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Die Souls-Reihe hat ein ganzes Genre geprägt. Mit Elden Ring gesellt sich ein weiteres Spiel hinzu. Doch wie sieht es aus, wenn man noch keine Erfahrungen in diesem Bereich gesammelt hat? Ist es für Nicht-Dark-Souls-Veteran*innen einen Blick wert? Wir sind dieser Frage nachgegangen und wollen euch ein paar Einblicke geben.

Elden Ring ist das lange erwartete Open-World-RPG aus dem Hause FromSoftware. Obwohl ich bisher keine Erfahrungen mit Soulslike-Spielen hatte, habe ich mich damit auseinandergesetzt. Inzwischen habe ich 40 Stunden in der Welt von Elden Ring verbracht und möchte euch von meinen Erfahrungen berichten.

Elden Ring spielt im Zwischenland, einer einst blühenden und glücklichen Welt. Doch seitdem der Elden Ring zerstört wurde und die Halbgötter – die Kinder der einstigen Königin – um seine Teile und Macht kämpften, ist alles anders. Das Zwischenland ist von heftigen Kriegen gezeichnet und diejenigen, die damals verstoßen wurden, sind jetzt die letzte Hoffnung: die Befleckten. Als Spieler*in schlüpft man in die Rolle eines*r solchen Befleckten – mit dem Schicksal, die Teile des Elden Ring zu finden und Eldenfürst*in zu werden, auf dass die einstige Goldene Ordnung wiederhergestellt wird.

Die Folgen des Krieges sind überall zu sehen und zu spüren.

Wer mehr über den Hintergrund der von George R. R. Martin erdachten Welt erfahren möchte, kann im Artikel unseres Redakteurs Milanko Doroski etwas darüber lesen.

Das Spiel

Nachdem man im Hauptmenü „Neues Spiel“ ausgewählt hat, beginnt die Charaktererschaffung. Zuerst wählt man eine von zehn Klassen aus. Zur Wahl stehen zum Beispiel Prophet*in, Krieger*in, Gefangene*r oder Samurai. Hierdurch wird die Startausrüstung und die Anfangsverteilung der acht Attribute (Kraft, Geist, Kondition, Stärke, Geschick, Weisheit, Glaube, Arkanenergie) bestimmt. Man ist jedoch nicht an diese frühe Wahl gebunden, sondern kann den Charakter im Laufe des Spiels in jede Richtung entwickeln. Ich habe mich für den Samurai entschieden, da dieser sowohl Waffen für den Nah- als auch Fernkampf erhält. Davon abgesehen hat mich schon allein die Samurai-Rüstung überzeugt.

Drei der insgesamt zehn möglichen Klassen.

Anschließend geht es daran, das Aussehen des Charakters zu bestimmen. Die Stimme lässt sich ebenfalls auswählen (auch wenn der Charakter im Spiel nicht redet, sondern bestenfalls Schmerzenslaute von sich gibt). Insbesondere die Möglichkeiten das Gesicht zu gestalten sind sehr vielfältig. Erfreulich ist, dass es kaum geschlechtsspezifische Funktionen gibt. Selbst zu Beginn wählt man nicht „männlich“ oder „weiblich“ aus, sondern „Körpertyp A“ oder „Körpertyp B“. Und auch diese geben nur einen groben Rahmen für die Statur des Charakters, alles andere lässt sich sehr frei gestalten.

Ist dies geschafft, gibt ein unbekannter Erzähler im Intro einen kurzen Überblick über die Geschehnisse im Zwischenland und die Rolle des eigenen Charakters. Anschließend folgt ein Tutorial, das man aber auch (versehentlich) überspringen kann, wenn man sich entscheidet, einen anderen Weg zu gehen.

Der erste Anblick, der sich nach der Einführung bietet.

