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Uncharted gehörte definitiv zu den erfolgreichsten Videospielreihen der 2010er. Die Filmrechte für Nate und seine Abenteuer wurden schon früh verkauft, doch bis zur Produktion hat es eine Weile gedauert. Nun hat Nathan Drake sein erstes Kino Abenteuer – aber wie gut ist es geworden?

2007 brachte die amerikanische Videospielfirma Naughty Dog das Spiel Uncharted: Drake’s Fortune für die Playstation 3 heraus. Das Spiel war ein Erfolg und sollte damit Beginn einer ganzen Reihe sein. In den kommenden Jahren kamen vier weitere Spiele für die Playstation 3 und Playstation 4 heraus – sowie zwei Spin-Off Spiele auf der Playstation Vita.

Die Spiele folgen dem Abenteurer Nathan „Nate“ Drake, seines Erachtens ein Nachfahre des berühmten Forschers Sir Francis Drake. In seinen Spielen macht er sich auf die Suche nach legendären Schätzen und Orten – unter anderem nach El Dorado und Shangri-La. Dabei wird viel geklettert, einige Rätsel gelöst und gegen viele, viele Gegner gekämpft. Denn immer suchen auch andere nach den Schätzen und sind bereit, für diese über Leichen zu gehen. So aber auch Nate.

Die Filmrechte für Uncharted wurden bereits 2008 verkauft. Ursprünglich sollten die Filme von Regisseur Avi Arad verfilmt werden, mit Mark Wahlberg in der Hauptrolle. Dann verschwand der Film jedoch in der Vorproduktionshölle. Erst 2017 wurde das Projekt wiederbelebt, dann mit Tom Holland in der Hauptrolle, doch selbst da war einiges unklar und gleich mehrere Drehbuchautoren fassten das Projekt an, was zumeist kein gutes Zeichen ist. Zu allem Überfluss kam 2020 die Pandemie und verschob den Film weiter. So kam er erst jetzt, im Jahr 2022, ins Kino.

Story

Als sie als Jugendliche im Waisenheim lebten, träumten Nathan und sein Bruder Sam davon, das verschollene Gold von Magellan zu finden. Vermeintlich 5 Milliarden Dollar in Form von Gold, welches Magellan – beziehungsweise seine Crew – von ihrer Weltumsegelung zurückbrachten. Doch nachdem die beiden bei einem Versuch eine Karte aus einem Museum zu stehlen, erwischt werden, haut Sam ab, um dem Gefängnis zu entgehen.

Einige Jahre später arbeitet Nate als Barkeeper in New York. Sein Gehalt poliert er sich durch Taschendiebstahl gehörig auf. Da trifft er auf einen Mann namens Victor Sullivan – kurz Sully – der dasselbe Ziel verfolgt, das Nate aus seiner Jugend kennt: Magellans verlorenes Gold finden. Wenngleich zurückhaltend schließt sich Nate ihm bei der Schatzsuche an.

Allerdings sind die beiden nicht die einzigen, die nach Magellans verlorenem Gold suchen. Denn auch Santiago Moncada, der Erbe jener Familie, die einst Magellans Reise finanzierte, ist auf der Suche nach dem Gold. Und er ist bereit, dafür über Leichen zu gehen …

Man kann die Handlung von Uncharted nun auf zwei Arten bewerten: Entweder als für sich stehenden Film oder als Verfilmung der Videospielreihe. Leider schneidet der Film in keiner dieser beiden Kategorien besonders gut ab. Was Uncharted, der Film, ist: Ein halbherziger Indiana Jones-Abklatsch. Was er nicht ist: Ein guter, für sich stehender Film, oder eine originalgetreue Adaption der Spielreihe.

Es ist durchaus schade, dass wir in einer Zeit leben, in der wenig gute Filme, die sich mit Schatzsuche beschäftigen, erscheinen. Der letzte Indiana Jones ist schon eine Weile her, der letzte gute Indiana Jones noch viel länger. Auch seit den National Treasure-Filmen sind bereits einige Jahre ins Land gezogen. Natürlich hatten wir abseits der großen Franchises 2019 den überraschend unterhaltsamen Dora the Explorer und letztes Jahr auf Netflix Finding ‚Ohana (oder auch: Goonies auf Hawaiianisch), doch im Sinne von Indiana Jones gab es wirklich lang nichts mehr.

Entsprechend wäre dieser Film eine gute Chance gewesen, wieder ein wenig Leben in das Genre zu bringen – selbst ohne akkurate Adaption. Wirklich gelungen ist es nur nicht. Zwar finden sich die einzelnen Baustücke eines Schatzsucherabenteuers – Rätsel in Katakomben, MacGuffins und Actionszenen vor exotischer Kulisse – doch wirken diese eher lustlos zusammengesetzt. Vor allem wirkt alles zwischen den großen Actionsequenzen am Ende wie bloße Füllelemente.

