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Unter der Lizenz von Game of Thrones veröffentlicht Asmodee das neue Kartenspiel A Game of Thrones B’Twixt. Als Protagonist*in eines der machtvollen Häuser scharrt ihr Verbündete um euch, die es eifersüchtig zu schützen gilt. Allerdings müsst ihr diese bereits zu Beginn stets mit anderen Spieler*innen teilen.

Sie sterben wie die Fliegen. Kaum ist eine emotionale Ebene zu einem Charakter aufgebaut, wird er den Lesenden schon wieder mit Gewalt entrissen. Die Rede ist natürlich von den Büchern Das Lied von Eis und Feuer oder A Song of Ice and Fire von George R. R. Martin. Sehr zum Unmut der Leserschaft endet die Buchreihe bislang auch noch mit einem Cliffhanger: dem nächsten Toten. Seit 2011 wird das Roman-Ende der epischen Saga erwartet.

Das Spielcover von A Game of Thrones B’Twixt.

Manche haben, wie auch ich lange Zeit, die Serie gemieden. Doch nach über zehn Jahren vergeblichen Wartens ist mein Widerstand ins Stocken geraten und so schaue ich aktuell stückweise die Serie, die alle Rekorde und leider am Ende auch die Herzen der Fans brach. Doch der düstere Charme der Bücher und der Serie ist ungebrochen und die Lizenzschlacht um die Brettspiel-Herrschaft noch nicht besiegelt. Nun steht der nächste Anwärtertitel vor dem Eisernen Thron: A Game of Thrones B’Twixt.

Spielablauf

In Westeros hat der Krieg der Fünf Könige unlängst begonnen. Ziel des Spieles A Game of Thrones B’Twixt ist es, über Verbündete Siegpunkte zu erlangen. Das Spiel erstreckt sich über mehrere Jahreszeiten und darin unterteilt in weitere Runden.

Das Spielmaterial besteht im Wesentlichen aus drei Karten-Typen: Charakter-Karten, Verbündete-Karten und Einfluss-Karten. Drei bis sechs Spielende können aus insgesamt neun Charakteren auswählen. Die Charaktere haben in den Grundregeln erst einmal keine besondere Eigenschaften und sind für den Spielverlauf ansonsten irrelevant. Die Auswahl dieser Charaktere ist teilweise etwas ungewöhnlich: Einige Hauptcharaktere wie Jon Schnee oder Tyrion Lennister sind vorhanden, wohingegen beispielsweise Arya Stark nur als Verbündete zu erwerben ist.

Die Spielenden dürfen zwischen neun Charakteren wählen.

Abhängig von der Anzahl an Spielenden werden zwei bis drei Jahreszeiten gespielt, und jede Jahreszeit wird in bis zu sieben Runden unterteilt. Zum Beginn jeder Jahreszeit erhalten die Spieler*innen zehn Einfluss-Karten auf die Hand, welche unterschiedliche Wertigkeiten und Spezialeffekte haben. Eine Runde beginnt mit dem Aufdecken einer Verbündeten-Karte. Im Uhrzeigersinn gibt jeder Spielende ein Gebot ab und legt dafür eine seiner Einfluss-Karten aus dem Handkarten-Vorrat offen vor sich ab. Alternativ kann man auch passen oder, wie es im Regeljargon heißt, „das Knie beugen“.

Diese beiden Optionen werden nun wiederholt, bis alle Spielenden das Knie gebeugt haben. Sobald niemand mehr ein Gebot abgeben möchte, wird das höchste Gebot ermittelt. Dieses erhält sowohl die Verbündeten-Karte als auch einen verdeckten Machtmarker. Karte und Marker werden allerdings nicht in den eigenen Vorrat gelegt, sondern gemeinsam zwischen sich und die jeweiligen direkten Nachbar*innen. Damit endet eine Runde und der Runden-Zähler wird weitergeschoben. Der*die nächste Verbündete wird aufgedeckt und wie bereits beschrieben, beginnt das Buhlen, Bieten und Passen von vorne.