Erste Schritte

Und dann geht es nach Limgrave, das erste Gebiet des Zwischenlandes. Von nun an ist man mehr oder weniger auf sich gestellt. Neben der großen Aufgabe „Besiege die korrumpierten Halbgötter, finde die Bruchstücke des Elden Ring, werde Eldenfürst*in und stelle die Goldene Ordnung wieder her“ gibt es nur wenige konkrete Nebenquests, die man von den rar gesäten freundlichen NSC aufgetragen bekommt. Aber das ist nicht weiter störend, denn im Zwischenland gibt es vieles, das darauf wartet, enthüllt zu werden. Auf diese Weise entdeckt man als Spieler*in im eigenen Tempo, was an den verschiedensten Orten in der Vergangenheit geschehen sein könnte.

Einige Spielfeatures

Man merkt schnell, dass Elden Ring dafür ausgelegt ist, mit einem Controller gespielt zu werden. Das Verwenden von Tastatur und Maus ist zwar möglich, Erklärungen zur Tastenbelegung werden während des Spielens jedoch ausschließlich für Controller geliefert.

Das Spiel selbst erlebt man aus der Third-Person-Perspektive. Das Erkunden ist ein wichtiger Teil – und das Zwischenland ist groß. Praktischerweise bekommt man früh das Spektralross „Sturmwind“ zur Verfügung gestellt, das mit einigen Ausnahmen jederzeit gerufen werden kann.

Der Kampf ist das zweite wichtige Element und entsprechend detailliert ausgebaut. So steht eine große Auswahl an Waffen zur Verfügung, die über verschiedene spezielle Attacken verfügen. Gegnerische Angriffe kann man besonders effektiv mit einem Schild abwehren, aber für mich hat sich schnell das Ausweichen als Mittel der Wahl erwiesen. Mit etwas Übung und dem richtigen Timing kann man so Schaden zur Gänze vermeiden. Die Funktion, einzelne Gegner anvisieren zu können, sodass der Charakter (und dadurch auch die Kamera) sich automatisch zu ihnen dreht, ist dabei äußerst nützlich. Von besiegten Gegnern erhält man schließlich Runen, die man braucht, um Level aufzusteigen oder Nützliches bei Händlern zu kaufen.

Das Unerwartete wartet an jeder Ecke.

Das Gemeine daran: Wenn man stirbt, verliert man alle Runen. Doch es gibt die Möglichkeit, sie am Ort des Todes wieder einzusammeln. Stirbt man jedoch vorher erneut, sind sie für immer verloren. Die Runen zu retten kann sich als tückisch erweisen, denn nach jeder Schnellreise, Rast oder Tod werden, abgesehen von Bossen und bestimmten großen Gegnern, alle besiegten Wesen immer wieder spawnen.

Überall in der Spielwelt verteilt befinden sich sogenannte „Orte der Gnade“. Einmal entdeckt dienen sie primär als Schnellreisepunkte. Zudem kann man an ihnen unter anderem rasten, Level aufsteigen und überflüssige Gegenstände aus dem Inventar in einer Truhe lagern.

Gefundene Ausrüstung wiegt so lange nichts, bis man sie anlegt. Dann wird zwischen geringer, mittlerer und großer Last unterschieden – je größer die Last, desto langsamer und schwerfälliger weicht man aus.

An jedem Ort der Gnade können verschiedene Aktionen durchgeführt werden.

Ein Wort zur Online-Funktion

Elden Ring verfügt über die Option, online zu spielen. Dadurch kann man andere Spieler*innen durch spezielle Items etwa bei schweren Bossen um Hilfe rufen oder mit anderen in einem begrenzten Gebiet im Koop zusammenspielen. Aber es gibt Spieler*innen auch die Möglichkeit, in andere Welten einzufallen. Dies kann ebenfalls durch NSC geschehen. Sie tauchen an bestimmten Orten auf, wodurch die Spielwelt auf eine Art kleinräumige Arena beschränkt wird. Nun muss man diesen NSC entweder besiegen oder man stirbt, landet am zuletzt besuchten Ort der Gnade und kann seinen Weg fortsetzen. Die NSC werden jedoch immer wieder spawnen, wenn man ihr Gebiet betritt, bis sie besiegt wurden.

