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Zusammen mit DoktorFroid haben die Jungs von Donnerhaus ihr bald erscheinendes Rollenspiel Freude, schöner Götterfunken… aufwändig vor die Kamera gebracht. Der spannenden Geschichte ging ein Prolog voraus, der nicht aufgezeichnet wurde – zumindest nicht mit der Kamera. Operation Strudel erzählt, wie die „Helden wider Willen“ zusammenfanden.

Die meisten Rollenspielrunden wünschen sich eine Erinnerung an die vergangenen Abenteuer, aber nur wenige haben das Glück, eine Videoaufnahme der Spielabende in schöner Kulisse zu haben. Dank der Streams von DoktorFroid für die „Helden wider Willen“ kein Problem, doch die Einführung wurde bewusst nicht vor der Kamera gespielt. So konnten die Spieler*innen sich in Ruhe mit ihren Charakteren vertraut machen, sich aufeinander und auf das System einstellen.

Mit einem Künstler aus der Community wurde dieser Prolog auf vielfachen Wunsch als Graphic Novel herausgebracht und erlaubt so einen Blick hinter die Kulissen, beziehungsweise vor die eigentliche Geschichte. Die illustrierten Seiten beantworten viele Fragen und geben einen guten Einblick in das, was Interessierte im Stream, aber auch bei einer eigenen Runde Freude, schöner Götterfunken… erwarten kann.

Disclaimer

Ursprünglich war ein Artikel zu Operation Strudel schon etwas früher in diesem Jahr geplant. Doch der Prolog zu Freude, schöner Götterfunken… spielt wie das gesamte Spiel in den Wirren des Ersten Weltkriegs und im Gebiet der heutigen Ukraine und dort tobt momentan ein Krieg. In einem ausführlichen Blog-Post haben Tobias und Torsten von Donnerhaus Stellung zum Krieg genommen und erklärt, warum sie die Veröffentlichung ihres Rollenspiels verschieben. Dort steht unter anderem:

„Unser aktuelles Spiel, Freude, schöner Götterfunken…, spielt vor dem Hintergrund des Ersten Weltkriegs. Es ist aber kein Kriegsspiel. Es behandelt große Themen wie Menschlichkeit unter widrigen Bedingungen, Freundschaft und Zusammenhalt und führt dich in eine Story voller alter Mythen.

[…]

So bietet Freude, schöner Götterfunken… vielschichtige Perspektiven auf das Menschsein und eben auch auf das Menschsein im Krieg.“

Donnerhaus legt Wert auf vielfältige Charaktere, diverse Themen und erzählt mit ihrem Rollenspiel Geschichten im Krieg, aber nicht von Krieg. Das Menschsein steht im Mittelpunkt. Donnerhaus bereitet das eigene Spiel in nächster Zeit noch einmal auf, nimmt Bezug und liefert geschichtliche Fakten. Mit Tobias, der studierter Historiker ist, und einem hohen Interesse an historischer Genauigkeit bei beiden Studioinhabern (die phantastischen Elemente beiseite genommen) kann man erwarten, dass dies gewissenhaft und umfangreich passieren wird.

Unter den genannten Gesichtspunkten ist es unserer Ansicht nach trotz des Krieges angemessen, auch in diesen bewegten Zeiten Operation Strudel zu besprechen.

Handlung

Die Geschichte spielt im April 1917 im Hauptlager des Infanterieregiments 208 bei Kapfenberg in den Karpaten. Nach einer kurzen Einführung der einzelnen Charaktere (siehe: Abschnitt Charaktere), werden diese von Verpflegsoffizial Hansemann auf eine Mission geschickt: Material aus dem kleinen Dorf Vojkowitz requirieren. Der Hintergrund für diesen Auftrag ist ein anderer, denn der Generalmajor hat Geburtstag und kommt zu Besuch. Ihn will man mit einem steirischen Apfelstrudel überraschen und sucht dafür nach Zutaten.