Ein großer Faktor dabei ist, dass den Figuren nicht erlaubt wird, Motivation oder Charakter zu entwickeln. Leider ist dies notwendig, um einen Spannungsbogen aufzubauen. Soweit sind im Film Nate und Moncada die einzigen Figuren, die eine persönliche Motivation haben, das Gold zu finden. Alle anderen laufen bloß dem Reichtum hinterher. Dies ist zwar eine Motivation – nur keine besonders mitreißende. Nehmen wir dazu, dass im Finale nicht einmal alle wichtigen Figuren anwesend sind, kommt wenig Spannung auf.

Auch als Adaption des Spiels scheitert der Film. Es handelt sich bei dem Film zwar um eine Vorgeschichte (die wohlgemerkt von der im Spiel gegebenen Vorgeschichte abweicht), doch wird das Zentrum der Spannung der Spiele nicht wirklich dargestellt. Denn der Film enthält Rätsel in Katakomben, aber sowohl die Erforschung der Umgebung fehlt, wie auch die Action, die wir aus den Spielen kennen. Denn die Spiele haben vor allem eins: Sehr, sehr blutrünstige Antagonist*innen. Davon merkt man im Film leider wenig. Zwar wird uns gesagt, dass die Gegenspieler*innen hier blutrünstig und gewissenlos seien, doch gezeigt wird es uns kaum. Auch die Tatsache, dass dieser Film eine akute Abneigung gegen Schusswaffen zu haben scheint, macht dies noch deutlicher. Es lässt die Antagonist*innen wenig gefährlich wirken und vermiest die Spannung dadurch noch mehr.

Figuren & Darsteller*innen

Bei den Figuren ist es sehr schwer, die Spiele komplett auszublenden. Allerdings wird der Film nur gelinde besser, wenn man es tut – denn wie gesagt: Den Figuren fehlt nachvollziehbare Motivation für ihr Handeln. Beziehungsweise: Sie haben eine Motivation, doch diese Motivation ist eben „Geld“, was keine Motivation für eine gute Spannungskurve ist. Vor allem nicht, wenn sie vor dem Hintergrund „Ich habe bereits viel Geld, hätte aber gerne mehr“ entsteht.

Tom Holland ist schauspielerisch als Nathan Drake in Ordnung. Er bringt die notwendigen Aspekte herüber und hat durchaus einige Muskeln für die Rolle antrainiert. Leider scheint dennoch zu viel von Peter Parker durch die Rolle hindurch. Es lässt sich nun darüber streiten, wie viel am Schauspieler und wie viel am Drehbuch liegt, doch das Ergebnis ist dasselbe: In vielen Szenen sieht man Peter Parker auf Schatzsuche, keinen neuen Charakter – und schon gar nicht den Nathan Drake, den wir aus den Spielen kennen. Denn während auch Nathan Drake ein Kindskopf ist, so wirkt er doch wie ein erwachsener Mann, der nicht komplett erwachsen geworden ist – Hollands Nathan wirkt dagegen wie ein Jugendlicher. Dass er optisch wenig Ähnlichkeit mit der Spielfigur aufweist, kommt erschwerend hinzu.

Wenig Gutes kann man über Mark Wahlberg als Sully sagen. Wie wir es von Wahlberg leider häufig sehen, spielt er die Rolle sehr hölzern. Vom Charme, den der Charakter im Spiel hat und den auch das Drehbuch theoretisch hineingeschrieben hat, merkt man leider nur in sehr wenigen Szenen etwas. Sully ist generell eine der schwächsten Figuren des Films, denn gerade ihm fehlt es an Motivation den Schatz zu finden. Dieses Problem wird nur dadurch vergrößert, dass der Film sich nicht sicher ist, ob nun Sully oder Nate die Hauptfigur sind.

Auch Sophia Ali, die Chloe Frazer aus den Spielen darstellt, kann wenig überzeugen, wenngleich es bei ihr durchaus mit daran liegt, dass die Figur wenig zu tun bekommt und aus diversen wichtigen Szenen herausgeschrieben wurde. Fairerweise sei gesagt, dass Chloe der einzige Charakter im Film ist, dem man zumindest vom Casting her abkaufen kann, dass es sich um eine jüngere Version des Spielcharakters handelt.

Antonio Banderas, der den Antagonisten Moncada spielt, kriegt leider auch sehr wenig zu tun. Sein Charakter ist extra für den Film geschaffen und während er so etwas wie eine Motivation hat, gibt es zu wenig Szenen mit ihm, als dass er wirklich als Figur Wirkung entfalten kann.

Zuletzt gibt es noch Tati Gabrielle als Jo Braddock, ein weiterer Charakter, der für den Film geschrieben wurde. Während sie in den Actionszenen durchaus cool ist, ist der Charakter so wenig ausgearbeitet, dass Jo als Antagonistin überhaupt nicht funktioniert.

Inszenierung

Es ist sehr offensichtlich, dass die Inszenierung das ist, womit der Film eigentlich punkten wollte. Denn dies ist der Aspekt, in den die meiste Mühe geflossen zu sein scheint.