Diese Erfahrung nach wenigen Spielstunden reichte mir, um die Online-Funktion vorsichtshalber zu deaktivieren. Dadurch würde ich zwar alles allein bewältigen müssen, aber ich hatte keine Lust, mir Elden Ring durch Spieler*innen kaputtmachen zu lassen, deren Hauptaufgabe es im Leben zu sein scheint, anderen den Spaß am Spielen zu vermiesen. Bisher bereue ich diese Entscheidung nicht im Geringsten, aber natürlich sollte jede*r für sich selbst herausfinden, welche Spielweise man bevorzugt.

Die, Sleep, Repeat

Elden Ring ist kein leichtes Spiel. Diese Tatsache bekommt man schon direkt zu Beginn, nach der Charaktererschaffung, klargemacht. Kaum hat man die ersten Schritte gemacht, da wartet schon der erste Gegner – und es ist nicht vorgesehen, dass man diese Begegnung überlebt. Ein weiteres deutliches Zeichen für den Schwierigkeitsgrad des Spiels ist, dass man eben diesen nicht ändern kann. Es gibt kein „Leicht – Mittel – Schwer“, sondern lediglich die Schwierigkeit, die von den Entwickler*innen vorgesehen wurde. Und diese liegt höher, als man es von anderen Spielen gewohnt ist – Soulslike eben.

Schnell ist man in eine tödliche Situation geraten.

Man sollte sich also von Anfang an im Klaren sein, dass man sehr oft sterben wird. Für mich war das ein Punkt, der mich hat überlegen lassen, ob ich überhaupt mit dem Spielen beginnen soll. Da ich zwar nicht unbedingt geduldig bin, mich aber an etwas festbeißen kann, habe ich Elden Ring eine Chance gegeben. Tatsächlich war es zu großen Teilen alles andere als frustrierend. Die neue Welt, die es zu erkunden gab, war faszinierend. Ebenso wie viele der Kreaturen – allen voran friedlich grasende Schafe, die sich zusammenkugeln und davonrollen, wenn man ihnen zu nahe kommt.

„Was bist du denn?“ – Die Kreaturen des Zwischenlandes

Die Welt von Elden Ring besteht aus verschiedenen Gebieten, die sich in Aussehen, Atmosphäre und beherbergten Kreaturen stark voneinander unterscheiden, aber sie alle sind visuell beeindruckend. „Limgrave“, das Startgebiet, wirkt wie ein frühherbstliches Schottland: hügelig bis bergig, mit vielen Wiesen und ab und zu Wäldern. Das Gebiet „Caelid“ sendet schon beim ersten Betreten eine deutliche Botschaft: Gefahr! Da ich das Erkunden in Open-World-Spielen liebe, bin ich hier sehr früh gelandet und es wurde schnell klar, dass ich hier noch nicht sein sollte. Caelid ist eine karge und lebensfeindliche Ödnis. Der sich rot verfärbende Himmel, die bedrohliche Hintergrundmusik und die Kreaturen – vom Hundetyrannosaurus bis hin zu Drachen – tragen dazu bei, dass man sich hier reichlich unwohl fühlt.

Nicht nur das Erkunden, sondern auch die vielen verschiedenen Kreaturen und Gegner machen Elden Ring für mich so interessant. Bei jedem neu entdeckten Gebiet frage ich mich, was wohl hier auf mich warten wird. Man merkt deutlich, wie viel Kreativität in die Erschaffung der Wesen geflossen ist. Eine skelettierte Schlange, die in einem riesigen Schädel haust und mit diesem durch die Gegend rollt? Lebende Töpfe mit Armen und Beinen? Riesige Feuergolems, die mit dem Bogen Bolzen verschießen, die mehr als doppelt so lang wie der eigene Charakter sind? Nicht umsonst denke ich mir bei gefühlt jeder zweiten neuen Kreatur mit einer Mischung aus Begeisterung und Entsetzen „Was bist du denn?“

Noch dazu haben viele Gegner spezielle Kampftechniken, die einen auf dem falschen Fuß erwischen können. Wenn es sich dabei nicht um einen Boss handelt, wird die Unkenntnis einen nicht unbedingt umbringen, aber sich anzupassen und nicht einfach stumpf draufzuschlagen kann hilfreich sein.