Leutnant Šaranović hat eigene Pläne: Er beauftragt Breuer und Svatopluk, nach der St. Georgen-Kapelle zu suchen. Warum Šaranović dieser Kapelle besondere Bedeutung zumisst, stellt sich erst im weiteren Verlauf der Geschichte heraus, also nach dem Comic. Um sie von der Sache zu überzeugen, fährt er Kaffee Wiener Röstung und türkischen Honig auf – dazu das Versprechen, dass die Strafkompanie für Breuer Geschichte sein könnte. Svatopluk könnte sich mit dem Stabswachtmeister gut stellen, indem er Kaviar und Champagner von den Russen erbeutet. Das Angebot stellt zufrieden. Auch Schwester Szophia hat eine eigene Agenda und erhofft sich in Vojkowitz nicht nur Material aus dem ungeplünderten russischen Lazarett, sondern ebenfalls eine neue Platte für das Grammophon, um nicht immer nur Mozarts Requiem in d-Moll hören zu müssen.

Aufbruch nach Vojkowitz.

Neben der Schwester mit ihrem Hund Társ, dem Eselsführer samt seinem Esel namens Osel und dem Soldaten aus der Strafkompanie kommen Koch Gennaro und Meldeläufer Happel mit. Auch der alte Schmerlinger und Grünschnabel Kaplan machen sich auf den Weg zum Fluss Kyrna, an dem das kleine Dorf liegt, in dem ein Apfelstrudel aufgetrieben werden muss.

Unterwegs geraten sie in Gefechte, treffen auf Gemüsebauern und Szophia hat sogar eine mittelalterliche Vision. Gerade als die steirische Leckerei in Reichweite scheint, kommen russische Truppen im Dorf an. Die gewagte Infiltration gipfelt im großen Finale, das noch eine Überraschung bereithält.

Die Handlung ist spannend, wenngleich man durch die vielen Begriffe und Namen zu Beginn verwirrt sein kann. Dafür wäre eine einleitende Seite (zum Beispiel ein Dramatis personae) hilfreich gewesen, um sich besser zurechtzufinden. Doch hat man sich einmal in den Sprachhabitus eingefunden, ist Operation Strudel witzig, packend und eine runde Geschichte. Natürlich möchte man danach wissen, wie es weitergeht oder zumindest das Geheimnis der Vision lüften.

Charaktere

Die Charaktere sind Teil des k.u.k. Infanterieregiments „Albrecht, Ritter von Dachsbeck“ Nr. 208 (dem ZwoNullAcht). Da es sich um den Prolog einer Rollenspielrunde handelt, sind die SCs natürlich die Protagonist*innen der Geschichte. Ihre gesamte Hintergrundgeschichte wird nicht erzählt, da die Handlung einen fliegenden Start hinlegt, aber erste Hinweise und Andeutungen wecken das Interesse auf mehr.

Otto Breuer, Soldat aus der Strafkompanie

Breuer ist ein Sozialist, Heckenschütze und geschickt im Bombenbasteln. Der Veteran gehört der deutschsprachigen Minderheit Siebenbürger Sachsen an.

Ordensschwester Szophia Varga mit ihrem Hund Társ

Die musikbegeisterte ungarische Clemensschwester war vor ihrem Bekenntnis zum Glauben umtriebig unterwegs. Inzwischen kümmert sie sich um Verletzte und Kranke im Dienst des Roten Kreuzes und hat ihren Mudi-Hund Társ zum Gnadenhund ausgebildet.

Eselsführer Svatopluk Zmeškal und der Esel Osel

Der Tscheche, der liebevoll „Svato“ genannt wird, hat viele Kontakte und kann fast alles besorgen (auch eine gusseiserne Bratpfanne, wie man im Stream sehen kann). Mit Gorlami verbindet ihn eine Ganovenfreundschaft und ihm schmeckt eigentlich alles – bis auf Esel.

Die Faust vom Gardasee: Gennaro Gorlami.

Feldkoch Gennaro Gorlami

Der Südtiroler hat einen Hang zum Ganoventum und sucht immer nach der nächstbesten Zutat für ein gute Mahlzeit. Happel rettete ihm einst das Leben.

