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Markus Heitz lädt die Lesenden mit seinem neuen Roman Die Schwarze Königin ein weiteres Mal in die Welt der Vampire ein. In zwei Handlungssträngen verwebt er das Mittelalter mit der Gegenwart und setzt dabei historische Fakten in einem düsteren Roman um. Gelingt es dem Bestseller-Autor abermals, sein Publikum zu fesseln?

Drama, Okkultismus, Geheimnisse: Der junge Len unternimmt eine Busreise nach Tschechien, die in Prag ihr jähes Ende findet. Denn er wird von Ereignissen überrascht, die er sich im Traum nicht hätte vorstellen können. Eine ihn verfolgende Vloggerin ist dabei sein geringstes Problem. Nach der einen oder anderen Begegnung mit Wesen der Nacht stellt sich Len die Frage, ob er nicht doch von Drăculești abstammt, wie seine Oma stets behauptet. Und welche Rolle spielt dabei Barbara von Cilli, die Schwarze Königin? Eines ist sicher: Vampire sind immer ein reizvolles Thema und in der unromantischen Variante, wie sie in Die Schwarze Königin dargestellt werden, ein besonders lesenswertes.

Triggerwarnungen

Tod, Folter, Body Horror

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Verschiedene Zeiten – Gemeinsame Risiken

Barbara von Cilli heiratet König Sigismund um das Jahr 1400, es ist eine reine Zweckehe. Liebe oder Leidenschaft füreinander existieren nicht. Dafür findet die junge Königin einiges andere, das ihr Leben erfüllt: Alchemie, Wissenschaft, Okkultismus, Zauberkunst und nicht zuletzt die Freundschaft des fast gleichaltrigen Vlad, der ebenfalls an ihrem Hofe in Ofen (dem heutigen Buda) lebt. Die beiden verbindet eine gemeinsame Mission: die Ausrottung der Vampire, Strigoi genannt, und all ihrer Variationen in der Walachei und Siebenbürgen. In Die Schwarze Königin leben diese Wesen in höhlenartigen Städten unter der Oberfläche und nutzen, wie es bei Vampiren üblich ist, Menschen als Nahrungsquelle.

Die Methoden der beiden unterscheiden sich, das Ziel ist dasselbe. Während Barbara vor allem ihr alchemistisches und magisches Wissen sowie ihre Intelligenz einsetzt, ist Vlads Waffe das Schwert. Obwohl die Bedrohungen durch die verschiedenen Vampirströmungen, sowie deren eigenen Fehden untereinander, zunehmen, kommt eine zusätzliche Gefahr hinzu: Die Osman*innen, sowohl die übernatürlichen Kreaturen als auch das Reich an sich, streben danach, ihren Machtbereich zu vergrößern.

Barbara von Cilli, die aufgrund ihrer immer offensichtlicher werdenden Forschungen schon bald als „Schwarze Königin“ vom Volksmund sowohl verehrt als auch gefürchtet wird, muss alsbald mit schwerwiegenden Folgen ihrer Betätigungen leben. Denn auch, wenn sie das Zauberbuch Abramelin besitzt und nutzen kann: Alchemie und Magie sind niemals ohne Risiko. Die Schwarze Königin setzt Leib und Seele für ihre Studien ein.

Der junge Len lebt dagegen in der Gegenwart und macht eine Busreise nach Tschechien, in die Hauptstadt Prag. Doch der Ausflug verläuft anders als geplant: Die Ereignisse überschlagen sich, als er von seltsamen Kreaturen gejagt und in einen Strudel unvorhergesehener Machenschaften gezogen wird. Eine Vloggerin, die sich übernatürlichen Phänomenen verschrieben hat, ist dabei seine harmloseste Verfolgerin.