Eines sollte man immer im Hinterkopf behalten: Im Zwischenland will so gut wie alles den Charakter töten. Freundlichen Wesen begegnet man äußerst selten.

Trotz aller Feindseligkeiten finden sich unerwartete Verbündete im Zwischenland.

Geduld und Spucke

Manche Gegner, insbesondere die Bosse, verlangen jedoch etwas mehr. Bosse oder Mini-Bosse erkennt man daran, dass über ihnen nicht nur der Lebensbalken, sondern auch ihr Name zu sehen ist oder, dass sowohl Lebensbalken als auch Name groß im unteren Teil des Bildschirms eingeblendet werden. Bei ihnen ist es ziemlich sicher, dass man die erste Begegnung nicht überleben wird. Denn sie stecken viel ein, teilen viel aus und verfügen über Mechaniken, die man erst einmal kennen lernen muss, um sie kontern zu können. Bis das gelungen ist, wird der eigene Charakter vermutlich mehr als einmal das Zeitliche gesegnet haben. Noch dazu haben einige Bosse eine erste Phase und eine zweite, in der sie noch einmal einen drauflegen und eine neue Mechanik ins Spiel bringen, die es noch schwerer macht, sie zu besiegen und zu überleben.

Für mich als Soulslike-Neuling war diese schiere Übermächtigkeit, auf die man bei solchen Gegnern trifft, ungewohnt und überwältigend. Unweigerlich entstand die Frage: „Wie soll ich diesen Boss nur besiegen?“ Der Schlüssel hierfür ist Geduld und sich nicht entmutigen zu lassen. Und falls es doch noch nicht funktionieren sollte, hat man jederzeit die Möglichkeit zu gehen, etwas anderes zu erkunden, ein paar Level aufzusteigen und es zu einem späteren Zeitpunkt erneut zu versuchen. Das ist die große Stärke von Elden Ring im Vergleich zu den eher linearen Soulslike-Spielen.

Insbesondere Bosse wirken zunächst übermächtig – nicht zuletzt aufgrund ihres Aussehens.

Fazit

Elden Ring ist ein Spiel, für das sich das Warten definitiv gelohnt hat. Aber lässt es sich für jede*n empfehlen? Das ist schwer zu sagen. Auch ich war zunächst skeptisch, da ich über die Jahre unweigerlich etwas über den fast schon legendären Schwierigkeitsgrad von Dark Souls gehört hatte. Würde es mir da Spaß machen, in einem Spiel immer und immer wieder getötet zu werden? Aber schließlich hat mich unter anderem der Aspekt der weitläufigen Open World überzeugt. Und im Endeffekt hat es sich für mich mehr als gelohnt, denn ich habe nun ein großartiges Spiel, in dem ich noch viele Stunden verbringen werde.

Einige Gegner scheinen mit Fernkampfwaffen oder Magie leichter besiegt werden zu können. Da ich meinen Charakter auf den Nahkampf spezialisiert habe, kann ich das nicht beurteilen. So sind viele größere Gegner anspruchsvoll und manche von ihnen wirklich anstrengend, aber dafür ist die Freude, sie endlich besiegt zu haben umso größer. Und ich habe gemerkt, dass mir die immer neuen Herausforderungen Spaß machen – nicht zuletzt, weil ich mich entscheiden kann, wann ich sie angehen möchte.

Trotz seines Schwierigkeitsgrades bietet Elden Ring genug anderes, um nicht den Spaß daran zu verlieren. Es lohnt sich also auch für Spieler*innen, die bisher noch keine Erfahrungen mit Soulslike-Spielen gemacht haben. Insbesondere, wenn man ein Fan von Open World RPGs ist. Tatsächlich könnte es für manche einen guten Einstieg in das Genre darstellen.

Und so bleibt zum Schluss nur noch eines zu sagen:

Das Zwischenland erwartet euch, Befleckte.

Artikelbilder: © FromSoftware
Layout und Satz: Verena Bach
Lektorat: Denise Hollas
Screenshots: Ayleen Schmidt

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