Meldeläufer Constantin Happel

Der österreichische Student Happel hat sich als Freiwilliger gemeldet, will mit einer Auszeichnung aus dem Krieg zurückkehren und Ärger mit der Obrigkeit vermeiden. Er gilt als ehrbarer Bursche.

Einige Nebencharaktere wie den Gefreiten Lukas Milan Kaplan und Veteran Nepomuk M. Schmerlinger lernt man ebenfalls kennen.

Zeichenstil & Erscheinungsbild

Der Künstler Andreas Kradolfer stammt aus der Community. Für die Graphic Novel wurde ein schwarz-weißer Stil mit klaren Linien und vielen Schraffuren gewählt. Die Illustrationen haben meist dunkle Hintergründe und unterstützen die dramatische Stimmung der Geschichte hervorragend, auch wenn ihnen an mancher Stelle die Dynamik fehlt.

Die Illustrationen sind nicht in vielen kleinen Panels angeordnet, sondern füllen mit wenigen Ausnahmen mindestens die halbe Seite – ein Großteil ist sogar (beinahe) ganzseitig. Es gibt keine Sprechblasen, sondern auf den Seiten verteilte Textfelder, während die Zeichnungen wichtige Ereignisse darstellen.

Zu Beginn wird scharf geschossen.

Die Graphic Novel hat A4-Format und einen harten Einband, der wie ein Fotobuch an der kurzen Seite gebunden sowie mit einer farbigen Illustration geschmückt ist. Darauf sind die Protagonist*innen der Geschichte mit den beiden wichtigsten NSCs in kameradschaftlicher Pose und dem namensgebenden Apfelstrudel abgebildet.

Ein Rezept für den ausgezogenen Apfelstrudel steirischer Art findet sich auf der ersten Seite des Buches. Die knapp unter 60 Seiten sind fest haben eine ordentliche Dicke, die Texte sind sinnvoll angeordnet, gut lesbar und mit vielen interessanten Details absolut lesenswert.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Donnerhaus GbR
  • Autor*in(nen): Tobias Hauser, Torsten Logemann
  • Zeichner*in(nen): Andreas Kradolfer
  • Erscheinungsjahr: 2021
  • Sprache: Deutsch
  • Format: DIN A4
  • Seitenanzahl: 56
  • Preis: 25 EUR
  • Bezugsquelle: Donnerhaus-Shop

 

Bonus/Downloadcontent

Operation Strudel ist klimaneutral als Umweltdruck in Deutschland hergestellt.

Fazit

Ohne den Kontext der Rollenspielrunde, die von DoktorFroid gestreamt wurde, ist Operation Strudel schwer zu verstehen. Erst recht, wenn man das dazugehörige Rollenspiel Freude, schöner Götterfunken… gar nicht kennt. Doch die aus dem Wunsch der Community entstandene Graphic Novel erzählt selbst dann eine spannende und witzige Geschichte, wenn dieses Hintergrundwissen fehlt. Mehr noch, man kann sogar die Stimmung aufgreifen, die die gebeutelte Truppe – deren erste gemeinsame Mission in Operation Strudel verbildlicht wurde – am Rande eines Weltkrieges erlebt hat: immer zwischen Kreuzfeuer und der nächsten Mahlzeit.

Das Buch ist schön gestaltet, durchdacht aufgebaut und die Texte sind interessant geschrieben. So lohnt sich auch ein zweiter Lesedurchgang. Mit 25 Euro ist Operation Strudel aber recht teuer für nur 56 schwarz-weiße Seiten im DIN A4-Format. Zu empfehlen ist es für Fans des Streams oder des Rollenspiels, aber auch Comicverliebte, die den dramatischen Zeichenstil und die Hingabe zum Produkt zu schätzen wissen – und natürlich für Liebhaber*innen von Apfelstrudel.

  • Spannende Geschichte
  • Dramatische Illustrationen
  • Guter Einblick in die Spielwelt von Freude, schöner Götterfunken…
 

  • Recht teuer

 

Artikelbilder: © Donnerhaus GbR
Layout und Satz: Melanie Maria Mazur
Lektorat: Susanne Stark
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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