Der Jahreszeiten- und Runden-Zähler bestimmt den Spielablauf.

Sobald alle Runden einer Jahreszeit vorbei sind, wird damit die nächste eingeleitet. Der Jahreszeiten-Zähler wird weitergerückt, alle Einfluss-Karten neu gemischt und es werden wie zu Beginn zehn Karten verteilt. Es kann vorkommen, dass vor Ende einer Jahreszeit die Handkarten ausgehen.

Mit Ende der letzten Jahreszeit erfolgt die Abrechnung. Die Machtmarker werden nun zum ersten Mal aufgedeckt und für alle sichtbar. Gemeinsam mit den Verbündeten-Karten werden sie je Nachbarschaftsstapel zusammengerechnet. Für die Siegermittlung ermittelt jede*r Spieler*in den Stapel mit dem geringsten Wert links und rechts von sich: Dieser wird als „Der kleine Rat“ bezeichnet. Es gewinnt der*diejenige mit dem höchsten Wert des „kleinen Rates“.

Die begehrten Verbündeten müssen erst ersteigert werden.

Sowohl auf den Verbündeten- als auch den Einfluss-Karten sind Effekte enthalten, die noch einer Erwähnung bedürfen: Auf den erstgenannten Karten gibt es zwei Arten von Auswirkungen. Diese umfassen eher seltene Effekte, die während des Bietens zu beachten sind. Dazu zählt zum Beispiel, dass nach der ersten Einfluss-Karte nur noch solche desselben Typs oder derselben Farbe gespielt werden dürfen.

Mit den Werten der Einfluss-Karten und Effekten werden die Gebote durchgeführt.

Spannender sind die Fähigkeiten, die ausgelöst werden, nachdem die Karte ersteigert wurde. Oft wird damit die Interaktion am Tisch losgetreten, wie wenn beispielsweise Sir Ilyn einen bereits eroberten Verbündeten aus dem Spiel entfernen darf. Tatsächlich kann der Effekt ausschlaggebend sein, dass man selbst diese Karte haben möchte oder nicht möchte, dass sie ein*e Mitspieler*in erhält. Dadurch wird der Drang zum Bieten angeregt. Bei den Einfluss-Karten wird oft der eigene Gebotsstapel geschützt, Karten klauen ermöglicht, ein Nachziehen der Handkarten erlaubt oder das Gebot durch weitere Machtmarker erhöht. Damit stellen diese Karten einen guten Interaktionsmechanismus während der Gebotsphase bereit.

Frust oder Lust

Der Einstieg in die Regeln läuft bis auf die Erläuterung der Sieg-Bedingungen schnell ab. Während und nach der ersten Ersteigerungs-Aktion können noch die letzten Unklarheiten beseitigt werden. Damit ist die Einstiegshürde relativ gering.

Durch die unterschiedlichen Karten-Effekte entstehen kurzfristig neue Allianzen und werden genauso so schnell wieder gebrochen. Die Interaktion zwischen den Spielenden wird insbesondere durch die erweiterten Regeln und Karten gefördert. Dies führt zu einer guten Dynamik und immer wieder zu einer Verlagerung, wer gerade am Tisch gemieden, mit wem sich verbündet oder wer gerade behindert wird. Die beschriebenen verdeckten Machtmarker werden erst bei der Sieg-Berechnung umgedreht. Dies hält den Spannungsbogen bis zum Ende aufrecht, wie viele Punkte auf einem Nachbarschaftsstapel zusammenkommen. Die Marker bleiben dadurch aber bis zum Spielende ein kaum zu durchdringendes Glücksmoment. Je Marker können zwar nur ein bis drei Punkte dazu kommen, in den Spielrunden waren das im Schnitt zwischen 10 und 20 Punkte, die sogar teilweise mehr Punkte auf die Waagschale brachten als die aggregierten Verbündeten.