Denn die Welt der Vampire und sonstiger Wesen vermutet ihn ihm, dem vermeintlichen Drăculești, einen Boten für die Rückkehr der Schwarzen Königin. Zum Glück ist Len nicht allein auf sich gestellt: Eine ehemalige Professorin, die er bei einer Besichtigung kennenlernt, und seine neue Bekannte Klara, die gemeinsam mit ihrer Großmutter reist, unterstützen ihn. Len lernt Klara auf dieser Busreise kennen, doch als Len gezwungen ist, sich aufgrund der Ereignisse weiter in Prag aufzuhalten, setzt diese ihre Bustour fort. Zum Nachteil von Len sind die Professorin und Klara nicht immer da, wenn die verborgene Welt versucht, mit Len als Mittelsmann an die geheimen Aufzeichnungen der Schwarzen Königin zu gelangen und so das Schicksal zu ihren Gunsten zu wenden.

Eine Reise auf zwei Zeitebenen

Heitz verflicht in Die Schwarze Königin auf geschickte Weise die Vergangenheit mit der Gegenwart. Dadurch, dass die geschilderten Begebenheiten aus dem Spätmittelalter ihren Niederschlag im Hier und Jetzt finden, können Lesende jederzeit eine Handlung aus einem Guss erleben. Ein zusätzliches Bonbon bildet die Wahl von Barbara von Cilli als Hauptfigur, denn selbst die historische Vorlage ist spannend und lehrreich. Wie Heitz richtigerweise im Nachwort anmerkt, ist es erstaunlich, dass das Leben dieser Regentin und Alchemistin nicht schon längst in Romanform verarbeitet wurde. Äußerst differenziert ausgearbeitet, ist es faszinierend, sie in ihrem Leben und Wirken zu begleiten.

Len hingegen bleibt als Figur, vor allem im Vergleich mit der facettenreichen Schwarzen Königin, etwas blasser. Zu Beginn besteht sein Handeln fast ausschließlich aus Reaktion, sodass sich schließlich die Frage stellt, ob diese Schicksalsergebenheit ein Charakterzug von ihm ist. Mit fortlaufender Handlung scheint er diese Schockstarre zu überwinden und nimmt sein Schicksal, mit allen Folgen, die dies mit sich bringt, an.

Grundsätzlich scheinen auch die Nebenfiguren in den historischen Teilen des Romans besser ausgearbeitet. Es ist spürbar, dass Markus Heitz eine Begeisterung für Geschichte und in diesem Fall besonders für die der Barbara von Cilli hegt. Auch die historischen Gegebenheiten, wie beispielsweise die des Konzils von Konstanz, und die damit in Verbindung stehenden Hintergründe sind ausführlich genug dargelegt, um sich in die Zeit einzufühlen, und knapp genug, damit die Handlung trotzdem vorankommt und der Unterhaltungswert nicht geschmälert wird.

Einen schönen Kontrast bildet die Gegenüberstellung von Vergangenheit und Gegenwart. Len ist logischerweise in der Lage, aktuelle Kommunikationsformen wie Videoanrufe zu verwenden und nutzt die Möglichkeiten, um Kontakt mit Klara zu halten, die so ein Teil der Handlung und eine wichtige Nebenfigur ist, größtenteils ohne am Ort der Handlung zu sein. Dem gegenüber steht die Kommunikation zwischen Barbara und Vlad, die nur von Angesicht zu Angesicht stattfindet und in den Gesprächen auch nicht alle Informationen, die relevant wären, geteilt werden.

Schreibstil

Fast durchgängig wird Die Schwarze Königin entweder aus der Sicht von Len oder von Barbara von Cilli in der dritten Person erzählt. Die Informationen und Pläne, die die beiden haben, stehen in der Regel den Lesenden zur Verfügung, was eine hohe Immersion bewirkt und die Spannung erhöht.

Für manche der Szenen brauchen Leser*innen durchaus einen starken Magen, da körperliche Gewalt und deren Auswirkungen sehr plastisch beschrieben werden. Dies fügt sich jedoch organisch in die Handlung ein und wird an keiner Stelle zu viel.

Spannung und Grusel sind Elemente, die Markus Heitz sehr gut beherrscht und er setzt diese auch in Die Schwarze Königin gekonnt ein. Es fällt schwer, das Buch aus der Hand zu legen, wogegen, wenn man es doch einmal getan hat und nach längerer Zeit wiederaufnimmt, es aufgrund der Dichte der Handlung schwierig sein kann, wieder hineinzufinden.