Um etwas Positives zu sagen: Die große Szene aus dem Finale des Films ist kreativ und eine interessante Idee. Sie funktioniert physikalisch nicht so wie dargestellt, aber ist zumindest optisch interessant anzuschauen. 

Auch sind die Spezialeffekte überzeugend – vielleicht nicht außergewöhnlich gut, aber durchaus auf dem Industriestandard. Dies wird vor allem deutlich, wenn man sich vor Augen führt, wie viel von diesem Film tatsächlich im Studio gedreht wurde. Dafür kann der Film absolut im visuellen Bereich überzeugen.

Weniger gut sieht es leider mit dem Make-Up aus. Zum einen haben wir ein übliches Problem, das allerdings gerade bei Abenteuerfilmen sehr stört: Die weiblichen Figuren sind zu jeder Zeit und unter jeden Bedingungen perfekt geschminkt. Gerade da Chloe sehr stark geschminkt ist, fällt dies ins Auge. Aber auch praktische Make-Up-Effekte in Bezug auf Wunden fallen negativ auf. Diese sehen nicht glaubwürdig aus, sondern sind eher auf dem Level eines schlechten Halloween-Kostüms.

Leider muss auch die musikalische Untermalung des Films negativ angesprochen werden. Auch sie entspricht dem Level des Industriestandards – aber eben nicht mehr. Dies wird einem besonders klar, als der Film sich entschließt mit den Credits den Soundtrack des Spiels zu spielen, der um ein vielfaches besser und vor allem eingängiger ist.

Zuletzt sei hier auch noch kritisiert, dass die Requisiten des Films nicht überzeugen können. Oft gibt es in diesem Film Gold und Artefakte, die nicht nach Gold und Edelsteinen aussehen, sondern nach Plastik und angesprühtem Aluminium. Die Tatsache, dass speziell bei großen Goldartefakten nie das Gefühl vermittelt wird, dass diese das Gewicht von Gold haben, macht dies zu einem noch größeren Problem.

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Erzählstil

Was bezüglich des Erzählstils des Films als erstes ins Auge fällt, ist, wie viel „Tell“ und wie wenig „Show“ der Film verwendet. Diverse Hintergründe und Motivationen der Figuren werden den Zuschauenden erzählt – aber gezeigt wird davon nichts. Besonders auffällig ist dies übrigens bei den Antagonist*innen, vor allem bei Braddock. Mehrfach wird gesagt: „Die ist gefährlich“ und „Die geht über Leichen“, doch gezeigt wird dies nicht. Sie macht einmal im Film eine Sache, die in diese Richtung geht. Dabei ergibt diese Szene wenig Sinn, nicht zuletzt, weil der Charakter keine Motivation hat. Allgemein ist dies allerdings das durchgehende Problem: Es wird zu wenig gezeigt.

Davon abgesehen ist der Film, abseits eines Rückblicks, linear erzählt und von der Handlung her simpel genug, als dass man sich nie verloren fühlt.

Die harten Fakten:

  • Regie: Ruben Fleischer
  • Darsteller*in(nen): Tom Holland, Mark Wahlberg, Sophia Ali, Antonio Banderas, Tati Gabrielle
  • Erscheinungsjahr: 2022
  • Sprache: Englisch (OV)
  • Format: Film
  • Preis: Lokale Kinopreise
  • Bezugsquelle: Kino

 

Fazit

Eigentlich sollte man meinen, dass es nicht schwer sei, eine Verfilmung von Uncharted zu gestalten. Immerhin sind die Spiele cineastisch aufgezogen und konzentrieren sich sehr auf ihre Figuren und Handlung. Offenbar ist dies jedoch zwischen den vielen, vielen Händen, die das Drehbuch für diesen Film in den Händen hielten, verloren gegangen. Gerade inhaltlich kann der Film nicht überzeugen. Die Figuren sind flach und kaum ausgearbeitet, haben wenig überzeugende Motivation, die Handlung benutzt zu viel „Tell“ und zu wenig „Show“ und ist an vielen Stellen vorhersehbar, in den Actionsequenzen fehlt das Gefühl einer ernsthaften Bedrohung. Dass die Figuren sich absolut nicht anfühlen wie eine Umsetzung ihrer spielerischen Vorbilder kommt nur erschwerend hinzu.

Letzten Endes lässt sich sagen: Natürlich kann man den Film als simples Popcornkino anschauen und für zwei Stunden das Gehirn ausschalten. Dafür eignet sich der Film durchaus. Viel mehr als einen modernen Indiana Jones-Abklatsch sollte man allerdings nicht erwarten. Und gerade für Fans der Spiele ist diese Verfilmung nicht zu empfehlen.

  • Interessante Kulissen
 

  • Kaum ausgearbeitete Figuren
  • Sehr viel „Tell“, wenig „Show“
  • Kaum bedrohliche Antagonist*innen

 

Artikelbilder: © Sony Pictures
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Giovanna Pirillo
Der Eintritt zu dieser Vorstellung wurde finanziert.

 

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