Die Starthand zu Beginn einer Jahreszeit ist ebenfalls durch Glück gekennzeichnet. In den Regeln wird ein optionaler Drafting-Mechanismus vorgeschlagen. Damit fallen aber Spannungselemente über die im Spiel verteilten Karten und Effekte unter den Tisch. Es bleibt daher der Spielgruppe überlassen, ob sie die Glückselemente zulasten der Spannung aufgeben wollen.

Trotz der angedeuteten Kritik bietet das Spiel viele Karten und einige Regelerweiterungen für den Wiederspiel-Anreiz an. Der Verbündetenstapel wird ohne Mischen bereits einige Jahreszeiten lang für Abwechslung sorgen. Ein deutliches Mehr an Spielspaß wird durch die in der Spielpackung beiliegenden optionalen Einfluss-Karten gegeben. Es gibt zum einen komplexere Karten, die eine größere Interaktion fördern. Weiterhin ist ein Sonderstapel je Charakter vorhanden. Diese Karten geben den Charakter-Karten mehr Tiefe und erlauben konkretere Aktionen gegen die anderen Mitspieler*innen. Hier werden vereinzelt die positiven wie auch die negativen Eigenschaften der Charaktere gut getroffen.

Mit sechs respektive vier Spielenden werden innerhalb einer Partie insgesamt 14 beziehungsweise 20 Verbündete nach demselben Schema Runde für Runde ersteigert. Trotz den erweiterten Karten stellt sich nach ein paar Partien eine gewisse Müdigkeit ein: Nach fünf Partien wirkt es „durchgespielt“. Die Grundkarten wiederholen sich zu häufig und sind auch immer mehrfach vorhanden. Die spannenderen Sonderkarten werden nur einzeln dazu gemischt. Hausregeln zu nutzen und die Sonderkarten einfach komplett dazuzumischen, führte in unseren Testrunden übrigens ebenfalls zu Frust: Die Sonderkarten sind aufgrund ihrer Effekte zu unbalanciert und damit zu stark, wenn eine Person mehrere davon auf der Hand hat.

Unabhängig von der Anzahl der Spielenden gibt es dafür kaum Wartezeit. Das Auslegen der Karten geht zügig von der Hand und durch die Effekte der Einfluss-Karten entsteht eine bunte Interaktion zwischen den unterschiedlichsten Tischparteien – selbst, wenn man gerade nicht an der Reihe ist. Der meiste Spaß und die größte Dynamik entstand bei den Testspielrunden übrigens mit vier Personen.

Ausstattung

In dem erschaffenen Kosmos von George R. R. Martin gibt es unterschiedliche Trademarks und Lizenzmodelle. Das Lied von Eis und Feuer beziehungsweise A Song of Ice and Fire bezieht sich dabei auf die Romanserie, während A Game of Thrones die Trademark für die gleichnamige TV-Serie ist. Die Nähe zu der Serie wird durch das Artwork zu wenig hervorgehoben; Jon Schnee sieht beispielsweise mehr nach einem jungen Keanu Reeves aus Matrix aus. Das Artwork ist objektiv gesehen schön, aber lässt den Bezug zu den bekannten Protagonist*innen aus dem Film meist vermissen.

Die Karten sind stimmungsvoll und in einem eigenen Stil gezeichnet.

Die Regeln sind inklusive der Sondereffekte von Karten verständlich beschrieben und nachvollziehbar gestaltet. Einzig bei der Ermittlung der Siegpunkte ist die beschriebene Reihenfolge und die Abhandlung aller Sondereffekte in nur einem Absatz verwirrend. Meine erste Testrunde mit erfahrenen Spieler*innen musste den Text mehrfach lesen. Erst nach einer gespielten Runde, intensiver Diskussion und unterschiedlichen Optionen haben wir es durchschaut.

Eine erste Impression vom erfolgten Unboxing der kleinen Schachtel.