Sehr schön sind die Teile des Abramelins, eines Zauberbuchs aus dem 15. Jahrhundert, das von einem Wormser Gelehrten veröffentlicht wurde. Diese werden den Kapiteln vorangestellt und sind originalgetreu in der damaligen Sprache als Zitat inklusive des erfreulich langen und ausführlichen Titels abgedruckt.

Der Autor

Der Saarländer Markus Heitz ist als Bestseller-Autor aus der deutschen Phantastik-Szene nicht mehr wegzudenken. 1971 wurde er in Homburg im Saarland geboren, studierte Geschichte und Germanistik und arbeitet als hauptberuflicher Autor. Seine wohl bekannteste Reihe ist Die Zwerge, er deckt aber eine große Bandbreite an phantastischen sowie mitunter nicht-phantastischen Themen ab. Auf seiner Homepage kann einiges mehr zu Markus Heitz entdeckt werden, unter anderem seine unregelmäßig lieferbaren Bier-Sondereditionen.

Erscheinungsbild

Das Cover von Die Schwarze Königin passt wie die Faust aufs Auge: In schwarz, weiß und blutrot gehalten, bildet es einen großen Thron ab. Lesende wissen auf den ersten Blick, dass sie Düsteres erwarten dürfen und umso mehr macht es Spaß, sich mit dieser Erwartung in den Roman zu stürzen.

Erfreulicherweise enthalten sowohl die Rückseite als auch der Klappentext wirkliche Inhaltsangaben, die eine genaue Vorstellung vermitteln. Besonders der in roter Schrift gedruckte Teaser „Blutig, actionreich, dramatisch“ auf der Rückseite fasst den Inhalt des Buches hervorragend zusammen.

Eine Dramatis Personae und ein Glossar am Anfang sowie ein ausführliches Nachwort von Markus Heitz zu historischen Bezügen runden den gelungenen Auftritt von Die Schwarze Königin ab.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Knaur
  • Autor: Markus Heitz
  • Erscheinungsdatum: 21.08.2023
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Softcover
  • Seitenanzahl: 544
  • ISBN: 978-3-426-22781-7
  • Preis: 18,00 EUR (Print) + 14,99 (E-Book)
  • Bezugsquelle Fachhandel, Amazon, idealo

 

Fazit

Markus Heitz kehrt mit Die Schwarze Königin in die Welt der Vampire zurück. Das in zwei Zeitebenen erzählte Werk vermischt historische Fakten und Fiktion und gibt Einblicke in die faszinierende historische Persönlichkeit der Barbara von Cilli, die als Alchemistin und Regentin einen großen Einfluss im 15. Jahrhundert hatte. Die im Volksmund „Die Schwarze Königin“ genannte Frau macht gemeinsam mit ihrem Verbündeten Vlad, dem Vorfahren des berüchtigten Pfählers, Jagd auf Vampire und hinterlässt dabei Aufzeichnungen, die Len in der Gegenwart sehr zu schaffen machen. Denn die Vampire begreifen ihn als Vorboten der Rückkehr der Vampirjägerin. Zum Glück hat er in einer Geschichtsprofessorin und seiner Bekanntschaft Klara zwei treue Unterstützerinnen. Ist er wirklich ein Drăculești, ein Nachfahr von Vlad?

Markus Heitz ist mit Die Schwarze Königin ein spannungsgeladener, teils blutiger und wendungsreicher Vampirroman gelungen, der ein hohes Immersionspotenzial hat. Vor allem die Figur der Barbara von Cilli ist eine faszinierende Persönlichkeit und auch die historischen Fakten, die in genau passenden Dosen die Handlung umrahmen, machen Spaß. Durch die Erzählung in den zwei Zeitebenen zeichnet den Roman eine große Handlungsdichte aus. Wer sich vor Grusel und Blut nicht scheut, den erwartet mit Die Schwarze Königin ein fesselndes Lesevergnügen.

 

  • Faszinierende, ungewöhnliche Hauptfigur
  • Gekonntes Einsetzen historischer Fakten
  • Spannung und hohe Handlungsdichte
 

  • Etwas blasse 2. Hauptfigur

 

Artikelbilder: © Knaur
Layout und Satz: Verena Bach
Lektorat: Katrin Holst

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