebenenfalls für die Aufwertung der Profile ausgegeben werden.

Charaktere können XP sammeln und Profilwerte steigern.
Charaktere können XP sammeln und Profilwerte steigern.

Charaktere, welche im Spiel ausgeschaltet wurden, sind nicht automatisch tot. Für sie muss nun erwürfelt werden, welche Folgen die Verletzung für sie hat. Der Tod ist zwar möglich, oft kommen Verletzte aber mit ein paar Runden im Lazarett aus. Dies bedeutet aber natürlich auch, dass sie für die nächsten Spiele nicht verfügbar sind. Mit der passenden Ausrüstung und ein paar Credits kann die Genesung aber etwas beschleunigen werden.

Sind alle Ereignisse notiert, beginnt die nächste Kampagnenrunde und es kann entweder auf dem Planeten weitergespielt oder eine neue Welt angesteuert werden.

Fluff – mehr zur Spielwelt

Five Parsecs from Home spielt etwa 500 Jahre in der Zukunft. Reisen mit Überlichtgeschwindigkeit sind möglich und Menschheit und verschiedene Alien-Völker haben sich unter einer als Unity bekannten Gesamtregierung zusammengeschlossen. In den Kernwelten herrschen Wohlstand und Ordnung, doch am Rand des Raumes lässt die Kontrolle von Unity nach, und Extremisten, Gauner und Glücksritter versuchen hier, über die Runden zu kommen.

Das Hintergrundgerüst kann als lose betrachtet werden und liefert viel mehr einen Vorschlag für zu spielende Geschichten. Es handelt sich dabei aber um kein starres Korsett.

Das Buch

Das Hardcover-Buch ist in englischer Sprache verfasst und umfasst 184 Seiten in Vollfarbe. Dank des Royal-Formates, welches etwas größer als DIN A5 ist, liegt es gut in der Hand und nimmt am Spieltisch nicht zu viel Platz in Anspruch. Es ist gut gegliedert und hat ein strukturiertes Inhaltsverzeichnis. Einen Index gibt es zwar nicht, aber dennoch finden Spielende schnell durch das Buch, wenn einmal etwas nachschlagen werden muss. Die Regeln werden gut erklärt und es werden häufig Beispielsituationen beschrieben, welche den Ablauf zusätzlich verdeutlichen.

Am Ende des Buches finden sich ein Appendix mit Ideen zum Spielaufbau, eine Schnellübersicht der Spielabläufe und Waffenprofile sowie Kopiervorlagen für Notizen.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Modiphius Entertainment
  • Autor: Ivan Sorensen
  • Erscheinungsjahr: 2021
  • Sprache: Englisch
  • Spieldauer: 60+ Minuten pro Kampagnenrunde
  • Spieler*innen-Anzahl: 1+
  • Preis: 29,95 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel

 

Bonus/Downloadcontent

Auf der Webseite von Modiphius gibt es FAQ zum Spiel, welche bei Unklarheiten helfen können. Außerdem werden dort vorgefertigte Missionen und Ereignisse geliefert, welche man in die eigene Kampagne einbinden kann.

Die FAQ helfen bei Regelunklarheiten.
Die FAQ helfen bei Regelunklarheiten.

Fazit

Modiphius liefert mit Five Parsecs from Home ein schnell zu erlernendes System für Spiele ohne eine*n menschliche*n Gegner*in. Egal, ob man es als Aneinanderreihung von losen Spielen nutzt oder sich wirklich Gedanken zum Verlauf der Kampagne macht, Spielspaß ist langfristig gesichert. Durch die vielen verschiedenen Zufallsereignisse ist auch nach mehreren Runden für genug Varianz gesorgt. Allerdings sollten Spielende keine Probleme damit haben, sich in einen Haufen von Tabellen zu stürzen.

Die freie Wahl der Modelle ermöglicht es Spielern von Infinity, Deadzone, Necromunda oder anderer Sci-Fi-Skirmishern, einen schnellen Einstig zu finden. Aber auch die Suche nach passenden Modellen, um sich seine eigene, individuelle Crew aufzubauen, macht einen besonderen Reiz aus.

Wer also Schwierigkeiten hat, Mitspielende zu finden oder auch gern einmal allein zu Hause spielen möchte, sollte sich Five Parsecs from Home auf jeden Fall einmal ansehen.

  • leicht zu lernen
  • langfristiger Spielspaß
  • freie Wahl der Modelle
 

  • Tabellenwälzen muss man mögen

 

Artikelbilder: © Modiphius Entertainment
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Saskia Harendt
Fotografien: Dennis Rexin
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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