Das Regelwerk bietet Varianten und Optionen für Fortgeschrittene an. Neben den bereits erwähnten zusätzlichen Einfluss-Karten werden unterschiedliche Drafting-Möglichkeiten erwähnt. Es wird sogar darauf eingegangen, wie man das Spiel verkürzen kann, wenn mal nicht so viel Zeit für den Spieleabend vorhanden ist. Bedauerlicherweise wird dies ausschließlich mittels Reduktion der Jahreszeiten und/oder Spielrunden erreicht. Bei den verkürzten Regeln kommt kein neuer Kniff hinzu. Die Drafting-Regeln verlängern das Spiel gerade zu Beginn eher unnötig für einen zu geringen Mehrgewinn an Spieltiefe. In Summe bieten nur die zusätzlichen Karten einen spielerischen Anreiz.

Die Schachtelgröße und das Material sind hochwertig. Auf den Karten finden sich unterschiedliche Zitate, die die Game of Thrones-Atmosphäre gut wiedergeben. In unserer Spielrunde hatten wir Spaß dabei die Zitate der Verbündeten beziehungsweise Charaktere zu erraten.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Asmodee / Fantasy Flight Games
  • Autor*in(nen): Das FFG Design Team
  • Erscheinungsjahr: 2022
  • Sprache: Deutsch
  • Spieldauer: ca. 90 Minuten
  • Spieler*innen-Anzahl: 3 4 5 6
  • Alter: ab 14 Jahren
  • Preis: ca. 29,99 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, idealo, Amazon

 

Bonus/Downloadcontent

Die Regeln sind zusätzlich zum Download auf der Asmodee-Homepage verfügbar.

Fazit

Objektiv betrachtet ist das Artwork schön. Inwiefern man sich an einem Lizenzspiel daran stößt, dass die Charaktere wenig Ähnlichkeiten mit den Serien-Darsteller*innen haben, muss jede*r für sich entscheiden.

Spielerisch muss die geringe Downtime und Dynamik am Tisch lobend erwähnt werden. Gerade in den ersten zwei oder drei Runden bietet das Spiel vorwiegend mit den fortgeschrittenen Regeln dank der Interaktionen eine gute Unterhaltung.

Dann aber offenbart sich, dass dem Spiel A Game of Thrones B’Twixt zu wenig Abwechslung zugrunde liegt und es zu wenig spielerische Tiefe bietet. Jede Runde wirkt austauschbar aufgrund der gleichbleibenden Spielmechanik. Der Glücksfaktor ist viel zu hoch, um sich mit taktischen Winkelzügen abzuheben. Die lange Spieldauer führt am Ende dazu, dass es wahrscheinlich zu selten auf dem Spieltisch landet.

Laut Asmodee wird das empfohlene Alter mit 14 Jahren angegeben. Aufgrund des Leseanteils und eher komplexeren Textauswirkungen wird der Einstieg für Kinder- und Familienspieler*innen tatsächlich eher schwerfallen. Die sich wiederholende Spielmechanik wird für Vielspieler*innen, die gerne nach einem Kennerspiel des Jahres greifen würden, auf Dauer nicht genug Tiefe bieten. Für Expertenspieler*innen passiert schlicht zu wenig in den Runden und wird der zu große Glücksfaktor abschrecken.

Am Ende stellt sich die Frage, welche Gruppe mit dem Spiel angesprochen werden soll: In erster Linie dürfte es aufgrund der Lizenz einen Anreiz für Fans der Game of Thrones-Serie bieten. Von der Spielmechanik dürfen sie allerdings nicht zu viel erwarten.

  • Lizenz-Atmosphäre
  • Gute und solide Materialqualität
  • Geringe Downtime durch Kartendynamik
 

  • Eintönige Mechanik
  • Relativ lange Spieldauer
  • Starker Glücksfaktor

 

Artikelbilder: © Fantasy Flight Games & George R. R. Martin & Asmodee Germany
Layout und Satz: Melanie Maria Mazur
Fotografien: Horst Brückner
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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